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Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität beteiligt sich am RAY Festival 2021 im Rahmen der 4. Internationalen Fotografie-Triennale „RAY 2021 IDEOLOGIEN“
FRANKFURT. Ideologien begründen und rechtfertigen Handeln. Aber was verbirgt sich hinter ihnen? Wie sind Ideologien verknüpft mit Manipulation und Missbrauch? Wie werden sie kommuniziert und verbreitet? Gerade Bilder sind ein bevorzugtes Mittel in der Bildung und Verbreitung von Ideologien. Doch sie können nicht nur zur Verbreitung ideologischer Weltbilder, Herrschaftsstrukturen oder Rassismen beitragen, sondern auch kritische Kunstwerke sein, welche die Position des Bildes selbst reflektieren. Bis zum 12. September widmet sich die Fotografie-Triennale RAY 2021 unter dem Titel IDEOLOGIEN genau diesen ideologiekritischen Potenzialen von Kunst, insbesondere von künstlerischen Fotografien und Filmen.
Der Forschungsverbund „Normative Ordnungen“
der Goethe-Universität ist bereits zum zweiten Mal wissenschaftlicher Partner
des Projekts und beteiligt sich unter anderem am RAY Festival, welches
vom 1. bis 3. September 2021 im Museum Angewandte Kunst in
Frankfurt am Main stattfindet. Dort werden Künstler*innen, Kurator*innen und
Expert*innen die Perspektiven auf das Thema und die fotografischen Positionen
und Interpretationen von Ideologien und Kritik diskutieren.
Im Rahmen der Partnerschaft mit dem
Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ hält Prof. Dr. Rainer Forst,
Co-Sprecher des Verbunds und Professor für Politische Theorie und Philosophie
an der Goethe-Universität, am 1. September einen Impulsvortrag beim RAY
Festival zum Thema „Wahrheit, Demokratie und Ideologie“. Den
gleichnamigen Titel trägt auch der Beitrag des Philosophen im Katalog der
Ausstellung, welcher auf dem Festival vorgestellt und Ende August im Kehrer
Verlag erscheinen wird. An den Vortrag von Rainer Forst schließt die Diskussionsrunde
IDEOLOGIEN mit den Festival-Kurator*innen Matthias Wagner K, Anne-Marie
Beckmann, Celina Lunsford, Alexandra Lechner und Susanne Pfeffer an, die von
Rebecca Schmidt, Geschäftsführerin des Forschungsverbunds „Normative
Ordnungen“, moderiert wird.
Vom 1. bis 12. September werden
zudem im Museum Angewandte Kunst die Ergebnisse der RAY 2021 MASTER
CLASS gezeigt, die unter der Leitung der Künstlerin Johanna Diehl stattgefunden
hat. Die Ausstellung mit dem Titel „Essays of Undoing“ hat Diehl gemeinsam mit
13 Studierenden von Hochschulen aus der Region Rhein-Main entwickelt.
Das RAY Festival wird von der Deutsche
Börse Photography Foundation unterstützt. Weitere Kooperationspartner von RAY
2021 sind unter anderem das Fotografie Forum Frankfurt, die Kunststiftung DZ
Bank, das Museum Angewandte Kunst, das Museum MMK für Moderne Kunst, das Historische
Museum Frankfurt, das Museum Giersch der Goethe-Universität sowie viele
weitere.
Tickets sind im Museum Angewandte Kunst
erhältlich. Das Festivalticket für drei Tage kostet 20€, ein Tagesticket 10€.
Studierende haben freien Eintritt. Aufgrund der Pandemiebedingungen ist die
Anzahl der Plätze begrenzt, Reservierungen sollten daher unter info@ray2021.de vorgenommen werden.
Informationen zur Veranstaltung:
https://www.normativeorders.net/de/component/content/article/69-veranstaltungen/8248-ray-festival-2021-ideologien
Ansprechpartnerin:
Rebecca
Caroline Schmidt, Geschäftsführerin Forschungsverbund "Normative
Ordnungen" der Goethe-Universität, 069 798-31401, rebecca.schmidt@normativeorders.net; www.normativeorders.net
IWAK-Studie zeigt: Betriebe legten viel Augenmerk auf die Fachkräftesicherung
Wie ist der Mittelstand durch die Pandemie gekommen? Das hat das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) im Auftrag der Stabstelle Fachkräftesicherung in Hessen untersucht. Insbesondere die Bindung von Fachkräften war ein wichtiges Thema. Zwölf Betriebe aus verschiedenen Branchen haben hier besonders innovative Ansätze entwickelt. Die Staatssekretärin für Soziales und Integration, Anne Janz, hat sie dafür als „Betriebe des Monats“ ausgezeichnet.
FRANKFURT. Wie können wir unsere Fachkräfte während der Pandemie
an uns binden? Diese Frage stellen sich Geschäftsführerinnen und
Geschäftsführer sowie Führungskräfte im hessischen Mittelstand seit Beginn der
Pandemie. Die Voraussetzungen sind je nach Branche denkbar unterschiedlich:
Während für Betriebe in der Pflegebranche, die seit Anfang 2020 anhaltende
Dauerbelastung für das Personal im Vordergrund steht, geht es in Hotellerie und
Handel eher darum, wie die Fachkräfte trotz der pandemiebedingten
Betriebsschließungen gehalten werden können. Deshalb sind in den verschiedenen
Branchen unterschiedliche Strategien zur Fachkräftesicherung notwendig.
Um Betriebe bei der Fachkräftesicherung zu
unterstützen, hat die Stabstelle Fachkräftesicherung in Hessen des Hessischen
Ministeriums für Soziales und Integration das Institut für Wirtschaft, Arbeit
und Kultur (IWAK) beauftragt, erfolgreiche Strategien zu erforschen. Es wurden
verschiedene Branchen untersucht – vom Handwerk über die Physiotherapie bis hin
zur Kulturbranche. Dabei hat sich gezeigt, dass es durchaus Strategien gibt,
die auch branchenübergreifend funktionieren.
„Die Fachkräftesicherung liegt uns
besonders am Herzen. Denn die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Arbeits-,
Fach- und Führungskräfte sichern den sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand in
Hessen“, sagt Sozial- und Integrationsstaatssekretärin Anne Janz. „Mit unseren
intensiven Bemühungen zur Fachkräftesicherung stellen wir in Hessen die Weichen
für eine auch zukünftig gute und stabile Entwicklung von Wirtschaft und
Gesellschaft.“
Erfolgreiche Strategien zur
Fachkräftesicherung während der Pandemie
Die wichtigste Voraussetzung dafür, dass
die Fachkräfte „an Bord“ bleiben, besteht in einer starken persönlichen
Führung, die vor allem im Mittelstand zu finden ist. „Ein klares Bekenntnis zum
Betrieb und zur Belegschaft ist das beste Mittel, um die Verunsicherung bei den
Beschäftigten in den Griff zu bekommen“, stellt Achim Kopp von KOPP
Schleiftechnik aus Lindenfels fest. „Als Chef muss man nahbar und jederzeit
ansprechbar sein, um dann schnell individuelle und praktische Lösungen zu
finden, das schafft Bindung“, bestätigt Timm Kremer von PhysioWorld aus
Frankfurt am Main. Dabei hilft es Betrieben, wenn sie schon vor der Pandemie
eine wertschätzende und verbindliche Betriebskultur etabliert hatten. Oliver
Fehl, Chef eines Handwerksbetriebs in der Gebäudetechnik aus Freiensteinau.
„Wir haben sehr von unserer wertebasierten Betriebskultur profitiert. Unsere
Beschäftigten wissen genau, was uns allen gemeinsam wichtig ist. Dadurch können
sie sich gut mit unserem Betrieb identifizieren.“
Große Bedeutung kommt einer offenen und
kontinuierlichen Kommunikation zu. „Die Belegschaften müssen wissen, woran sie
sind“, sagt Hilke Bärenfänger von ALMO, die im nordhessischen Bad Arolsen
Einmalspritzen herstellen. Wie sind Hygiene- und Abstandsregeln umzusetzen? Wie
verändert sich meine Arbeit? Auch über Zuständigkeiten muss gesprochen werden:
„Wir haben Pflegekräfte aus der Tagespflege, die jetzt im stationären Bereich
mitarbeiten. Dort brauchen wir sie dringend, und sie haben sich schnell auf die
veränderten Aufgaben eingelassen“, berichtet Manfred Maaß vom Pflegezentrum
„Mainterrasse“ in Hanau-Steinheim. Vertrauensbildend seien auch klare Aussagen
darüber, wo der Betrieb steht und wie es weitergehen kann, sagt Sebastian
Schlöndorf von der Musikzentrale in Gießen, der für 50 Dozenten seiner
Musikschule neue wirtschaftliche Perspektiven schafft.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, haben sich
viele Betriebe neu ausgerichtet oder neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt
– besonders diejenigen, die ihre Arbeitskräfte trotz Betriebsschließung nicht
nach Hause geschickt haben. Dabei spielte die langjährige betriebliche
Erfahrung eine wichtige Rolle. „Wir haben unser Hotel völlig neugestaltet, mit
viel Engagement unserer Beschäftigten“, sagt Lukas Frankfurth, der das
Parkhotel Emstaler Höhe in Nordhessen in dritter Generation führt. Oft werden
in Betrieben Projekte initiiert, in welchen Beschäftigte aus ihrer
betrieblichen Erfahrung heraus neue Konzepte oder Dienstleistungen entwickeln.
„Das hat sich bei uns klar bewährt“, sagt Maike Sippmann, Personalleiterin bei
R.S.I. Blitzschutzsysteme aus Heppenheim in Südhessen. „Wir haben gemeinsam mit
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Lieferservice, einen Verkauf im Freien
und die telefonische Kundenberatung aufgebaut“, sagt Jens Jonsson,
Geschäftsführer von Fleischhandwerk in Kassel. Ebenfalls auf die Kompetenzen
der Beschäftigten baut die Jugendwerkstatt Felsberg, ein Bildungsträger aus
Nordhessen. Gleich zu Beginn der Pandemie wurde dort eine interne Taskforce
E-Learning gebildet. „Damit konnten schnell hybride und digitale Lernangebote
entwickelt werden“, sagt Jutta Inauen aus der Geschäftsführung der
Jugendwerkstatt.
Wesentlich für die Fachkräftesicherung ist
auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Die Schließung von Schulen
und Kindergärten hat gezeigt, dass wir als Arbeitgeber hier in der Pflicht
sind“, sagt Jochen Blöcher, Geschäftsführer von Blöcher Network Solutions in
Dillenburg. Im Betrieb gibt es eine U3-Betreuung und der hohe
Digitalisierungsgrad ermöglicht zeitlich und räumlich flexibles Arbeiten. Dabei
darf der fachliche und soziale Austausch nicht zu kurz kommen. Der liegt auch
Claudia Lässig am Herzen, deren Betrieb in Babenhausen Produkte für Kinder
herstellt: „Unsere virtuelle Kaffeeküche ist in der Pandemie zu einem wichtigen
sozialen Ort geworden.“
Auszeichnung „Betrieb des Monats“
Die Stabstelle Fachkräftesicherung in
Hessen hat aus den in die Forschung einbezogenen Betrieben zwölf Mittelständlerinnen
und Mittelständler aus verschiedenen Branchen ausgesucht. „In diesen Betrieben
wurden besonders innovative und zukunftsweisende Strategien zur
Fachkräftesicherung entwickelt“, sagt Anne Janz, Staatssekretärin für Soziales
und Integration. Damit auch andere Betriebe davon profitieren können, hat das
Hessische Ministerium für Soziales und Integration Videos erstellen lassen, in
welchen die ausgewählten Betriebe ihre Aktivitäten, Ideen und Strategien
vorstellen (https://hessenlink.de/HMSI197). Zudem wurde das Engagement der zwölf Betriebe mit
dem Titel „Betrieb des Monats“ ausgezeichnet.
Betriebe des Monats: Lässig, Babenhausen, Kreis Darmstadt-Dieburg (August 2020), Fehl und Sohn Gebäudetechnik, Freiensteinau, Landkreis Fulda (September 2020), R.S.I. Blitzschutzsysteme, Heppenheim, Kreis Bergstraße (Oktober 2020), KOPP Schleiftechnik, Lindenfels, Kreis Bergstraße (November 2020), Pflegezentrum Steinheim „Mainterrasse“, Hanau-Steinheim, Main-Kinzig-Kreis (Dezember 2020), Blöcher Network Solutions, Dillenburg, Lahn-Dill-Kreis (Januar 2021), PhysioWorld, Frankfurt am Main (Februar 2021), Jens Jonsson Fleischhandwerk, Kassel (März 2021), Jugendwerkstatt Felsberg, Felsberg, Schwalm-Eder-Kreis (April 2021), ALMO Erzeugnisse, Bad Arolsen, Kreis Waldeck-Frankenberg (Mai 2021), Musikzentrale, Gießen-Wetzlar (Juni 2021), Parkhotel Emstaler Höhe, Bad Emstal, Landkreis Kassel (Juli 2021)
Am Freitag, 3. September 2021, 15 Uhr bis 17 Uhr, lädt Staatssekretärin Anne Janz die zwölf ausgezeichneten Betriebe zu einer Feier mit Urkundenübergabe ein. Medienvertreterinnen und Medienvertreter sind dazu herzlich eingeladen. Das Programm der Feier finden Sie unter: www.iwak-frankfurt.de/wp-content/uploads/2021/08/Programm-Feier.pdf.
