Unsere Pressemitteilungen informieren Sie über aktuelle Ereignisse aus der Universität. Dazu zählen neue Forschungsergebnisse, universitäre Themen und Veranstaltungsankündigungen. Sie wollen regelmäßig über Neuigkeiten aus der Goethe-Universität informiert werden? Abonnieren Sie unsere Pressemitteilungen.
Studie der Goethe-Universität zeigt: Viele Sportstudierende stoßen an ihre körperlichen Grenzen, sprechen aber lieber nicht darüber
Die „International Conference on Learning Analytics & Knowledge 2020“ (LAK20) widmet sich dem Messen und Auswerten von Daten aus technikgestützten Lernprozessen - Registrierung noch möglich.
FRANKFURT.
Die „International Conference on Learning Analytics & Knowledge
2020“ (LAK20), das weltweit maßgebliche Fachforum für diesen Teilbereich
der digitalen Bildung, wird ab Mittwoch, 25. März, von Frankfurt am
Main aus als reines Online-Format ausgerichtet. Das Organisationsteam
hat die Konferenz mit Teilnehmenden aus der ganzen Welt als Reaktion auf
die Ausbreitung des Coronavirus in kürzester Zeit auf ein komplett
virtuell verfügbares Programm umgestellt. Das Thema Learning Analytics
steht für das Messen und Auswerten von Daten aus technikgestützten
Lernprozessen, etwa im Rahmen von Online-Kursen oder Software-Tutorials.
Ziel ist es, das Lernen zu unterstützen und zu optimieren.
„Vor allem international hat sich bereits gezeigt, dass Learning
Analytics das Bildungswesen maßgeblich prägen kann“, sagt Professor Dr.
Hendrik Drachsler vom DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und
Bildungsinformation und von der Goethe-Universität Frankfurt, der
federführend für die Organisation der Konferenz verantwortlich ist. DIPF
und Goethe-Universität sind gemeinsam mit der Technischen Universität
(TU) Darmstadt Ausrichter der diesjährigen LAK, die damit erstmals von
einem deutschen Team betreut wird. Als Beispiele für den Einsatz von
Learning Analytics nennt Hendrik Drachsler das gezielte Fördern von
Schülerinnen, Schülern und Studierenden im laufenden Lernprozess oder
das Zusammenstellen von Lerngruppen nach bestimmten
Kommunikationsmustern, die Aufschluss über die Bedürfnisse bei der
Zusammenarbeit geben. Zugleich betont der Informatiker und Professor für
Educational Technologies den hohen Stellenwert des Datenschutzes in
diesem Bereich: „Die Technik soll allein dem Lernenden dienen.“ Um den
Austausch zu diesem Thema voranzubringen, hat das Team um Professor
Drachsler alles dafür getan, dass die Konferenz trotz der aktuellen Lage
stattfinden kann.
Konferenz nun im virtuellen Raum
Die Organisatorinnen und Organisatoren haben umgehend reagiert und dafür gesorgt, dass die Konferenz, die eigentlich vor Ort in Frankfurt am Main ausgerichtet werden sollte, nun als zukunftweisendes reines Online-Format angeboten werden kann. Die registrierten Teilnehmenden können sich etwa in Video-Konferenzräume einwählen, wo die Vorträge live und von der ganzen Welt aus gehalten werden. Moderierte Chats bieten im Anschluss die Möglichkeit für Fragen und Antworten. Die Beiträge werden, wenn die Vortragenden einverstanden sind, aufgezeichnet. So können Interessierte sie auch zeitlich flexibel anschauen. Poster und Anwendungen werden ebenfalls rein virtuell präsentiert und das Programm ist insgesamt über lange Zeiträume am Tag gestreckt, um den Teilnehmenden aus sieben Zeitzonen bestmöglich gerecht zu werden. Das Team ist sich sicher, dass das Format mit seiner räumlichen Unabhängigkeit und zeitlichen Flexibilität auch Impulse für künftige andere Tagungen bietet.
Bis Dienstag, 24. März, um 17 Uhr mitteleuropäischer Zeit kann man sich noch für die Konferenz LAK20 registrieren, um online teilzunehmen. Hier finden Sie den Registrierungslink: https://lak20.solaresearch.org/registration
Thema der zehnten Ausgabe der Konferenz, die unter dem Dach der
international vernetzten „Society for Learning Analytics Research“
(SoLAR) jedes Jahr von wechselnden internationalen Teams ausgerichtet
wird, ist „Shaping the future of the field“. „Im Fokus stehen mögliche
Entwicklungslinien der nächsten zehn Jahre und darüber hinaus. Im Kern
geht es darum, wie sich das Lernen und Lehren messen lässt, welche
Erkenntnisse sich damit gewinnen lassen, wie man sie möglichst
nutzbringend einsetzt und was bei verschiedenen Einsatzgebieten und
Größenordnungen von Learning Analytics zu beachten ist“, so Dr.
Christoph Rensing von der TU Darmstadt, Mitorganisator der diesjährigen
LAK.
• „Learning Analytics - A field on the verge of relevance?"
Prof.
Dr. Shane Dawson, Director of the Teaching Innovation Unit, Co-Director
of the Centre for Change and Complexity in Learning und Professor of
Learning Analytics at the University of South Australia
• „Group Learning Analytics"
Prof.
Dr. Milena Tsvetkova, Assistant Professor at the Department of
Methodology at the London School of Economics and Political Science
Das LAK-Organisationsteam agiert in einem regionalen Umfeld, in dem die Vorteile und Formen der Umsetzung von Learning Analytics für den Hochschulbereich bereits intensiv diskutiert werden. Professor Drachsler und Dr. Rensing haben zu dieser Thematik ein eigenes Innovationsforum initiiert. Es ist Teil des vom Land geförderten Projektes „Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen“, in dessen Rahmen elf hessische Hochschulen innovative Konzepte für die Lehrenden und die Studierenden erarbeiten.
Weitere Informationen zu der Konferenz: https://lak20.solaresearch.org/
Kontakt:
Learning Analytics: Prof. Dr. Hendrik Drachsler, +49 (0)69-24708-870, drachsler@dipf.de
Presse: Philip Stirm, DIPF, +49 (0)69 24708-123, stirm@dipf.de, www.dipf.de
Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt bitten um Unterstützung für Forschung, Ausstattung und Versorgung
Rhythmische Nervensignale bestimmen Laute von Fledermäusen
Goethe-Universität schließt Exklusivlizenzvertrag mit ihrem neuem Spin-off. 3Cs-Verfahren ermöglicht es erstmals, kombinatorische Reagenzien der Genschere CRISPR/Cas-herzustellen.
Frankfurter Virologin Sandra Ciesek wird über Johanna Quandt Jubiläums-Fonds gefördert
Zellkultur-Studie: Protonenpumpen-Inhibitor verbessert Wirksamkeit von Virostatikum
FRANKFURT. Eine neue Wirkstoff-Kombination könnte womöglich die Behandlung von Herpes-simplex-Krankheiten wie Lippenbläschen, Genitalherpes und Hornhautentzündung (Keratitis) verbessern. Das haben Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und der University of Kent, Großbritannien, herausgefunden. Die Forscher testeten verschiedene Wirkstoffe in Zellkulturen und entdeckten, dass Omeprazol und andere Protonenpumpen-Inhibitoren die Wirksamkeit des Virostatikums Acyclovir verbessern konnten. Acyclovir wird am häufigsten zur Behandlung Krankheiten verwendet, die mit Herpes-simplex-Infektionen einhergehen.
Lippenbläschen und Genitalherpes können erhebliche Beschwerden
verursachen. Hornhautentzündungen, die durch Herpes simplex verursacht werden,
gehören zu den häufigsten Ursachen für eine Erblindung in den Industrieländern.
Bei Menschen mit einem unterdrückten Immunsystem wie zum Beispiel
Organempfänger können Herpes-simplex-Viren lebensbedrohlich sein. Daher besteht
ein hoher Bedarf an verbesserten Therapien.
Ein internationales Team unter der Leitung von Professor Jindrich
Cinatl, Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikums
Frankfurt, und Professor Martin Michaelis, School of Biosciences, University of
Kent, hat verschiedene Protonenpumpen-Inhibitoren in Kombination mit zwei
Virostatika getestet, Acyclovir und Ribavirin.
Protonenpumpen-Inhibitoren sind die am häufigsten angewandten
Wirkstoffe gegen
Sodbrennen, weil sie die Magensäureproduktion stark verringern.
Darüber hinaus können Protonenpumpen-Inhibitoren auch die Wirkung bestimmter
Krebsmedikamente verstärken, der so genannten Nukleosid-Analoga. Die
Virostatika Acyclovir und Ribavirin sind ebenfalls Nukleosid-Analoga, und daher
untersuchte das deutsch-britische Forschungsteam, ob Protonenpumpen-Inhibitoren
auch die Wirksamkeit der beiden Virostatika erhöhen könnten.
Während Protonenpumpen-Inhibitoren zusammen mit Ribavirin nur
einen geringen Einfluss auf die Vermehrung des Herpes-simplex-Virus zeigten,
minderten sie in Kombination mit Acyclovir die Freisetzung von Viren deutlich.
Dabei zeigte Omeprazol unter den untersuchten Protonenpumpen-Inhibitoren den
größten Effekt.
