​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​

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Pressestelle Goethe-Universität

Theodor-W.-Adorno Platz 1
60323 Frankfurt 
presse@uni-frankfurt.de

 

Jan 27 2022
10:43

Eine Veranstaltungsreihe der Universität des 3. Lebensalters (U3L) in Kooperation mit Scientists for Future. 

Online-Vortragsreihe Klima- und Umweltschutz: Was können wir im Privaten tun? 

FRANKFURT. Klimawandel und Umweltzerstörung sind oft mit dem Eindruck eigener Machtlosigkeit verbunden, da es sich dabei um komplexe Krisen handelt, die in erster Linie international gelöst werden müssen. Dennoch kommt es auch auf die Konsum- und Lebensgewohnheiten aller an. In einer Vortragsreihe an der Universität 3. Lebensalters in Zusammenarbeit mit den Scientists for Future Frankfurt am Main werden die eigenen Handlungsspielräume aufgegriffen. Drei Referent*innen aus den Bereichen Energie, Mobilität und Biowissenschaften geben Impulse, welche Möglichkeiten wir als Bürger*innen haben, z.B. zu einer „Energiewende von unten“, zu einem Wandel von Verkehr bzw. Mobilität und zum Artenschutz beizutragen.

Jürgen Eiselt wird in seinem Vortrag über die Energiewende auf Konzepte der dezentralen im Gegensatz zur aktuell zentralen Energieversorgung anhand von konkreten Beispielen zu sprechen kommen. Dr. Jutta Deffner befasst sich mit der Rolle des Verkehrs als einer der Hauptquellen von Treibhausgasen und zeigt Beispiele für nachhaltige Alternativen im Bereich der Mobilität auf. Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese erläutert in ihrem Vortrag die Ursachen des Artensterbens, die Auswirkungen des Klima- und Landnutzungswandels auf Tier- und Pflanzenarten, was das für den Menschen bedeutet und wie wir alle dazu beitragen können, den Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten.

Die Idee zu dieser Veranstaltungsreihe entstand im Kontext des aktuellen Studiengangs an der Universität des 3. Lebensalters zum Thema „Mensch und Natur“ und greift den verstärkt geäußerten Wunsch vieler Studierenden auf, über das theoretische Wissen zu den Ursachen der Klima- und Umweltkrise hinaus, anwendungsbezogenes Wissen zu erwerben.

Die Reihe findet montags ab dem 31.1. bis 14.2.2022 jeweils von 16-18 Uhr in ZOOM statt.

Termine:
31.01.22: Erneuerbare Energiewende bis 2030 – Dezentrale Konzepte für Strom, Wärme und Mobilität. Jürgen Eiselt, Projektmanagement für erneuerbare Energien.

07.02.22: Die Verkehrswende gestalten – was gehört dazu? Dr. Jutta Deffner, ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung.

14.02.22: Das große Artensterben – Was wissen wir und was müssen wir tun? Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Professorin Goethe-Universität Frankfurt & Direktorin Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

Weitere Informationen und ZOOM-Zugangsdaten auf der Website der U3L: www.u3l.uni-frankfurt.de  

Kontakt:
Claudia Koch-Leonhardi, Studieninformation/Öffentlichkeitsarbeit
Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität Frankfurt am Main e.V.
Tel. +49 (0)69-798 28861 
Fax +49 (0)69-798 28975
koch-leonhardi@em.uni-frankfurt.de
www.u3l.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de 

 

Jan 26 2022
10:53

Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ über die Erforschung von Metastasierungen

Hirnmetastasen: Die Tricks der Tumorzellen

Metastasen sind mittlerweile die häufigste Todesursache bei Krebspatienten. In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema Bewegung berichtet Dr. Lisa Sevenich vom Georg-Speyer-Haus, mit welchen Tricks es wandernden Tumorzellen gelingt, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und sich im eigentlich gut abgeschotteten Organ Hirn anzusiedeln.

FRANKFURT. Die weitaus meisten der Tumorzellen, die den Primärtumor verlassen und mit dem Blutstrom durch den Körper wandern, werden durch das Immunsystem vernichtet. Doch ein Prozent dieser Zellen siedelt sich in anderen Organen an und bildet dort eine Metastase – für Krebspatienten ein gefährlicher Prozess, und bei bis zu 45 Prozent der Erkrankten ist das Gehirn betroffen.

Die Blut-Hirn-Schranke überwinden die Tumorzellen dabei mit Protein-abbauenden Enzymen und Signalstoffen, die die Barriere zwischen Blutkreislauf und Nervengewebe durchlässig machen. Immunzellen, die den Tumorzellen folgen, werden inaktiviert. „Wir haben herausgefunden, dass Tumorzellen die Abwehr des Körpers regelrecht blockieren und zu ihren Gunsten verwenden“, berichtet Dr. Lisa Sevenich in „Forschung Frankfurt“.

In weiteren Artikeln der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ geht es etwa um den Bau von Teilchenbeschleunigern, die winzige Teilchen bis nahe an die Lichtgeschwindigkeit bringen und dabei helfen, Geheimnisse der Materie zu entschlüsseln. Andere Beiträge zeigen, wie Stroboskopbilder im Physikunterricht helfen können, zu beleuchten, wie in den Anfängen der Verhaltensforschung Wildtierforschung an zahmen Tieren gelang und wie die „Zappel-Philipp“-Krankheit ADHS auch noch Erwachsenen zu schaffen macht.

Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2021) kann von Journalistinnen und Journalisten kostenlos bestellt werden über: ott@pvw.uni-frankfurt.de.

Alle Beiträge sind online erhältlich unter www.forschung-frankfurt.de.


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Jan 25 2022
10:13

Ärztin der Medizinischen Hochschule Hannover erforscht Leukämie und Darmkrebs

Herausragende Forschung zur Krebsresistenz: Laura Hinze erhält Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis

Die 24-jährige Ärztin Dr. Laura Hinze von der Medizinischen Hochschule Hannover erhält den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2022. Das gab der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung heute bekannt. Die Preisträgerin wird für ihren bedeutenden Beitrag zum Verständnis der Signalübertragung in Krebszellen ausgezeichnet. Sie hat entdeckt, wie Leukämiezellen Resistenz gegen das Chemotherapeutikum Asparaginase entwickeln, und so einen neuen Angriffspunkt für die Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) erschlossen. ALL ist die häufigste Krebsart bei Kindern. Ferner konnte sie einen neuen Ansatz zur Behandlung von Darmkrebs und anderen soliden Tumoren ableiten.

FRANKFURT. Leukämiezellen sind im Gegensatz zu normalen Körperzellen nicht in der Lage, ausreichende Mengen der Aminosäure Asparagin selbst herzustellen. Sie müssen Asparagin importieren. Weil das Enzym Asparaginase den Abbau von Asparagin katalysiert, reduziert es das extrazelluläre Angebot dieser Aminosäure drastisch. Asparaginase ist deshalb ein wirksames Mittel zur Behandlung von ALL, denn davon gehen Leukämiezellen zugrunde, während es normalen Körperzellen nicht schadet. Leukämiezellen können jedoch lernen, sich der Wirkung der Asparaginase zu entziehen.

Um herauszufinden, wie ihnen das gelingt, schalteten Dr. Laura Hinze und ihr Team mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9 in einer Kultur resistenter ALL-Zellen systematisch rund 19.000 Gene aus – in jeder Zelle jeweils nur eines – und beobachteten, was geschah, wenn sie die Zellen mit Asparaginase behandelten. Als Vergleich diente eine Kultur, die nur mit einer Pufferlösung ohne Wirkstoff versetzt worden war. Von den mit Asparaginase behandelten Zellen starben besonders häufig diejenigen ab, in denen eines der beiden Gene NKD2 oder LGR6 ausgeschaltet worden war. Ihnen war die Resistenz offenbar abhandengekommen. Das deutete im Umkehrschluss darauf hin, dass Leukämiezellen, in denen diese Gene funktionieren, besonders häufig resistent werden. Beide Gene codieren, das zeigten Hinze und ihr Team, für Inhibitoren des Wnt-Signalweges.

Im gesunden Organismus ist dieser Signalweg für die Embryonalentwicklung und später für Erhaltungsarbeiten im Gewebe zuständig. Seine außerplanmäßige Aktivierung begünstigt die Entstehung von Krebs. Die Hauptrolle spielt dabei ein Überschuss des Proteins ß-Catenin, das Wachstumsimpulse in den Zellkern trägt. Wenn der Wnt-Signalweg inaktiv ist, wird ß-Catenin für den Abbau markiert. Zentral für diese Markierungsarbeit ist das Enzym Glykogensynthase-Kinase 3 (GSK3). Es sorgt dafür, dass ß-Catenin der innerzellulären Proteinverwertung (dem Proteasom) zugeführt und dort wie alle Proteine, die der Zelle schaden könnten oder die sie nicht braucht, in kleine Bruchstücke und Aminosäuren zerlegt wird. Aus dieser Quelle holt sich die Leukämiezelle Asparagin, das ihr durch die Behandlung mit Asparaginase vorenthalten worden ist.

Hinze und Kollegen gelang es, durch eine partielle Aktivierung des Wnt-Signalweges, die den Abbau von ß-Catenin blockiert, ohne dessen potenziell onkogene Signale zu beflügeln, diese Resistenzquelle weitgehend auszutrocknen. Denselben Effekt erzielten sie durch eine selektive Blockade von GSK. Leukämiekranke Mäuse, die gleichzeitig Asparaginase und GSK3- Inhibitoren erhielten, überlebten sehr viel länger als solche, die nur mit Asparaginase behandelt wurden.

Mutationen auf dem Wnt-Signalweg, die zu dessen Überaktivierung führen, sind besonders typisch für Darmkrebs. Deshalb prüfte Hinze, inwieweit sich ihre Forschungsergebnisse auf diese zweithäufigste aller Krebsarten übertragen lassen. Ihre Ausgangshypothese: Etwa 15 Prozent aller Wnt-Signalwegmutationen liegen bei Darmkrebs stromaufwärts des Enzyms GSK3. Das Enzym ist bei Patienten mit dieser genetischen Signatur also bereits durch Mutationen im Erbgut der Krebszellen inhibiert. Das Proteasom liefert kein Asparagin mehr. Entzieht man das Asparagin außerdem durch die Gabe von Asparaginase, könnte man die Darmkrebszellen aushungern. Diese Hypothese haben Laura Hinze und ihr Team inzwischen präklinisch belegt. Sie könnte auch für andere solide Tumoren gelten, die durch eine Wnt-induzierte endogene Inhibition von GSK3 charakterisiert sind.