Für Anmeldung und Interviewanfragen wenden
Sie sich bis 31. August bitte an: Dr. Christa Larsen (E-Mail: c.larsen@em.uni-frankfurt.de, Tel.: 069-798 22152) oder presse@hsm.hessen.de.
Goethe-Universität lädt zu interdisziplinärem Workshop und zu einer Podiumsdiskussion über die deutsche Schriftstellerin
FRANKFURT. Am 19. Mai 2021 hat sich der Geburtstag von Rahel Levin Varnhagen zum 250. Mal gejährt. Aus diesem Anlass widmet sich an der Goethe-Universität zum zweiten Mal bereits ein Workshop dem umfangreichen Œuvre der noch immer vornehmlich als Salonnière bekannten Schriftstellerin und Gelehrten. Die Veranstaltung, die
am 2. und 3.
September
im digitalen
Zoom-Meetingraum
stattfindet, wird von Prof. Frederike
Middelhoff und PD Dr. Martina Wernli vom Institut für deutsche Literatur und
ihre Didaktik in Kooperation mit dem Deutschen Institut der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz organisiert.
Dank der nun vorliegenden kritischen
(Neu)Editionen der Tagebücher, Aufzeichnungen und Briefwechsel (u.a. im C.H.
Beck und Wallstein Verlag) besitzt die Forschung eine verlässliche Basis, um
die Texte Rahel Levin Varnhagens rekonstruieren und neu beleuchten zu können.
Die Schriften stellen das literarische, philosophische und zeitdiagnostische
Werk einer Autorin dar, der Hannah Arendts Lebensgeschichte einer deutschen
Jüdin (E: 1933/38; engl./dt.; vgl. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 2,
Wallstein 2021) ein eindrucksvolles Denkmal geschaffen hat. Doch Rahel Levin
Varnhagens Denken und Schreiben ist selbst monumental – ihre Texte, die kleine
Formen wie Aphorismen, Aperçus oder Gedichte ebenso umfassen wie großformative
Gattungen, sind ästhetisch und thematisch komplex.
Der interdisziplinäre Workshop möchte Rahel
Levin Varnhagens Texte sowohl in ihrer Vielschichtigkeit als auch im Horizont
ihrer soziokulturellen und geistesgeschichtlichen Verortung in den Blick
nehmen. Im Zentrum steht die Lektüre von Rahel Levin Varnhagens facettenreichem
Werk z.B. ausgehend von kultur- und philosophietheoretischen, praxeologischen,
kunst- und wissensgeschichtlichen Zugängen. Ziel ist dabei, Rahel Levin
Varnhagens Texte zu erkunden und u.a. vor dem Hintergrund romantischer
Theoreme, Kommunikationsformen und Praktiken (neu) zu diskutieren.
Die Veranstaltung ist öffentlich, die
Teilnahme kostenfrei. Anmeldung per Mail an beide Veranstalterinnen an (middelhoff@em.uni-frankfurt.de; wernli@lingua.uni-frankfurt.de).
Das Programm kann unter diesem Link
eingesehen werden: https://romantikforschung.uni-frankfurt.de/programm_rvl/.
Eine für den 2. September um 20 Uhr
vorgesehene Podiumsdiskussion zum Werk Levin Varnhagens an der JGU Mainz mit Barbara Hahn, Frederike Middelhoff, Günter Oesterle
und Martina Wernli kann – ebenfalls nach Anmeldung per Mail – sowohl in Präsenz
als auch per Videoschalte besucht werden.
Weitere Informationen und Kontakt
Prof.
Dr. Frederike Middelhoff
Professur
für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Romantikforschung
middelhoff@em.uni-frankfurt.de
PD Dr.
Martina Wernli
Institut
für deutsche Literatur und ihre Didaktik
wernli@lingua.uni-frankfurt.de
Vortragsreihe „DenkArt“ zur Identitätsdebatte in Zusammenarbeit mit dem Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität
FRANKFURT. Identität – der Begriff bestimmt gegenwärtige öffentliche Debatten. Für die einen Reizwort, ist „Identität“ für andere ein notwendiger politischer Begriff geworden. Während die Diskussion über „Identitäten“ einerseits als wichtiges Mittel zur Herbeiführung gleicher gesellschaftlicher Teilhabe für alle Gruppen angesehen wird, wird andererseits der Vorwurf erhoben, sich nur auf Bedürfnisse und Befindlichkeiten benachteiligter Minderheiten zu konzentrieren und dabei die Gesellschaft durch Kompromisslosigkeit zu polarisieren. Ist die politische Kontroverse also ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Teilhabe, oder versteckt sich dahinter ein ideologischer Verteilungskampf? Die partizipative Vortragsreihe „DenkArt“, unter anderem veranstaltet vom Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität, nimmt die Identitätsdebatte zum Anlass, über Gleichberechtigung und Selbstbestimmung neu nachzudenken.
Den dritten Zyklus der Reihe „DenkArt“ unter dem Thema „Identität_
Aber welche?“ eröffnet die Autorin Dr. Mithu Sanyal am Mittwoch, den 25.
August: Ihr Vortrag trägt den Titel „Identitätsspiel_Was bestimmt uns
wirklich?“. Stephan Lessenich, Professor für Gesellschaftstheorie und
Sozialforschung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Direktor des
Frankfurter Instituts für Sozialforschung (IfS), stellt in seinem Folgevortrag
am 3. November die provokante Frage: „Identitätspolitik_Was soll das denn
sein?“. Zum Abschluss der Reihe am Donnerstag, den 2. Dezember, setzt sich die
Politologin Dr. Emilia Roig mit der Frage auseinander: „Identitäsraub_Wer darf
über wen sprechen?“
Ziel der Reihe „DenkArt“ ist es, die öffentliche Debattenkultur zu
pflegen und einen partizipativen Diskursraum zu gesellschaftlichen Themen der
Gegenwart zu ermöglichen. Im Anschluss an die Impulsvorträge erhalten die
Zuschauer*innen deshalb Gelegenheit, die Vorträge untereinander zu diskutieren
und in Kleingruppen Fragen an die Gastredner*innen zu entwickeln. Da
voraussichtlich nur wenige Plätze im Haus am Dom vergeben werden können, wird die
Veranstaltung durch ein Live-Streaming-Angebot über www.youtube.com/hausamdom
ergänzt bzw. gegebenenfalls ersetzt.
Konzipiert wurde „DenkArt“ von Prof. Marion Tiedtke (Professorin
für Schauspiel an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt
am Main und Dramaturgin), Prof. Dr. Joachim Valentin (Direktor der Katholischen
Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom Frankfurt), Rebecca Caroline Schmidt
(Geschäftsführerin des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der
Goethe-Universität Frankfurt am Main) und Mechtild M. Jansen (Vorstandsmitglied
der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen).
Veranstalter sind die Katholische Akademie Rabanus Maurus, Haus am
Dom, der Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität
Frankfurt am Main, die Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. und die Hochschule
für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Unterstützt wird die
Reihe durch die Sebastian-Cobler-Stiftung für Bürgerrechte.
Die anstehenden Termine – im Haus am Dom, jeweils 19.30 Uhr – im
Überblick:
Mittwoch, 25. August 2021
Identitätsspiel_Was bestimmt uns wirklich?
Dr. Mithu Sanyal (Autorin)
Moderation: Prof. Dr. Joachim Valentin, Direktor der katholischen
Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom Frankfurt
Mittwoch, 3. November 2021
Identitätspolitik_Was soll das denn sein?
Prof. Dr. Stephan Lessenich (Soziologe)
Moderation: Rebecca Caroline Schmidt, Geschäftsführerin des
Forschungsverbundes Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am
Main
Donnerstag, 2. Dezember 2021
Identitäsraub_Wer darf über wen sprechen?
Dr. Emilia Roig (Politologin)
Moderation: Prof. Marion Tiedtke, Professorin für Schauspiel an der
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main und Dramaturgin
Tickets sind erhältlich an der Rezeption im Haus am Dom (Domplatz
3, 60311 Frankfurt am Main), im Internet unter www.ticket.hausamdom.de oder
an den AD-Ticket-Vorverkaufsstellen www.adticket.de/vorverkaufsstellen
Eintritt: 10 Euro / erm. 7 Euro
Übertragung per Livestream: www.youtube.com/hausamdom
Gegebenenfalls kann es zu kurzfristigen Änderungen beim
Ticketverkauf und Live-Streaming-Angebot kommen.
Weitere Informationen
Anke
Harms, Referentin für Wissenschaftskommunikation des Forschungsverbunds
„Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität, 069/798-31407, anke.harms@normativeorders.net; www.normativeorders.net
www.normativeorders.net/de/veranstaltungen/denkartwww.hausamdom-frankfurt.de
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft veröffentlicht Expertise zum Staatsvertrag in Hamburg
Die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an
der Goethe-Universität hat ihre neue Expertise zum Verhältnis zwischen Staat
und islamischen Religionsgemeinschaften am Beispiel Hamburg veröffentlicht. Die
Publikation zeichnet den Weg von der Aufnahme der Verhandlungen bis hin zur
Annahme des Staatsvertrags durch die Hamburger Bürgerschaft nach.
FRANKFURT. Bestattungen nach islamischen Riten, islamischer Religionsunterricht in Schulen, Islamische Theologie und Religionspädagogik an Universitäten, islamische Feiertage – all diese religiösen Belange, die sich im öffentlichen Raum abspielen, können nur vom Staat gemeinsam mit etablierten Religionsgemeinschaften gelöst werden. Häufig stehen staatliche Institutionen jedoch vor dem Problem, auf Seiten islamischer Religionsgemeinschaften geeignete und akzeptierte Ansprechpartner zu finden.
In Hamburg ist es gelungen, mit Repräsentant*innen aller
islamischen Gemeinschaften zu verhandeln und zu gemeinsamen Ergebnissen zu
gelangen, die in einen Staatsvertrag gegossen wurden. Mit welchen Höhen und
Tiefen ein solcher Prozess verbunden ist, zeigt die jetzt veröffentlichte
AIWG-Expertise auf. Autor der AIWG-Publikation ist Norbert Müller, Jurist und
Vorstandsmitglied des islamischen Landesverbands SCHURA Hamburg. Er hat die
Verhandlungen für den Staatsvertrag jahrelang über Gespräche mit der
Öffentlichkeit, der Politik und den verschiedenen islamischen Vereinen
mitgestaltet. Müller zeigt Perspektiven auf positive Effekte in Bezug auf
innermuslimische Debatten auf und thematisiert gleichzeitig Probleme.
Der
Staatsvertrag regelt noch bis zum Jahr 2022 die Zusammenarbeit zwischen dem
Bundesland Hamburg mit dem DITIB-Landesverband Hamburg, der SCHURA – Rat der
Islamischen Gemeinschaften in Hamburg und dem Verband der Islamischen
Kulturzentren. Der Hamburger Senat hat daneben auch mit der Alevitischen
Gemeinde einen Staatsvertrag abgeschlossen und der dortigen Ahmadiyya Muslim
Jamaat Körperschaftsrechte verliehen.
Laut Autor zählen zu den positiven Effekten des Staatsvertrags
in Hamburg unter anderem: Islamische Religionsgemeinschaften werden als
legitime gesellschaftliche Akteurinnen anerkannt, in Deutschland lebende
Muslim*innen werden gesellschaftlich integriert und Behörden erhalten im Umgang
mit islamischen Gemeinschaften Handlungssicherheit. Der Kampf staatlicher
Einrichtungen gemeinsam mit islamischen Religionsgemeinden gegen Extremismus
wird erleichtert, islamisch-theologische Studien an der Hamburger Universität
sowie ein „Religionsunterricht für alle“ an Hamburger Schulen konnte eingeführt
und der interreligiöse Dialog gestärkt werden. Neben der Hervorhebung positiver
Effekte führt der Autor auch selbstkritisch und offen hausgemachte
Ursachen von muslimischer Seite an, die unter anderem Auslöser für Kritik am
Staatsvertrag sind. Dazu gehören zum Beispiel: die frühere Teilnahme von
Funktionär*innen und Mitgliedern des Islamischen Zentrum Hamburgs am
Al-Quds-Tag, der Einfluss der türkischen Religionsbehörde auf
DITIB-Gemeinschaften oder öffentlich umstrittene Facebook-Aussagen eines
Vorstandsmitglieds der SCHURA Hamburg. Damit wird auch deutlich: Wollen Muslime
glaubhafte Partner von Stadtgesellschaften sein, müssen sie sich klar für den
demokratisch-säkularen Rechtsstaat aussprechen und dies auch gegen Widerstände
in den eigenen Reihen vertreten.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern wird deutlich, dass das Land
Hamburg (mit Bremen) die Gleichstellung islamischer Gemeinschaften weiter
vorangetrieben hat. Die Hansestadt hat den religionsrechtlich verbrieften Weg
des Abschlusses einer umfassenden Vereinbarung beschritten, der auch in der
Zusammenarbeit mit kirchlichen Gemeinschaften üblich ist. Bislang haben nur
Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz mit den dort bestehenden
SCHURA-Verbänden und anderen islamischen Gemeinschaften
Staatsvertragsverhandlungen beziehungsweise Sondierungsgespräche aufgenommen,
wobei in Niedersachen und Schleswig-Holstein die Verhandlungen mittlerweile
ausgesetzt wurden.