Professor Jindrich Cinatl, Letztautor der Studie, sagte: “Was
unsere Forschung so interessant macht, ist, dass Protonenpumpen-Inhibitoren
eingehend charakterisierte und gut verträgliche Wirkstoffe sind. Daher können
wir sie jetzt direkt zusammen mit Virostatika in Patienten testen, die an
schweren, durch das Herpes-simplex-Virus verursachten Krankheiten leiden. Wenn
wir im Menschen denselben Effekt sehen wie in der Zellkultur, werden wir vielen
Patienten helfen können, für die wir derzeit nur eingeschränkte
Behandlungsmöglichkeiten haben.“
Publication: Omeprazole
increases the efficacy of acyclovir against herpes simplex virus type 1 and 2. Malte Kleinschmidt,
Denisa Bojkova, Holger Rabenau, Jindrich Cinatl – Goethe-University Frankfurt;
Martin Michaelis, Mark Wass - University of Kent, in: Frontiers in Microbiology
https://doi.org/10.3389/fmicb.2019.02790
Information:
Professor Dr. rer. nat. Jindrich Cinatl,
Head of Research Group Cinatl,
Institute of Medical Virology,
University Hospital Frankfurt am Main, Germany,
Phone +49 69 / 6301-6409,
E-Mail: cinatl@em.uni-frankfurt.de,
Informationen für
Social Media
Twitter-Accounts: @goetheuni, @UniKent
Tweet-Vorschläge:
Eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Professor
Jindrich Cinatl von der @goetheuni hat eine verbesserte Wirkstoff-Kombination
zur Behandlung von Herpes gefunden
Wissenschaftler der @goetheuni & der @UniKent testen eine neue Wirkstoff-Kombination,
um Herpes besser zu behandeln.
Wissenschaftler der @goetheuni & der @UniKent haben herausgefunden, dass
bestimmte Protonenpumpen-Inhibitoren die Wirksamkeit von Virostatika verbessern
können.
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2020
Die Bildung der Geschlechtszellen und die erste Zellteilung der befruchteten Eizelle sind fehleranfällige Prozesse. Manchmal stimmt am Ende die Zahl der Chromosomen nicht oder der Zwei-Zell-Embryo hat zwei Zellkerne pro Zelle statt einem Zellkern. Meistens münden diese Fehler in einer Fehlgeburt. Judith Reichmann hat bei Mäusen Fehlerquellen entdeckt, die dafür verantwortlich sind.
Die beiden Spindeln hat Reichmann mit der
sogenannten Lichtblattmikroskopie entdeckt, die sie zu diesem Zweck
weiterentwickelt hat. Die Embryonen der Maus vertragen kein Dauerlicht und
können deshalb nicht mit einem herkömmlichen Mikroskop untersucht werden. Bei
einem Lichtblattmikroskop wird nur die Ebene beleuchtet, die gerade beobachtet
wird. Der Rest des Embryos bleibt im Dunkeln.
„Judith Reichmann hat gezeigt, wie Mäuse dafür
sorgen, dass ihre Nachkommen die korrekte Zahl an Chromosomen und nur einen
Zellkern haben. Beides ist für eine erfolgreiche Fortpflanzung ungeheuer
wichtig“, schreibt der Stiftungsrat in seiner Begründung zur Preisvergabe.
„Reichmanns Forschung trägt vielleicht eines Tages dazu bei, dass die Rate an
Fehlgeburten bei Frauen reduziert werden kann – vorausgesetzt die bei Mäusen
identifizierten Fehlerquellen gelten auch für die menschliche Fortpflanzung“.
Reichmann hat mit Tex19.1 ein Protein entdeckt, das
die Chromosomen während der Halbierung des doppelten Chromosomensatzes indirekt
stabilisiert. Dieser als Meiose bezeichnete Prozess sorgt dafür, dass die
Geschlechtszellen mit einem einfachen Chromosomensatz in die Befruchtung gehen,
sonst würde sich der Chromosomensatz mit jeder Generation verdoppeln. Dass die
Chromosomen während der Meiose stabilisiert werden müssen, liegt daran, dass
dieser Prozess in den Eizellen für längere Zeit unterbrochen und erst vor dem
Eisprung beendet wird. Fehlt Tex19.1, driften die Chromosomen während der Meiose
auseinander. Das führt dazu, dass viele Embryonen unter den Nachkommen nicht
die korrekte Zahl an Chromosomen haben.
Mit der Entdeckung der zwei Spindeln während der
ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle hat Reichmann dafür gesorgt, dass
Lehrbücher umgeschrieben werden müssen. Bisher ist man davon ausgegangen, dass
der väterliche und mütterliche Chromosomensatz in der Eizelle verschmilzt und
dann über einen Spindelapparat auf die beiden Tochterzellen verteilt wird.
Reichmann konnte mit der Lichtblattmikroskopie zeigen, dass die väterlichen
und mütterlichen Chromosomen getrennt voneinander und über zwei Spindeln in der
Mitte der befruchteten Eizelle angeordnet und dann auf die Pole verteilt
werden. Auch im Zellkern des Zwei-Zell-Embryos bleiben die beiden
Chromosomensätze zunächst noch in unterschiedlichen Hemisphären, bevor sie sich
dann mit jeder weiteren Teilung mehr und mehr durchmischen.
Falls der väterliche und
mütterliche Chromosomensatz auch beim Menschen erst im Zwei-Zell-Embryo verschmilzt,
müsste auch noch einmal über das Embryonenschutzgesetz diskutiert werden, denn
für dieses Gesetz beginnt menschliches Leben mit der Verschmelzung von
mütterlichem und väterlichem Erbgut. Das ist aber bisher in der befruchteten
Eizelle verortet worden, nicht im Zwei-Zell-Embryo. Reichmanns Forschung hat
damit auch in dieser Hinsicht Fragen aufgeworfen.
Kurzbiographie Dr. Judith Reichmann
Judith Reichmann (35) studierte
Angewandte Biologie an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg. Zum Ende ihres Studiums
wechselte sie an die Universität Aberdeen in Schottland, wo sie noch einen
Bachelor in Genetik machte. An der Universität Edinburgh promovierte sie über
Prozesse zur Entstehung von Ei- und Spermienzellen. Reichmann kam 2012 als
Postdoktorandin an das EMBL, um die Zellteilungen am Beginn des Lebens mit
neuesten Mikroskopie-Techniken zu untersuchen. Seit 2017 ist sie als
Wissenschaftlerin am EMBL tätig. Reichmann ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Der
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
Der
2006 erstmals vergebene Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
wird von der Paul Ehrlich-Stiftung einmal jährlich an einen in Deutschland
tätigen Nachwuchswissenschaftler oder eine in Deutschland tätige
Nachwuchswissenschaftlerin verliehen, und zwar für herausragende Leistungen in
der biomedizinischen Forschung. Das Preisgeld von 60.000 € muss
forschungsbezogen verwendet werden. Vorschlagsberechtigt sind Hochschullehrer
und Hochschullehrerinnen sowie leitende Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen an deutschen Forschungseinrichtungen. Die Auswahl der
Preisträger erfolgt durch den Stiftungsrat auf Vorschlag einer achtköpfigen
Auswahlkommission.
Die
Paul Ehrlich-Stiftung
Die
Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die
treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsidentin der 1929 von Hedwig Ehrlich
eingerichteten Stiftung ist Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die gewählten Mitglieder des
Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der
Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am
Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender
des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung &
Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in
seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul
Ehrlich-Stiftung. Die Präsidentin der Goethe-Universität ist in dieser Funktion
zugleich Mitglied des Kuratoriums.
Weitere Informationen
Alle Unterlagen der Pressemappe sowie
ein Foto von Frau Dr. Reichmann sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Den
ausführlichen Lebenslauf, ausgewählte Veröffentlichungen und die Publikationsliste
erhalten Sie von Dr. Hildegard Kaulen, Telefon: +49 (0) 6122/52718, E-Mail: h.k@kaulen-wissenschaft.de
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2020
Angriff oder Friedenspflicht? Diese Frage beantworten Immunzellen unzählige Male am Tag. Würden sie dabei regelmäßig falsch liegen, hätte dies ernsthafte Konsequenzen für unsere Gesundheit. Mit den von Shimon Sakaguchi entdeckten regulatorischen T-Zellen besitzt der Körper eine Friedenstruppe, die dem Immunsystem hilft, sicher zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Stärkt oder schwächt man diese Friedenstruppe, erhält das Immunsystem einen Kick oder einen Dämpfer. Beides kann therapeutisch relevant sein. Deshalb werden beide Konzepte klinisch geprüft.
FRANKFURT. Der
Japaner Shimon Sakaguchi erhält morgen den mit 120.000€ dotierten Paul Ehrlich-
und Ludwig Darmstaedter-Preis 2020. Der Festakt in der Paulskirche ist wegen der aktuellen Entwicklungen in
der Coronavirus-Pandemie allerdings abgesagt worden. Sakaguchi bekommt
die renommierte Auszeichnung für die Entdeckung der regulatorischen T-Zellen,
die das Potenzial haben, die neuen Helden der Medizin zu werden. Regulatorische
T-Zellen halten das Immunsystem im Gleichgewicht und sorgen dafür, dass es
weder Amok läuft noch unaufmerksam ist. „Ohne die von Sakaguchi entdeckten
regulatorischen T-Zellen wäre das Immunsystem nicht in der Lage, Fehler bei der
Unterscheidung von Freund und Feind mit dem gebotenen Nachdruck zu korrigieren“
begründet der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung seine Entscheidung zur
Preisvergabe. „Das Immunsystem braucht eine solche Kontrolle, weil Übereifer zu
Autoimmunerkrankungen wie Rheuma und Typ 1-Diabetes führt. Versagen gibt
Krebszellen die Gelegenheit, sich zu einem Tumor zusammenzurotten und
Metastasen zu bilden. Sakaguchis Entdeckung hat demnach eine hohe medizinische
Relevanz.“
Der diesjährige Paul Ehrlich- und
Ludwig Darmstaedter Preisträger war früh von der Existenz einer immunologischen
Friedenstruppe überzeugt. Da es keinen Marker gab, mit dem diese Zellen
identifiziert und isoliert werden konnten, machte er sich daran, ein solches
Merkmal zu suchen. Er fand es in Form eines Oberflächenproteins, das nur bei
den regulatorischen T-Zellen dauerhaft und in großer Menge vorhanden ist und
das als Andockpunkt für einen Angelhaken dienen kann. „Die Entdeckung dieses Markers machte
unmissverständlich deutlich, dass es die regulatorischen T-Zellen tatsächlich
gibt und dass man sie isolieren und näher charakterisieren kann“, sagt
Professor Thomas Boehm, Direktor
am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg und
Vorsitzender des Stiftungsrates. „Das hat dem Arbeitsgebiet einen enormen Schub
verliehen. Plötzlich interessierten sich viele Wissenschaftler für die
regulatorischen T-Zellen.“
Spätestens ab dem Zeitpunkt, als Sakaguchi
nachweisen konnte, dass das Protein Foxp3 der zentrale An/Aus-Schalter der
regulatorischen T-Zellen ist, war klar, dass diese Zellen auch medizinisch
relevant sind. Über Foxp3 fahren die regulatorischen T-Zellen ihr
Betriebssystem hoch. Andere Wissenschaftler hatten bereits gezeigt, dass
Patienten mit dem sehr seltenen, angeborenen IPEX-Syndrom kein Foxp3 bilden.
