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Pressestelle Goethe-Universität

Theodor-W.-Adorno Platz 1
60323 Frankfurt 
presse@uni-frankfurt.de

 

Dez 1 2023
09:50

Vergabefeier zum Deutschlandstipendium feiert 550 neue Stipendien

Wenn Stipendiaten auf ihre Förderer treffen

Gute Noten und soziales Engagement müssen die Studierenden mitbringen, die sich beim Deutschlandstipendium bewerben wollen. Die Stipendiat*innen werden dann maximal zwei Jahre monatlich mit 300 Euro in ihrem Studium unterstützt. Auf der geselligen Vergabefeier an der Goethe-Universität trafen am Mittwoch 600 Studierende und Förderer zusammen.

FRANKFURT. Das Prinzip des Deutschlandstipendiums ist so einfach wie schlagend: Jeder von den Universitäten pro Jahr eingeworbene Euro wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung verdoppelt. 990.000 Euro sind in diesem Jahr an der Goethe-Universität zusammengekommen, verdoppelt stehen also 1.980.000 Euro für Deutschlandstipendien zur Verfügung. 550 Studentinnen und Studenten – rund ein Drittel mit Migrationshintergrund – können so maximal zwei Jahre lang mit monatlich 300 Euro gefördert werden. Für viele Studierende bedeutet das, weniger Zeit in die Finanzierung ihres Studiums stecken zu müssen und sich intensiver ihrem Studium widmen zu können.

Beim geselligen Get-together am Mittwoch, dem 28. November, holten sich zahlreiche Stipendiat*innen im Casino-Gebäude ihr Dokument persönlich ab – und trafen dabei auch mitunter mit ihrer Förderin oder ihrem Förderer zusammen. Rund 600 Stipendiaten und Förderer nahmen am Get-together teil, um sich kennenzulernen. Drei von den 22 Förderinnen und Förderern, die das Stipendienprogramm seit seiner Gründung vor 13 Jahren unterstützen, wurden bei der diesjährigen Vergabefeier vom Universitätspräsidenten Enrico Schleiff geehrt. Schleiff wies daraufhin, dass es unter anderem auch das Engagement der lokalen Förderinnen und Förderer sei, welches das Stipendienprogramm zu einer wahren „Erfolgsgeschichte“ mache. „Diese große Akzeptanz in der Bevölkerung zeigt, dass Sinnvolles auch und gerade in der Bürgerstadt Frankfurt unterstützt wird!“

Kurzweilig unterhalten wurden die Teilnehmer*innen des Get-together von dem Science Slammer und Archäologen Frederic Auth, der mit seiner Darstellung einer überraschenden archäologischen Entdeckung durch Wissenschaftler der Goethe-Universität unter anderem den diesjährigen „Antiquity Slam“ in Berlin gewann.

Rund 300 Privatförderer und ca.50 Non-Profit-Organisationen – sie tragen das finanzielle Hauptvolumen – haben in diesem Jahr für ein Deutschlandstipendium gespendet, Tendenz leicht steigend gegenüber den Vorjahren. Leicht abgenommen und damit im Trend seit den Pandemiejahren hat die Zahl der fördernden Unternehmen mit knapp 50.

Neben einer finanziellen Förderung von monatlich 300 € bietet das Stipendium auch ein ideelles Förderprogramm sowie ein starkes Netzwerk und ein vielfältiges Veranstaltungsangebot. Im sogenannten „Young Leadership Programm“ erhalten die Stipendiatinnen und Stipendiaten die Chance, sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. Dazu gehört die individuelle Förderung in Projektteams ebenso wie studienbegleitende Programme und Angebote – Seminare, Workshops, Best-Practice-Vorträge, Netzwerke. An einer Alumni-Gruppe aller Deutschlandstipendiaten der Goethe-Universität arbeiten die Geförderten inzwischen selbst. Viele wollen auch nach Ablauf des Stipendiums noch miteinander in Kontakt bleiben und ihr eigenes Netzwerk pflegen.

Seit 2011 wurden 6.752 Stipendien vergeben, was einer Fördersumme von 12.153.600 Euro entspricht. Nach dem Matching-Prinzip des Bundes kamen Studierenden der Goethe-Universität bislang ca. 25 Millionen Euro durch das Deutschlandstipendium zugute.

Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/146364557

Bildtext: (Foto 1) Rund 600 Stipendiaten und Förderer nahmen am Get-together zum Start des Deutschlandstipendiums teil, um einander kennenzulernen (Foto: Uwe Dettmar)
(Foto 2) In Kontakt kommen und in Kontakt bleiben: Viele Deutschlandstipendiaten wollen ihr eigenes Netzwerk pflegen (Foto: Uwe Dettmar)

Weitere Informationen
Marc Heinbücher
Referent Deutschlandstipendium
Private Hochschulförderung
Telefon: 069/798-12756
E-Mail: heinbuecher@em.uni-frankfurt.de
Homepage: https://www.uni-frankfurt.de/44947252/


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 30 2023
14:41

Unter der Leitung von Informatiker Prof. Thomas Lippert soll mit dem Gerät der zukunftsweisende Weg zum Quantencomputing beschritten werden.  

Goethe-Universität erhält ihren ersten Quantencomputer 

FRANKFURT. Die Goethe-Universität wird in Kürze ihren ersten Quantencomputer installieren und sich damit in die Spitzengruppe der deutschen Universitäten im Bereich des angewandten Quantencomputing einreihen: Der Frankfurter Erstling mit dem Namen „Baby Diamond“ startet als Pilotsystem mit fünf Qubits und beruht auf der Technologie der Stickstoff-Fehlstellen in einem künstlichen Diamanten. Es soll im ersten Quartal 2024 vom Ulmer Start-Up XeedQ GmbH geliefert werden. Pilotnutzer:innen werden aus der Goethe-Universität und dem Verbund der Nationalen Höchstleistungsrechner NHR erwartet. 

Das Thema Quantencomputing ist derzeit in aller Munde als eine Zukunftstechnologie, die verspricht, bisher zu große oder gar mit digitalen Verfahren unlösbare Aufgaben im Bereich der Computersimulation und der KI bewältigen zu können. „Mit unserem neuen Pilot-Quantencomputer machen wir einen wichtigen Schritt in dieses revolutionäre Gebiet, dem bald weitere folgen werden,“ erklärt Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität. „Baby Diamond wird uns einen ersten Blick in eine Zukunft werfen lassen, in welcher große rechnerische Herausforderungen möglich werden, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können“. 

Ulrich Schielein, Chief Information Officer (CIO) und Vizepräsident für Digitalisierung an der Goethe-Universität, ergänzt: „Die Behandlung völlig neuer Problemklassen aus der Finanzwelt, der Logistik im Schienen-, Luft- und Straßenverkehr, der Medizin und Biologie, der Wetter- und Klimaforschung, aber auch aus den Grundlagenwissenschaften wie Physik und Chemie oder dem Training von Basismodellen der künstlichen Intelligenz scheint in wenigen Jahren realisierbar zu sein. Wir bauen dabei auch auf die Zusammenarbeit mit Forschenden hier im Raum Rhein-Main als auch mit hier ansässigen Unternehmen und Institutionen.“

Der Quantencomputer nutzt einen kleinen künstlichen Diamanten, wie er aus industriellen Anwendungen bekannt ist, in den Stickstoffatome eingebettet sind. Sie induzieren jeweils eine Fehlstelle, die als zentrales Qubit verwendet werden kann. Spins von Atomen können als weitere Qubits um diesen Defekt herum kontrolliert werden. Dies macht praktisches Quantencomputing möglich.

„Mit unserem Einstiegssystem verfolgen wir die Idee des kompakten Quantencomputers, der bereits bei Raumtemperatur einsetzbar ist, keine besondere Tieftemperaturkühlung benötigt, in einem kleinen Labor aufgebaut werden kann und dabei besonders energieeffizient ist“, sagt Prof. Thomas Lippert, Leiter der Arbeitsgruppe Modulares Supercomputing und Quantencomputing, die im Sommer 2020 im Fachbereich Informatik und Mathematik der Goethe-Universität eingerichtet wurde. „Als Universität stellen wir uns mit dem Quantencomputer bewusst gegen die derzeitige Monopolbildung großer Firmen auf, die ihre Systeme hinter Paywalls verstecken. Da es ein Kompaktsystem ist, können wir bereits heute Studierende hands-on und direkt am Gerät ausbilden. Dies ist das Gebot der Stunde, um fit für die Zukunft zu werden.“

Der Quantencomputer ist Teil der Frankfurter Roadmap, die darauf abzielt, bis zum Jahr 2025 bis zu 16 hochwertige Qubits zu beschaffen und diese Zahl in Zukunft Schritt für Schritt weiter zu erhöhen. Das Pilotsystem wird dazu beitragen, eine Infrastruktur an der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit dem NHR-Netzwerk aufzubauen, die das Quantenrechnen eng mit dem Hochleistungsrechnen verbinden wird. In diesem Zusammenhang konnte die Goethe-Universität das Forschungszentrum Jülich mit seiner JUNIQ Quantencomputing-Infrastruktur als wissenschaftlichen Partner gewinnen, der weltweit Vorreiter im modularen hybriden Quanten-HPC-Rechnen ist.