„Das Beispiel Hamburg zeigt, in
welchen Spannungsfeldern sich noch immer das Verhältnis zwischen Staat und
Islam in Deutschland bewegt“, sagt Dr. Raida Chbib, Politikwissenschaftlerin
und Geschäftsführerin der AIWG. „Das Beispiel
Hamburg zeigt aber auch, dass möglich ist, was bislang kaum möglich schien:
dass sich nämlich alle Beteiligten auf verbindliche Regeln wie etwa einen
Staatsvertrag einigen können. Was dabei besonders wichtig ist: Damit wird
rechtliche Sicherheit geschaffen, die demokratiefreundliche Kräfte auf allen
Seiten stärkt.“
Über die Publikationsreihe „AIWG-Expertisen“ und „AIWG in puncto“:
Mit ihren Publikationsreihen „AIWG-Expertisen“ und „AIWG in
puncto“ möchte die AIWG Wissensbedarfe zum Islam in Deutschland decken,
Debatten versachlichen sowie Erkenntnislagen verbessern.
Über die AIWG
Die AIWG ist eine universitäre Plattform für Forschung und
Transfer in islamisch-theologischen Fach- und Gesellschaftsfragen. Sie
ermöglicht überregionale Kooperationen und Austausch zwischen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der islamisch-theologischen Studien
und benachbarter Fächer sowie Akteurinnen und Akteuren aus der muslimischen
Zivilgesellschaft und weiteren gesellschaftlichen Bereichen. Die AIWG wird
gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und durch die
Stiftung Mercator.
Publikation:
AIWG-Expertise
„Das Verhältnis zwischen Staat und islamischen Religionsgemeinschaften. Der
Hamburger Staatsvertrag aus Praxisperspektive“
https://aiwg.de/wp-content/uploads/2021/08/AIWG_Expertise-Staatsvertrag_Screen.pdf
Start einer Forschungskooperation mit Bangladesch für bessere Notfallmedizin bei Überflutungen
Eine bessere medizinische Notfallversorgung bei Flutkatastrophen in Bangladesch sieht das Forschungsprojekt „FlutNetz“ von Wissenschaftlern der Goethe-Universität Frankfurt, der RWTH Aachen und des ISOE-Institut für sozial-ökologische Forschung Frankfurt zusammen mit Partnern aus Bangladesch vor. 2020 wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Förderung des Projekts von 2,4 Millionen Euro zugesagt. Nach pandemiebedingter Verzögerung geht „FlutNetz“ nun an den Start.
FRANKFURT. Bangladesch gehört zu den Ländern, die von den Folgen des
Klimawandels besonders betroffen sind. Auf Platz sieben des
Klima-Risiko-Indexes, wird das Land jährlich während der Regenzeit von
Flutkatastrophen heimgesucht. Wie die medizinische Versorgung im Land verbessert
werden kann und Länder im Katastrophenschutz voneinander lernen können,
untersucht nun das Forschungsprojekt „FlutNetz“ von Wissenschaftlern der
Goethe-Universität, der RWTH Aachen und des ISOE Institut Frankfurt. Das
Projekt wird im Rahmen der BMBF-Maßnahme "Internationales Katastrophen-
und Risikomanagement – IKARIM“ gefördert, die seit 2018 im Rahmen des Programms
„Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung innovative,
anwendungsrelevante Lösungsansätze zur Katastrophenprävention und –vermeidung
unterstützt.
„Wegen seiner Erfahrung mit Zyklonen ist Bangladesch mittlerweile
gut darauf vorbereitet, im Katastrophenfall große Teile der Bevölkerung
rechtzeitig zu evakuieren“, sagt Dr. Ulrich Kuch vom Institut für Arbeits-,
Sozial- und Umweltmedizin der Goethe-Universität, der den Forschungsverbund
koordiniert. „Trotzdem sterben dort bei Überflutungen viele Menschen, am
häufigsten durch Ertrinken, Schlangenbisse, Blitze und defekte Stromleitungen;
bei der Vorbeugung und Behandlung solcher Gefahren gibt es großen
Nachholbedarf.“ Um zu erforschen, wie notfallmedizinische Versorgung während
Flutkatastrophen wirkungsvoll verbessert werden kann, verfolgt das
FlutNetz-Projekt eine mehrteilige Strategie.
Für die Wissenschaftler der Goethe-Universität stehen folgende
Forschungsfragen im Zentrum: Welche Bevölkerungs- und Berufsgruppen in den am
schlimmsten betroffenen Regionen können am besten zu Katastrophen- und
Ersthelfern sowie professionellen Rettungskräften ausgebildet werden, nach wie
langer Zeit können sie die neu gewonnenen Fähigkeiten noch richtig anwenden,
und wie wirksam sind sie im Ernstfall? Parallel dazu wird ein mit speziell
ausgebildeten Ärzten besetztes Notfallzentrum mit Telefon-Hotline eingerichtet,
das Menschen in schwer erreichbaren Regionen erreichen soll.
Im Rahmen des Forschungsverbunds wird zudem ein unbemanntes
Flugsystem eingesetzt, das Notfallpatienten mit lebensrettenden Medikamenten
versorgen soll. Zu diesem Zweck wurde an der RWTH Aachen ein Flugsystem so
angepasst, dass es in Bangladesch Medikamente wie Schlangengift-Antivenine
transportieren und am Standort der Patienten abliefern kann. Um den
herausfordernden Wetterbedingungen während der Regenzeit zu trotzen, wird ein
Hochleistungs-Kippflügelsystem eingesetzt. Dieser Flugzeugtyp kann
vollautomatisch bei Tag und Nacht über größere Distanzen betrieben werden und
hält auch starken Winden stand.
In vielen Ländern haben Frauen und Mädchen sowie marginalisierte
Gruppen aufgrund geschlechtsspezifischer Rollenerwartungen und
gesellschaftlicher Normen einen schlechteren Zugang zur Versorgung bei und nach
Flutkatastrophen – so auch in Bangladesch. Kinder und alte Menschen kommen
deshalb in den Fluten häufiger zu Tode. Um wissenschaftlich fundierte
Empfehlungen für einen gerechteren Zugang zu medizinischer Versorgung geben zu
können, bringt das ISOE seine Expertise zu Fragen der geschlechtersensiblen
sozial-ökologischen Forschung ein: Projektübergreifend werden Daten zur Rolle
der Geschlechterzugehörigkeit sowie der Zugehörigkeit zu ethnischen,
kulturellen, religiösen, Bildungs-, Einkommens- und Altersgruppen gesammelt und
ausgewertet.
„Im Kontext von Naturkatastrophen und Katastrophenschutz können
wir von Bangladesch viel lernen. Umgekehrt gibt es dort großen Bedarf für Verbesserungen
des Zugangs zu Gesundheitsversorgung und ihrer Qualität; dabei sind
Innovationen und Erkenntnisse der zivilen Sicherheitsforschung Deutschlands
ebenso gefragt wie die aus unserer Gesundheitsforschung“, erklärt Kuch. „Die
Zusammenarbeit von Bangladesch und Deutschland bei diesem Thema dient aber auch
anderen Ländern in Asien, Afrika und Lateinamerika, von denen viele bei
Flutereignissen ganz ähnliche Risikolagen haben. Wir rechnen damit, dass sich
Konzepte und Ergebnisse des FlutNetz-Projektes gut auf betroffene Regionen
anderer Länder übertragen lassen.“
Neben der Goethe-Universität Frankfurt, der RWTH Aachen und dem
ISOE-Institut für sozial-ökologische Forschung Frankfurt arbeiten mehrere
staatliche Organisationen wie die Gesundheits- und Katastrophenschutzministerien
Bangladeschs sowie Universitätskliniken in Bangladesch, medizinische
Fachgesellschaften und die Nicht-Regierungsorganisation Center for Injury
Prevention and Research Bangladesh (CIPRB) in dem Projekt mit.
Link BMBF / Hightech-Strategie 2025: https://www.sifo.de/files/Projektumriss_FlutNetz.pdf
Weitere Informationen:
Dr.
Ulrich Kuch
Abteilung
Tropenmedizin und Global Health
Institut
für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Goethe-Universität
Frankfurt
kuch@med.uni-frankfurt.de
Tel.:
+49 (0)69 6301-6650
Eröffnung der Ausstellung im Wissenschaftsgarten der Goethe-Universität
FRANKFURT. Die vom Verband Botanischer Gärten realisierte Ausstellung "Neue Wilde - Globalisierung in der Pflanzenwelt" im Wissenschaftsgarten informiert über faszinierende Arten aus aller Welt, ihre Biologie, Herkunft und Reisewege. Im Wissenschaftsgarten werden 14 Thementafeln sowie 16 Steckbriefe zu besonders wichtigen und interessanten pflanzlichen Neubürgern (Neophyten) gezeigt, natürlich zusammen mit den lebenden Pflanzen und vielen anderen "Neuen Wilden", die im Wissenschaftsgarten kultiviert werden. Im unmittelbaren Anschluss an die Eröffnung werden etwa einstündige Führungen zu den Themen Neophyten, Arzneipflanzen sowie zum Wissenschaftsgarten allgemein angeboten.
Zum
Hintergrund:
Unsere Umwelt unterliegt einer ständigen Veränderung durch zurückgehende und
verschwindende Arten, aber auch durch die Einwanderung von Pflanzen und Tieren
aus aller Welt. In den allermeisten Fällen ist der Mensch der Verursacher
dieses Wandels, sei es durch die absichtliche oder unabsichtliche Ausbreitung
von Samen oder Früchten oder durch die Bereitstellung besonderer Standorte.
Gerade in Städten ist der Anteil der eingeführten Arten (der "Neuen
Wilden") besonders hoch, so verdanken fast 40% der Pflanzenarten in
Frankfurt ihr Vorkommen der Tätigkeit des Menschen. Einige dieser Arten finden
besondere Aufmerksamkeit, wenn sie Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit
haben (z.B. Riesen-Bärenklau, Ambrosie) oder sich sehr stark vermehren und
ausbreiten (z.B. Götterbaum, Staudenknöteriche, Indisches Springkraut).
Eröffnung der Ausstellung "Neue Wilde - Globalisierung in der Pflanzenwelt" im Wissenschaftsgarten der Goethe-Universität Campus Riedberg, am Freitag, 13.8.2021, 11:00 Uhr.
Gemäß dem Hygienekonzept der Goethe-Universität ist für die
Ausstellungseröffnung eine Anmeldung unter wissenschaftsgarten@uni-frankfurt.de notwendig!
Anfahrt zum Wissenschaftsgarten: https://www.uni-frankfurt.de/51838989/Anfahrt
Physiker der Goethe-Universität demonstrieren Zusammenhang von der Arbeitsweise des Gehirns und Entscheidungen vieler
Am Beispiel der Charts und Bestsellerlisten zeigen Physiker der Goethe-Universität, dass unsere Entscheidungsprozesse statistischen Gesetzen folgen, die von der Arbeitsweise unseres Gehirns beeinflusst sind. Wichtigste Annahme ist, dass Informationen aus der Außenwelt im Gehirn zunächst komprimiert und dann optimiert werden.
FRANKFURT. Lässt
sich statistisch vorhersagen, was passiert, wenn eine große Anzahl von Menschen
vor ähnlichen Entscheidungen steht? Das hat eine Gruppe unter Leitung von
Claudius Gros vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität am
Beispiel der Musikcharts, Bestsellerlisten und Tweets untersucht. Sie konnten
zeigen, dass die Lebensdauer auf den Top-Positionen statistischen Gesetzen
folgt, die sich aus der Verarbeitung von Informationen im Gehirn ableiten
lassen.
Ein Hit landet auf Platz eins der Charts, weil ihn viele Menschen
kaufen. Er läuft wiederholt im Radio, in Kaufhäusern und Restaurants. Noch mehr
Menschen werden auf ihn aufmerksam, und das verstärkt seine Beliebtheit. Was
andere gut finden, beeinflusst die Kaufentscheidungen vieler Einzelner.
Claudius Gros interessiert, ob die Entscheidungen vieler statistischen
Gesetzmäßigkeiten folgen. Aus Erfahrung weiß man, dass sich nur einige wenige
Hits wochenlang ganz oben in den Charts halten, während die große Masse von
Neuerscheinungen schon eine Woche später durch etwas Neues verdrängt wird.