Der Preis wird – zusammen mit dem Hauptpreis 2022 und den Preisen des Jahres 2021 ­– am 14. März 2022 um 17 Uhr vom Vorsitzenden des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Pandemiebedingt ist das Platzangebot begrenzt. Die Veranstaltung wird per Livestream übertragen. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Bilder der Preisträgerin und ausführliche Hintergrundinformation „Zangenangriff über beide Flanken“ zum Download auf: www.paul-ehrlich-stiftung.de

Weitere Informationen
Pressestelle Paul Ehrlich-Stiftung
Joachim Pietzsch
Tel.: +49 (0)69 36007188
E-Mail: j.pietzsch@wissenswort.com
www.paul-ehrlich-stiftung.de


Redaktion: Joachim Pietzsch / Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Jan 24 2022
13:06

COVID-19 Wirkstoffe sind zudem wirksam gegen Omikron in Zellkulturstudie

Forscher:innen von Goethe-Universität und University of Kent finden Erklärung für mildere Omikron Verläufe

Eine neue Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Goethe-Universität und der University of Kent zeigt, dass die SARS-CoV-2 Omikron-Variante weniger gut zelluläre Abwehrmechanismen („die Interferonantwort“) gegen Viren blockieren kann als die Delta-Variante. Außerdem deuten Zellkulturdaten darauf hin, dass acht wichtige Wirkstoffe gegen COVID-19 auch die Vermehrung der Omikron-Variante hemmen.

FRANKFURT/CANTERBURY. Die SARS-CoV-2 Omikron-Variante verursacht weniger häufig schwere COVID-19-Verläufe als die Delta-Variante, obwohl es ihr besser gelingt, den Immunschutz durch Impfung und vorherige Infektionen zu umgehen. Die Gründe hierfür sind unklar.

Nun zeigt eine aktuelle Studie eines Teams von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Goethe-Universität Frankfurt, dem Universitätsklinikum Frankfurt und der britischen University of Kent, dass die Viren der Omikron-Variante besonders empfindlich gegenüber einem nicht spezifischen, zellulären Abwehrmechanismus sind, der sogenannten Interferon-Antwort. Dies erklärt zum ersten Mal, warum mit der Omikron-Variante infizierte Patienten häufig weniger schwer erkranken.

Außerdem zeigte die Studie, dass acht der wichtigsten COVID-19-Wirkstoffe – zum Teil in der Entwicklung, zum Teil bereits zugelassen – auch die Vermehrung der neuen Omikron-Variante effektiv hemmen. Getestet wurden EIDD-1931 (ein Metabolit von Molnupiravir), Ribavirin, Remdesivir, Favipravir, PF-07321332 (Nirmatrelvir, ein Paxlovid-Bestandteil) sowie die Proteasehemmer Nafamostat, Camostat und Aprotinin. Alle Substanzen zeigten in der Zellkulturstudie eine ähnliche Wirksamkeit wie gegen die Vermehrung der Delta-Variante.

Prof. Martin Michaelis, School of Bioscience, University of Kent, erläutert: „Unsere Zellkulturexperimente liefern eine erste Erklärung dafür, warum Omikron-Infektionen häufiger milde klinische Verläufe nach sich ziehen: Offenbar kann Omikron im Gegensatz zu Delta nicht verhindern, dass die befallenen Zellen Interferon produzieren und ausschütten.“

Prof. Jindrich Cinatl vom Institut für Medizinische Virologie der Goethe-Universität sagt: „Obwohl unsere Zellkulturexperimente natürlich nicht ohne weiteres auf die ungleich komplexere Situation in Patienten übertragbar sind, geben sie Hoffnung, dass die enormen Anstrengungen zur Entwicklung von COVID-19-Medikamenten nicht vergebens waren. Wir können also zuversichtlich sein, dass auch gegen die neue Omikron-Virusvariante bald ein breites Spektrum an Wirkstoffen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung steht.“

Publikation: Denisa Bojkova, Marek Widera, Sandra Ciesek, Mark N. Wass, Martin Michaelis, Jindrich Cinatl jr. Reduced interferon antagonism but similar drug sensitivity in Omicron variant compared to Delta variant SARS-CoV-2 isolates. In: Cell. Res. (2022) https://doi.org/10.1038/s41422-022-00619-9

Weitere Informationen: Wirkstoff Aprotinin verhindert Eindringen von SARS-CoV2 in Wirtszellen (23.11.2020)
https://www.puk.uni-frankfurt.de/94489118/Wirkstoff_Aprotinin_verhindert_Eindringen_von_SARS_CoV2_in_Wirtszellen

Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. rer. nat. Jindrich Cinatl
Institut für Medizinische Virologie
Universitätsklinikum Frankfurt
Tel.: +49 (0) 69 6301-6409
cinatl@em.uni-frankfurt.de

Prof. Dr. Martin Michaelis
School of Biosciences
University of Kent
Phone: +44 (0)1227 82-7804
Mobile: +44 (0)7561 333 094
m.michaelis@kent.ac.uk

Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Jan 21 2022
14:40

Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema Bewegung erschienen – Mimik und Gestik stehen im Fokus eines neuen Schwerpunktprogramms

Bewegung mit Bedeutung

Kommunikation besteht nicht nur aus gesprochenen Worten und Sätzen. Auch die Bewegung von Armen, Händen und Gesicht übermitteln wichtige Informationen. Der von der theoretischen Linguistik noch kaum erforschte Bereich der visuellen Kommunikation steht im Fokus eines neuen DFG-Schwerpunktprogramms, das von der Goethe-Universität aus koordiniert wird. Näheres lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ zum Thema „bewegt“.

FRANKFURT. Wie Gestik und Mimik die Bedeutung von Wörtern und Sätzen unterstreichen, ergänzen und modifizieren können, damit befassen sich allein an der Goethe-Universität gleich mehrere Disziplinen. Linguistikprofessorin Cornelia Ebert interessiert sich dafür, wie sich die Semantik der Gesten in ein allgemeingültiges System bringen lässt. Bis vor Kurzem wurden visuelle Bedeutungsbeiträge nicht in der formalen Linguistik behandelt, sondern vornehmlich in den Kommunikationswissenschaften, aber auch in Rhetorik, Semiotik und Psychologie.  

Zusammen mit dem Göttinger Gebärdensprachforscher Prof. Markus Steinbach hat Ebert erfolgreich ein DFG-Schwerpunktprogramm beantragt, für dessen Koordination sie zuständig sein wird. Ziel ist es, die bestehenden Erkenntnisse aus verschiedenen Fächern zusammenführen und mit der Linguistik vernetzen. Um welche Forschungsfragen es dabei gehen wird, lesen Sie in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Forschung Frankfurt, die dem Thema Bewegung gewidmet ist.

In weiteren Beiträgen berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Forschungsprojekte zu verschiedenen Aspekten von Bewegung, zum Beispiel, wie sie Computern das Erkennen unterschiedlicher Bewegungen wie „schneiden“ oder „winken“ beibringen, wie die „Zappel-Philipp“-Krankheit ADHS auch noch Erwachsenen zu schaffen macht oder wie sich in der Quantenphysik zwei Bewegungen überlagern, die jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten. Andere Beiträge wiederum gehen zum Beispiel der Frage nach, wie die fast immer und überall verfügbaren Smartphones das Medium Film verändern oder wie die Integration von Migranten durch Sportvereine gefördert werden kann.

Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2021) kann von Journalistinnen und Journalisten kostenlos bestellt werden über: ott@pvw.uni-frankfurt.de.

Alle Beiträge sind online erhältlich unter www.forschung-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de  

 

Jan 21 2022
11:07

ZOOM-Veranstaltung aus der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ mit Daniela Grunow und Andreas Zick. 

Neue Konfliktlinien: Polarisiert sich Deutschland?

FRANKFURT. Der Frankfurter Standort des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) lädt ein zum ersten Termin im neuen Jahr der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ aus dem Frankfurter Transferprojekt „Frankfurt streitet!“. Am 27. Januar um 16.30 Uhr diskutieren Prof. Dr. Daniela Grunow und Prof. Dr. Andreas Zick über „Neue Konfliktlinien: Polarisiert sich Deutschland?“.

Zum Hintergrund: Die in Politik und Öffentlichkeit artikulierte Sorge um eine gesellschaftliche Polarisierung umfasst verschiedene Annahmen: Politische Streitfragen zu Pandemiebekämpfung, Klima-, Gender- und Migrationspolitik würden zunehmend verhärtet geführt, Meinungen und Einstellungen, Gruppen und Parteien stünden sich dabei unversöhnlich bis feindschaftlich gegenüber und radikalisierten sich. Wechselseitiges Vertrauen und Kompromissbereitschaft gingen verloren und Konflikte würden immer häufiger gewaltsam ausgetragen. Das „Auseinanderdriften der Gesellschaft“ wird darüber hinaus in einer unüberbrückbar werdenden Kluft zwischen Arm und Reich, regional ungleichen Lebensverhältnissen sowie fehlenden Bildungs- und Aufstiegschancen diagnostiziert.

Im Format „Kontrovers: Aus dem FGZ“ sollen diese Thesen wissenschaftlich eingeordnet und diskutieren werden: Haben wir es überhaupt mit einer Polarisierung der Lager und politischen Einstellungen in Deutschland zu tun oder ist diese Sichtweise verzerrt? Lassen sich neue kulturelle und sozioökonomische Konfliktlinien und gesellschaftliche Spaltungstendenzen erkennen? Welche Daten sprechen dafür, welche dagegen? Und schließlich: Wie viele dieser Gegensätze kann und muss eine plurale Demokratie aushalten?

Mit der Diskussion dieser und weiterer Fragen zwischen Prof. Dr. Daniela Grunow (Professorin für Soziologie, FGZ Frankfurt/Goethe-Universität) und Prof. Dr. Andreas Zick (Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, FGZ Bielefeld/Universität Bielefeld), moderiert von Heike List (Wissenschaftliche Referentin der Geschäftsführung, FGZ), startet die Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ ins Jahr 2022.

Die Veranstaltung findet online via Zoom statt. Wir bitten um eine Anmeldung an veranstaltungen-fgz@uni-frankfurt.de. Die Login-Daten werden nach Anmeldung übermittelt.

Daniela Grunow ist Direktorin des Institute for Empirical-Analytical Research (InFER) und Professorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt „Quantitative Analysen gesellschaftlichen Wandels“ am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität sowie Sprecherin der Forschungsgruppe „Reconfiguration and Internalization of Social Structure“ (RISS). Am FGZ-Standort Frankfurt ist sie stellvertretende Sprecherin und leitet zwei Teilprojekte, darunter „Wertkonflikte, Arbeitsteilung und gesellschaftlicher Zusammenhalt im Geschlechterverhältnis“. Ihre Forschung und Lehre konzentrieren sich auf die Wechselwirkungen von Arbeitsmarkt, Hausarbeit und Geschlechterbeziehungen in verschiedenen Wohlfahrtsstaaten sowie auf Aspekte sozialer Integration und Kohäsion. Zur Erforschung dieser Themen verwendet sie unterschiedliche empirische Methoden; speziell Methoden zur Analyse von Längsschnittdaten.