Diesen Patienten fehlt damit offensichtlich der Zugriff auf ihre immunologische
Friedenstruppe. Sie entwickeln schon bald nach der Geburt eine schwere
Autoimmunerkrankung, an der sie oft früh versterben.
Regulatorische T-Zellen kommen wegen ihrer
fundamentalen Bedeutung für das Immunsystem für die Behandlung verschiedenster
Erkrankungen in Betracht. Allerdings auf unterschiedliche Weise. Bei
Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Typ1-Diabetes und Multiple Sklerose muss ihre
Aktivität gestärkt werden, damit sie entschlossener gegen die unangemessenen
Attacken auf körpereigenes Gewebe vorgehen. Bei Krebs brauchen die
regulatorischen T-Zellen einen Dämpfer. Krebszellen sind zwar körpereigene
Zellen, da sie sich aber nicht mehr an das einmal vereinbarte Programm halten,
müssten sie eigentlich beseitigt werden. Das geschieht allerdings nicht mit der
gebotenen Konsequenz, weil sich die Krebszellen unter den Schutz der
regulatorischen T-Zellen stellen, die im Tumor überproportional häufig
vertreten sind. Bei Krebs müssen die regulatorischen T-Zellen also geschwächt
werden, damit das Immunsystem nicht länger über die wahre Natur der Tumorzellen
getäuscht wird und gegen die Krebszellen vorgehen kann.
Der Dämpfer könnte darin bestehen, dass die Zahl
der regulatorischen T-Zellen im Tumor reduziert oder deren Wirkung unterbunden
wird. Dabei sollte allerdings möglichst spezifisch und auf den Tumor bezogen
vorgegangen werden, da die regulatorischen T-Zellen auch an anderer Stelle im
Körper gebraucht werden. „Geschwächt werden sollten sie eigentlich nur im
Tumor, nicht im ganzen Körper“, erklärt Thomas Boehm „Sakaguchi versucht daher,
die im Tumor vorhandenen regulatorischen T-Zellen in konventionelle T-Zellen
umzuwandeln, die sich dann am Angriff auf die Tumorzellen beteiligen. Wenn die
Strategie aufgeht, würde aus der falsch verstandenen Friedenspflicht eine
Verstärkung des Angriffs werden.“
Derzeit werden verschiedenste Konzepte zur
Behandlung von Autoimmunerkrankungen und Krebs geprüft, die sich allerdings
noch in einer frühen Phase der klinischen Entwicklung befinden. Bis zu einer
breiten therapeutischen Anwendung ist es noch ein weiter Weg.
Kurzbiographie Professor Dr.
Shimon Sakaguchi
Professor Shimon Sakaguchi, MD
(69) ist Arzt. Er studierte Medizin an der Kyoto Universität in Japan,
wechselte dann als Postdoktorand an die Johns-Hopkins-Universität in Baltimore
und danach an die Stanford Universität in Kalifornien. 1989 wurde er „Assistant
Professor“ am Scripps Research Institute in La Jolla. 1991 kehrte Sakaguchi
nach Japan zurück und forschte zunächst am „Tokyo Metropolitan Institute of
Gerontology“. Später am „Institute for Frontier Medical Sciences“ der Kyoto
Universität, dessen Direktor er zeitweilig war. Seit 2011 arbeitet er an der
Osaka Universität. 2012 wurde er Foreign Member der amerikanischen National
Academy of Sciences und 2017 ernannte ihn die japanische Regierung zur „Person
of Cultural Merit“. Sakaguchi hat bereits viele Auszeichnungen erhalten,
darunter den William B. Coley Award des Cancer Research Institute, den Keio
Medical Science Prize, den Canada Gairdner International Award und den Crafoord
Prize. Im vergangenen Jahr wurde ihm der „Deutsche Immunologie-Preis 2019“
verliehen.
Der Paul Ehrlich- und Ludwig
Darmstaedter-Preis
Der
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis wird traditionell an Paul Ehrlichs
Geburtstag, dem 14. März, in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Mit ihm
werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt, die sich auf den von
Paul Ehrlich vertretenen Forschungsgebieten besondere Verdienste erworben
haben, insbesondere in der Immunologie, der Krebsforschung, der Hämatologie,
der Mikrobiologie und der Chemotherapie. Finanziert wird der seit 1952
verliehene Preis vom Bundesgesundheitsministerium, dem Verband Forschender
Arzneimittelhersteller e.V. und durch zweckgebundene Spenden folgender
Unternehmen, Stiftungen und Einrichtungen: Christa Verhein Stiftung, Else
Kröner-Fresenius-Stiftung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, C.H. Boehringer
Sohn AG & Co. KG, Biotest AG, Hans und Wolfgang Schleussner-Stiftung,
Fresenius SE & Co. KGaA, F. Hoffmann-LaRoche Ltd., Grünenthal Group,
Janssen-Cilag GmbH, Merck KGaA, Bayer AG, Holtzbrinck Publishing Group, AbbVie
Deutschland GmbH & Co. KG, die Baden-Württembergische Bank, B. Metzler
seel. Sohn & Co. und die Goethe-Universität. Die Preisträger werden vom
Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung ausgewählt. Eine Liste der
Stiftungsratsmitglieder ist auf der Internetseite der Paul Ehrlich-Stiftung
hinterlegt.
Die
Paul Ehrlich-Stiftung
Die
Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die
treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsidentin der 1929 von Hedwig Ehrlich
eingerichteten Stiftung ist Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die gewählten Mitglieder des
Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der
Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am
Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender
des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung &
Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in
seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul
Ehrlich-Stiftung. Die Präsidentin der Goethe-Universität ist in dieser Funktion
zugleich Mitglied des Kuratoriums.
Weitere
Informationen
Sämtliche
Unterlagen der Pressemappe und ein Foto des Preisträgers sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Der Abdruck ist kostenfrei.
Den ausführlichen Lebenslauf, ausgewählte Veröffentlichungen und die
Publikationsliste erhalten Sie von Dr. Hildegard Kaulen, Telefon: +49 (0)
6122/52718, Email: h.k@kaulen-wissenschaft.de
Digitalisierung: Herausforderungen für Forschung, Unternehmen und Gesellschaft
FRANKFURT. Dem Thema „Digitale Transformation“ widmet sich die 82. Jahrestagung des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. (VHB), die dieses Jahr vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt ausgerichtet wird. Vom 17.-20. März tauschen sich gut 600 Besucherinnen und Besucher in 179 Sessions, Panels, Symposien und Workshops mit etwa 300 Vorträgen über den Stand und die Entwicklung der betriebswirtschaftlichen Forschung, sowie über den Transfer der Erkenntnisse in die Praxis aus.
Digitalisierung, das ist die
Umwandlung von analogen Inhalten und Arbeitsweisen in digitale Formen. Der
Begriff beschreibt einen tiefgreifenden Wandel, der sämtliche Bereiche unserer
Gesellschaft erfasst hat. Die deutschsprachige BWL tagt in Frankfurt und macht
diesen Wandel für eine Woche zu ihrem Generalthema. Insbesondere zum Digital
Day am Mittwoch, den 18.3.2020, werden die innovativen und praxisnahen Beiträge
in unterschiedlichen Formaten thematisiert. Diskutiert werden aktuelle
Fragestellungen wie „Bezahlen wir in Zukunft mit dem ‚digitalen Euro'?“, „Wie
verändert sich unsere Arbeitswelt mit der Digitalisierung?“, „Welche
innovativen Geschäftsmodelle bewegen den Mittelstand?“ und „Digitale
Transformation im Gesundheitswesen?“. Am Runden Tisch werden zukünftige
Forschungsperspektiven ausgelotet, in Workshops mit Medienvertretern der
Transfer betriebswirtschaftlicher Forschung in Praxis und Öffentlichkeit
geprobt werden.
Prof. Dr. Birgitta Wolff, die
Präsidentin der Goethe-Universität, findet: „Schön, dass 99 Jahre nach der
Gründung des VHB in Frankfurt die 82. Jahrestagung wieder in Frankfurt
stattfindet. Mit dem Thema „Digitale Transformation“ und dessen Folgen für die
Betriebswirtschaftslehre ist die Veranstaltung hier gut aufgehoben. Nicht allein,
weil unser Fachbereich Wirtschaftswissenschaften einer der größten und
traditionsreichsten an einer deutschen Universität ist, sondern auch, weil uns
das Thema digitaler Wandel an der Goethe-Universität wie auch an vielen anderen
Universitäten weltweit in vielfältiger Weise intensiv beschäftigt. Diese
unterschiedlichen Perspektiven werden unsere Forschenden in die Tagung mit
einbringen.“
Eröffnet wird die Konferenz
am Dienstagabend mit zwei hochkarätigen Keynotes: Marketing-Professor Bernd
Skiera (Frankfurt) spricht über die Regulierung im Netz und die Folgen für die
Werbeindustrie und verweist auf den dringenden Bedarf fundierter empirischer
Forschung zum Thema. Theodor Weimer, CEO der Deutsche Börse AG, spricht über
Digitalisierung als Zukunftsherausforderung für Unternehmen und skizziert
Kernelemente einer gelingenden Digitalen Transformation. Zu den
Zukunftsherausforderungen wird darüber hinaus am Mittwochabend eine weitere
Keynote Session mit dem renommierten Wirtschaftsinformatiker Jan-Marco Leimeister
(St. Gallen/Kassel), dem CEO von TeamViewer Oliver Steil, Rolf Felkel und Claus
Grunow, Senior Vice President und Vice President aus den
Digitalisierungsbereichen von Fraport sowie Dr. Christian Langer, Head of
Digital Strategy, Innovation and Transformation der Lufthansa Group,
stattfinden.