Tatsächlich lässt sich die Verteilung der unterschiedlichen Lebensdauer von
bestplatzierten Hits, Büchern oder Tweets statistisch vorhersagen.
Claudius Gros und seine Gruppe haben sich die Bestsellerlisten von
klassischen Medien für Musik und Bestseller Charts für Bücher vorgenommen, weil
diese teilweise schon seit den 1960er Jahren nach denselben Kriterien
aufgestellt werden. Als modernes Pendant untersuchten sie die Zahl der
Downloads für Musikalben auf Spotify und im Nachrichtensektor die Anzahl von
Retweets auf Twitter sowie von Kommentaren auf der Diskussionsplattform Reddit.
Allen ist gemeinsam, dass die Platzierung aus den Entscheidungen vieler
Einzelpersonen hervorgeht, die sich untereinander beeinflussen.
Der Ansatz der Theoretiker um Gros beruht auf der Annahme, dass
unser Entscheidungsverhalten davon beeinflusst wird, wie unser Gehirn die Masse
an Informationen aus der Außenwelt prozessiert und Relevantes herausfiltert.
Das heißt, wenn man eine große Menge von Menschen untersucht, zeigt sich, dass
ihre Entscheidungen statistischen Gesetzen folgen, die prägnant durch die
Verarbeitungsprozesse im Gehirn bestimmt werden. Genauer gesagt: den Prozessen
der Verdichtung und Optimierung von Informationen.
Unser Gehirn nimmt ständig neue Informationen auf. Da es aber nur
eine begrenzte Speicherkapazität hat, muss es diese komprimieren – ähnlich wie
bei einer Zip-Datei. Aus den Neurowissenschaften ist bekannt, dass zum
Verdichten logarithmische Skalen verwendet werden. Das spiegelt sich etwa in
unserer Einteilung der Zeit in Sekunden, Minuten und Stunden sowie Tage,
Wochen, Monate und Jahre wider. So kann unser Gehirn konzeptionell mit fast beliebig
großen und kleinen Zeiten arbeiten.
Neben den logarithmischen Skalen, mit denen die primäre
Information komprimiert wird, muss das Gehirn noch eine inhaltliche Auswahl
vornehmen. Dafür versucht es, insbesondere den statistischen Informationsgehalt
zu optimieren. (In der Informationstheorie wird der Informationsgehalt durch
die Shannon-Entropie ausgedrückt.) Die von Gros und seinen Mitarbeitern
entwickelte Theorie beruht auf der Annahme, dass unser Gehirn nicht den
Informationsgehalt der direkten Sinneswahrnehmungen optimiert, sondern die
bereits komprimierten Informationen. Das Gehirn kann für die Auswahl relevanter
Inhalte nämlich nur auf die interne Darstellung der Welt zugreifen, die schon
verdichtet wurde. Komprimieren und Optimieren wären damit zwei aufeinanderfolgende Schritte. Für die Optimierung der internen Information haben die
Forscher präzise mathematische Zusammenhänge entwickelt.
Eine gute Übereinstimmung zwischen Theorie und Daten wurde für die
Verteilung der Lebensdauer von Musikalben auf Download Charts von Spotify
gefunden. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass die Lebenszeit für
tagesaktuelle Charts einer logarithmischen Verteilung folgt. Für wöchentliche
Charts ist dagegen ein Potenzgesetz charakteristisch. Diesen auffallenden
Unterschied zwischen täglichen und wöchentlichen Charts erklären Gros und seine
Gruppe dadurch, dass es im Durchschnitt eine gewisse Zeit dauert, ein ganzes
Album herunterzuladen und anzuhören. Früher war die Reaktion sogar noch stärker
verzögert, weil die Käufer erst Zeit finden mussten, in den Laden zu gehen und
eine Platte zu kaufen. Deshalb gab es früher auch Hits, die sich über einige
Wochen an die Spitze hocharbeiteten, während heute – aufgrund der schnellen
Informationsverbreitung – die Top Hits sofort auf Platz eins landen.
Die Vorhersagen für die statistische Lebensdauer von
Musikdownloads und Tweets sind so exakt, dass man sogar den Einfluss des
24-Stunden-Tag-Nacht-Zyklus feststellen kann (weniger Aktivität in der Nacht).
Darüber hinaus wurden ähnliche statistische Vorhersagen auch für die
Bestsellerliste der New York Times gemacht sowie für die Billbord-Charts für
klassische Musikalben.
Publikation: Lukas Schneider, Johannes Scholten, Bulcsú Sándor, Claudius Gros, Charting closed-loop collective cultural decisions: From book best sellers and music downloads to Twitter hashtags and Reddit comments, European Journal of Physics B (2021); https://doi.org/10.1140/epjb/s10051-021-00173-0
Weitere Informationen
Prof. Dr. Claudius Gros
Institut für Theoretische Physik
Campus Riedberg
E-Mail: gros07@itp.uni-frankfurt.de
Biochemiker der Goethe-Universität erkennen interaktiven Mechanismus bakterieller Genschalter
Wie halten sich Krankheiten auslösende Bakterien am Leben? Biochemisch gesprochen: Wie funktioniert ihre Genregulation und Gensynthese, also die gengesteuerte Produktion von Proteinen? Forscherinnen und Forscher des Instituts für Organische Chemie und Chemische Biologie der Goethe-Universität haben nun herausgefunden, wie sich ein bakterieller Genschalter am Ort der bakteriellen Gensynthese, dem Ribosom, strukturell verhält. Nur seine Wechselwirkung mit einem ribosomalen Protein macht den Fortbestand des Bakteriums möglich, wie die Forscherinnen und Forscher in der Fachzeitschrift Nature Communications demonstrieren.
FRANKFURT.
Antibiotika setzen bakterielle Keime außer Kraft: Sie hemmen deren Wachstum
oder lassen sie gar absterben, indem sie deren biologische Funktionen stören.
Wenn die gleichen Antibiotika jedoch häufig eingesetzt werden, entwickeln
Bakterien Resistenz, und das Antibiotikum verliert seine Wirkung. Je genauer
Forscher nun die biologischen Prozesse in Bakterien kennen und wissen, wie Bakterien
sich reproduzieren, desto gezielter können sie in diese Prozesse eingreifen –
etwa durch neue Antibiotika.
Neue Erkenntnisse über einen Mechanismus zur Regulation der
bakteriellen Gensynthese haben jetzt Forschende des Instituts für Organische
Chemie und Chemischen Biologie der Goethe-Universität gewonnen. Sie
untersuchten dabei einen sogenannten Riboschalter aus dem krankheitsauslösenden
Bakterium Vibrio vulnificus. Riboschalter (Riboswitches) sind
strukturierte Elemente auf der Boten-Ribonukleinsäure (mRNA), die genetische
Information zum Ort der Gensynthese, dem Ribosom, transportiert. Die Schalter
können dabei zwei Strukturen einnehmen, die das Ribosom als AN- oder AUS-Signal
erkennt. Abhängig davon, ob diese genetische Ampel rot oder grün zeigt, findet
dann Gensynthese statt oder eben nicht. Ob der Schalter grün oder rot anzeigt,
hängt wiederum von kleinen Molekülen ab, die als Induktoren funktionieren. Sind
diese häufig in der Zelle anzutreffen, schaltet die Ampel auf Grün. Bislang
ging man davon aus, dass allein die Anwesenheit der Induktoren den Schalter in
Gang setzt.
Als Teil ihrer Doktorarbeit konnte Vanessa de Jesus in der
Arbeitsgruppe von Dr. Boris Fürtig nun zeigen, dass dazu jedoch eine
Wechselwirkung vonnöten ist: zwischen dem Riboschalter, der durch den Induktor
aktiviert wird, und dem Ribosom selbst, das seinerseits auf den Schalter
einwirkt. „Nur die Synergie der Bindung des Induktors Adenin und des Ribosoms,
insbesondere des Proteins rS1, ermöglicht eine vollständige Umschaltung“, erklärt
Vanessa de Jesus.
Prof. Dr. Harald Schwalbe, aus dessen Sonderforschungsbereich zu
molekularen Mechanismen der RNA-basierten Regulation die Arbeitsgruppe
erwachsen ist, untersucht seit langem diese Art von Genregulation: „Bislang
stand die Wechselwirkung zwischen Induktormolekül und Riboschalter im Fokus
unseres wissenschaftlichen Interesses. Die Interaktion der Riboswitche mit dem
Ribosom konnte jetzt von der Gruppe Fürtig federführend erforscht werden. Somit
verstehen wir auch zunehmend besser das komplizierte dynamische Netzwerk von
RNA-Schalter, Induktor und Ribosomen-Protein-Modulator.“
„Wir sind sehr glücklich, dass wir nach sechs Jahren sehr
intensiver Arbeit gemeinsam mit den Kollegen aus dem Institut für Physikalische
Chemie zeigen können, dass Riboschalter mitnichten ein rein RNA-basiertes
Regulationssystem sind. Sie brauchen die Wechselwirkung mit Proteinen der
Gensynthese-Maschine, um korrekt zu funktionieren. Damit haben wir völlig neue
Angriffspunkte für Antibiotika“, erläutert Dr. Boris Fürtig die
Forschungserkenntnisse seiner Gruppe. Ziel ist es, Moleküle herzustellen, die
in die Regulation der Gensynthese von Bakterien punktgenau eingreifen und das
Wachstum der Keime hemmen können.
Publikation: Vanessa
de Jesus, Nusrat S. Qureshi, Sven Warhaut, Jasleen K. Bains, Marina S. Dietz,
Mike Heilemann, Harald Schwalbe, Boris Fürtig, “Switching at the ribosome:
riboswitches need rProteins as modulators to regulate translation", Nature
Communications DOI: 10.1038/s41467-021-25024-5
Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/104138996
Bildtext: Strukturmodell des Riboschalters im AN-Zustand (grün) im Komplex
mit der bakteriellen Gensynthese Maschine, dem Ribosom (blau und grau) (Abb.
Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie/Goethe-Universität)
Weitere Informationen
Dr.
Boris Fürtig
Vanessa de Jesus
Prof.
Dr. Harald Schwalbe
Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie
Goethe-Universität
fuertig@nmr.uni-frankfurt.de
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
dejesus@nmr.uni-frankfurt.de
www.covid19-nmr.de
Eltern mit Kindern unter 15 Jahren sind dazu eingeladen, an einer bundesweiten Umfrage der Goethe-Universität teilzunehmen.
FRANKFURT. Die Erziehungswissenschaftlerinnen Johanna Wilmes und Prof. Dr. Sabine Andresen (Goethe-Universität) befragen Eltern zu ihrer derzeitigen Situation und zum Familienleben durch eine Online-Befragung. Es geht darum, Herausforderungen zu identifizieren, Unterstützungsbedarfe zu erfassen und Einblicke in den familiären Alltag zu gewinnen. Wie geht es ihnen aktuell? Wie sind Eltern mit den Veränderungen durch die Pandemie im Alltag umgegangen? Welche Bedarfe haben sie, wie schätzen sie die Situation für ihre Kinder ein?
Diese und weitere Fragen sollen zu Erkenntnissen führen, die für
Herausforderungen von Eltern sensibilisieren und politische Programme formen
sollen. „Ohne die individuellen Erfahrungen von Eltern und Kindern in den Blick
zu nehmen, lassen sich Programme zur effektiven Unterstützung kaum passgenau
umsetzen“, so Prof. Dr. Sabine Andresen. Johanna Wilmes ergänzt: „Bereits im
Frühjahr 2020 zeigte sich in einer Umfrage das große Mitteilungsbedürfnis von
Eltern zu ihrer Situation. Viele haben nicht das Gefühl, wahrgenommen und
anerkannt zu werden.“ Ziel der Studie ist es, gesellschaftliche und politische
Debatten mit der Perspektive von Eltern zu bereichern und ihren Lebensalltag in
den Mittelpunkt zu stellen.
Bundesweit
sind Eltern mit Kindern unter 15 Jahren dazu eingeladen, an der Umfrage
teilzunehmen. Die Teilnahme dauert etwa 20 Minuten und endet mit einer
Verlosung über 10 Gutscheine im Wert von je 20 Euro. Link zur Umfrage:
https://www.soscisurvey.de/Corona-Eltern/
Das Projekt „Familienalltag in der COVID-19 Pandemie“ wird durch den
Goethe-Corona-Fonds gefördert.
Bei Fragen zur Studie: wilmes@em.uni-frankfurt.de
Weitere
Informationen
zum Projekt: https://tinygu.de/corona-eltern
Befragte der „Universität des 3. Lebensalters“ an der Goethe-Universität sehen viele Vorteile des virtuellen Lehrbetriebs, betonen aber auch die Bedeutung des ‚realen‘ Campuslebens.