Andreas Zick ist Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung und Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an der Universität Bielefeld sowie Sprecher des Standorts Bielefeld des FGZ. Am FGZ-Standort Bielefeld leitet er vier Forschungsprojekte, darunter das Projekt „Zusammenhalt in und durch Nachbarschaften – Stadtteilstudien und Regionalpanel NRW und Niedersachsen“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen bei Intergruppenkonflikten, Vorurteilen und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Radikalisierung und Extremismus sowie Migrations- und Integrationsprozessen. Er engagiert sich zudem langjährig in der medialen und öffentlichen Vermittlung seiner Forschungsergebnisse zu Ursachen, Formen und Folgen innergesellschaftlicher Konflikte, Diskriminierung und Gewalt.

Heike List ist Wissenschaftliche Referentin der Geschäftsführung des FGZ. An der Goethe-Universität arbeitete sie zuvor in der Geschäftsstelle des Exzellenzclusters „Normative Orders“ und als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im EU-Verbundprojekt „Reconstituting Democracy in Europe“ (RECON) am Lehrstuhl für politische Theorie und Philosophie in der Lehre und Forschung u.a. zu normativen Ordnungsstrukturen der EU und dem Spannungsverhältnis von nationaler Vielfalt und Demokratie.

Kontakt:
Yvonne Blum, Referentin für Wissenstransfer. Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Geschäftsstelle Frankfurt. Goethe-Universität Frankfurt am Main. Telefon: +49 (0)69 798 31550; yvonne.blum@em.uni-frankfurt.de; www.fgz-risc.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Jan 20 2022
10:32

Archäologen und Archäobotaniker der Goethe-Universität rekonstruieren die Wurzeln der westafrikanischen Küche

Schon vor 3500 Jahren kam Blattgemüse auf den Tisch

Blattgemüse gehört in Westafrika als Beilage zu vielen Gerichten wie dem gestampften Yams im Süden der Region. In Zusammenarbeit mit Chemikern der Universität Bristol ist Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Goethe-Universität nun der Nachweis gelungen, dass die Ursprünge solcher Gerichte 3500 Jahre zurückreichen.

FRANKFURT. Mehr als 450 Töpfe aus prähistorischer Zeit wurden untersucht, 66 von ihnen enthielten Reste von Lipiden, also wasserunlöslichen Substanzen. Im Auftrag des Nok-Forschungsteams der Goethe-Universität extrahierten Chemiker der Universität Bristol Lipidprofile, die Aufschluss über die verwendeten Pflanzen geben sollten. Die Ergebnisse sind jetzt in der Zeitschrift „Archaeological and Anthropologial Sciences“ veröffentlicht worden: Mehr als ein Drittel der 66 Lipidprofile zeigten sehr unterschiedliche und komplexe Verteilungsmuster – ein Hinweis darauf, dass hier verschiedene Pflanzen und Pflanzenteile verarbeitet wurden.

Blattgemüse gehört heute in Westafrika als Beilage zu vielen Gerichten. Gekocht werden Blätter von Bäumen wie beispielsweise dem Baobab (Adansonia digitata) oder die bitter schmeckenden Blätter eines strauchigen Korbblütlers (Vernonia amygdalina). Diese Blattsoßen werden mit Gewürzen, Gemüse, auch Fisch oder Fleisch, angereichert und komplettieren die stärkehaltige Grundlage von Speisen wie dem gestampften Yams im Süden Westafrikas oder dem festen Brei aus Perlhirse in den trockeneren Savannen im Norden. Mit vereinter Expertise haben Archäologie und Archäobotanik der Goethe-Universität und chemische Wissenschaften der Universität Bristol nachgewiesen, dass die Ursprünge solcher Gerichte in Westafrika 3500 Jahre zurückreichen.

Die Untersuchungen sind Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts unter Leitung von Prof. Peter Breunig und Prof. Katharina Neumann, das im Dezember 2021 seinen Abschluss fand. Mehr als zwölf Jahre lang haben Archäologen und Archäobotaniker der Goethe-Universität die Nok-Kultur Zentralnigerias untersucht, die bekannt ist für ihre großformatigen Terrakotta-Figuren und für frühe Eisenproduktion in Westafrika im ersten Jahrtausend v. Chr. – wobei die Wurzeln der Nok-Kultur bis in die Mitte des 2. Jahrtausends zurückreichen. Im Fokus der Forschung stand vor allem der gesellschaftliche Kontext, in dem die Skulpturen geschaffen worden waren, also auch Wirtschaft und Ernährung. Anhand verkohlter Pflanzenreste aus Zentralnigeria konnte nachgewiesen werden, dass die Nok-Leute Perlhirse kultivierten. Ob sie aber auch andere stärkehaltige Pflanzen wie Yams nutzten und welche Gerichte sie aus der Perlhirse zubereiteten, lag bislang im Dunkeln.

„Verkohlte Pflanzenreste wie Samen und Nussschalen, die verkohlt in den archäologischen Sedimenten erhalten geblieben sind, spiegeln nur einen Teil dessen wider, was die Menschen damals gegessen haben", erklärt Prof. Katharina Neumann. Von den chemischen Analysen habe man sich zusätzliche Erkenntnisse über die Nahrungszubereitung erhofft. Und tatsächlich konnten die Forscher aus Bristol mit Hilfe von Lipid-Biomarkern und Analysen stabiler Isotope an mehr als 450 prähistorischen Töpfen zeigen, dass verschiedene Pflanzenarten zur Herstellung von Speisen verwendet wurden.

Dr. Julie Dunne von der Abteilung für organische Geochemie der Universität Bristol sagt: „Diese ungewöhnlichen und hochkomplexen pflanzlichen Lipidprofile sind die vielfältigsten, die bisher (weltweit) in archäologischer Keramik gefunden wurden.“ Es scheint mindestens sieben verschiedene Lipidprofile in den Gefäßen zu geben, was ein deutliches Indiz für die Verarbeitung verschiedener Pflanzenarten und -organe in diesen Gefäßen ist, darunter möglicherweise auch von unterirdischen Speicherorganen (Knollen) wie etwa Yams.

Seit Beginn des Projekts suchten die Archäobotanikerinnen im Projekt Belege für die frühe Nutzung von Yams, liegt die Nok-Region doch im „Yamsgürtel“ Westafrikas, also in dem Bereich des Kontinents, in dem Yams heute kultiviert wird. Verkohlte Reste helfen hier nicht weiter, denn das weiche Gewebe der Knollen ist oft schlecht erhalten und zudem wenig spezifisch. Die chemischen Analysen deuten nun darauf hin, dass neben Blättern und anderen noch nicht identifizierten Gemüsen auch suberinhaltiges Pflanzengewebe gekocht wurde – diese Substanz findet man in der Rinde sowohl von oberirdischen als auch unterirdischen Pflanzenorganen – möglicherweise also ein erstes Indiz für die Zubereitung von Yams, wenn auch nicht der erhoffte eindeutige Beweis.

Durch die archäobotanische Untersuchung von verkohlten Resten wusste man bisher von Perlhirse (Cenchrus americanus) und Kuhbohne (Vigna unguiculata), den ölhaltigen Früchten des Canariumbaumes (Canarium schweinfurthii) und von einer Afrikanischer Pfirsich genannten Frucht (Nauclea latifolia), die wegen ihre Vielzahl von Samen an große Feigen erinnert. Die molekulare Untersuchung komplettiert nun das Bild der Nahrungszubereitung an den Fundplätzen der Nok-Kultur. Die Frankfurter Archäobotanikerin Dr. Alexa Höhn erklärt: „Die sichtbaren und unsichtbaren Reste der Nahrungszubereitung im archäologischen Sediment und in der Keramik vermitteln uns ein viel vollständigeres Bild vergangener Ernährungsgewohnheiten. Die neuen Belege lassen nun auf eine beträchtliche zeitliche Tiefe der westafrikanischen Küche schließen."

Publikation: Julie Dunne, Alexa Höhn, Katharina Neumann, Gabriele Franke, Peter Breunig, Louis Champion, Toby Gillard, Caitlin Walton‑Doyle, Richard P. Evershed Making the invisible visible: tracing the origins of plants in West African cuisine through archaeobotanical and organic residue analysis. Archaeological and Anthropological Sciences https://doi.org/10.1007/s12520-021-01476-0

Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/111577824

Bildtext: Ausgrabung eines Nok-Gefäßes am Fundplatz Ifana 3. (Foto: Peter Breunig)

Weitere Informationen
Dr. Alexa Höhn
Archäologie und Archäobotanik Afrikas
Telefon +49 (0)69  798-32089
E-Mail a.hoehn@em.uni-frankfurt.de  


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de  

 

Jan 19 2022
15:53

Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema Bewegung erschienen – Informatikerin Hilde Kühne trainiert Computer mit 100 Millionen Youtube-Videos

Ist es Kochen oder Winken? Künstliche Intelligenzen lernen Bewegungen zu unterscheiden

Gegenstände und Gesichter können Computer schon recht gut erkennen, auch dass sich etwas bewegt und in welche Richtung. Um beispielsweise den häuslichen Notruf zu unterstützen, reicht das nicht. Dafür müssten sie erkennen können, um welche Art von Bewegungen es sich handelt und etwa zwischen einem Sturz und einem Bücken unterscheiden können. Solche Bewegungserkennung trainieren Computer an der Goethe-Universität Frankfurt. Die jüngste Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ gibt einen Einblick, wie ein solches Trainingscamp für Künstliche Intelligenzen funktioniert.

FRANKFURT. Wenn eine ältere Person zuhause in der Küche stürzt, liegt der Handsender des Hausnotrufs womöglich gerade unerreichbar im Badezimmer. Wie eine Videoüberwachung funktionieren könnte, die zwar den Sturz feststellt, aber keine Bilder aus der Privatsphäre an die Hausnotrufzentrale übermittelt, erforscht die Informatikerin Prof. Hilde Kühne von der Goethe-Universität. In der jüngsten Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ zum Thema „bewegt“ erläutert sie, wie sie Computern beibringt, zwischen verschiedenen Bewegungen zu unterscheiden. Dazu sind die Maschinen mit einem künstlichen neuronalen Netz ausgestattet und trainieren an 100 Millionen Youtube-Videos. „Beim Assistant Living könnte Bewegungserkennung unterstützen“, ist Kühne überzeugt, denn die Bilder müssten  nicht an eine Überwachungszentrale übermittelt werden. Und „für den Computer sind Videos schlicht Zahlenkolonnen“.