„Wir freuen uns, dass wir
gemeinsam mit vielen Partnern in Frankfurt ein breites und vielfältiges
Tagungsprogramm umsetzen können. Im Zentrum der Tagung stehen die
Herausforderungen der digitalen Transformation, die immer stärker die
betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre prägen - sowohl inhaltlich wie auch
methodisch. Mit dem ‚Digital Day' stellt die VHB-Tagung die Chancen und
Herausforderungen der Digitalisierung in den Mittelpunkt des
betriebswirtschaftlichen Diskurses“, so Mark Wahrenburg, Vorsitzender des
diesjährigen Organisationskomitees und Professor für Bankbetriebslehre an der
Goethe-Universität.
Die 82. Jahrestagung des VHB
findet in diesem Jahr erstmalig nicht an Pfingsten, sondern im Frühjahr statt.
Mit dem neuen Datum wird ein neues Format eingeführt: Die 18 Fachgruppen sind
aufgerufen, ihre individuellen Tagungen ab diesem Jahr unter dem Dach der
gemeinsamen Jahrestagung auszurichten. Peter Walgenbach, Vorsitzender des VHB
und Professor für BWL an der Universität Jena, betont:
„Uns verbindet die
Begeisterung für betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre. Die Jahrestagung
eröffnet den Blick auf die gesamte Disziplin BWL. Das Thema der
diesjährigen Tagung ist für alle unsere Fachgruppen von großer Bedeutung und
bietet die Chance, über die Grenzen unserer Teildisziplinen hinauszugehen. Wir
sollten die Tagung intensiv nutzen, um uns auszutauschen und voneinander zu
lernen.“
Flankiert werden die
Kernkonferenztage von der Pre- und Post-Conference am Dienstag und Freitag. Die
Pre-Conference steht ganz im Zeichen der Förderung junger Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler und der Methoden-Workshops. Im Laufe des Freitags tagen
Expertinnen und Experten aus der Wissenschaftsethik zu Möglichkeiten und Grenzen,
die sich aus der zunehmenden Digitalisierung betriebswirtschaftlicher Forschung
ergeben. Auch ein Punkt auf der Post-Conference: die Vorbereitung der
Jubiläumstagung im kommenden Jahr, denn der VHB wird 100 Jahre alt.
Sämtliche Informationen zur Tagung:
http://bwl2020.org
Über den VHB
Der Verband der
Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. (VHB) setzt sich aus rund 2.600
Mitgliedern zusammen, die sich wissenschaftlich auf dem Gebiet der
Betriebswirtschaftslehre betätigen. Ziel des VHB ist die Förderung und
Weiterentwicklung der BWL als gesellschaftlich relevante, international
anschlussfähige und zukunftsweisende Wissenschaftsdisziplin. Der Verband ist
eine wachsende, lebendige Plattform für wissenschaftlichen Austausch,
Vernetzung und Nachwuchsförderung in allen Bereichen der BWL und darüber
hinaus. 1921 gegründet ist der VHB heute die führende wissenschaftliche
Verbandsinstitution der BWL im deutschsprachigen Raum (http://vhbonline.org/).
Für weitere Auskünfte
Verband der Hochschullehrer
für Betriebswirtschaft e.V.
Bianca Volk, Pressesprecherin
Geschäftsstelle:
Reitstallstr. 7 – 37073 Göttingen – Deutschland
Tel.: +49 (0)551 - 797 78
566, Fax: +49 (0)551 - 797 78 567
E-Mail: bianca.volk@vhbonline.org - URL: http://vhbonline.org
Das Projekt „Sprachförderprofis“ kann seine erfolgreiche Arbeit mit Fachkräften in Kitas und Grundschulen fortsetzen
FRANKFURT. Das Projekt „Sprachförderprofis“ der Goethe-Universität und des IDeA-Zentrums bildet seit Herbst 2016 Erzieherinnen und Erzieher sowie Grundschullehrkräfte gemeinsam fort. Die pädagogischen Fachkräfte lernen, linguistisch fundierte Sprachförderung zu konzipieren und diese flexibel in Groß- und Kleingruppen für Kindern mit besonderem Sprachförderbedarf, beispielsweise Deutsch als Zweitsprache, umzusetzen. Nun haben die Förderpartner die Fortsetzung für weitere drei Jahre bewilligt.
Damit pädagogische Fachkräfte aus
Kitas und Grundschulen wissen, wie das komplexe System Sprache funktioniert und
wie sie Kinder im (Zweit-)Spracherwerb unterstützen können, werden sie an der
Goethe-Universität zu „Sprachförderprofis“ ausgebildet. Das Projekt „Sprachförderprofis“
ist angesiedelt an der Arbeitseinheit Deutsch als Zweitsprache unter der
Leitung von Prof. Dr. Petra Schulz am Institut für Psycholinguistik und
Didaktik der deutschen Sprache. Als Projektpartner beteiligt sind das
Stadtschulamt Frankfurt, das Hessische Kultusministerium und die Stiftung Polytechnische
Gesellschaft.
„Mehr als 350 Fachkräfte aus ganz
Hessen wurden in der ersten Förderphase geschult, 24 Gruppen, davon 14 in
Frankfurt, haben das Programm durchlaufen“, berichtet Projektleiterin Prof. Dr.
Petra Schulz. Auch ein Lehrbuch für die Praxis ist dabei entstanden, das im
Herbst dieses Jahres gedruckt vorliegen soll. In der zweiten Förderphase, für
die mehr als 200.000 Euro zur Verfügung stehen, soll das erfolgreiche Konzept
fortgeführt werden: Wie bisher wird eine Fortbildungsreihe mit vier Modulen zu
linguistischen Grundlagen, Erst- und Zweitspracherwerb, Sprachdiagnostik und
Sprachförderung angeboten, kombiniert mit individuell abgestimmten Coachings
vor Ort. Neu ist das Modul „Sprachförderprofis im Team“. Dr. Rabea Lemmer und
Alina Lausecker, die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen im Projekt, erläutern:
„In dem neuen Modul werden die Inhalte der Fortbildungsreihe gemeinsam mit
zertifizierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Einrichtungen umgesetzt,
um beispielsweise ein neues Sprachförderkonzept zu entwickeln.“ Darüber hinaus
soll unter dem Stichwort „Sprache stärken“ der Blick für spät erworbene
sprachliche Phänomene geschärft werden, die insbesondere für den schulischen
Erfolg von Bedeutung sind, – wie die Unterscheidung von bestimmtem und
unbestimmtem Artikel.
Informationen: Prof. Dr. Petra Schulz,
Institut für Psycholinguistik und Didaktik der deutschen Sprache, Fachbereich
10, Norbert-Wollheim-Platz 1, 60323 Frankfurt, Telefon 069 798-32561, E-Mail p.schulz@em.uni-frankfurt.de; Homepage: www.uni-frankfurt.de/44192743/DaZ; Sprachförderprofis: www.sprachfoerderprofis.de. Dort können auch frühzeitig
Fortbildungstermine eingesehen werden.
Frobenius-Institut eröffnet die Ausstellung „Baxxe – Home“ im Museum Bautzen (14. März bis 1. Juni 2020)
FRANKFURT. Was
bedeutet „Heimat“? Diese Frage steht im Zentrum der Fotoausstellung „Baxxe –
Home“ der äthiopischen Fotografin Maheder Haileselassie, die
am
Samstag, 14. März, um 15 Uhr
im
Museum Bautzen, Kornmarkt 1, 02625 Bautzen
eröffnet wird. Die Ausstellung zeigt Fotos aus den Archiven des
Frobenius-Instituts, welche die frühen Expeditionen in die Region Gedeo
(Äthiopien) zwischen den 1930er und 1950er Jahren dokumentieren. Diesen Bildern
werden aktuelle Fotografien von Haileselassie und Schülerinnen und Schülern aus
der Region Gedeo gegenübergestellt, welche ihre eigenen Auffassungen von
„Heimat“ abbilden. Entstanden sind diese Werke in einem Workshop, den Maheder
Haileselassie im Frühjahr 2019 in der Region geleitet hat.
Darüber hinaus ist in der Ausstellung ein in den 1970er Jahren
gedrehter Film des Frobenius-Instituts über Handwerker in Gedeo zu sehen,
kommentiert durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Workshop. Der Film
spiegelt die Auseinandersetzung der jungen Menschen aus Gedeo mit ihrer regionalen
Geschichte wider.
Die Ausstellung baut auf eine Kooperation zwischen dem
Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung und dem Goethe-Institut
in Addis Abeba (Äthiopien) auf, und war erstmals vom 21. November bis 31.
Januar 2019 am Goethe-Institut in Addis Abeba ausgestellt. In erweiterter Form
ist sie nun im Museum Bautzen zu sehen, wo sie sich in die dortige
Ausstellungsfolge zum Thema „Heimat“ einreiht.
Informationen: Dr. Sophia Thubauville, Frobenius-Insitut für kulturanthropologische Forschung an der Goethe-Universität, Telefon +49 (0)69 798-33240, Mail Thubauville@em.uni-frankfurt.de; Näheres unter: https://www.frobenius-institut.de/aktuelles; https://www.museum-bautzen.de/veranstaltungen/ausstellungen/baxxe-heimat/
Den
Ausstellungsflyer finden
Sie zum Download unter: http://www.uni-frankfurt.de/86430263
Der österreichische Autor und Essayist spricht am Samstag auf dem Campus Westend über „Unterwegs nach Babylon“
FRANKFURT. Im Wintersemester 2019/20 feiert die Frankfurter Poetikvorlesung ihr 60-jähriges Jubiläum. Die Jubiläumsvorlesung wird von Christoph Ransmayr gehalten. Eingeleitet und begleitet wurde die Dozentur von einer dreiteiligen wissenschaftlichen Vortragsreihe, die vertiefende Einblicke in das Werk Ransmayrs vermittelte.
60 Jahre Frankfurter Poetikvorlesungen: Christoph Ransmayr - Unterwegs nach Babylon
Öffentliche
Vorlesung. Samstag, 7. März, 18 Uhr c.t.. Hörsaalzentrum (HZ 1&2), Campus
Westend.