FRANKFURT. Seit dem Beginn der Corona-Pandemie wurden auch die Veranstaltungen der „Universität des 3. Lebensalters“ an der Goethe-Universität nur noch im virtuellen Modus durchgeführt. Hat diese Digitalisierung nun die Akzeptanz der Studienangebote, die sich vor allem an ältere Erwachsene richten und bis zum Beginn der Pandemie nur in Präsenz durchgeführt wurden, verändert? Eine Befragung der U3L-Studierenden, an der sich 57 Prozent der im Sommersemester 2021 eingeschriebenen Studierenden beteiligt haben, zeigt: Die Akzeptanz digitaler Veranstaltungen ist überraschend hoch, man weiß vor allem die örtliche und zeitliche Flexibilität zu schätzen. Eine Mehrheit der Befragten (61 Prozent) wünscht sich für die Zukunft aber beides: Präsenzveranstaltungen und digitale Veranstaltungen.
„Die
Befragten schätzen die Flexibilität und den Komfort, die ihnen das digitale
Studienangebot bietet. Sie berichten mehrheitlich, dass es ihnen gut gelingt,
in den Online-Modus einzusteigen und ihre Lernprozesse an die neuen Medien
anzupassen“, erklärt Silvia Dabo-Cruz, Geschäftsführerin der Universität des 3.
Lebensalters. So hätten Befragte angegeben, dass sie durch die entfallende
Fahrtzeit an mehreren Tagen an Veranstaltungen teilnehmen können. Die
Entfernung spiele keine Rolle mehr. Gerade in den Zeiten des harten Lockdowns
sei der virtuelle Besuch in der U3L zugleich auch ein wichtiges Tor zur Welt
gewesen, hätten Teilnehmende der Befragung berichtet. Gleichzeitig werde aber
auch angemerkt, dass direkte Begegnungen mit Lehrenden und Studierenden und das
Campusleben fehlten. „Für die Zukunft denken wir daher an ein Studienangebot,
das Online- und Präsenzlehre kombiniert“, sagt Silvia Dabo-Cruz. „Denn auch
wenn digitale Veranstaltungen eine hohe Akzeptanz erfahren und es sogar eine
neue Studierendengruppe außerhalb der Rhein-Main-Region gibt, die die U3L nur
aus der Ferne kennt, so bleibt die Attraktivität von Präsenzveranstaltungen
bestehen.“ Letzteres gelte umso mehr, als man auch jene Stammhörer*innen der
U3L, die sich von der Online-Lehre aufgrund unterschiedlichster Umstände nicht
angesprochen fühlten, gerne wieder dabeihätte.
Die
Universität des 3. Lebensalters ist eine Bildungsinstitution an der
Goethe-Universität. Angesprochen sind insbesondere ältere Erwachsene, die sich
in Seminaren, Vorlesungen, Arbeitsgruppen innerhalb eines akademischen Rahmens
mit Fragen der Wissenschaft und Bildung auseinandersetzen und an der eigenen
Weiterbildung arbeiten wollen. Darüber hinaus wird Gelegenheit zur
Auseinandersetzung mit Fragen des Alterns, des höheren Alters und zur Teilnahme
an gerontologischen Forschungsprojekten gegeben.
Mehr
zu den Ergebnissen der Umfrage: https://www.uni-frankfurt.de/102709372/Blitzumfrage
Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität legen aktuelle Übersichtsarbeit zur Freisetzung von Altlasten aus Sedimenten vor
Eine langfristige Gefahr durch Hochwasser wird häufig unterschätzt: Die reißenden Flüsse wirbeln Schadstoffe aus ihren Sedimenten auf, die von Umweltverschmutzungen vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten herrühren. Solche Schadstoffe können nicht nur ökologische Schäden im Fluss verursachen. In Überschwemmungsgebieten können sich die Schadstoffe ablagern und Ackerpflanzen, Weidetiere und Menschen belasten. Darauf hat ein internationales Wissenschaftsteam in einer Übersicht zu wissenschaftlichen Untersuchungen von Hochwasserereignissen in der ganzen Welt hingewiesen. Die Arbeit ist im Journal of Hazardous Materials erschienen und unter Federführung der Goethe-Universität Frankfurt entstanden.
FRANKFURT.
Sedimente gelten als Langzeitgedächtnis eines Flusses. In der Hauptsache
bestehen sie aus Partikeln, die vom Erdboden abgetragen werden und irgendwann
in Flussdeltas oder im Meer landen. Sedimente können jedoch auch für
verhältnismäßig lange Zeit stabil bleiben – und Schadstoffe binden, die zum
Beispiel durch Bergbau- oder Industrieabwässer in die Flüsse gelangt sind.
Entsprechend befinden sich in vielen Altsedimenten der Flüsse Schadstoffe als
„chemische Zeitbomben“ wie zum Beispiel Schwermetalle oder schwer abbaubare
Dioxine und dioxin-ähnliche Verbindungen.
Bei Hochwasserereignissen in den industriell geprägten Regionen
Europas, Nordamerikas und Asiens können infolge der hohen
Fließgeschwindigkeiten auch Altsedimente aufgewühlt werden. Dabei werden
regelmäßig die in ihnen gebundenen Schadstoffe auf einen Schlag freigesetzt und
kontaminieren Überflutungsgebiete. Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen
dazu hat ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern der Goethe-Universität Frankfurt, der RWTH Aachen, der
kanadischen University of Saskatchewan und weiteren Partnerinnen in einer
aktuellen Übersichtsarbeit zusammengestellt. Darin zeigen die Forscher:innen
unter Federführung der Frankfurter Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Sarah Crawford
und dem kanadischen Forscher Prof. Markus Brinkmann zum Beispiel auf, welche
Schadstoffbelastungen infolge verschiedener Überflutungsereignisse gemessen
wurden, welche Testsysteme für verschiedene Schadstoffe entwickelt wurden und
wie sich unterschiedliche Sedimente bei hohen Fließgeschwindigkeiten verhalten.
Die Gefahren für die Trinkwassergewinnung werden ebenso geschildert wie etwa
der Einfluss der Temperatur auf die Schadstoffaufnahme durch Fische und
Methoden zur Bewertung der mit der Remobilisierung von Schadstoffen verbundenen
ökonomischen Kosten.
Henner Hollert, Professor für Umwelttoxikologie an der
Goethe-Universität Frankfurt und Seniorautor der aktuellen Publikation ist
trotz der langjährigen Forschung zum Thema sehr besorgt: „Ich habe den
Eindruck, dass das Problem der Schadstoffe aus den Altsedimenten in Deutschland
und auch in Europa stark unterschätzt wird. Das mag auch daran liegen, dass es
bislang praktisch keine Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Folgen dieses
Problems gibt, wie wir zeigen konnten. Schadstoffbelastete Altsedimente sind
aber eine tickende Zeitbombe, mit jeder Flut hochgehen kann. Wir brauchen jetzt
flächendeckend ein gutes Management der Flüsse, das nicht nur unmittelbare
Gefahren für Menschen, Tiere und Bauwerke in den Blick nimmt, sondern auch die
langfristigen Folgen durch die Altlasten in den Flussbetten. So müssen wir zum
Beispiel unbedingt die landwirtschaftlich genutzten Überflutungsgebiete auf
Fluss-spezifische Schadstoffe untersuchen, damit diese nicht in Form von
Fleisch und Milchprodukten auf unseren Tellern landen.“
Auch die aktuellen extremen Hochwasserereignisse in
Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden von Wissenschaftler:innen der
Goethe-Universität in Kooperation mit der RWTH Aachen, der University of
Saskatchewan in Kanada, dem Helmholtzzentrum für Umweltforschung Leipzig, dem
ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung, dem Senckenberg-Institut, dem
LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsforschung und vielen weiteren
Partnern in einem interdisziplinären Ansatz von den biologischen,
ökotoxikologischen, ökologischen, geowissenschaftlichen, wasserbaulichen, aber
auch sozialökologischen und ökonomischen Folgen untersucht. Diese
Untersuchungen sind eingebettet in den neuen Forschungscluster RobustNature an
der Goethe-Universität, der Robustheit und die Resilienz von
Natur-Gesellschaftssystemen im sich veränderten Anthropozän untersucht und zur
wissensbasierten Transformationsforschung an den Beispielen Biodiversität und
Wasser beitragen möchte – also vom Wissen zum Handeln.
Publikationen: Sarah E. Crawford, Markus Brinkmann, Jacob D. Ouellet, Frank
Lehmkuhl, Klaus Reicherter, Jan Schwarzbauer, Piero Bellanova, Peter Letmathe,
Lars M. Blank, Roland Weber, Werner Brack, Joost T. van Dongen, Lucas Menzel,
Markus Hecker, Holger Schüttrumpf & Henner Hollert: Remobilization of
pollutants during extreme flood events poses severe risks to human and
environmental health. Journal of Hazardous Materials 421 (2022) 126691 https://doi.org/10.1016/j.jhazmat.2021.126691
Der
Artikel ist unter dem folgenden Link des Verlages die nächsten 6 Wochen frei
zugänglich: https://authors.elsevier.com/c/1dSu515DSlK2Np
Zur Hintergrundinformation: Henner Hollert, Markus Brinkmann,
Sebastian Hudjez, Catrina Cofalla, Holger Schüttrumpf: Hochwasser – ein
unterschätztes Risiko. Schadstoffe als „Zeitbomben“ im Sediment. Biologie
in unserer Zeit, 1/2014 (44) https://doi.org/10.1002/biuz.201410527
Bild zum Download:
www.uni-frankfurt.de/103948311
Bildtext: Die Remobilisation von Schadstoffen aus Sedimenten bei extremen
Hochwässern ist eine bisher unterschätzte Folge von Extremereignissen. Bild:
Crawford, S. et al. (2021) J. Haz. Mat.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Henner Hollert
Abteilung
Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie
Institut
für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität
Frankfurt
und
LOEWE-Zentrum
für Translationale Biodiversitätsgenomik
Tel
+49 69 798-42171 und +49-151-14042119
hollert@bio.uni-frankfurt.de
https://www.bio.uni-frankfurt.de/43970666/AK_Hollert
Neues Publikationsformat präsentiert Positionen und Projekte aus den AIWG-Wissenschaftsformaten
Die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der Goethe-Universität hat heute die erste Ausgabe ihres neuen Formats WiFo paper (Wissenschaftsformate) veröffentlicht. Der erste Artikel beschäftigt sich multiperspektivisch mit den sogenannten Normenversen des Korans. Deren Auslegungen werden unter Musliminnen und Muslimen seit jeher kontrovers diskutiert. Der Beitrag reflektiert klassische Diskurse zu diesen Normenversen und erläutert die vielfältigen Deutungsweisen am Beispiel der Verse zum Erbrecht.
FRANKFURT. Wie
normativ ist der Koran, und was bedeutet das für den muslimischen Alltag in
Deutschland? Welche Rolle spielt der Text für muslimische Menschen, die in
säkularer Umgebung leben? Wie lassen sich normhaltige Verse im islamischen Religionsunterricht
an deutschen Schulen behandeln? Diesen Fragen gehen eine Wissenschaftlerin und
zwei Wissenschaftler der AIWG Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des
Korans im Zeichen gesellschaftlichen Wandels“ in ihrem jetzt erschienen
gleichnamigen Artikel nach. Dr. Farid Suleiman und Dr. Abdelaali El Maghraoui
zeigen, dass es verschiedene Modelle koranischer Normativität gibt. Einige
davon stellen die beiden Autoren im Artikel näher vor. Zudem diskutieren sie
den Begriff der „Normenverse“ des Korans selbst, auf Arabisch āyāt al-aḥkām. Die Lehrerin Sarah Rahman
beschäftigt
sich sodann mit der Frage, welche Möglichkeiten für die
Diskussion der Normverse sich in der religionspädagogischen Praxis ergeben können.
Auch wenn es natürlich immer eine Tendenz gegeben habe, einen
allgemeinen Konsens über koranische Auslegungen herbeizuführen, zeigt der
Beitrag, dass Absolutheitsansprüche aufgrund der Vielfalt der bestehenden
Meinungen klassischer und zeitgenössischer Rechtsgelehrter schwer haltbar sind.
Bestimmte Verse des Korans seien sicher normativ, jedoch könne das Konzept der
Normativität selbst in unterschiedlichen Formen verstanden werden. Sara Rahman
ergänzt die islamrechtlichen und exegetischen Ausführungen mit
religionspädagogischen Vorschlägen. Die Gymnasiallehrerin zeigt, wie Kindern
und Jugendlichen die komplexe Vielfalt des Islams im Islamischen
Religionsunterricht anhand praktischer Übungen nähergebracht werden kann.
„Der jetzt veröffentlichte Beitrag gibt Einblick in eine für den
deutschsprachigen Raum fachübergreifende und umfassende Abhandlung zu
islamtheologischen Fragen der Normativität des Korans. Er stellt eine
Momentaufnahme aus der mehrjährigen Forschung unserer Longterm-Forschungsgruppe
an den Universitäten Tübingen und Erlangen-Nürnberg dar, die dem weiten
thematischen und historischen Spektrum der Diskurse gerecht wird und die
Dynamik und den Wandel im Verständnis des Korans aufzeigt und erklärt. Damit
solche Arbeiten und Erkenntnisse nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft
bleiben, will die AIWG mit ihrem neuen Publikationsformat eine Brücke in die
interessierte Öffentlichkeit schlagen“, kommentiert Dr. Raida Chbib,
Geschäftsführerin der AIWG, das Erscheinen des ersten Beitrags aus den AIWG
Forschungsgruppen im neuen Format.