In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität über ihre Forschungsprojekte zu verschiedenen Aspekten von Bewegung, zum Beispiel mit welchen Tricks es metastasierende Tumorzellen schaffen, ins Gehirn einzudringen, wie die „Zappel-Philipp“-Krankheit ADHS auch noch Erwachsenen zu schaffen macht oder wie sich in der Quantenphysik zwei Bewegungen überlagern, die jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten. Andere Beiträge wiederum gehen zum Beispiel der Frage nach, wie die fast immer und überall verfügbaren Smartphones das Medium Film verändern oder wie die Integration von Migranten durch Sportvereine gefördert werden kann.

Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2021) kann von Journalistinnen und Journalisten kostenlos bestellt werden über: ott@pvw.uni-frankfurt.de.


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de  

 

Jan 19 2022
14:21

Bronzeskulptur der Frankfurter Bildhauerin Wanda Pratschke auf dem Campus Westend eingeweiht

Die „Unbesiegbare“, prominent platziert

FRANKFURT. Ob Skulpturen, Wandgemälde, Büsten oder andere Objekte: Auf dem weitläufigen Gelände des Campus Westend haben zahlreiche Kunstwerke ihren Ort. Nun kommt zur Kunst auf dem Campus ein neues Werk hinzu: die Bronzeskulptur „Unbesiegbare“ der renommierten Frankfurter Künstlerin Wanda Pratschke. Die überlebensgroße, dunkle Figur eines liegenden Frauenkörpers hat auf der Wiese zwischen Hörsaalgebäude und Seminarhaus nahe dem Adorno-Arbeitsplatz im Glaskasten einen prominenten Platz gefunden. Die Skulptur wurde heute in Anwesenheit der Künstlerin, des Universitätspräsidenten Prof. Dr. Enrico Schleiff und, stellvertretend für die Stifter, dem Vorstandsvorsitzenden der Vereinigung der Freunde und Förderer der Goethe-Universität Prof. Dr. Wilhelm Bender eingeweiht.

Die Skulptur „Unbesiegbare“ ist Anfang der Corona-Pandemie entstanden. „Immer ist es der Mensch und dessen Ausstrahlung, die mein Interesse erwecken“, erklärte die Künstlerin Wanda Pratschke vor Ort. Es gehe ihr um eingefangenes Leben, Sinnlichkeit und Grazie – ein Prozess, der Zeit brauche. „Wenn es mir dann gelingt, Zeitlosigkeit in der Skulptur zu gestalten, überrascht es mich oder andere Betrachter.“ Die 1939 in Berlin geborene Bildhauerin, die nach einer Ausbildung zur Bühnenbildnerin an der Frankfurter Städelschule studierte, ist durch ihre Plastiken von großen, selbstbewussten, runden Frauen bekannt geworden. Zahlreiche ihrer Werke sind im öffentlichen Raum zu sehen, wie die „Große Stehende Betty (1984)“ in den Frankfurter Wallanlagen, „Die Schöne“ (2001) im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens, die „Große Liegende“ (2016) in der Dienstvilla des Hessischen Ministerpräsidenten in Wiesbaden. „Frauen, an denen niemand vorbeikommt“, heißt es in einem Zeitungsbericht über Pratschkes Skulpturen.

„Wir freuen uns sehr, dass die eindrückliche Plastik ,Unbesiegbare' nun auf unserem Campus steht und dazu einlädt, sich mit ihr auseinandersetzen“, sagte Prof. Dr. Enrico Schleiff bei der Einweihung. An der Stiftungsuniversität Frankfurt habe Kunst und Kultur eine „sehr lange Tradition“. Diese Tradition gebe es jedoch nur dank des Engagements großzügiger Stifter, die Kunst für die Universität erwerben und ihr übereignen, erklärte Schleiff in Bezug auf die Stifter, unter anderen Stefan Quandt, Friedrich von Metzler und Wilhelm Bender. „Hierfür danken wir Ihnen sehr.“ Vor allem dankte Schleiff auch den Freunden und Förderern der Universität, die immer wieder Möglichkeiten eröffneten und Impulse für interessante Projekte und Ideen setzten.

Der Vorstandsvorsitzende der Freundesvereinigung Wilhelm Bender zeigte sich überzeugt: „Wanda Pratschkes ,Unbesiegbare' wird den Campus Westend bereichern.“ Der Entstehungsprozess der Skulptur kann im Video „Unbesiegbare 2021 - Von der Skizze zur Skulptur - Wanda Pratschke“, produziert von der Medienkünstlerin Katja Pratschke, Berlin, in der Webadresse gesehen werden: https://vimeo.com/660884676

Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/111581394

Bildtext:
Bild 1: Die Bildhauerin Wanda Pratschke mit ihrer Bronzeskulptur „Unbesiegbare“ auf dem Campus Westend der Goethe-Universität (Foto: Uwe Dettmar/Goethe-Universität)

Bild 2: Die Bildhauerin Wanda Pratschke mit ihrer Bronzeskulptur „Unbesiegbare“, gemeinsam mit einem der Stifter, Prof. Dr. Wilhelm Bender, und Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff auf dem Campus Westend der Goethe-Universität (Foto: Uwe Dettmar/Goethe-Universität)

Weitere Informationen:
www.wanda-pratschke.de/
https://www.uni-frankfurt.de/39005880/Kunst_im_Fokus


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Jan 19 2022
10:09

Hessische Schülerinnen und Schüler erhalten 2022 bundesweit erstmalig die Möglichkeit, an „Safe Place“ teilzunehmen. 

Erfolgreiche Kooperation des Kompetenzzentrums Schulpsychologie Hessen mit NATAL aus Israel mit Hilfe von Löwenstark gestartet

FRANKFURT. Aufgrund der pandemiebedingt gestiegenen psychischen Belastungen von Schülerinnen und Schülern sieht das Landesprogramm „Löwenstark – der BildungsKICK“ auch psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen für die hessischen Schulen vor. Eine der Maßnahmen ist das vor kurzem gestartete Programm „Safe Place“ der gemeinnützigen Organisation NATAL (Israel Trauma Center for Victims of Terror and War). Es zielt darauf ab, die Resilienz und Stressbewältigungskompetenz von Schülerinnen und Schülern zu stärken sowie den präventiven Umgang mit Belastungssymptomen zu üben. Umgesetzt wird das Programm von eigens dafür qualifizierten Schulpsychologinnen und Schulpsychologen.

Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz betont, „dass gerade jetzt auch die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in den Schulen in den Blick genommen werden muss. Durch die Zusammenarbeit mit NATAL ist es möglich, ein neues Angebot für unsere hessischen Schülerinnen und Schüler in den entsprechenden Klassen zu realisieren.“

Die Begleitung und Qualifizierung der zuständigen Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sowie die wissenschaftliche Evaluation des Einsatzes von Safe Place erfolgt zusammen mit NATAL durch das Kompetenzzentrum Schulpsychologie Hessen (KSH) an der Goethe-Universität Frankfurt. Prof. Dr. Gerhard Büttner als wissenschaftlicher Leiter des KSH erhofft sich „eine große Resonanz seitens der Schulen auf Safe Place, um möglichst viele Klassen intensiv fördern und nachhaltige Erkenntnisse über die Wirksamkeit des Programms gewinnen zu können.“ Eine Teilnahme an Safe Place wird den hessischen Schulen ab dem Frühjahr 2022 ermöglicht.

Hintergrundinformation:
NATAL (Israel Trauma Center for Victims of Terror and War) ist eine gemeinnützige Organisation, deren Ziel es ist, in der Gesellschaft das Bewusstsein für krisenbedingte Traumata zu schärfen. Das Resilienzförderprogramm Safe Place wurde von NATAL entwickelt und vielfach in Israel eingesetzt. Ein pandemiebezogener Einsatz von Safe Place erfolgte unter anderem in New York.  Durch die Kooperation mit NATAL kann Safe Place erstmalig in Deutschland für Schülerinnen und Schüler insbesondere der Klassenstufen 4 bis 7 angeboten werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Gerhard Büttner, Institut für Psychologie, Leitung Kompetenzzentrum Schulpsychologie Hessen, Goethe-Universität Frankfurt. Tel: +49-(0)69/798-35347;  buettner@paed.psych.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de  

 

Jan 17 2022
15:31

Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema Bewegung erschienen – Sportmediziner Michael Behringer erforscht die Ursachen von Muskelkrämpfen

Kampf gegen den Krampf

Die meisten Menschen vertrauen bei Muskelkrämpfen auf Magnesium. Aber die wissenschaftliche Beweislage dafür ist dünn – und die Theorie, dass Krämpfe durch einen Elektrolytmangel entstehen, mehr als 100 Jahre alt. Sportmediziner Michael Behringer hat eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Was helfen könnte im Kampf gegen den Krampf, darüber lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ zum Thema „bewegt“.

FRANKFURT. Sie können selbst guttrainierten Sportlern einen Strich durch die Rechnung machen: Wadenkrämpfe sind besonders bei Triathleten und Marathonläufern eine häufige Plage, die schon manchen Sieg vereitelt hat. Aber nicht nur Sportler leiden unter Krämpfen: Auch andere Menschen haben nachts häufige und äußerst schmerzhafte Muskelkrämpfe, die sie schier zur Verzweiflung bringen. »Die Kombination von Schmerz und Schlafmangel führt in schweren Fällen manchmal sogar zu Suizidgedanken«, sagt Prof. Michael Behringer, Sportmediziner an der Goethe-Universität.

Im Breitensport ist Magnesium das beliebteste Mittel gegen Krämpfe, und das schon seit vielen Jahrzehnten. Doch die Evidenz dafür, dass Magnesium Krämpfen vorbeugt oder sie lindert, ist laut einer Metaanalyse von 2020 äußerst gering. Michael Behringer und sein Team verfolgen eine andere Strategie, die insbesondere bei starker Krampfneigung helfen könnte: Mit Hilfe von elektrischer Stimulation wird der Muskel so trainiert, dass die Krampfschwelle ansteigt. Näheres zur Krampfforschung an der Goethe-Universität ist in der neuesten Ausgabe von Forschung Frankfurt, dem Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität, nachzulesen.

In weiteren Beiträgen berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Forschungsprojekte zu verschiedenen Aspekten von Bewegung, zum Beispiel wie sie Computern das Erkennen unterschiedlicher Bewegungen wie „schneiden“ oder „winken“ beibringen, wie die „Zappel-Philipp“-Krankheit ADHS auch noch Erwachsenen zu schaffen macht oder wie sich in der Quantenphysik zwei Bewegungen überlagern, die jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten. Andere Beiträge wiederum gehen zum Beispiel der Frage nach, wie die fast immer und überall verfügbaren Smartphones das Medium Film verändern oder wie die Integration von Migranten durch Sportvereine gefördert werden kann.

Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2021) kann von Journalistinnen und Journalisten kostenlos bestellt werden über: ott@pvw.uni-frankfurt.de.

Alle Beiträge sind online erhältlich unter www.forschung-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de 

 

Jan 14 2022
11:05

Ausstellungs-Präsentation von Götz Aly und Margit Berner an der Goethe-Universität zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 

„Der kalte Blick: Letzte Bilder jüdischer Familien aus dem Ghetto von Tarnów“

FRANKFURT. Erzwungene Aufnahmen jüdischer Menschen stehen im Zentrum der diesjährigen Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag

Donnerstag, 27. Januar, um 12 Uhr,

zu der das Fritz Bauer Institut und das Präsidium der Goethe-Universität wieder gemeinsam einladen – diesmal online. 

Dr. Margit Berner, Kuratorin am Naturhistorischen Museum Wien, entdeckte im Jahr 1997 im Archiv eine Schachtel mit 565 Porträtaufnahmen. Im Stil von Fahndungsfotos sind darauf Menschen aus dem polnischen Tarnów zu sehen kurz vor ihrer Deportation. Erstellt worden waren die Bilder im Auftrag von Dora Kahlich-Körner und Elfriede Fliethmann, zweier Anthropologinnen. Die Gesichter der Menschen, die die beiden Wissenschaftlerinnen im Dienste der NS-Ideologie auch penibel vermaßen und katalogisierten, bringen vieles zum Ausdruck, zumal Angst und Abscheu. Nur 26 der fotografierten Männer, Frauen und Kinder haben den Holocaust überlebt.

Im Zuge umfangreicher Recherchen gelang es Margit Berner, die Fotos namentlich zuzuordnen und die vielen Schicksale zu dokumentieren. Dabei stieß sie auf eine Veröffentlichung von Götz Aly und Susanne Heim, „Vordenker der Vernichtung“ von 1991. Darin spielen die beiden Anthropologinnen eine Rolle. So entstand die Idee einer gemeinsamen Wanderausstellung. Unter dem Titel „Der kalte Blick. Letzte Bilder jüdischer Familien aus dem Ghetto von Tarnów“ wurde zum einen das ehrgeizige Vorgehen der beiden Wissenschaftlerinnen dokumentiert, zum anderen erzählt die Ausstellung vom Leben der Juden in Tarnów vor 1939 und danach – als Beispiel für Verfolgung und Vernichtung unzähliger jüdischer Gemeinden in dem von Deutschen beherrschten und terrorisierten Polen. Derzeit ist die Ausstellung bis 18. April 2022 als Wiederaufnahme in der Stiftung Topographie des Terrors zu sehen. Zum Ausstellungsteam gehörten außerdem Dr. Stephanie Bohra (Stiftung Topographie des Terrors, Berlin) und Dr. Ulrich Baumann (Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Berlin).

Am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, werden die Wiener Kuratorin Dr. Margit Berner und der Berliner Historiker Prof. Dr. Götz Aly die Ausstellung online präsentieren.

Seit 2011 kooperieren das Fritz Bauer Institut und das Präsidium der Goethe-Universität, um gemeinsam einen Vortrag oder eine Vorlesung zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz anzubieten. Referent beim Auftakt 2011 war der Rechtshistoriker und Direktor des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Prof. Michael Stolleis, der 2021 verstorben ist.

„Die Goethe-Universität bleibt nicht zuletzt über ihren heutigen Hauptstandort eng mit der Geschichte des Holocaust verbunden: Die IG Farben, die hier ihren Sitz hatte, war ab 1942 über das Buna Werk in Auschwitz-Monowitz verstrickt in die Verbrechen an Zehntausenden Zwangsarbeitern. Über ihre Tochterfirma Degesch verdiente sie am Gas Zyklon B beträchtlich mit, das zur fabrikmäßigen Tötung von Menschen beigetragen hat. Dieser Vergangenheit wollen wir uns stellen, damit sie nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff.


Information: https://www.fritz-bauer-institut.de/veranstaltungen/veranstaltung/der-kalte-blick

Anmeldung zum Online-Vortrag per E-Mail an anmeldung@fritz-bauer-institut.de, Betreff: „27. Januar 2022“. Die Veranstaltung wird auch als Livestream auf YouTube gezeigt. Hierfür ist keine Anmeldung notwendig.  Link zum YouTube-Livestream: https://youtu.be/bmAyTMDHekQ

Publikation: Der kalte Blick – letzte Bilder jüdischer Familien aus dem Ghetto von Tarnów / The Cold Eye – Final Pictures of Jewish Families from the Tarnów Ghetto. Begleitkatalog zur gleichnamigen Ausstellung (deutsch/englisch), Hg. Naturhistorisches Museum Wien (vertreten durch: Dr. Katrin Vohland), Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas (vertreten durch: Uwe Neumärker), Stiftung Topographie des Terrors (vertreten durch: Dr. Andrea Riedle), Berlin 2020, 272 Seiten, ISBN 978-3-941772-48-9, Euro 18,-

Eine Illustration zum Download finden Sie unter: https://www.uni-frankfurt.de/111359703
(Montage unter Verwendung eines Bildes vom Fotofund aus dem Naturhistorischen Museum Wien „Tarnów Juden 1942“ und zeitgenössischen Messinstrumenten der Anthropologie; Bildautor: Wolfgang Reichmann, Naturhistorisches Museum Wien)


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de 

 

Jan 13 2022
15:00

Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema Bewegung erschienen – Tierökologe Thomas Müller erforscht scheinbar chaotisches Wanderverhalten von Wildtieren in der „Serengeti des Ostens“

Immer in Bewegung: Wie die Mongolische Gazelle den Naturschutz vor Herausforderung stellt

Wenn sich Mongolische Gazellen an grünen Weideplätzen sammeln, können schon mal 100 000 Tiere zusammenkommen. Danach verstreuen sie sich in alle Winde. Warum das so ist und wie diese Tiere angesichts der boomende Wirtschaft der Mongolei geschützt werden können, erklärt der Tierökologe Thomas Müller in der aktuellen Ausgabe von Forschung Frankfurt. Unter dem Titel „bewegt“ fächert das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität ein facettenreiches Spektrum von Forschungsprojekten, Einschätzungen und Analysen von Forscherinnen und Forschern der Goethe-Universität auf.

FRANKFURT. Noch rund eine Million Gazellen bevölkern eine der letzten intakten Graslandschaften der gemäßigten Zone: die Steppen der östlichen Mongolei. Wenn das Gras in sattem Grün sprießt, sammeln sich riesige Gruppen der Tiere, um es abzuweiden – und verschwinden danach wieder in der ungeheuren Weite der Landschaft. Prof. Thomas Müller, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und Goethe-Universität, untersucht mit seinem Team seit vielen Jahren das scheinbar chaotische Wanderverhalten der Tiere, das weltweit einzigartig ist. Die Zeit drängt, denn die wirtschaftliche Entwicklung in der Mongolei ist auf Konfliktkurs mit diesen Wildtieren: Straßen, Eisenbahnlinien und Ölförderanlagen dringen immer weiter in die Steppe vor. Hier müssen neue Naturschutzkonzepte entwickelt werden, denn selbst die großen Schutzgebiete, die die Mongolei in den vergangenen Jahren eingerichtet hat, werden dem Raumbedarf der Tiere nicht gerecht: Im Laufe ihres Lebens nutzt eine Gazelle ein Gebiet von der Größe Ungarns, schätzt Müller.

In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität über ihre Forschungsprojekte zu verschiedenen Aspekten von Bewegung, zum Beispiel wie sie Computern das Erkennen unterschiedlicher Bewegungen wie „schneiden“ oder „winken“ beibringen, wie die „Zappel-Philipp“-Krankheit ADHS auch noch Erwachsenen zu schaffen macht oder wie sich in der Quantenphysik zwei Bewegungen überlagern, die jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten. Andere Beiträge wiederum gehen zum Beispiel der Frage nach, wie die fast immer und überall verfügbaren Smartphones das Medium Film verändern oder wie die Integration von Migranten durch Sportvereine gefördert werden kann.

Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2021) kann von Journalistinnen und Journalisten kostenlos bestellt werden über: ott@pvw.uni-frankfurt.de.

Alle Beiträge sind online erhältlich unter www.forschung-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Jan 4 2022
15:01

Frankfurter Forscher wird neuer Direktor von Instruct-ERIC

Strukturbiologe Harald Schwalbe von der Goethe-Universität leitet Netzwerk europäischer Forschungsinfrastrukturen

Mit Beginn des Jahres hat das europäische Netzwerk der Forschungsinfrastruktur in der Strukturbiologie, Instruct-ERIC, Professor Harald Schwalbe zu seinem neuen Direktor ernannt. Er tritt damit die Nachfolge von Professor Sir David Stuart von der Universität Oxford an.

OXFORD/FRANKFURT. Die integrierte Strukturbiologie hat in den letzten fünf Jahren ihre Innovationskraft unter Beweis gestellt. Als europaweit verteilte Forschungsinfrastruktur war Instruct-ERIC führend bei dieser technologischen Innovation. Die Großforschungseinrichtungen von Instruct-ERIC bieten die Zugang zu modernster strukturbiologischer Ausrüstung und Techniken.

Die COVID-19-Pandemie hat immer deutlicher gemacht, dass koordinierte Forschung in der Strukturbiologie erforderlich ist, um die Evolution des Virus und die Auswirkungen immer neuer Mutationen in besorgniserregenden Varianten strukturell zu verstehen. Diese koordinierte Forschung wurde in den Instruct-ERIC-Zentren und im Netzwerk Covid19-NMR durchgeführt und hat der Impfstoffentwicklung und Arzneimittelforschung einen enormen Schub gegeben.

Jetzt übernimmt Prof. Harald Schwalbe von der Goethe-Universität Frankfurt als neuer Instruct-ERIC-Direktor das Amt von Prof. Dr. David Stuart von der Oxford University und der Synchrotron-Großforschungseinrichtung Diamond Light Source.