Entwickelt wird das System von der XeedQ GmbH, einem Unternehmen mit Sitz in Leipzig und am DLR-Innovationszentrum in Ulm. XeedQ GmbH wird von der Quantencomputer-Initiative des DLR gefördert, um eine skalierbare Quantencomputertechnologie zu entwickeln. Quantencomputing wird oft als zweite Quantenrevolution bezeichnet. Der Quantencomputer der Goethe-Universität wird auf dem historischen Gelände des Campus Bockenheim stehen, wo vor mehr als 100 Jahren das berühmte Experiment von Stern und Gerlach die heutige Grundlage des Quantencomputing geschaffen hat und ein wichtiger Teil der ersten Quantenrevolution war. Mit seinem Baby Diamond ebnet die Goethe-Universität den Weg, um neue Quantenrevolutionen wieder nach Frankfurt am Main zu bringen.

Weitere Informationen:
Prof. Thomas Lippert, Professor für modulares Supercomputing und Quantencomputing, Institut für Informatik, Goethe-Universität Frankfurt. t.lippert@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 29 2023
11:04

Frankfurter Forscher:innen widerlegen Hypothesen zur Evolution von Giftgenen und zeigen, dass diese vor dem Stachel entstanden sind

Das Gift war vor dem Stachel da: Erbgutanalyse beleuchtet Herkunft des Bienengifts

Bienen, Wespen und Ameisen gehören zur Gruppe der Hautflügler und injizieren bei einem Stich einen ganzen Cocktail an Giftkomponenten. Trotz ihrer immensen ökologischen und ökonomischen Bedeutung war bislang wenig über die Herkunft ihres Gifts bekannt. Ein Wissenschaftsteam um Dr. Björn von Reumont von der Goethe-Universität Frankfurt hat jetzt mittels umfangreicher Gen-Analysen herausgefunden, dass typische Gift-Bestandteile bereits bei den frühesten Vorfahren der Hautflügler vorhanden waren und sich somit vor der Entstehung des Stachels von Biene & Co. entwickelt haben müssen. Anders als bisher vermutet findet sich zudem das Gen für den Giftstoff Melittin ausschließlich bei Bienen.

FRANKFURT. Gifte haben sich in vielen Tiergruppen unabhängig voneinander entwickelt. Eine Tiergruppe, in der viele Gift produzierende Tiere vorkommen, sind die Hautflügler. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Insekten, zu denen auch die Stechimmen – also Bienen, Wespen und Ameisen – gehören. Die Hautflügler sind sehr artenreich; alleine die Bienen zählen mehr als 6000 Arten. Trotz der großen ökologischen und ökonomischen Bedeutung der Hautflügler ist über die evolutive Entstehung ihrer Gifte aber noch sehr wenig bekannt.

Forscher:innen um Dr. Björn von Reumont, der als Gastwissenschaftler im Arbeitskreis für Bioinformatik am Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt arbeitet, haben nun erstmals anhand von systematischen Erbgutvergleichen untersucht, wie sich die wichtigsten Bestandteile des Gifts der Bienen und anderer Hautflügler in der Evolution entwickelt haben. Die Gifte sind komplexe Gemische, die sich aus kleinen Eiweißen (Peptiden) und wenigen großen Proteinen und Enzymen zusammensetzen. Stechimmen injizieren diesen Giftcocktail mit Hilfe eines spezialisierten Stechapparats aktiv in die Beute oder den Angreifer.

Im ersten Schritt bestimmten die Forscher:innen, welche der Peptide und Proteine im Gift unter den Hautflüglern am weitesten verbreitet waren. Dafür griffen sie auf die – allerdings bislang spärlich vorhandenen – Informationen aus Proteindatenbanken zurück. Zusätzlich analysierten sie selbst die Proteine in den Giften zweier Wildbienenarten – der Violetten Holzbiene (Xylocopa violacea) und der Gelbbändigen Furchenbiene (Halictus scabiosae) – sowie der Honigbiene (Apis mellifera). In allen untersuchten Hautflügler-Giften fanden sie die gleichen 12 „Familien“ von Peptiden und Proteinen. Diese stellen also eine „gemeinsame Zutat“ dieser Giftcocktails dar.

Anschließend fahndete das Wissenschaftsteam in Kooperation mit Kolleg:innen vom Leibniz Institut für Biodiversitätswandel (LIB), der Technischen Universität München (TUM) und dem Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE TBG) im Erbgut von insgesamt 32 Hautflügler-Arten – darunter Schweißbienen, stachellose Bienen, aber auch Wespen und Ameisen wie die berüchtigte Rote Feuerameise (Solenopsis invicta) – nach den Genen für diese 12 Peptid- und Proteinfamilien. Die Unterschiede in diesen Genen, teilweise nur der Austausch einzelner Buchstaben des genetischen Codes, halfen den Wissenschaftler:innen dabei, den Verwandtschaftsgrad zwischen den Genen verschiedener Arten zu bestimmen und letztlich einen Stammbaum der Giftgene zu erstellen. Dazu griffen sie auch auf künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zurück.