Die AIWG richtet sich mit diesem Format an die wissenschaftliche
Fachcommunity, aber auch an Lehrkräfte, Studierende, Journalistinnen und
Journalisten und weitere Fachleute aus der Praxis. Das Publikationsformat ist
nicht rein fachwissenschaftlich, die Beiträge reflektieren jedoch die aktuelle
Forschung. „Insbesondere bei aktuellen gesellschaftsrelevanten Fragen ist es
wichtig, dass verlässliche und fachlich ausgewiesene Erkenntnisse möglichst
zeitnah verfügbar sind. Die WiFo papers sollen Informationen, aber auch
Forschungslücken sichtbar machen, die ansonsten nur einem begrenzten
Fachpublikum zugänglich wären“, so Dr. Raida Chbib.
Dr. Farid Suleiman ist wissenschaftlicher
Koordinator der AIWG-Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des Korans im
Zeichen gesellschaftlichen Wandels“ am Department Islamisch-Religiöse Studien
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehören islamische Gottes- und Menschenbilder sowie
deren Verhältnis zu klassischen Konzeptionen von Normativität. Dr. Abdelaali
El Maghraoui ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der
AIWG-Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des Koran im Zeichen
gesellschaftlichen Wandels“, Teilprojekt Islamisches Recht am Zentrum für
Islamische Theologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem Islamische Normenlehre in
Vergangenheit und Gegenwart sowie die sozialen und ethischen Aspekte des
Islamischen Rechts. Sara Rahman hat Chemie, Psychologie und Philosophie
studiert und ist Gymnasiallehrerin in Wien. Zudem lehrt sie an der Universität
Wien zum Verhältnis von Pädagogik und Religion seit der Aufklärung. Sie ist
ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
AIWG-Longterm-Forschungsgruppe.
Die AIWG Longterm-Forschungsgruppe „Normativität des Korans
im Zeichen gesellschaftlichen Wandels“ hat das Ziel, die Debatte über die
Normenverse des Korans mithilfe eines multidimensionalen Ansatzes
wissenschaftlich zu ordnen und in einen Bezug zu praktischen Fragestellungen zu
bringen. Das standortübergreifende Projekt wird von Prof. Dr. Mohammed Nekroumi
(Universität Nürnberg-Erlangen), Prof. Dr. Mouez Khalfaoui (Universität
Tübingen) und Prof. Dr. Fahimah Ulfat (Universität Tübingen) geleitet. Das
vierjährige Projekt ist im September 2018 angelaufen.
Über die AIWG
Die AIWG ist eine universitäre Plattform für Forschung und
Transfer in islamisch-theologischen Fach- und Gesellschaftsfragen. Sie
ermöglicht überregionale Kooperationen und Austausch zwischen
islamisch-theologischen Studien und benachbarten Fächern sowie Akteuren und
Akteurinnen aus der muslimischen Zivilgesellschaft und weiteren
gesellschaftlichen Bereichen. Die AIWG wird gefördert vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) und durch die Stiftung Mercator.
Publikation: WiFo paper „Die Normativität des Korans“
Bilder zum Download: https://www.puk.uni-frankfurt.de/103459252
Bildtext: Cover des neuen Publikationsformats WiFo paper
Weitere Informationen
Stefanie
Golla
Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft
Goethe-Universität
Telefon 069 798-22459
E-Mail golla@aiwg.de
Homepage https://aiwg.de/
In der neuen Ausgabe von Forschung Frankfurt skizzieren Experten von Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt den Reformbedarf nach Corona
Seine Leistungsfähigkeit hat Deutschlands Gesundheitswesen während der Pandemie im internationalen Vergleich gut dastehen lassen, meinen der Gesundheitsweise Ferdinand Gerlach (Goethe-Universität) und der Planungsstableiter „Stationäre Versorgung“ Prof. Jürgen Graf (Universitätsklinikum Frankfurt) in der jüngsten Ausgabe von Forschung Frankfurt. Trotzdem sehen die beiden Experten großen Reformbedarf etwa in Strukturen und Digitalisierung. Unter dem Titel „Pandemie: Was bleibt?“ berichtet das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität über die Auswirkungen der Pandemie auf Menschen und Gesellschaft.
FRANKFURT.
Deutschland hat in der Pandemie von seinen ambulanten und regionalen Strukturen
profitiert, sind sich Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und
Vorstandvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt und Leiter des
hessischen Planungsstabs „Stationäre Versorgung von COVID-19-Patientinnen und
Patienten“ und Prof. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für
Allgemeinmedizin und Vorsitzender des Sachverständigenrats zu Begutachtung der
Entwicklung im Gesundheitswesen, einig: 90 Prozent der an COVID-19 Erkrankten
wurden ambulant versorgt, dadurch wurden die Krankenhäuser nicht überlastet.
Doch um diese Leistungsfähigkeit auch künftig sichern zu können, so fordern die
beiden Wissenschaftler, müssten künftig zum Beispiel überflüssige Operationen
vermieden, die Datenvernetzung verbessert und die lokalen Gesundheitsversorger
wie auch die Gesundheitsämter besser unterstützt werden. Auch in seinen
Strukturen müsse das Gesundheitswesen fit gemacht werden für künftige Herausforderungen
wie zum Beispiel den Klimawandel – allein im Hitzejahr 2018 starben in
Deutschland 20.000 Menschen mehr als in Durchschnittsjahren an Austrocknung und
Überhitzung.
In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung
Frankfurt“ berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der
Goethe-Universität beispielsweise darüber, wie die Erfahrung mit digitalem
Lernen im Distanzunterricht die schulische Bildung verändert, wie die Pest in
der frühen Neuzeit durch eine Politik staatlicher Intervention bekämpft wurde
und wie die Pandemie die Rezeption von Filmen beeinflusst hat.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von
Journalisten kostenlos bestellt werden bei ott@pvw.uni-frankfurt.de
Alle
Beiträge sind online erhältlich unter: www.forschung-frankfurt.de
Die Koreastudien an der Goethe-Universität erhalten 700.000 Euro für den weiteren Ausbau ihres Angebots / In zehn Jahren von 20 auf 400 Studierende
Das Fach Koreastudien an der Goethe-Universität gehört zu den sogenannten „kleinen Fächern“. Umso beachtlicher, dass das Fach nun 700.000 Euro an Drittmitteln eingeworben hat. Das Geld fließt in das Projekt „Cultivating Diversity: The global in Korea, Korea in the global“ und soll dazu beitragen, Lehre, Forschung und regionale Zusammenarbeit im Bereich Koreastudien voranzubringen.
FRANKFURT. Seit
2010 gibt es an der Goethe-Universität einen Schwerpunktbereich Koreastudien,
angesiedelt am Institut für Ostasiatische Philologien. Die Zahl der
Studierenden ist von damals 20 auf heute 400 angestiegen – und das Interesse
wächst weiter, schätzt Yonson Ahn, die als Inhaberin der einzigen Professur des
Schwerpunktbereichs Koreanische Kultur und Gesellschaft lehrt. Der wachsenden
Nachfrage kann sie nun mit Hilfe von Drittmitteln besser gerecht werden. Die
Academy of Korean Studies (AKS) hat für die nächsten fünf Jahre rund 700.000
Euro an Fördermitteln zugesagt, die in Forschung, Lehre und „Outreach“ fließen
sollen.
„Ich freue mich sehr über diesen Drittmittelerfolg. Die
Koreastudien sind ein kleines Fach mit großer Ausstrahlung. Die
Goethe-Universität hat sich in diesem Bereich dank Professorin Ahn über die
Grenzen hinaus einen Namen gemacht“, sagt Prof. Bernhard Brüne, der als
Vizepräsident zuständig ist für Forschungsthemen. Die Mittel, die vom
südkoreanischen Ministerium für Bildung zur Verfügung gestellt werden, sollen
dazu dienen, das Fach Koreanistik im Ausland (aus koreanischer Perspektive) zu
stärken („Empowering Korean Studies through innovative education, research and
regional cooperation in Germany“). Außer der Goethe-Universität wurde in Europa
in 2021 lediglich die University of Oxford mit einer Förderzusage bedacht. Das
Frankfurter Forschungsprojekt befasst sich mit ethnischer und kultureller
Diversität in Korea und in koreanischen Populationen in anderen Ländern. Der Titel lautet: „Cultivating Diversity:
The global in Korea, Korea in the global“.
Der Förderzusage sind zwei erfolgreich abgeschlossene Drittmittelprojekte
innerhalb des Seed Program for Korean Studies vorausgegangen, die jeweils über
drei Jahre liefen – von 2015 bis 2021. Auch sie dienten der Forschung und dem
Ausbau des Studiengangs Koreastudien. Im Rahmen des Korean Studies Promotion Program
der AKS haben sich die Koreastudien der Goethe-Universität nun für das
Folgeprojekt „Core University Program for Korean Studies“ mit einer Gesamtdauer
von fünf Jahren – von Juni 2021 bis Mai 2026 – qualifiziert.
In diesem Drittmittelprojekt arbeiten die Koreastudien Frankfurt
unter der Leitung von Professorin Ahn eng mit der Koreanistik der Universität
Hamburg unter Professorin Yvonne Schulz Zinda und der Koreanistik der
Universität Bonn unter Juniorprofessorin Nadeschda Bachem zusammen. Insbesondere
soll ein umfassendes hochschulübergreifendes Netzwerk zwischen den Instituten
aufgebaut werden, um gemeinsam Lehre, Nachwuchsförderung, Öffentlichkeitsarbeit
sowie Forschung weiterzuentwickeln und so auch die Koreaforschung innerhalb des
Interdisziplinäres Zentrum für Ostasienstudien (IZO) an der Goethe-Universität
zu stärken.
Im Bereich Lehre sollen im Projekt neue Seminare konzipiert und
durchgeführt, das digitale Lehrangebot soll ausgeweitet werden. Um junge
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu fördern, sollen deren
Masterarbeiten und Dissertationen gemeinsam betreut werden. Darüber hinaus ist
geplant, verstärkt mit Schulen zu kooperieren. Um die Koreastudien sichtbarer
zu machen, wird auch ein Augenmerk auf der Öffentlichkeitsarbeit liegen. Niedrigschwellige
Angebote sollen hier den Zugang zu Themen der Koreastudien erleichtern.
Insgesamt neun weitere Forscherinnen und Forscher befassen sich im
Rahmen des Projektes „Cultivating Diversity: The global in Korea, Korea in the
global" unter der Leitung von Yonson Ahn mit einer breiten Spanne von
interdisziplinären, transnationalen und intersektionalen Themen. Besondere
Schwerpunkte liegen dabei u.a. auf den Themen Migrationsgeschehen, Gender,
Kunst und Medien.
Die Goethe-Universität ist inzwischen Hessens einzige Hochschule
mit einem Fokus auf Asienstudien. Nachdem andere Institute mit Asienbezug 2008
nach Frankfurt verlagert worden waren, entstand hier das Interdisziplinäre
Zentrum für Asienstudien (IZO). Seitdem haben die Koreastudien sowohl qualitativ
als auch quantitativ an Bedeutung zugenommen. Studierende können hier ohne
Vorkenntnisse ein Studium der Koreanistik beginnen. Außer der Sprache werden im
Studium auch Politik, Kultur und Literatur des Landes gelehrt. Die große
Beliebtheit erklärt sich Prof. Yonson Ahn durch die Beliebtheit der
koreanischen Film- und Popkultur, etwa der Popband BTS oder die in Cannes bzw.
Oscar prämierten Filme, Parasites und Minari. Absolventen hätten
durchaus gute Zukunftsaussichten: In Frankfurt lebt die mit Abstand größte
Anzahl von Auslandskoreanern in Europa, es gibt zahlreiche koreanische Firmen,
eine koreanische Handelsvertretung (KOTRA) sowie ein koreanisches Konsulat.
Ein Porträt von Prof. Yonson Ahn zum Download: www.uni-frankfurt.de/103380737
Bildtext: Prof. Yonson Ahn lehrt an der Goethe-Universität Koreanische
Kultur und Gesellschaft.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Yonson Ahn
Schwerpunktbereich
Koreastudien
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Email: Y.Ahn@em.uni-frankfurt.de
Tel.:
+49 (0)69 798-23769 bzw. -22872
Fax:
+49 (0)69 798-24969
Wer besiegt den Schwarzen Tod? Rechtshistoriker David von Mayenburg berichtet in „Forschung Frankfurt“ über den Streit um den richtigen Umgang mit der Pest in Mittelalter und früher Neuzeit
Juristen
spielten bei der Pestbekämpfung vom Spätmittelalter an eine wachsende Rolle:
Während die Mediziner noch darüber stritten, ob die Körpersäfte schuld waren an
der Ausbreitung der Seuche, organisierten juristisch gebildete Amtsträger eine
beispiellose Strategie staatlicher Intervention. Diese war zwar erfolgreich,
oft aber auch brutal, wie Rechtshistoriker Prof. David von Mayenburg im neuen
„Forschung Frankfurt“ darlegt.