David Stuart kommentierte: „Instruct-ERIC war führend beim Übergang der Strukturbiologie in ein Gebiet, das routinemäßig tiefe Einblicke von der Atomstruktur bis hin zu Zellfunktionen und Krankheiten liefert. Es war ein Privileg, am Aufbau der Infrastruktur beteiligt gewesen zu sein und mit führenden Wissenschaftlern aus ganz Europa zusammenzuarbeiten: Wir haben eine Vision verwirklicht, die heute allgemein akzeptiert wird, aber vor mehr als zehn Jahren weit hergeholt schien. In den kommenden zehn Jahren werden sich die experimentellen Möglichkeiten grundlegend ändern, weil Computertechniken wie KI und Deep Learning helfen werden, die Flut experimenteller Daten besser zu verstehen. Ich freue mich, dass Harald Schwalbe die Leitung von Instruct ERIC übernehmen wird, um diesen spannende Herausforderungen zu begegnen und die Chancen zu nutzen.“

Harald Schwalbe meinte: „Es wird entscheidend sein, die europäische Forschung in der Strukturbiologie zu stärken. In der NMR-Spektroskopie stehen neue 1,2-Gigahertz-Geräte zur Verfügung, die die Grenzen der Festkörper- und Flüssig-NMR-Spektroskopie ausweiten. Technologiefortschritte für Einzelpartikel-Kryo-Elektronenmikroskopie- und Tomographie-Analysen sind beeindruckend. Die Initiativen in der Strukturbiologie wirken sich nicht nur in Europa aus, sondern auch global. Wir müssen den Zugang zu den Technologien bereitstellen, um mit unserer Forschung schnell auf globale Herausforderungen antworten zu können. Angesichts der Pandemie wird es wichtig sein, globale Forschungsanstrengungen zum Nutzen von Grundlagen- und angewandter Forschung zu verknüpfen und schnell auf unmittelbare Bedrohungen und Herausforderungen reagieren zu können. Ich bin sehr dankbar, das Amt von Dave Stuart übernehmen zu dürfen. Dave hat den Weg für eine koordinierte europäische Forschung in der Strukturbiologie geebnet.“

Professor Harald Schwalbe ist durch die Entwicklung von NMR-Methoden und Pulssequenzen und deren Anwendungen auf sehr anspruchsvolle und fundamentale Fragestellungen in Chemie und Biologie international bekannt. Seine Beiträge zur NMR-Forschung haben das Verständnis zahlreicher biologischer Prozesse entscheidend verbessert.

Instruct-ERIC ist eine europaweit verteilte Forschungsinfrastruktur, die den Nutzern High-End-Technologien und -Methoden der Strukturbiologie zur Verfügung stellt. ERIC steht für European Research Infrastructure Consortium und bezeichnet eine spezielle Rechtsform, die den Aufbau und Betrieb von Forschungsinfrastrukturen mit europäischem Interesse auf gemeinnütziger Basis ermöglicht. ERICs werden durch Mitgliedsländer finanziert und von Vertretern der Mitgliedsländer geleitet. Instruct-ERIC besteht aus 15 Mitgliedsländern: Belgien, Tschechische Republik, EMBL, Finnland, Frankreich, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Portugal, Slowakei, Spanien und Vereinigtes Königreich. Griechenland hat Beobachterstatus. Über seine spezialisierten Forschungszentren in Europa finanziert und organisiert Instruct-ERIC Forschungsaufenthalte, Schulungen, Praktika und F&E-Preise. Durch die Förderung integrativer Methoden ermöglicht Instruct-ERIC exzellente wissenschaftliche und technologische Entwicklung zum Nutzen aller Lebenswissenschaftler. Mehr auf https://instruct-eric.org/

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/111177368

Bildtext: Prof. Dr. Harald Schwalbe, Goethe-Universität Frankfurt (Foto: Jürgen Lecher für Goethe-Universität)

Weitere Informationen
Prof. Dr. Harald Schwalbe
Institute for Organic Chemistry and Chemical Biology
Center for Biomolecular Magnetic Resonance (BMRZ)
Goethe University Frankfurt
Tel: +49 69 798-29737
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
http://schwalbe.org.chemie.uni-frankfurt.de/

Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de 

 

Dez 17 2021
13:09

Studie untersucht, wie Fehlverhalten am Kapitalmarkt aufgedeckt werden kann

Höchster internationaler Publikationspreis in der Wirtschaftsinformatik für Forscher der Goethe-Universität

Die Studie “Who Is the Next 'Wolf of Wall Street'? Detection of Financial Intermediary Misconduct" hat den höchsten internationalen Publikationspreis im Bereich der Wirtschaftsinformatik erhalten. Bereits im Frühjahr 2021 war die Studie mit dem „Best Paper Award“ des renommierten „Journal of the Association for Information Systems“ ausgezeichnet worden.

FRANKFURT. Wie vertrauenswürdig ist ein Broker oder Anlageberater? Das Autorenteam Jens Lausen, Benjamin Clapham, Michael Siering und Peter Gomber der Goethe-Universität hat in einer KI-Studie nachgewiesen, dass von Brokern und Anlageberatern selbst veröffentlichte Informationen in beruflichen sozialen Netzwerken dafür genutzt werden können, unseriöse Akteure zu identifizieren. Dafür haben die Autoren, die gemeinsam an der Professur für e-Finance tätig sind, den höchsten internationalen Publikationspreis im Bereich der Wirtschaftsinformatik erhalten. Ihre Studie wurde von der Association for Information Systems (AIS), dem Weltverband für Wirtschaftsinformatik, als eine der vier besten Veröffentlichungen des Jahres 2020 ausgezeichnet. Der “AIS Best Information Systems Publications Award" wird von hochrangigen Wissenschaftlern seit 2006 jährlich an bis zu fünf Forschungsarbeiten als beste Publikationen im Bereich Information Systems (IS) verliehen.

In ihrer Arbeit zeigen die Wissenschaftler um den Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Peter Gomber, wie selbstveröffentlichte Informationen von Finanzmarktintermediären in beruflichen sozialen Netzwerken, etwa in LinkedIn oder Xing, genutzt werden können, um Fehlverhalten aufzudecken. Dabei gehen die Wissenschaftler von der Annahme aus: Wenn Broker und Anlageberater in berufsbezogenen sozialen Netzwerken ihr Profil besonders aufpolieren, neigen sie auch im Berufsalltag eher zu betrügerischem Verhalten.

Auf Basis dieser Informationen trainieren und evaluieren die Forscher verschiedene Machine-Learning-Modelle zur Klassifizierung der Akteure. Die Ergebnisse der Modelle ergeben ein klares Muster: Informationen in beruflichen sozialen Netzwerken sind vor allem dann für die Klassifizierung von fehlverhaltenden und nicht fehlverhaltenden Finanzintermediären von Bedeutung, wenn sie durch Dritte bestätigt werden – vor allem durch Behörden, die Informationen zum vergangenen Verhalten der Intermediäre offenlegen. Informationen, die für die externe Verifizierung der Profilinformationen genutzt werden können, können nämlich nur schwer manipuliert werden und sind somit besonders aussagekräftig bzw. helfen, Unstimmigkeiten zwischen Profilinformationen und behördlichen Informationen aufzudecken.

Das Ergebnis der Studie ist besonders für Investoren, Regulatoren und Aufsichtsbehörden von Bedeutung: Sie können damit Betrugsfällen und anderem Fehlverhalten – und damit auch finanziellen Schäden - vorbeugen. 

Die Studie wurde bereits im Frühjahr 2021 mit dem Best Paper Award des renommierten “Journal of the Association for Information Systems" (JAIS) ausgezeichnet, in welchem die Studie veröffentlicht wurde.

Publikation: Jens Lausen, Benjamin Clapham, Michael Siering, Peter Gomber (2020), “Who Is the Next "Wolf of Wall Street"? Detection of Financial Intermediary Misconduct". In: Journal of the Association for Information Systems 21.5, pp. 1153–1190. https://aisel.aisnet.org/jais/vol21/iss5/7

Weitere Informationen
Prof. Dr. Peter Gomber
Professur für e-Finance
gomber@wiwi.uni-frankfurt.de 

Dr. Benjamin Clapham
clapham@wiwi.uni-frankfurt.de

Dr. Jens Lausen
lausen@wiwi.uni-frankfurt.de

Dr. Michael Siering 
siering@wiwi.uni-frankfurt.de


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Dez 17 2021
11:35

Wissenschaftliche Hebammenausbildung startet im Sommersemester 2022/Bewerbung für dualen Studiengang ab sofort möglich

In Frankfurt Hebammenwissenschaft studieren

FRANKFURT. Mit einem Bachelorabschluss und gleichzeitig der staatlichen Zulassung zur Hebamme die Hochschule verlassen: Zum Sommersemester 2022 startet der duale Kooperationsstudiengang Hebammenwissenschaft der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) und der Goethe-Universität mit 30 Studienplätzen. Eine Bewerbung ist bis 15. Januar 2022 möglich. Die Studierenden schließen gleichzeitig Arbeitsverträge mit Kooperationskrankenhäusern ab. Zu den kooperierenden Praxispartnern zählen: Universitätsklinikum Frankfurt, Bürgerhospital Frankfurt, Klinikum Frankfurt Höchst, Sana Klinikum Offenbach, Klinikum Darmstadt und Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden. Das Bachelor-Studium setzt sich zur Hälfte aus theoriebasierter Lehre (Vorlesungen, Seminare und Skills-Lab) und aus Praxiseinsätzen in den Krankenhäusern zusammen. Der Studiengang schließt mit dem akademischen Grad Bachelor of Science (B.Sc.) und der staatlichen Zulassung zur Hebamme ab.

Der achtsemestrige Studiengang wurde auf der Grundlage des im Jahr 2020 in Kraft getretenen Gesetzes über das Studium und den Beruf von Hebammen - Hebammengesetz (HebG) aufgebaut. Das Studium zielt darauf ab, Absolventinnen und Absolventen in der Entwicklung ihrer professionellen Kompetenz als Hebammen zu unterstützen, mit der sie in ihrer späteren beruflichen Praxis komplexe Situationen bzw. Verläufe begleiten und personenzentrierend gestalten können. Dabei werden hebammenwissenschaftliche Theorien und geburtshilfliche Praxis im Studium verknüpft. Ziel des Bachelorstudiums ist die praktische berufliche Tätigkeit als Hebamme und damit die eigenständige Leitung physiologischer Geburten sowie die Begleitung werdender Familien.

Beide Hochschulen wollen ihre Aktivitäten künftig in einem Zentrum für Hebammenwissenschaft bündeln, um Synergien für ein vielfältiges Studienangebot und spezifische Forschungsvorhaben zu schaffen. So wird eine hohe Qualität der Hebammenausbildung und der geburtshilflichen Versorgung langfristig sichergestellt.

Bewerbungsfrist zum Studienstart im Sommersemester 2022: 15.01.2022 (Bewerbungen werden zentral von der Geschäftsstelle des Studiengangs entgegengenommen). Zum Wintersemester 2022/23 erfolgt die nächste Aufnahme Studierender für ebenfalls 30 Studienplätze. Ab 2023 wird der Studiengang jährlich 55 Studienplätze anbieten.