Die
wieder von Wolfgang Schopf (Literaturarchiv der Goethe-Universität) kuratierte Begleitausstellung
zur Poetikdozentur im „Fenster zur Stadt“/Restaurant Margarete wird im
Anschluss an die Vorlesung eröffnet; die Ausstellung ist täglich geöffnet von
11 bis 24 Uhr.
Die
Abschlusslesung findet am Montag, 9. März, ab 19.30 Uhr im Literaturhaus
Frankfurt statt.
„Geschichten ereignen sich nicht, Geschichten werden erzählt.“ Dieses Zitat
stammt aus dem Vorwort des 2012 erschienenen Reise-Erzählbandes „Atlas eines
ängstlichen Mannes“ von Christoph Ransmayr und kann als poetologischer Leitsatz
für sein gesamtes Werk gelesen werden. In seinem Roman „Die letzte Welt“ (1988)
erfüllt Ransmayr diesen Anspruch par excellence und es gelingt ihm der
internationale Durchbruch. Zahlreiche weitere Romane folgten seitdem,
insbesondere sind hier „Morbus Kitahara“ (1995), „Der fliegende Berg“ (2006)
sowie sein aktuellster Roman „Cox oder Der Lauf der Zeit“ (2016) hervorzuheben.
Daneben zählen auch Theaterstücke (u.a. „Die Unsichtbare. Tirade an drei
Stränden“ (2001), Essays und literarische Reportagen zu seinem Œuvre. Die
vielfältigen Perspektiven, Formen, Genres und Medien des Erzählens erkundet
Ransmayr in seinem mittlerweile zehn Bände umfassenden großen Projekt
„Spielformen des Erzählens“.
Für
sein kreatives Schaffen wurde Christoph Ransmayr inzwischen mit unzähligen
Auszeichnungen und Preisen geehrt; so erhielt er allein im vergangenen Jahr den
Würth-Preis für Europäische Literatur, den Kleist-Preis, den
Nicolas-Born-Preis, den Preis der Stadt Wien für Literatur sowie den
Bayerischen Buchpreis. Im kommenden Mai wird Ransmayr den Ludwig-Börne-Preis
2020 erhalten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat als diesjähriger
Preisrichter den Preisträger ausgewählt, er wird auch die Laudatio halten.
Weitere
Informationen:
Prof.
Susanne Komfort-Hein, Geschäftsführung: Frankfurter Poetikvorlesungen,
Goethe-Universität Frankfurt.
Tel
(069) 798 32855; E-Mail: Koch@lingua.uni-frankfurt.de.
www.poetikvorlesung.uni-frankfurt.de
Wissenschaftler von Goethe-Universität, Universität Basel und Forschungszentrum Point Sud haben gestern einzigartige Postgraduiertenakademie in Bamako (Mali) eröffnet
FRANKFURT. Die
Grundlagenforschung in afrikanischen Staaten zu stärken, das ist das Ziel der
neuen Postgraduiertenakademie in der malischen Stadt Bamako – insbesondere im
Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Einrichtung, die von der
Gerda Henkel Stiftung finanziert und von Wissenschaftlern aus Frankfurt und
Mali konzipiert wurde, ist am vergangenen Montag, 2. März, feierlich eröffnet
worden.
Trotz großer Fortschritte finden die frankophonen afrikanischen
Länder weltweit noch wenig Beachtung in der globalen Wissensproduktion.
Insbesondere in den Geistes- und Sozialwissenschaften orientiert man sich stark
am Problemlösungsbedarf von Politik und Entwicklungsindustrie – auf Kosten des
Weiterentwicklungspotenzials der Fächer. „In politisch orientierten Diskursen
steht die Wissenschaft in der Pflicht, Lösungen für menschliche Probleme zu
liefern, und der praktische Nutzen wird zum Messstandard für die Feststellung
der Gültigkeit von Wissen“, beschrieb Prof. Elisio Macamo von der Universität
Basel, einer der beiden Gründungsdirektoren, die Situation bei der Eröffnung.
Tatsächlich laufe die Debatte darüber, inwieweit die Wissenschaft gefordert
ist, relevantes Wissen zu produzieren, auf ein Dilemma hinaus, das die
Diskussion äußerst schwierig gemacht habe. „Die Wissenschaftler stecken
besonders in Afrika in einer Zwickmühle zwischen der Vermittlung nützlichen
Wissens bei gleichzeitiger Verwässerung wissenschaftlicher Standards einerseits
und der Aufrechterhaltung wissenschaftlicher Standards bei gleichzeitigem Risiko
der Irrelevanz andererseits“, so Macamo.
Welche Rolle spielt Grundlagenforschung in den Sozial- und
Humanwissenschaften in einem Kontext, der im öffentlichen Bewusstsein vor allem durch „scheinbar offensichtliche Problemlagen“ gekennzeichnet ist, die es mit
Hilfe des an den Universitäten erlernten wissenschaftlichen Repertoire zu lösen
gelte, fragte auch Prof. Mamadou Diawara vom Institut für Ethnologie der
Goethe-Universität, der die neue Akademie gemeinsam mit Macamo und
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Mali gegründet hat. Die
konzeptuelle und methodische Weiterentwicklung der Disziplinen selbst bleibe
dabei oft auf der Strecke. Es sei jedoch von größter Wichtigkeit, die Probleme
grundlegend zu verstehen und die richtigen Fragen zu formulieren. Dies sei
leider alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Das Übermaß an
„angewandter Forschung“ im Dienst der Entwicklungspolitik führe dazu, so die
Wissenschaftler, dass Afrika in der globalen Wissensproduktion immer weiter
zurückfalle, was sich besonders im frankophonen Afrika zeigt, das im Zentrum
des Projektes steht.
Die „Pilote African Postgraduate Academy (PAPA)“, die von
Goethe-Universität, Universität Basel und Forschungszentrum Point Sud in Bamako
entwickelt wurde, versteht sich jedoch ausdrücklich nicht als dekoloniales
Projekt. „Wir sind nicht auf der Suche nach einer afrikanischen Wissenschaft,
die alles anders macht als die sogenannte europäisch geprägte Wissenschaft. Wir
wollen das wissenschaftliche Vokabular vielmehr von solchen gedanklichen
Korsetten befreien“, führte Macamo aus. PAPA soll die Grundlagenforschung in
den Geistes- und Sozialwissenschaften stärken. Fünfzehn
Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus acht Ländern nahmen nach
der Eröffnung ihre Forschungsarbeit auf. Die wissenschaftliche Leitung haben
Prof. Mamadou Diawara und Prof. Elisio Macamo inne. Das Ausbildungsprogramm der
Akademie soll die Stipendiaten ermutigen, sich in einem kritischen Dialog mit
ihren Disziplinen, den Area Studies und ihrer Identität als Wissenschaftler mit
grundlegenden epistemologischen Fragen auseinanderzusetzen. Nach Abschluss des
dreijährigen PAPA-Zyklus sollen die sorgfältig ausgewählten jungen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an ihren Heimatinstitutionen auf einem
neuen Niveau lehren und veröffentlichen. Zweimal im Jahr soll es zweiwöchige
Workshops in Bamako geben, an denen fünfzehn ausgewählte
Nachwuchswissenschaftler und bis zu vier etablierte Wissenschaftler in Bamako
teilnehmen. Ein Mentoring-Programm soll hochrangige Forscher und Preisträger an
ihren Heimatinstitutionen zusammenbringen. Zudem soll ein starkes Netzwerk
entstehen, das Wissenschaftlern und Dozenten aus frankophonen afrikanischen
Ländern, die innerhalb und außerhalb Afrikas leben, für Austausch und gemeinsame
Projekte zur Verfügung steht. Das Projekt wird von der Gerda Henkel Stiftung
für die ersten drei Jahre gefördert.
Feierlich eröffnet wurde die Veranstaltung vom malischen Minister
für Bildung und Forschung, Prof. Mamadou Famanta, und dem Deutschen Botschafter
in Mali, Dr. Dr. Dietrich Fritz Reinhold Pohl. Den Festvortrag hielt der
renommierte senegalesische Philosophieprofessor Prof. Souleymane Bachir Diagne
von der Columbia University, New York zum Thema „La question de l'Universel et
les Etudes Postcoloniales“. Auch Diagne wandte sich gegen die Radikalität von
Post- und Dekolonialisten: „Natürlich sollen wir die koloniale Bibliothek nicht
verbrennen, sondern nutzen und kritisieren.“ Er sprach sich gegen eine
„Erfahrungswissenschaft“ aus, in der Forschungen über bestimmte
Bevölkerungsschichten nur noch von dieser selbst durchgeführt werden können, da
alle anderen angeblich keine Vorstellung von deren Lebenswirklichkeit haben
können. „Die Vorstellung, dass die Alltagsprobleme schwarzer Frauen ausschließlich
von schwarzen Frauen untersucht werden können, ist absurd. Mit so einem
Vorgehen ist die Wissenschaft schnell am Ende“, so Diagne. Mit seinem
brillanten Vortrag und einer mehr als einstündigen Diskussion mit den Fellows
endete die Eröffnungsfeier.
Am Nachmittag ging es dann ins Forschungszentrum Point Sud, das seit 2012 von der Goethe-Universität im Rahmen eines DFG-Programms finanziert wird. Hier lernten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die dort arbeitenden Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler kennen. Abends wurde der Projektstart bei traditioneller Kora-Musik gefeiert.
Bilder zum Download finden Sie unter: https://uni-frankfurt.de/86320819
Bildtexte:
PAPA0001:
Prof. Mamadou Diawara (links) und der Minister für Bildung und
Forschung, Prof. Mamadou Famanta, bei der Eröffnung in Bamako. (Foto:
Stefan Schmid)
PAPA0002:
Vorstellung des Forschungszentrums Point Sud durch den Vizedirektor Prof.