FRANKFURT. Im
Jahr 1606 brach in der Umgebung der kleinen Universitätsstadt Altdorf bei
Nürnberg die Pest aus. Die Studenten ergriffen aus Angst vor Ansteckung die
Flucht – zum Missfallen einiger Professoren. Insbesondere Vizekanzler Konrad
Rittershausen, ein Jurist, widersetzte sich seinen Kollegen aus der Medizin und
rief den akademischen Nachwuchs zur Rückkehr auf. „Der Fall Altdorf steht
beispielhaft für das auch heute noch häufig schwierige Verhältnis medizinischer
und juristischer Experten in Fragen der Seuchenbekämpfung“, schreibt Prof.
David von Mayenburg in der neuesten Ausgabe von Forschung Frankfurt, die den
Schwerpunkttitel „Pandemie: Was bleibt?“ trägt. Der Rechtshistoriker nahm den
Fall zum Anlass für ein Projekt zur Frage, wie die juristischen Experten des
Mittelalters und der frühen Neuzeit auf die Pest reagierten, wie sie mit
anderen Experten interagierten und welche Bedeutung juristisches Expertenwissen
für den Aufstieg des modernen Gesundheitsstaats hatte. In „Forschung Frankfurt“
entwirft er ein lebendiges Bild früherer Gesellschaften und deren Umgang mit
Pandemien bis hin zu den strikten Methoden eines Girolamo Gastaldi im Rom des
17. Jahrhunderts. Parallelen zur heutigen Corona-Situation drängen sich auf,
die ebenfalls nicht nur medizinische, sondern auch viele juristische Fragen
aufwirft.
Weitere Beiträge in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins
der Goethe-Universität gehen zum Beispiel folgenden Fragen nach: Was wissen wir
über die körperlichen Langzeitfolgen von COVID, insbesondere bei
kardiologischen Beschwerden? Wie können wir unser Gesundheitssystem für
künftige Pandemien besser aufstellen? Wie hat die Coronapandemie unser
Zusammenleben geprägt? Was wird im Schulalltag übrigbleiben von Homeschooling
und Distanzlernen? Und wie kann sich die Wirtschaft für weitere Krisen besser
wappnen? Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie im alten Athen Seuche und
Exzess Hand in Hand gingen und dass in China schon einmal die erfolgreiche
Pandemiebekämpfung den Status der Machthaber festigte – nämlich bei den
mächtigen Kaisern der Qing-Dynastie.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von
Journalisten kostenlos bestellt werden bei: ott@pvw.uni-frankfurt.de.
Alle Beiträge sind online verfügbar unter: www.forschung-frankfurt.de.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. David von Mayenburg
Professur
für Neuere Rechtsgeschichte, Geschichte des Kirchenrechts und Zivilrecht
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
E-Mail
mayenburg@jur.uni-frankfurt.de
Forscherteam mit Beteiligung der Goethe-Universität schlägt erfolgreich ehemaligen Steinbruch in Niedersachsen als Global Stratotype Section and Point vor
Ein Wissenschaftsteam der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität Warschau, des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover, und weiterer Institutionen hat in Salzgitter-Salder das gefunden, wonach Forscher mehr als 20 Jahre lang weltweit gesucht haben: Eine geologische Formation, die perfekt den Übergang der Kreidezeitalter Turon und Coniac abbildet. Das Team hat den ehemaligen Kalksteinbruch so genau charakterisiert, dass er nun als weltweiter Referenzpunkt für die Zeitenwende vor 89,4 Millionen Jahren gilt. Dies wurde von der International Union of Geological Sciences bekannt gegeben, die dem Schichtenprofil den Titel „Global Stratotype Section and Point“ (GSSP) verlieh.
FRANKFURT/HANNOVER. Das
internationale Team von Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftlern um
Prof. Silke Voigt von der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Ireneusz
Walaszczyk von der Universität Warschau und Dr. André Bornemann vom Landesamt
für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) haben 40 Meter der geologischen
Schichtenfolge im ehemaligen Kalksteinbruch am Hasselberg eingehend untersucht.
Dabei stellten die Forscherinnen und Forscher fest, dass nur hier der Übergang
zwischen Turon und Coniac lückenlos ist und daher eine perfekte Gesteinsabfolge
darstellt, um Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftlern aus aller Welt
als Referenz für deren Forschung zu dienen – als „Global Stratotype Section and
Point“ oder, im Jargon der Geowissenschaften, als „goldener Nagel“.
Mit dem Coniac treten bestimmte Muschelarten auf, so genannte
Inoceramen, die in Salder zahlreich zu finden sind. In Schicht 46 des Steinbruchs,
so stellte das deutsch-polnische Wissenschaftsteam fest, findet sich erstmals
die Inoceramen-Art Cremnoceramus deformis erectus und markiert damit die
Zeitengrenze, ebenso wie weitere Mikrofossilien und eine charakteristische
Änderung im Verhältnis der Kohlenstoffisotope 12C und 13C,
eine so genannte negative Anomalie im Kohlenstoffkreislauf.
„Damit können nun geologische Schichtenprofile wie zum Beispiel
marine Schelfsedimente in Mexiko oder der Tiefsee im tropischen Atlantik
miteinander verglichen und zeitlich eingeordnet werden“, erläutert Prof. Silke
Voigt. „Dies ist wichtig, um auch bei unvollständigen Schichtenprofilen eine
genaue zeitliche Einordnung vornehmen zu können und letztlich zu sehen, wie zum
Beispiel das Klima zu einem bestimmten Zeitpunkt der Vergangenheit an
verschiedenen Orten der Welt beschaffen war.“
Prof. Ireneusz Walaszczyk sagt: „Die Schichtenfolge in
Salzgitter-Salder konnte sich gegenüber anderen Kandidaten zum Beispiel in den
USA, in Indien, Madagaskar, Neuseeland und Polen durchsetzen, weil wir hier
über 40 Meter eine perfekte Gesteinsschichtenabfolge haben, die ein gut
definiertes Abbild der Ereignisse darstellt, die in diesem geologischen
Zeitintervall stattgefunden haben.“
„Das Zechsteinmeer hat vor mehr als 250 Millionen Jahren mächtige
Salzschichten im norddeutschen Becken hinterlassen“, erklärt André Bornemann.
„Die später abgelagerten Gesteinsschichten übten Druck auf diese Salzschichten
aus, die sich zum Teil zu großen Salzstöcken aufwölbten und damit jüngere Schichten
deformierten. In der Nähe eines solchen Salzstocks liegt Salder, sodass hier
die fossilreichen Gesteinsschichten der Kreidezeit steil aufgerichtet sind und
ein wunderbares, für wissenschaftliche Untersuchungen sehr gut zugängliches
Profil ergeben. Daher haben wir vom LBEG diesen Ort als Geotop ausgewiesen, und
dieser ist einer der bedeutendsten Geopunkte des UNESCO Geoparks
Harz-Braunschweiger Land-Ostfalen.“
Hintergrund:
Im Kalksteinbruch am Hasselberg bei Salder im Nordosten des
Salzgitterschen Höhenzuges wurden früher Kalksteine und Mergel für die
Zementindustrie und zum Schluss für die Erzaufbereitung abgebaut. Heute
befindet sich dort ein bekanntes Biotop und Geotop als Eigentum der Stiftung
Naturlandschaft, die vom BUND-Landesverband Niedersachsen eingerichtet wurde.
Während die Betreuung des Steinbruchgeländes der Kreisgruppe Salzgitter des
BUND übertragen wurde, kümmert sich der UNESCO Geopark Harz-Braunschweiger
Land-Ostfalen um den geowissenschaftlichen Part des Steinbruchs. Der Steinbruch
ist aus Naturschutzgründen nicht frei zugänglich, aber es werden gelegentlich
geführte Wanderungen angeboten.
Vor 90 Millionen Jahren, in der zweiten Hälfte der Kreide, war es
tropisch warm auf der Erde: Die eisfreien Pole sorgten für einen hohen
Meeresspiegel, Mitteleuropa bestand aus einer Schar von Inseln. Im Meer
entwickelten Ammoniten eine ungeheure Formenvielfalt, an Land herrschten die
Dinosaurier. Die ersten Blütenpflanzen begannen, Schachtelhalmen und Farnen
Konkurrenz zu machen. Vor 89,39 Millionen Jahren fing das Klima an, sich leicht
abzukühlen und der Meeresspiegel von seinem Höchststand etwas zu sinken: Ein
neuer erdgeschichtlicher Abschnitt, das Zeitalter Coniac, löste das Zeitalter
Turon ab.
Publikation: Voigt
S, Püttmann T, Mutterlose J, Bornemann A, Jarvis I, Pearce M, Walaszczyk, I
(2021) Reassessment of the Salzgitter-Salder section as a potential
stratotype for the Turonian–Coniacian Boundary: stable carbon isotopes and
cyclostratigraphy constrained by nannofossils and palynology. Newsl Stratigr, 54/2, 209–228, https://doi.org/10.1127/nos/2020/0615
Walaszczyk,
I., Čech, S., Crampton, J.S., Dubicka, Z., Ifrim, C., Jarvis,
I., Kennedy, W.J., Lees, J.A., Lodowski, D., Pearce, M. Peryt, D.,
Sageman, B., Schiøler, P., Todes, J., Uličný, D.,
Voigt, S., Wiese, F., With contributions by, Linnert, C., Püttmann, T.,
and Toshimitsu, S. (2021) The Global Boundary Stratotype Section and Point
(GSSP) for the base of the Coniacian Stage (Salzgitter-Salder, Germany) and its
auxiliary sections (Słupia Nadbrzeżna, central Poland; Střeleč, Czech Republic;
and El Rosario, NE Mexico). Episodes 2021; 44(2): 129-150l. https://doi.org/10.18814/epiiugs/2020/020072
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/103366248
Bildtexte:
Salzgitter-Salder:
Eine perfekte Gesteinsschichtenabfolge über 40 Meter. (Foto: Silke Voigt,
Goethe-Universität Frankfurt)
GSSP
in Salzgitter-Salder: Die Schicht 46 markiert den Übergang der Kreidezeitalter
Turon und Coniac. Foto und Montage: Silke Voigt, Goethe University Frankfurt.
Fossil: Walaszczyk et al. (2010)
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Silke Voigt
Geozentrum der Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 69 798-40190
s.voigt@em.uni-frankfurt.de
https://www.uni-frankfurt.de/69718561/Homepage-Voigt
Prof.
Dr. Ireneusz Piotr Walaszczyk
Institut
für Historische und Regionale Geologie und Paläogeologie
i.walaszczyk@uw.edu.pl
https://usosweb.uw.edu.pl/kontroler.php?_action=katalog2/osoby/pokazOsobe&os_id=61076
Dr.
André Bornemann
über
Eike
Bruns
LBEG,
Pressestelle
Tel.:
+49 511 643-2274
presse@lbeg.niedersachsen.de
http://www.lbeg.niedersachsen.de
Forscher:innen der Goethe-Universität Frankfurt finden kleine Moleküle als Bindungspartner für genomische RNA des Coronavirus
Bestimmte Regionen im SARS-CoV-2-Erbgut könnten sich als Ziel für künftige Medikamente eignen. Dies fanden jetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und ihre Kooperationspartner im internationalen COVID-19-NMR-Konsortium heraus. Mithilfe einer speziellen Substanzdatenbank identifizierten sie mehrere kleine Moleküle, die an bestimmte Stellen des SARS-CoV-2-Genoms binden, die fast nie durch Mutationen verändert werden.
FRANKFURT. Wenn
SARS-CoV-2 eine Zelle befällt, schleust es sein Erbgut in die Zelle ein und
programmiert die Zelle so um, dass diese zunächst Viren-Proteine und
schließlich ganze Virenpartikel herstellt. Auf der Suche nach Wirkstoffen gegen
SARS-CoV-2 haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich bisher meist auf
die viralen Proteine fokussiert, deren Blockade eine Vermehrung zu verhindern
oder zu mindern verspricht. Doch auch der Angriff des viralen Erbguts, eines
langen RNA-Moleküls, könnte die Vermehrung des Virus womöglich stoppen oder
verlangsamen.
Einen wichtigen ersten Schritt zur Entwicklung einer solchen neuen
Klasse von SARS-CoV-2-Medikamenten haben jetzt die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des COVID-19-NMR-Konsortiums gemacht, das von Prof. Harald
Schwalbe vom Institut für Organische Chemie und chemische Biologie der
Goethe-Universität Frankfurt koordiniert wird. Sie identifizierten 15 kurze
Abschnitte des SARS-CoV-2-Genoms, die bei verschiedenen Coronaviren sehr
ähnlich sind und daher vermutlich essenzielle regulatorische Funktionen haben.