Weitere Informationen unter: https://www.frankfurt-university.de/ba-hebammenwissenschaft oder https://www.uni-frankfurt.de/105817318/Dualer_Studiengang_Hebammenwissenschaft__B_Sc 

Kontakt zur Studienfachberatung: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit, Friederike M. Hesse, Telefon: +49 69 1533 2697, E-Mail: hebammenwissenschaft@fb4.fra-uas.de
Goethe-Universität, Fachbereich 16/Hebammenwissenschaft, E-Mail: Dekanat.hebammen@kgu.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Dez 16 2021
16:02

Kryoelektronenmikroskopie und Computersimulationen des mitochondrialen Komplex I

Transferwege für Protonen in einer molekularen Maschine des zellulären Energiestoffwechsels

Ein wichtiger Mechanismus, mit der die Zelle Energie gewinnt, ist die so genannte Atmungskette in den zelleigenen Kraftwerken (Mitochondrien). In einer neuen Studie haben Forscherinnen und Forscher der Goethe-Universität Frankfurt, des Max-Planck-Instituts für Biophysik und der Universität Helsinki eine hochaufgelöste Struktur eines zentralen Biomoleküls der Atmungskette, dem mitochondrialen Komplex I, bestimmt und seine Funktionsweise im Computer simuliert. Die Erkenntnisse helfen sowohl der Grundlagenforschung wie auch beim Verständnis bestimmter neuromuskulärer und neurodegenerativer Erkrankungen, die von Mitochondrien ausgehen.

FRANKFURT. Alle Lebensprozesse erfordern eine ständige Versorgung mit Energie. In der Zelle wird diese Energie hauptsächlich über das chemisch „aufgeladene“ Molekül ATP zur Verfügung gestellt. Erzeugt werden die ATP-Energiepakete unter anderem in spezialisierten kleinen Organen („Organellen“) der Zelle, den Mitochondrien.

Dort läuft die Energiegewinnung ähnlich ab wie in einem Pumpspeicherkraftwerk: Über die Atmungskette werden Wasserstoffionen (Protonen mit positiver Ladung) von einer Seite der inneren Mitochondrien-Membran auf die andere gepumpt (sozusagen bergauf), sodass ein chemisches Konzentrationsgefälle und eine elektrische Spannung entstehen. Entlang dieses elektrochemischen Gradienten „fließen“ die Protonen „bergab“ durch eine Art Turbine, die für die Zelle nutzbare Energie in Form von ATP erzeugt.

Eine der Protonenpumpen im ersten Schritt des Prozesses ist ein großes, L-förmiges Biomolekül, der mitochondriale Komplex I (kurz: Komplex I). Mit seinem waagerechten Arm ist das L in der Membran verankert. Am senkrechten Arm des L bindet er das Elektronenträgermolekül NADH, das aus der Verstoffwechselung beispielsweise von Zucker stammt. Komplex I katalysiert die Übertragung von Elektronen von NADH auf Ubichinon (Q10) und die in dieser Reaktion freiwerdende Energie wird zum Antrieb der Protonenpumpe genutzt.

Dem Forscherteam der Goethe-Universität Frankfurt und des Max-Planck-Instituts für Biophysik in Frankfurt ist es gelungen, die 3D-Struktur von Komplex I über hochauflösende Bildgebungsverfahren (Kryoelektronenmikroskopie) exakt zu vermessen und abzuleiten, auf welchen Wegen die Protonen innerhalb des Komplex I transportiert werden. Hierbei spielen, so konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, Wassermoleküle in der Proteinstruktur eine wichtige Rolle.

Die hochaufgelösten Strukturdaten ermöglichten umfangreiche Computersimulationen durch Kolleginnen und Kollegen der Universität Helsinki, die zeigten, wie sich die Pumpe während des Protonentransports wahrscheinlich bewegt.

Dr. Janet Vonck vom Max-Planck-Instituts für Biophysik erklärt: „Unsere Studie gibt neue Einblicke in die Funktionsweise einer molekularen Maschine der biologischen Energieumwandlung.“ Prof. Volker Zickermann vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität Frankfurt meint: „Dieses Wissen kann dazu beitragen bestimmte mitochondriale Krankheiten wie zum Beispiel die Augenkrankheit Lebersche hereditäre Optikusneuropathie besser zu verstehen.“


Publikation: Kristian Parey, Jonathan Lasham, Deryck J. Mills, Amina Djurabekova, Outi Haapanen, Etienne Galemou Yoga, Hao Xie, Werner Kühlbrandt, Vivek Sharma, Janet Vonck, Volker Zickermann: High-resolution structure and dynamics of mitochondrial complex I—Insights into the proton pumping mechanism. Sci Adv. 2021 Nov 12;7(46) https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abj3221

Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/109657054

Bildtext: Fast wie ein Stiefel: Die L-förmige Struktur des mitochondrialen Komplex I bei einer Auflösung von 2,1 Ångström (0,00000021 Millimeter), aufgenommen mit einem Kryoelektronenmikroskop. Bild: Janet Vonck, MPI für Biophysik

Weitere Informationen
Prof. Dr. Volker Zickermann
Institut für Biochemie II
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 798-29575
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Dez 16 2021
15:39

Absichtserklärung heute in Frankfurt und Israel unterzeichnet – Unipräsident Schleiff: „Start in eine noch intensivere Zusammenarbeit“

Goethe-Universität und Tel Aviv University wollen gemeinsames Zentrum gründen

Die Tel Aviv University und die Goethe-Universität Frankfurt wollen künftig noch enger miteinander kooperieren. Heute Vormittag ist im Rahmen einer hochkarätig besetzten Zoom-Runde eine Absichtserklärung unterzeichnet worden, die auf die Gründung eines gemeinsamen Forschungszentrums für religiöse Studien und interreligiöse Dynamiken abzielt.

FRANKFURT. Seit 1984 bereits besteht zwischen den beiden Hochschulen eine strategische Partnerschaft, die beiden Städte sind sogar schon seit 1980 freundschaftlich verbunden. Nun wollen die Tel Aviv University und die Goethe-Universität Frankfurt ihre Beziehungen noch weiter intensivieren – und das erste deutsch-israelische Forschungsinstitut gründen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beider Universitäten vor allem aus den Geschichts- und Religionswissenschaften arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder zusammen – insbesondere die Martin-Buber-Professur am Fachbereich Evangelische Theologie unterhält intensive Kontakte nach Israel. Das neu gegründete Buber-Rosenzweig-Institut für moderne und zeitgenössische jüdische Geistes- und Kulturgeschichte und das Center for Religious and Interreligious Studies an der Tel Aviv University sind eng miteinander vernetzt in Form gemeinsamer Workshops und Tagungen.

Der Fokus des neuen Zentrums soll auf interdisziplinärer Forschung in religiösen und interreligiösen Studien liegen mit einem Schwerpunkt auf Judentum, Christentum und Islam. Außer den Theologien, der Religionswissenschaft, der Judaistik und den Islamischen Studien werden noch weitere Fächer beteiligt sein, darunter die Geschichte, die Philosophie, die Wissenschaftsphilosophie und die Politologie. Mögliche Forschungsthemen sind im Bereich multikulturelle Gesellschaften, religiöse Konflikte, Migration, Fundamentalismus und interreligiöser Dialog denkbar. Finanziert werden soll das neue Zentrum für die nächsten 3,5 Jahre mit jährlich 50.000 Euro von der Goethe-Universität und jährlich 20.000 Euro von der Tel Aviv University, insbesondere für Summerschools.

Das neue Zentrum soll von einem gemeinsamen Direktorium geleitet werden und sowohl erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch Forschende am Beginn ihrer Karriere miteinander verbinden. Geplant sind zudem gemeinsame Lehrveranstaltungen ab dem Sommersemester 2022 und die Schaffung eines gemeinsamen englischsprachigen Masterstudiengangs. Der Initiator des Forschungszentrums, Prof. Christian Wiese, Inhaber der Martin-Buber-Professur an der Goethe-Universität und Direktor des Buber-Rosenzweig-Instituts, setzt große Hoffnungen auf die Zusammenarbeit: „Im Rahmen der deutsch-israelischen Wissenschaftsbeziehungen und der engen Verbindung zwischen den Städten Frankfurt und Tel Aviv entsteht hier etwas ganz Besonderes – ein internationaler Forschungsschwerpunkt im Bereich der interdisziplinären Religionsforschung, der in historischer Perspektive und gegenwartsbezogen Themen in den Blick nimmt, die beide Gesellschaften, die deutsche wie die israelische, auf jeweils unterschiedliche Weise herausfordern“.

Die Vertragsunterzeichnung fand heute in Tel Aviv in Gegenwart der deutschen Botschafterin in Israel, Dr. Susanne Wasum-Rainer, statt. Wegen der Pandemie waren die Frankfurter Beteiligten per Zoom zugeschaltet. Professor Ariel Porat, Präsident der Tel Aviv Universität, leitete die Sitzung auf israelischer Seite.

Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität:
„Worauf wir uns heute einigen, ist meines Wissens zumindest in den Geisteswissenschaften in Deutschland ohne Beispiel: nicht nur eine formale Kooperation zwischen einer deutschen und einer israelischen Universität, sondern die Entwicklung eines gut sichtbaren, gemeinsamen, institutionalisierten, internationalen Forschungszentrums, abteilungsübergreifend auf beiden Seiten, in einem für die deutsche und die israelische Gesellschaft relevanteste Forschungsgebiet: Geschichte und aktuelle Herausforderungen religiöser Vielfalt, Differenz und Konflikt in pluralistischen Gesellschaften. Es wird Fragen zum interreligiösen Dialog in den Blick nehmen, aber auch Themen wie Fundamenalismus und Konflikt, aber auch das reiche kulturelle Erbe und das Potenzial religiöser Traditionen. Dieses Zentrum ist der Start in eine noch intensivere Zusammenarbeit.“

Dr. Susanne Wasum-Rainer, Deutsche Botschafterin in Israel:
„Akademischer Austausch und Kooperation sind nicht nur eine konstitutive Säule der deutsch-israelischen Beziehungen. Sie sind auch ein Beitrag zur Stärkung von Forschung und wissenschaftlichem Fortschritt als globalem Unterfangen, sowohl in den Natur- als auch in den Geisteswissenschaften. Mit der Willenserklärung zur Gründung eines gemeinsamen Zentrums zur Erforschung religiöser und interreligiöser Dynamiken widmen sich die Goethe-Universität Frankfurt am Main und die Universität Tel Aviv einer der drängenden Fragen unserer Zeit, der Rolle religiöser Gemeinschaften in einer sich wandelnden und konfliktreichen Welt.“

Prof. Menachem Fisch, Mitinitiator an der Tel Aviv Universität:
„Ich freue mich sehr, Teil der Gründung eines in dieser Art so einzigartigen Zentrums zu sein, eines Zentrums für das Studium der monotheistischen Glaubensrichtungen und ihrer wechselseitigen Entwicklung. Dies ist eine würdige Initiative und ein weiterer Baustein in der akademischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern."