Tiéman Diarra. (Foto: Stefan Schmid)
PAPA0003:
Gruppenbild mit Fellows und Mentoren. (Foto: Stefan Schmid)
PAPA0004:
Die Fellows der neuen Postgraduiertenakademie. (Foto: Stefan Schmid)
Informationen: s.schmid@em.uni-frankfurt.de; weitere Informationen
zum PAPA-Projekt und den ausgewählten Stipendiatinnen und Stipendiaten finden
Sie auf der Webseite von Point Sud: http://pointsud.org/pilot-african-postgraduate-academy-papa/?lang=en
oder auf den Seiten der Goethe-Universität (https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/staerkung-fuer-grundlagenforschung-in-afrika/
) und der Gerda Henkel Stiftung (https://www.gerda-henkel-stiftung.de/pressemitteilung?page_id=120413#top
Internationaler Frauentag: Museum Giersch der Goethe-Universität bereitet Ausstellung über Leben und Werk der Frankfurter Fotografinnen Nini und Carry Hess vor
FRANKFURT.
Anlässlich des Internationalen Frauentages möchte das Museum Giersch der
Goethe-Universität auf das Schicksal von zwei herausragenden Fotografinnen der
Weimarer Republik aufmerksam machen. Die Schwestern Nini (1884–1943) und Carry
Hess (1889–1957) schufen einfühlsame individuelle Porträts und prägten das Bild
der „Neuen Frau“ der 1920er-Jahre mit. Die geplante Ausstellung des Museums im
Frühjahr/Sommer nächsten Jahres mit rund 180 Originalfotografien gibt zum
ersten Mal einen differenzierten Überblick über Biographie und Werk der
Frankfurter Schwestern, deren Leben und Karriere von den Nationalsozialisten
aufgrund ihrer jüdischen Herkunft zerstört wurde. Den Schwerpunkt bilden
Porträt- und Theaterfotografie, daneben werden Arbeiten aus dem Bereich der Tanz-,
Akt-, Mode- und Architekturfotografie zu sehen sein.
Erinnert
wird an zwei Fotografinnen, deren Atelier in der Börsenstraße zu den
angesehensten in Deutschland gehörte. Die beiden Schwestern hatten es 1913
gegründet und sich auf Porträtfotografie spezialisiert. Ihre Kundschaft fanden
sie vor allem im Großbürgertum der Frankfurter Stadtgesellschaft.
Ausgestattet
mit einem Generalvertrag mit der Stadt Frankfurt hielten die Hess-Schwestern
zudem das Bühnengeschehen dieser Jahre in einer Vielzahl von Szenenfotos und
Rollenporträts fest. Es entstanden ferner zahlreiche Zivilporträts von
Bühnenstars wie Heinrich George, Fritta Brod, Constanze Menz oder Gerda Müller,
aber auch von berühmten Tänzerinnen wie Mary Wigman, Niddy Impekoven und Anna
Pawlowa.
Die
Qualität ihrer Aufnahmen und ihre gute Vernetzung in Künstlerkreisen sorgten
dafür, dass sie regelmäßig für führende Magazine wie die „Berliner Illustrierte
Zeitung“, den „Querschnitt“ oder den „Uhu“ fotografierten.
Illustrationsaufträge für die Frauenbeilage der „Frankfurter Zeitung“ kamen
hinzu. Prominente wie Carl Zuckmayer, Alfred Döblin, Thomas Mann, Max Beckmann,
Paul Hindemith, Ferdinand Kramer oder C. G. Jung ließen sich von Nini und Carry
Hess porträtieren.
In der
Reichsprogromnacht 1938 zerstörten Angehörige der SA das Atelier sowie das
Bildarchiv der Schwestern vollständig. 1942 wurde Nini Hess ebenso wie ihre
Mutter deportiert und vermutlich 1943 in Auschwitz ermordet. Carry Hess war
1933 nach Paris emigriert. Nach der Befreiung scheiterte ihr Versuch, dort
wieder als Fotografin zu arbeiten. Ihre letzte Lebensphase ist geprägt durch
den demütigenden Kampf mit den deutschen Behörden um finanzielle
Wiedergutmachung.
Das
Museumsteam ist an weiteren Hinweisen zu Leben und Werk der Schwestern sowie möglichen
Fotografien in Privatbesitz interessiert. Gerne können Sie sich telefonisch
unter 069/13821010 oder per E-Mail an info@museum-giersch.de
melden.
Informationen: Dipl.-Kffr. Christine
Karmann, Presse und Marketing Museum Giersch der Goethe-Universität, Tel:
069/138210121, E-Mail: presse@museum-giersch.de
Adresse: Museum Giersch der Goethe-Universität, Schaumainkai 83, 60596 Frankfurt am Main
Foto zum Download unter: http://www.uni-frankfurt.de/86171196Pressefoto: Nini & Carry Hess: Katia Mann, 1928, ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv
Studie an der Goethe-Universität belegt: Bei der Partnerwahl achten Fische auf die Persönlichkeit
FRANKFURT. Die Besitzer eines Haustieres sind schon lange davon überzeugt, nun werden sie durch die Wissenschaft bestätigt: Auch Tiere haben Persönlichkeit. Eine an der Goethe-Universität entstandene Studie belegt, dass selbst bei Fischen eigene Persönlichkeitsmerkmale, aber auch die des potenziellen Partners bei der Wahl des „Bräutigams“ entscheidend sind.
Von Wirbeltieren bis hin zu Krebsen und Spinnen zeigen Individuen
konsistente Verhaltenstendenzen, die sie von anderen Artgenossen unterscheiden.
Das bestuntersuchte Persönlichkeitsmerkmal im Tierreich ist die
Risikobereitschaft. Bei dem kleinen Süßwasserfisch Poecilia mexicana, der
vorrangig in den Flüssen Mexikos lebt, ist eine große Spannweite von extrem
schüchternen bis sehr mutigen Individuen zu finden. Beides kann Vorteile haben:
Während schüchterne Fische seltener Gefahr laufen, von räuberischen Fischen und
Vögeln gefressen zu werden, sind mutigere Gesellen oft effizienter bei der
Nahrungssuche.
Doch mutige Männchen haben auch Vorteile in der Partnersuche, wie
eine Studie von Dr. Carolin Sommer-Trembo und Kollegen der Goethe-Universität
Frankfurt zeigt. Weibchen und Männchen wurden zunächst mit Hilfe von
Verhaltenstests auf der Skala von schüchtern bis mutig eingestuft. Anschließend
durften Weibchen sich in Partnerwahltests für eines von zwei Männchen
entscheiden, die sich in ihrer Risikobereitschaft unterschieden. Damit die
Weibchen nicht zu sehr von anderen Kriterien beeinflussen ließen, wurden die
beiden Männchen so ausgesucht, dass sie sich in anderen äußerlichen Merkmalen
wie Körperform, Färbung und Größe fast vollständig glichen.
Die Ergebnisse schienen eindeutig: Mutige Männchen haben stets die
Nase vorn. Doch bei genauerer Betrachtung spielte auch die Risikobereitschaft
der wählenden Weibchen in die Entscheidung mit hinein. Mutige Weibchen zeigten
die stärkste Präferenz für mutige Männchen, während die Präferenz bei
schüchternen Weibchen schwächer ausfiel. Sind mutige Männchen also für alle
Weibchen attraktiver oder haben auch die weniger Couragierten eine Chance nach
dem Motto „Gleich und Gleich gesellt sich gern“? Die Studie zeigt, dass beide
Mechanismen ineinandergreifen und dass, wie so oft, die Wahrheit in einem
Sowohl-als-Auch besteht.
Publikation: Sommer-Trembo C, Schreier M, Plath M (2020) Different preference functions act in unison: mate choice and risk-taking behaviour in the Atlantic molly (Poecilia mexicana). Journal of Ethology, DOI: 10.1007/s10164-020-00643-5
Bilder zum Download finden Sie unter folgendem Link: http://www.uni-frankfurt.de/86091187
Bildtext: Beim Atlantischen Molly sind die Weibchen recht unauffällig
gefärbt, während die Schwanzflossen der Männchen in verschiedenen Gelb- und
Orange-Tönen leuchten. (Fotos: Claudia Earp (Fische1 und 2)/Martin Plath
(Fische3))
Informationen: Carolin Sommer-Trembo, Postdoc, Zoologisches Institut der
Universität Basel, Vesalgasse 1, 4051 Basel, Telefon: +41 (0) 783079999, Email:
sommer-trembo@gmx.de
Die Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (BAG WiWA) findet vom 4. bis 6. März 2020 in Kooperation mit der Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität statt.
FRANKFURT. Für die Weiterbildung Älterer an Hochschulen stellt Wissenschaftlichkeit eines der zentralen Wesensmerkmale dar, die weitere Konkretisierung des Begriffs ist jedoch nicht eindeutig und die Umsetzung des Wissenschaftsbezugs vielfältig. Auf der Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere soll daher zum einen Gelegenheit gegeben werden, sich darüber zu verständigen, was genau Wissenschaftlichkeit im Rahmen des Senior*innenstudiums bedeutet, und welche Rolle Wissenschaft für die Organisation von Lern- und Bildungsprozessen Älterer spielt. Im Hinblick auf diese Zielgruppe sind dabei spezifische Aspekte zu berücksichtigen, wie beispielweise die Heterogenität von Bildungsvoraussetzungen und -interessen sowie der Wunsch, an Lebenserfahrung anzuschließen. Zum anderen wird es darum gehen, an der Schnittstellte von Wissenschaft und Öffentlichkeit Wirkungen auszuloten, die von älteren Studierenden ausgehen.
Welche Herausforderungen und Chancen die Öffnungsstrategien der Hochschulen in diesem Kontext bieten, wird im Eröffnungsvortrag von Dr. Beate Hörr, der Leiterin des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, erörtert. Zwei weitere Vorträge greifen theoretische Positionen auf: Prof. Dr. Alex Demirović (Goethe-Universität Frankfurt a.M.) wird sich mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Bildung im Verständnis der Frankfurter Schule beschäftigen und Prof. Dr. Ines Himmelsbach (Katholische Hochschule Freiburg) wird den Fokus auf die Frage richten, welche Rolle das Lebensalter für Bildungsprozesse spielt. Im Tagungsprogramm sind darüber hinaus verschiedene Workshops vorgesehen, die reichlich Gelegenheit für Diskussion und Austausch bieten. Einige Projektvorstellungen aus der Praxis der U3L runden das Programm ab.