Auch im Verlauf des Jahres 2020 waren diese Genomabschnitte nur äußerst selten
von Mutationen betroffen.
Die Forscherinnen und Forscher ließen eine Substanzbibliothek von
768 kleinen, chemisch einfachen Molekülen mit den 15 RNA-Abschnitten reagieren
und analysierten das Ergebnis mittels Kernresonanzspektroskopie
(NMR-Spektroskopie). Bei der NMR-Spektroskopie werden Moleküle zunächst mit
speziellen Atomsorten (Isotopen) markiert und dann einem starken Magnetfeld
ausgesetzt. Durch einen kurzen Radiowellen-Impuls werden die Atomkerne angeregt
und geben ein Frequenzspektrum ab, mit dessen Hilfe sich der Aufbau der
Moleküle bestimmen lässt und welche Bindungen sie eingehen.
Auf diese Weise konnten die Forschenden um Prof. Schwalbe 69 kleine
Moleküle finden, die an 13 der 15 RNA-Abschnitte banden. Prof. Harald Schwalbe:
„Drei der Moleküle banden sogar spezifisch an nur einen RNA-Abschnitt. Wir
konnten damit zeigen, dass sich die SARS-CoV-2-RNA sehr gut als potenzielle
Zielstruktur für Medikamente eignet. Angesichts der zahlreichen Mutationen von
SARS-CoV-2 sind solche konservativen RNA-Abschnitte, wie wir sie identifiziert
haben, für eine Wirkstoffentwicklung besonders interessant. Und da in einer
infizierten Zelle die Viren-RNA bis zu zwei Drittel der gesamten RNA ausmacht,
sollten wir mit geeigneten Molekülen die Virusvermehrung erheblich stören
können.“ Entsprechend hätten die Forschenden, so Schwalbe weiter, jetzt bereits
Untersuchungen kommerziell verfügbarer Substanzen begonnen, die chemisch
ähnlich zu den Bindungspartnern aus der Substanzbibliothek sind.
Publikation: Sridhar Sreeramulu, Christian Richter, Hannes Berg, Maria A Wirtz
Martin, Betül Ceylan, Tobias Matzel, Jennifer Adam, Nadide Altincekic, Kamal
Azzaoui, Jasleen Kaur Bains, Marcel J.J. Blommers, Jan Ferner, Boris Fürtig, M.
Göbel, J Tassilo Grün, Martin Hengesbach, Katharina F. Hohmann, Daniel Hymon,
Bozana Knezic, Jason Martins, Klara R Mertinkus, Anna Niesteruk, Stephen A
Peter, Dennis J Pyper, Nusrat S. Qureshi, Ute Scheffer, Andreas Schlundt,
Robbin Schnieders, Elke Stirnal, Alexey Sudakov, Alix Tröster, Jennifer Vögele,
Anna Wacker, Julia E Weigand, Julia Wirmer-Bartoschek, Jens Wöhnert, Harald
Schwalbe: Exploring the druggability of conserved RNA regulatory elements in
the SARS-CoV-2 genome, Angewandte Chemie International Edition, https://doi.org/10.1002/anie.202103693
Über das COVID-19-NMR-Konsortium
Weltweit
forschen mehr als 40 Arbeitsgruppen aus 18 Ländern mit insgesamt 230
Wissenschaftlern im COVID-19-NMR-Konsortium, in Frankfurt haben seit Ende März
2020 45 Doktoranden und Postdocs teilweise in zwei Schichten pro Tag an sieben
Tagen die Woche mitgearbeitet. www.covid19-nmr.de
Frühere Meldung „Faltung von SARS-CoV2-Genom zeigt Angriffspunkte
für Medikamente – auch Vorbereitung auf „SARS-CoV3“ https://tinygu.de/sEhyD
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof.
Dr. Harald Schwalbe
Institut für organische Chemie und chemische Biologie
Center for Biomolecular Magnetic Resonance (BMRZ)
Goethe-Universität Frankfurt
Tel +49 69 798-29137
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
Studie der Goethe-Universität zu Folgen von Arbeitslosigkeit in mehr als 30 Ländern / Forschung Frankfurt: Markus Gangl zur Coronakrise
Menschen, die durch die Finanzkrise 2008/09 arbeitslos wurden, hatten danach mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten zu kämpfen. In einer langjährigen internationalen Studie hat das Team um den Soziologen Prof. Markus Gangl an der Goethe-Universität die gesellschaftlichen Folgen der Krise und das politische Krisenmanagement untersucht. In der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ stellt Gangl einige Ergebnisse vor – und zieht Schlüsse für die Folgen der Corona-Pandemie.
FRANKFURT. Armutsrisiko,
Arbeitslosigkeit, Bildungsmangel, Scheidungsrisiken, Vertrauensrisiken:
Ökonomische Schocks haben beträchtliche Folgen für die Gesellschaft. Wie gehen
politische Systeme damit um? Und vor allem: Welche Maßnahmen stellen sich als
erfolgreich heraus?
In einem vom European Research Council (ERC) finanzierten
Forschungsprojekt hat das Team von Markus Gangl, Soziologieprofessor an der
Goethe-Universität, in mehr als 30 Ländern gesellschaftliche Folgen der
Finanzkrise von 2008/09 untersucht und festgestellt: Sie reichen von erhöhtem
Armutsrisiko und schlechteren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten über
Trennungsrisiken, durchkreuzte Familienplanungen und geringere Bildungschancen
der nächsten Generation bis hin zum Vertrauensverlust der Menschen in
demokratische Prozesse.
Ein
Ergebnis der Studie: Je besser ausgebaut die sozialen Sicherungssysteme, desto
geringer ist das Risiko, durch die Arbeitslosigkeit Armut zu erleiden. Länder
mit langen Phasen sozialstaatlich engagierter Politik konnten die Folgen der
Finanzkrise am besten abfedern; weniger geschützt war die Bevölkerung in den
wirtschaftsliberalen angelsächsisch geprägten, aber auch den
südeuropäischen Gesellschaften. In Südeuropa hatte die Finanzkrise zu einer
jahrelangen Arbeitsmarktkrise geführt.
In
der Corona-Pandemie ist der wirtschaftliche Einbruch mindestens doppelt so
schwer ausgefallen wie nach der Finanzkrise von 2008/2009. Dennoch ist es
bislang vielen Ländern gelungen, den Arbeitsmarkt davon weitgehend zu
entkoppeln. „Der schmerzhafte Lernprozess aus der Finanzkrise hat wohl dazu
geführt, dass sich die europäischen Länder in der Pandemie zu einem deutlich
entschlosseneren wirtschaftspolitischen Handeln entschieden haben als noch vor
zehn Jahren. Und vor allem auch: dass sie gemeinsam in eine substanzielle
europäische Sozialpolitik eingestiegen sind“, erklärt Markus Gangl.
Einen
neuralgischen Punkt in der Bewältigung der Pandemie sieht Gangl – auch im
Vergleich mit seiner Studie – in der Situation der jungen Generation. Haben
doch seine eigenen wie bereits frühere Studien ergeben, dass wirtschaftliche
Krisen bei jungen Menschen zu einer „Reduktion des subjektiv empfundenen
Möglichkeitsraums“ führen. „Es wird vielleicht die wichtigste
gesellschaftspolitische Herausforderung sein“, so Gangl, „die
Lebensperspektiven junger Menschen in den Blick zu
nehmen und zu stärken.“
Einen Überblick über die Studienergebnisse vermittelt Gangls
Beitrag „Aus Krisen lernen“ in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Forschung
Frankfurt der Goethe-Universität; die Ergebnisse im Einzelnen wurden in
begutachteten internationalen Fachzeitschriften, unter anderem in American
Sociological Review, der weltweit führenden Zeitschrift der Disziplin,
veröffentlicht.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021)
kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: ott@pvw.uni-frankfurt.de.
Alle Beiträge sind online verfügbar unter: www.forschung-frankfurt.de
Wissenschaftliche Publikationen
Giustozzi,
Carlotta, und Markus Gangl: Unemployment and political trust
across 24 Western democracies: Evidence on
a welfare state paradox, Acta
Sociologica, 2021, https://doi.org/10.1177/00016993211008501
Goñalons-Pons, Pilar, und Markus Gangl.
2021. Marriage and masculinity:
Male‐breadwinner
culture, unemployment, and separation risk in 29 countries.
American Sociological Review 86 (3):
465-502.
https://doi.org/10.1177/00031224211012442
Goñalons-Pons, Pilar, und Markus Gangl:
Regulated earnings security: The
relationship between employment protection
and unemployment scarring
during the Great Recession, Socio-Economic
Review, 2021,
https://doi.org/10.1093/ser/mwaa049
Lindemann, Kristina, und Markus Gangl:
Parental unemployment and the
transition into tertiary education: Can
institutions moderate the
adverse effects?, Social Forces, 2020, Bd.
99, S. 616-647,
https://doi.org/10.1093/sf/soz155
Lindemann, Kristina, und Markus Gangl: The
intergenerational effects of
unemployment: How parental unemployment
affects educational transitions
in Germany, Research in Social
Stratification and Mobility, 2019, Bd.
62,
Art. 100410, https://doi.org/10.1016/j.rssm.2019.100410
Lindemann, Kristina, und Markus Gangl:
Parental unemployment and the
transition to vocational training in
Germany: interaction of household
and regional sources of disadvantage,
European Sociological Review,
2019, Bd. 35, S. 684-700, https://doi.org/10.1093/esr/jcz027
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Markus Gangl
Institut für Soziologie
Goethe-Universität
mgangl@soz.uni-frankfurt.de
www.corrode-project.org
Was ist Hoffnung? Ein Gespräch mit der Philosophin Claudia Blöser in „Forschung Frankfurt“ zu den Folgen der Corona-Pandemie
Welche Rolle spielt Hoffnung in Krisenzeiten? In welchem Verhältnis steht Hoffnung zu Angst und Mut, Wissen und Glauben? Und was verstehen wir unter radikaler Hoffnung? Mit diesen Fragen befasst sich die Physikerin und Philosophin Claudia Blöser in der jüngsten Ausgabe von „Forschung Frankfurt“, dem Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität.
FRANKFURT. In Krisenzeiten suchen Menschen nach einem Zeichen der Hoffnung. Was genau unter Hoffnung zu verstehen ist, untersucht die Physikerin und Philosophin Claudia Blöser in ihrem Habilitationsprojekt an der Goethe-Universität. Ihr Fazit: „Hoffnung ist ein schwer greifbares Phänomen, das uns in vielen Formen begegnet. Doch die Philosophie kann Erhellendes über Natur und Rationalität der Hoffnung sagen.“
Hoffnung, so erläutert Blöser, ist beispielsweise klar von Optimismus zu unterscheiden, der das, was erwünscht ist, als wahrscheinlich ansieht. Hoffnung bezieht sich dagegen auf die Möglichkeit von etwas. Auch Wissen spielt für Hoffende eine Rolle, da sie die Sachlage kennen müssen, um nicht auf Illusorisches zu hoffen. Andererseits gibt es keine Hoffnung ohne Zweifel: Wer hofft, so Blöser, befinde sich grundsätzlich in unsicherer Lage. Immanuel Kant gilt ihr als zentraler Gewährsmann in der Philosophiegeschichte: „Was dürfen wir hoffen?“ ordnet Kant als eine der zentralen Fragen der Philosophie ein. Er war es auch, der darauf hinwies, dass Hoffnung dort ins Spiel kommt, wo der Mensch an die Grenzen seines Wissens und Handelns stößt.
Auf den US-amerikanischen zeitgenössischen Philosophen Jonathan Lear verweist Blöser, wenn sie das Konzept der „radikalen Hoffnung“ beschreibt – eine krisengeprägte Hoffnung, die sich angesichts des Verlusts aller bisheriger Lebensgrundlagen auf nichts mehr beziehen kann als darauf, das Gute prinzipiell für möglich zu halten. Das vollständige Interview ist in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ zu finden, die diese Woche erschienen ist. Weitere Beiträge gehen zum Beispiel folgenden Fragen nach: Was wissen wir über die körperlichen Langzeitfolgen von COVID, insbesondere bei kardiologischen Beschwerden? Wie können wir unser Gesundheitssystem für künftige Pandemien besser aufstellen? Wie hat die Coronapandemie unser Zusammenleben geprägt? Was wird im Schulalltag übrigbleiben von Homeschooling und Distanzlernen? Und wie kann sich die Wirtschaft für weitere Krisen besser wappnen? Ein Blick in die Vergangenheit lehrt, wie im alten Athen Seuche und Exzess Hand in Hand gingen, wie sich in Europa die Juristen in der Pestbekämpfung durchgesetzt haben – und dass in China schon einmal die erfolgreiche Pandemiebekämpfung den Status der Machthaber festigte – bei den mächtigen Kaisern der Qing-Dynastie.
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2021) kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: sauter@pvw.uni-frankfurt.de.
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Weitere Informationen
Dr. Claudia Blöser
Institut für Philosophie
Goethe-Universität
E-Mail: bloeser@em.uni-frankfurt.de