Uwe Becker, Präsident der deutschen Freunde der Tel Aviv Universität:
„Diese Absichtserklärung markiert einen neuen Meilenstein in der besonderen Beziehung zwischen den beiden Universitäten und ist eine weitere Brücke der Verständigung zwischen Frankfurt und Tel Aviv. Das neue Zentrum wird sicherlich zu einem besseren interreligiösen Dialog aus verschiedenen Blickwinkeln beitragen. Ich bin stolz, dass wir mit dem Start des neuen Deutschen Freundschaftsfonds auch Studierenden helfen werden, an dieser deutsch-israelischen Erfahrung teilzuhaben und von den Aktivitäten des Deutschen Fördervereins der Universität Tel Aviv zu profitieren.“

Prof. Milette Shamir, Vizepräsidentin (Internationales) der Tel Aviv University:
„Die Universität Tel Aviv verfügt über ein breites Netzwerk der Zusammenarbeit mit deutschen Universitäten, mehr als mit jedem anderen Land in Europa. Diese Zusammenarbeit umfasst Hunderte von gemeinsamen Forschungsprojekten sowie Hunderte von deutschen Studenten, die jedes Jahr auf unseren Campus kommen.  Das gemeinsame Zentrum erweitert diese Zusammenarbeit in eine wichtige neue Richtung und stärkt unsere bestehende Partnerschaft mit der Goethe-Universität Frankfurt, einer der führenden Universitäten in Deutschland. Wir hoffen, dass GU und TAU in naher Zukunft die Zusammenarbeit auf mehrere andere Bereiche mit gemeinsamer Stärke ausweiten werden." 

Ein Bild zum Download unter: https://www.uni-frankfurt.de/110103728

Bildtext:
Goethe-Universität und Tel Aviv University wollen gemeinsam ein Forschungszentrum für religiöse Studien und interreligiöse Dynamiken gründen. Die Absichtserklärung wurde in großer Runde unterzeichnet, Uni-Präsident Prof. Schleiff (links) und Prof. Wiese waren per Video zugeschaltet. (Foto: Uwe Dettmar)

Weitere Informationen
Prof. Dr. Christian Wiese
Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie
Fachbereich Evangelische Theologie
Goethe-Universität
Telefon 069 798-33313
E-Mail c.wiese@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de 

 

Dez 15 2021
15:35

Auch Angehörige von Polizei, Nachbarhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Frankfurt erhalten Impfangebote

Goethe-Universität erweitert Impf- und Boosterangebot

FRANKFURT. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Goethe-Universität sowie Studierende ab dem 30. Lebensjahr können auf dem Campus Westend bereits seit einigen Tagen eine Erst-, Zweit- oder Boosterimpfung erhalten.

Nun hat die Universität ihr Impfangebot auf weitere Gruppen der Stadt ausgedehnt: Auf dem Campus impfen oder boostern lassen können sich nun auch Angehörige der Frankfurter Polizei, von außeruniversitären Forschungsinstituten, der Frankfurt University of Applied Sciences, der Frankfurt School of Finance & Management sowie Familien und Freunde von Universitätsangehörigen. Eine Impfung im Seminarpavillon am Campus Westend, Stralsunder Straße 36, ist derzeit bis zum 22. Dezember möglich; eine Verlängerung ist geplant.

„Wir gehen zurück in die Präsenz – ein unmittelbares Miteinander braucht aber Sicherheit, und die kann nur durch Impfungen erreicht werden können“, begründet Universitätspräsident Enrico Schleiff den Schritt in die außeruniversitäre Öffentlichkeit. „Als eine medizinführende Universität sind wir nicht nur an vorderster Front in der Gesundheitsversorgung und Coronaforschung aktiv: Wir haben auch die Kapazität zu impfen und zu boostern – also wollen wir die Impfung möglichst vielen zukommen lassen. Dafür danke ich dem Direktor des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Professor David Groneberg, und seinem Team besonders herzlich.“

Sobald ausreichend BionTech-Impfstoff zur Verfügung stehen wird, mit dem auch jüngere Menschen geimpft werden können, will die Universität weitere Studierende in die Impfkampagne miteinbeziehen. Die Alterseinschränkung ergibt sich aufgrund der STIKO-Vorgaben bezüglich des verwendeten mRNA-Impfstoffs Moderna.

Im September hatte die Goethe-Universität eine öffentlichkeitswirksame Plakatkampagne für das Impfen in der Stadt initiiert. „In unserer Gesundheitsversorgung am Universitätsklinikum erleben wir täglich die möglichen schweren Folgen der Corona-Krankheit“, sagt Universitätspräsident Schleiff. „Wir sahen und sehen es deshalb als unsere Pflicht an, in der Öffentlichkeit für das Impfen zu werben.“

Die Impfung ist kostenfrei. Im Falle einer Boosterimpfung müssen seit der Zweitimpfung fünf Monate vergangen sein. Eine Anmeldung zur Impfung ist erforderlich. Termine können unter dem folgenden Link gebucht werden: https://goethe-termine.as.me

Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/110064052  

Bildtext: Auf dem Campus Westend können sich Universitätsangehörige und Mitarbeiter weiterer Frankfurter Einrichtungen impfen lassen (Foto: Peter Kiefer/Goethe-Universität)

Weitere Informationen
Terminvereinbarung unter dem Link https://goethe-termine.as.me

Corona-Impfambulanz
Seminarpavillon am Campus Westend
Erdgeschoss rechts
Stralsunder Straße 36
60323 Frankfurt


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de 

 

Dez 15 2021
15:06

Wissenschaftler der Goethe-Universität untersuchen, inwiefern Emotionen essentiell für biologische und künstliche Intelligenzen sind

Warum hat uns die Evolution mit Gefühlen ausgestattet?

Gefühle spielen in unserem Leben eine große Rolle. Doch warum gibt es sie? Sind Emotionen eine Laune der Natur, oder war ihre Entstehung aus evolutionärer Sicht unausweichlich? Prof. Claudius Gros vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität gibt in einer neuen Studie eine eindeutige Antwort.

FRANKFURT. Von ihrer Funktion her sind Emotionen abstrakte Kriterien, mit deren Hilfe selbst unterschiedliche Tätigkeiten vergleichend bewertet, und damit Ziele und Aufgaben effizient ausgewählt werden können – so das Ergebnis der Studie von Prof. Claudius Gros, die seit heute online zu lesen ist.

Evolutionär ist alles vorteilhaft, was die Anzahl an Nachkommen erhöht. Wenn Verhaltensweisen nicht direkt genetisch gesteuert werden, also nicht durch Instinkte, muss ein Lebewesen in der Lage sein, die Folgen seines Handelns zu berechnen, bzw. zu prognostizieren. Die Realität ist jedoch komplex und damit chaotisch („Schmetterlingseffekt“). Daher können Auswirkungen prinzipiell nur begrenzt berechnet werden, was im Fall sozial organisierter Lebewesen nochmals schwieriger ist: In einer Gemeinschaft muss das Individuum zusätzlich die Absichten der Anderen ausfindig machen. In diesem Zusammenhang wurde die „Theorie des sozialen Gehirns“ formuliert, der zufolge sich das das menschliche Gehirn vor allem deshalb so rasch entwickelt hat, weil es vor der Aufgabe stand, die Komplexität des sozialen Kontexts zu bewältigen.

Kognitive Fähigkeiten, also Intelligenz, erweitern die Palette der Handlungsoptionen. Vom maschinellen Lernen wissen wir, dass die rechnerischen Anforderungen mit der Komplexität der Problemstellung überaus schnell ansteigen. Um Entscheidungen zu treffen, benötigen Lebewesen mit komplexen Handlungsoptionen daher einen Mechanismus, der die rechnerischen, d.h. die kognitiven Anforderungen deutlich reduziert. Das ist es, was Emotionen ermöglichen.

Sehr unterschiedliche Tätigkeiten können ein und dasselbe Gefühl auslösen – zum Beispiel Langeweile, Aufregung, Befriedigung. So kann es genauso befriedigend sein, mit Freunden zu Essen, wie Geige zu spielen oder durch den Ärmelkanal zu schwimmen. Nach materiellen Kriterien ließen sich diese Tätigkeiten kaum auf einen Nenner bringen, etwa danach, wie viel Geld dabei herauskommt. Funktional entsprechen Emotionen folglich abstrakten Bewertungskriterien, auch wenn sie als Empfindungen höchst real sein können. Individuen, die über emotionale Entscheidungsmechanismen verfügen, versuchen ihre Tätigkeiten so auszuwählen, dass diese im Mittel mit ihrem „Charakter“ im Einklang sind. Dabei ist der Charakter mathematisch als eine Menge von Präferenzen definiert: Wie häufig strebt jemand – relativ gesehen – eher bequeme, spannende oder produktive Tätigkeiten an?

Uns ist in der Regel nicht bewusst, wie viele biochemische Prozesse beständig in unserem Gehirn ablaufen. Die biologischen Grundlagen von Emotionen (die ‚neuronalen Korrelate') können wir dagegen in der Form von Gefühlen wahrnehmen. Interessanterweise sind die dafür notwendigen neurobiologischen Strukturen phylogenetisch jung, d.h. erst bei höheren Affen voll ausgebildet. Diese Strukturen erlauben es, Emotionen ihrerseits kognitiv zu regulieren, und somit den kognitiv-emotionalen Regelkreis zu schließen. Im umgekehrten Fall, also wenn uns die Evolution keine Gefühle mitgegeben hätte, könnten wir unsere Emotionen, also die entsprechenden Gehirnprozesse, nicht regulieren. Das würde der wissenschaftlichen Definition von „Zombies“ durch die beiden Neurowissenschaftler Christof Koch and Francis Crick entsprechen. Diese kann man als denkfähigen Wesen ansehen, die Triebe haben, diese aber nicht kontrollieren können, da sie sich ihrer nicht bewusst sind.

Ein emotionales Kontrollsystem ist nicht nur für Menschen und hochentwickelte nicht-menschliche Tiere von essentieller Bedeutung, sondern auch für potentielle künstliche Intelligenzen. Synthetische und biologische Emotionen müssen funktional äquivalente Rollen erfüllen, wogegen sie sich hinsichtlich der spezifischen Ausprägungen unterscheiden können. Roboter-Emotionen werden sich nicht – wie in vielen Filmen dargestellt – sekundär entwickeln. Synthetische Emotionen sind vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung für eigenständig agierende universelle Intelligenzen, sofern es diese jemals geben sollte.


Publikation: Claudius Gros, „Emotions as abstract evaluation criteria in biological and artificial intelligences“, Frontiers In Computational Neuroscience Vol. 15, 177 (2021)

https://www.frontiersin.org/article/10.3389/fncom.2021.726247

Informationen: Prof. Dr. Claudius Gros, Institut für Theoretische Physik, Campus Riedberg, E-Mail gros07@itp.uni-frankfurt.de

Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de