Die Tagung wendet sich an Wissenschaftler*innen, Organisator*innen, Institutionen und regulär Studierende, die sich mit der Weiterbildung älterer Menschen befassen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (BAG WiWA) in der DGWF ist der Zusammenschluss der für die wissenschaftliche Weiterbildung älterer Erwachsener verantwortlichen Institutionen wie Hochschulen und mit ihnen kooperierender Einrichtungen. https://dgwf.net/bag-wiwa.html.
Medienvertreterinnen und Medienvertreter sind herzlich zur Veranstaltung
eingeladen.
Jahrestagung
der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere (BAG
WiWA)
4.
- 6. März 2020, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend, Casino,
Nina Rubinstein-Weg 1, Raum 1.811, 60323 Frankfurt am Main.
Kontakt: Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität Frankfurt am Main e.V., Silvia Dabo-Cruz, Leiterin der Geschäftsstelle, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, Tel: (069) 798 28865, dabo-cruz@em.uni-frankfurt.de
Weitere Informationen zur Anmeldung: https://dgwf.net/jahrestagung-2020.html
Schreibzentrum der Goethe-Universität lädt zur Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten
FRANKFURT. „Wer
schreibt, der bleibt“ – unter diesem Motto lädt das Schreibzentrum der
Goethe-Universität
von
Donnerstag, 5. März, 20 Uhr, bis Freitag, 6. März, 5 Uhr
in Q1
des Bibliothekszentrums Geisteswissenschaften
(IG
Farben-Gebäude, Norbert Wollheim-Platz 1, 60323 Frankfurt)
zum zehnten Mal zur „Langen Nacht der aufgeschobenen
Hausarbeiten“. Das ursprünglich vom Schreibzentrum der Europa-Universität
Viadrina in Frankfurt/Oder ins Leben gerufene Event findet mittlerweile
weltweit am ersten Donnerstag im März statt. Umgeben von Bücherwänden mit
altehrwürdigen Wissensbeständen können Studierende selbst denkend, lesend und
schreibend ihre eigenen wissenschaftlichen Texte verfassen – ob es sich nun um
die erste Hausarbeit, die letzten Zeilen der Bachelor- oder gar Doktorarbeit
oder eine andere wissenschaftliche Textsorte handelt. „Gemeinsam mit anderen
lässt sich so manche Schreibblockade leichter überwinden“, erklärt Malte
Schefer, Tutor am Schreibzentrum. „Es ist eine tolle, konzentrierte
Arbeitsatmosphäre, das motiviert mich zum Schreiben. Ich komme regelmäßig und
wünschte, die LNDAH würde häufiger stattfinden,“ so das Feedback einer
Teilnehmerin.
Angeboten werden Workshops rund um das Lesen und Schreiben
wissenschaftlicher Texte, zu Zeitmanagement und Argumentationstechnik. Für
individuelle Beratung und Textfeedback stehen während der gesamten Nacht schreibdidaktisch
ausgebildete Peertutorinnen und -tutoren des Schreibzentrums zur Verfügung – in
diesem Jahr auch speziell für Studierende aus den Naturwissenschaften.
Unterstützung für Teilnehmende, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, kommt
vom Internationalen Studien- und Sprachenzentrum (ISZ). Das Zentrum für
Hochschulsport stärkt mittels Yoga-Einheiten die Durchhaltekraft der
Teilnehmenden, zudem bietet ein Buffet Kaffee, Tee und kleine Snacks.
Das 2009 gegründete Schreibzentrum ist Teil des Zentrums Geisteswissenschaften im Programm „Starker Start ins Studium“ an der Goethe-Universität. Seit 2016 besteht mit dem Schreibzentrum am Riedberg eine Dependance speziell für das Schreiben in den Naturwissenschaften. Mit Workshops, Kursen, Beratung und Handreichungen werden Studierende aller Fächer und Fachsemester, aber auch Doktoranden und Dozentinnen beim Aufbau von Schreibkompetenz unterstützt. Mit jährlich rund 200 Teilnehmenden ist die „Lange Nacht“ eines der Highlights im Programm.
Medienvertreter
sind herzlich eingeladen, über die „Lange Nacht der aufgeschobenen
Hausarbeiten“ zu berichten. Dafür melden Sie sich bitte vorab bei Dr. Nora
Hoffmann, Leitung Schreibzentrum, Telefon +49(0)69 798 32846, E-Mail n.hoffmann@em.uni-frankfurt.de.
Information: https://www.starkerstart.uni-frankfurt.de/77916930/LNDAH
Frankfurter Projekt PROXIDRUGS unter Leitung der Goethe-Universität wurde in die Konzeptionsphase des Programms „Clusters4Future“ aufgenommen – Suche nach neuartigen therapeutischen Wirkstoffen
FRANKFURT. Gezielt eingreifende Wirkstoffe und damit neue Therapieoptionen entwickelt das regionale Netzwerk PROXIDRUGS unter Federführung der Goethe-Universität. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wählte das Projekt jetzt im Ideenwettbewerb „Clusters4Future“ für eine Förderung in der Konzeptionsphase aus – als einen von 16 aus 137 eingereichten Vorschlägen.
„Der Körper hat eine ausgeklügelte Maschinerie entwickelt, um überflüssige oder schädliche Proteine zu entsorgen. Diese wollen wir nutzen, um krankheitsrelevante Proteine gezielt abzubauen“, erklärt Koordinator Prof. Ivan Dikić vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität die Grundlage des Projekts. Bessere Therapien für Erkrankungen wie etwa Krebs, Herz- und Entzündungskrankheiten sind das Ziel des Verbunds aus Biochemikern, Chemikern, Medizinern und Pharmazeuten von der Goethe-Universität, dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME und der Technischen Universität Darmstadt.
Das BMBF fördert die im Mai beginnende sechsmonatige Konzeptionsphase mit bis zu 250.000 Euro. Qualifiziert sich der Zusammenschluss anschließend für die Umsetzungsphase, stehen bis zu fünf Millionen Euro pro Jahr für PROXIDRUGS zur Verfügung. Das Ministerium will wissenschaftliche Hotspots zu schlagkräftigen regionalen Innovationsnetzwerken ausbilden. „Die Goethe-Universität im Zentrum des Rhein-Main-Gebiets, einem deutschlandweit einzigartigen Spitzenstandort, bündelt akademische und industrielle Expertise für innovative Therapiekonzepte“, lobt Universitäts-Vizepräsidentin Prof. Simone Fulda den Ansatz des Konsortiums, der auf der Umprogrammierung zelleigener Systeme beruht.
Abzubauende Proteine werden üblicherweise in einer enzymatischen Reaktion mit dem kleinen Protein Ubiquitin markiert. Der „Schredder“ der Zelle, das Proteasom, erkennt diese Markierung und zerlegt das Protein in seine Einzelteile, die dann recycelt werden. Im Fokus von PROXIDRUGS steht eine neuartige Medikamentenklasse, deren Wirkmechanismus auf räumlicher Nähe (proximity) beruht: Die entsprechenden Substanzen weisen zwei funktionelle Einheiten auf – eine zur spezifischen Bindung des jeweiligen Zielproteins, eine zweite, um an das benötigte Enzym anzudocken. So kann im Prinzip jedes unerwünschte Protein, das eine geeignete Bindetasche hat, gezielt mit Ubiquitin markiert und dann abgebaut werden.
Erste auf diesem Wirkprinzip beruhende Substanzen existieren bereits, die PROTACs (Proteolysis Targeting Chimeric Molecules). Der große Vorteil ist, dass diese Substanzen hochspezifisch sind und wieder einsatzfähig aus der Reaktion hervorgehen, sodass nur wenig Wirkstoff benötigt wird. Erste Studien mit PROTACs bei Prostata- und Brustkrebs laufen. Die Forscher des PROXIDRUGS-Verbundes wollen nun neue Substanzen dieser vielversprechenden Medikamentenklasse kreieren, unter anderem für Krankheiten, die bisher nicht mit Kleinmolekülen behandelt werden können.
Der PROXIDRUGS-Zusammenschluss aus Goethe-Universität, der TU Darmstadt und des Fraunhofer IME soll die im Rhein-Main-Gebiet vorhandene Expertise aus Grundlagenforschung, Klinik sowie Pharma- und Biotechfirmen zu einem regionalen Innovationsnetzwerk bündeln. „Eine besondere Herausforderung wird die Übertragung unserer Ergebnisse in die klinische Anwendung“, so Dikić. „Dank der engen Zusammenarbeit mit den in der Region ansässigen Unternehmen, die bereits großes Interesse an dem Projekt bekundet haben, und der Einbindung des Universitätsklinikums bin ich jedoch sehr zuversichtlich, dass wir diese Herausforderung meistern werden.“
Graphik und Logo zum Download finden Sie unter folgendem Link: http://www.uni-frankfurt.de/85772916
Bildunterschrift: Schema der Wirkweise von PROTACs. Ein PROTAC ist bifunktional und besteht aus einem Liganden (L, grün) für das Enzym E3-Ligase und einer Bindedomäne (L, rot) für das Zielprotein, verbunden über eine kurze Linkerregion (schwarz). (Graphik: IBC2/GU)
Informationen: Dr. Kerstin Koch, Institut für Biochemie II, Goethe-Universität, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main, Tel.: 069 6301 84250, Email: k.koch@em.uni-frankfurt.de
Patentierung und Vermarktung krönen zehnjährige Entwicklungsarbeit des Green-IT-Ansatzes von Prof. Volker Lindenstruth von der Goethe-Universität und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung
FRANKFURT. 2030 könnten 13 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs durch Rechenzentren verursacht werden. In Frankfurt, dem globalen Netzknoten mit dem höchsten Datenvolumen, werden bereits heute 20 Prozent des gesamten lokalen Stroms von Rechenzentren verbraucht, Tendenz steigend – ein großer Teil davon für Kühlleistung. Mit der Abwärme einzelner großer Rechenzentren könnten heute bereits bis zu 10.000 Haushalte beheizt werden.
Eine Antwort auf diese globale Herausforderung kommt aus Hessen von der Goethe-Universität und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung. Sie haben für das Gesamtkonzept einer energieeffizienten Kühlstruktur von Großrechenzentren kürzlich ein europäisches Patent erhalten. Das Patent öffnet jetzt die Tür für die Vermarktung der von Prof. Dr. Volker Lindenstruth, Prof. Dr. Horst Stöcker sowie Alexander Hauser von e3c entwickelten wegweisenden Technologie. Zusammen mit parallelen Patenten außerhalb Europas kann damit die Erfindung auf der ganzen Welt ökonomisch verwertet werden. Aus verschiedenen Ländern liegen bereits Anfragen nach der Errichtung solcher Großrechenzentren vor.
Das Rechenzentrum entwickelt sich damit zu einem wichtigen Exportprodukt „made in Hessen“. Dieser Erfolg ist auch ein Verdienst der Goethe-Uni-eigenen Transfergesellschaft Innovectis und ihres Geschäftsführers Dr. Martin Raditsch, der die Vermarktung vorangetrieben hat, sowie Dr. Tobias Engert, Leiter der GSI-Abteilung Technologietransfer. Die erfolgreiche Vermarktung der Patente zeigt die beispielhafte Zusammenarbeit von Universität und Großforschungseinrichtung in Hessen.
Das Münchener Unternehmen NDC Data Centers GmbH erhielt die Rechte, um die Green Technology im Rechenzentrumsbau auf der ganzen Welt zu verwerten und leistet damit im Rahmen der globalen Digitalisierung ebenfalls einen erheblichen Beitrag zum schonenden Umgang mit unseren Energieressourcen.
Die Basis hierfür bildet das von Volker Lindenstruth, Professor für die Architektur von Hochleistungsrechnern an der Goethe-Universität und damaliger Leiter der wissenschaftlichen IT bei GSI, entwickelte, visionäre Gesamtkonzept einer stark optimierten Kühlstruktur für energieeffizienteste Großrechenzentren. Auf Grundlage seines Konzepts können Großrechenzentren und kommerzielle IT-Systeme heute im Vergleich zu herkömmlichen Rechenzentren mit einem bis zu 50 Prozent geringeren Primärenergieaufwand betrieben werden.
Die Technik befindet sich bereits seit Jahren im Einsatz und wird kontinuierlich weiter verbessert: Das erste Rechenzentrum dieser Art wurde für das Goethe-Uni-eigene Rechenzentrum am Industriepark Infraserv realisiert. Ein weiteres sehr großes Rechenzentrum, der Green IT Cube, wurde vom GSI Helmholtzzentrum in Darmstadt errichtet und aus Mitteln des Bundes und des Landes Hessen über Helmholtz-Ausbauinvestitionen finanziert. Das Konzept ermöglicht die Realisierung und den besonders effizienten Betrieb von Rechenzentren für Großforschungseinrichtungen, wie die bei GSI entstehende Forschungsanlage FAIR – Facility for Antiproton and Ion Research. Später wird der Green IT Cube das zentrale Rechenzentrum für FAIR, einem der größten Vorhaben für die Forschung weltweit. Mit der Server-Abwärme des Green IT Cubes wird darüber hinaus auf dem GSI-Campus bereits heute ein modernes Büro- und Kantinengebäude beheizt.
Neben den hohen Energieeinsparungen beim Betrieb dieser neuen Technologie sind solche Rechenzentren auch noch außerordentlich kosteneffizient zu bauen. Somit sind Anschaffungs- und Betriebskosten minimiert. Hier wird Ökologie mit Ökonomie sinnvoll gekoppelt.
Für ihr energieeffizientes Konzept wurden die Supercomputer von Lindenstruth in den vergangenen Jahren mehrfach ausgezeichnet. Ende 2014 erreichte ein von ihm konstruierter Rechner dank seiner stark optimierten Rechner-Architektur Platz 1 der Weltrangliste der energieeffizientesten Supercomputer.
Der Erfolg der Goethe-Universität im Bereich Green IT beflügelt auch die augenblickliche Bewerbung der Goethe-Universität zusammen mit Mainz, Kaiserslautern und Saarbrücken um einen Standort der neuen Nationalen Hochleistungsrechner (NHR). Dank der optimierten Rechner-Architektur nach dem hessischen Green-IT-Ansatz könnte den Nutzern bei gleichen Kosten wesentlich mehr Rechenleistung zur Verfügung gestellt werden. Die Goethe-Universität wäre daher ein idealer NHR-Standort.
Stimmen zur grünen Supercomputer-Technologie:
Die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn sagt: „Ich gratuliere Prof. Dr. Lindenstruth und seinem Team ganz herzlich. Besonders freut mich, dass dieser Erfolg auf einem Gebiet erreicht wurde, das mir sehr am Herzen liegt: der Energiewende, zu der Green IT einen sehr wichtigen Beitrag leisten kann. Und ich bin froh, dass wir als Land Hessen zu diesem Erfolg beigetragen haben. Der erste Hochleistungsrechner, in dem Herr Prof. Dr. Lindenstruth seine energiesparende Technik eingesetzt hat, war der LOEWE-CSC im Rechenzentrum der Goethe-Uni im Industriepark Infraserv. Das Hessische Wissenschaftsministerium hatte diese Investition sowohl über direkte Mittel als auch aus dem LOEWE-Programm mit insgesamt fast zwei Millionen Euro unterstützt. Wir ernten also heute gemeinsam die Früchte dieser Förderung und des 2008 begründeten LOEWE-Programms.“
Die Präsidentin der Goethe-Universität Prof. Dr. Birgitta Wolff betont: „Genauso wenig, wie es zu Goethes Zeiten sinnvoll war, vor eine Postkutsche immer mehr Pferde zu spannen, um schneller zu werden, so stehen wir heute auch bei der IT vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel. Damals war die Eisenbahn die Antwort auf das Geschwindigkeitsproblem. Heute hat die smarte IT-Wirtschaft ein massives Nachhaltigkeits- und Energieproblem. Die IT-basierte Gesellschaft benötigt für ihren enormen Datenhunger neue energetische Konzepte für Großrechner, die den Energieverbrauch drastisch senken. Eine solche Lösung hat Volker Lindenstruth von der Goethe-Universität entwickelt. Die jetzt von unserer Tochter Innovectis begleitete, erfolgreiche Patentierung ist ein großer Schritt in Richtung auf eine Verbreitung und wirtschaftliche Verwertung dieser wirklich smarten Technologie.“
Prof. Dr. Volker Lindenstruth, Professor für die Architektur von Hochleistungsrechnern an der Goethe-Universität, hebt hervor: „Die erfolgreiche Patentierung ist ein Meilenstein für die weitere globale Vermarktung unseres Green-IT-Ansatzes. Es liegen dafür bereits Anfragen aus verschiedenen Regionen der Welt vor. Dies beflügelt unsere weitere Arbeit, zumal wir mit NDC nun auch einen leistungsstarken Wirtschaftspartner für die Umsetzung an unserer Seite haben.“
Prof. Dr. Karlheinz Langanke, Forschungsdirektor des GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und FAIR – Facility for Antiproton and Ion Research in Europe, sagt: „Das Höchstleitungs-Rechenzentrum Green IT Cube am GSI Helmholtzzentrum ist ein herausragendes Beispiel, wie aus der Grundlagenforschung praktisch nutzbare Erkenntnisse und Entwicklungen entstehen. Der Green IT Cube wurde entwickelt für enorme Mengen an Messdaten aus der wissenschaftlichen Forschung: Er bietet die benötigten höchsten Rechenkapazitäten und ist dabei einzigartig energieeffizient und platzsparend.“
Markus Bodenmeier, Mitgründer und Partner von NDC: „Die NDC Data Centers GmbH baut mithilfe der Innovationen von Professor Volker Lindenstruth der Goethe-Universität und der GSI die energieeffizientesten und ressourcenschonendsten Rechenzentren. So können wir die Vorteile der exponentiell wachsenden Digitalisierung nachhaltig gewährleisten. Wir liegen damit im Trend — die großen Cloudbetreiber fokussieren sich aktuell auf die Auswirkungen Ihrer Aktivitäten auf die Umwelt."
Weitere Statements beteiligter Experten:
Dr. Martin Raditsch, Geschäftsführer der Innovectis GmbH, einem Tochterunternehmen der Goethe-Universität, erklärt: „Die Anwendung dieser Technologie ist ein sehr schönes Beispiel, dass Resultate aus Grundlagenforschung der Universität und deren Transfer zu technologischen Lösungen gesellschaftlicher Herausforderungen führen. Die fortschreitende Digitalisierung von Industrie und Gesellschaft kann nun durch unsere Technologie deutlich energiesparender umgesetzt werden.“
Dr. Tobias Engert, Leiter der Technologietransfer-Abteilung bei GSI freut sich über den Erfolg: „Das Kühlkonzept des Green IT Cubes bei GSI beruht auf einer innovativen Idee zur Senkung der Energiekosten, die nun gemeinsam mit Innovectis erfolgreich an NDC vermarktet werden konnte. Mit einem innovativen Kühlsystem ausgestattet, erfüllt der Green IT Cube die hohen Anforderungen an optimale Energieeffizienz und höchste Rechenleistung und wird später das zentrale Rechenzentrum der neuen Beschleunigeranlage FAIR – Facility for Antiproton an Ion Research werden. Die Vermarktung der Patente ist wohl einer der bedeutendsten Technologietransfers von GSI in die Industrie.“ Sein Kollege Michael Geier, Leiter der Abteilung Patente, ergänzt: „Der Verkauf der Patente an NDC belegt, wie wichtig es ist, die in Forschungseinrichtungen wie GSI entwickelten neuen technischen Lösungen durch Patente abzusichern. Solche Patente sind ein entscheidender Faktor für einen Technologietransfer in die Industrie, durch den Einnahmen generiert werden, die dann wieder in die Forschung fließen.“
Fotos zum Download unter: http://www.uni-frankfurt.de/85671809