Das überraschende Ergebnis: Viele der untersuchten Giftgene sind in allen Hautflüglern vorhanden, sodass offenbar bereits der gemeinsame Vorfahr aller Hautflügler diese Gene besessen hat. „Das bedeutet, dass die Hautflügler mit großer Wahrscheinlich als gesamte Gruppe giftig sind“, schlussfolgert von Reumont. „Für andere Gruppen wie die Toxicofera, zu denen Schlangen, Schleichen und Leguanartige gehören, wird bislang noch diskutiert, ob die Gifte auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen oder mehrfach entstanden sind.“

Zwar besitzen innerhalb der Hautflügler nur die Stechimmen – also die Bienen, Wespen und Ameisen – einen echten Stachel zur Applikation des Gifts. Doch auch die entwicklungsgeschichtlich alten parasitären Pflanzenwespen injizieren mit ihrem Eiablageapparat neben den Eiern Substanzen, mit denen sie die Physiologie der Wirtspflanzen verändern: Die Blaue Fichtenholzwespe (Sirex noctilio) zum Beispiel bringt nicht nur einen Pilz mit in die Pflanze ein, der die Besiedelung des Holzes durch die Larve erleichtert, sondern auch einen Giftcocktail mit den in der Studie untersuchten Giftproteinen. Diese sollen in der Pflanze geeignete Rahmenbedingungen für die Larve schaffen. „Damit kann man auch die Blaue Fichtenholzwespe als giftig einstufen“, so von Reumont.

Als Giftkomponente neu bei den Bienen sind das Gen für das Peptid Melittin sowie Gene für Vertreter der neu beschriebenen Proteinfamilie Anthophilin-1. Dass Melittin nur von einem einzigen Gen kodiert wird, war überraschend für die Giftforscher:innen, wie von Reumont erklärt: „Von Melittin gibt es nicht nur viele verschiedene Varianten, das Peptid macht im Bienengift auch bis zu 60 Prozent des Trockengewichts aus. Deshalb war man davon ausgegangen, dass viele Genkopien vorliegen müssen. Das konnten wir klar widerlegen.“ Da sie das Melittin-Gen nur bei Bienen fanden, entkräfteten die Forscher auch die Hypothese, dass es zu einer für die Stechimmen postulierten Gruppe von Giftgenen gehört, den Aculeatoxinen. „Das zeigt uns einmal mehr, dass man nur mit Genomdaten aussagekräftige Schlüsse über die Evolution von Giftgenen ziehen kann“, ist der Forscher überzeugt.

Die Frankfurter Studie zeigt zum ersten Mal für eine ganze Insekten-Gruppe mit rund einer Million Arten, wo Giftgene herkommen und wie sie sich entwickelt haben. Sie bietet nun einen Ausgangspunkt, um die Entstehung der Giftgene bei den Vorfahren der Hautflügler sowie Spezialisierungen innerhalb der Gruppe zu verfolgen. Um groß angelegte Genomvergleiche durchführen zu können, müssen nun allerdings zuerst Analysemethoden für die zum Teil sehr großen Proteinfamilien automatisiert werden.

Publikation: Ivan Koludarov, Mariana Velasque, Tobias Senoner, Thomas Timm, Carola Greve, Alexander Ben Hamadou, Deepak Kumar Gupta, Günter Lochnit, Michael Heinzinger, Andreas Vilcinskas, Rosalyn Gloag, Brock A. Harpur, Lars Podsiadlowski, Burkhard Rost, Timothy N. W. Jackson, Sebastien Dutertre, Eckart Stolle, Björn M. von Reumont: Prevalent bee venom genes evolved before the aculeate stinger and eusociality. BMC Biology, (2023) https://doi.org/10.1186/s12915-023-01656-5

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/146271865

Bildtext: Komponenten des Giftcocktails von Wildbienen wie der Platterbsen-Mörtelbiene (Megachile ericetorum) sind entwicklungsgeschichtlich älter als ihr Stachel. Foto: Björn von Reumont

Weitere Informationen
Dr. rer nat. habil. Björn M. von Reumont
Gastwissenschaftler im Arbeitskreis für Angewandte Bioinformatik/Prof. Ingo Ebersberger
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49(0)151-61997924
bmvr@reumont.net
http://www.venom-evolution.de

Twitter/X: @BReumont @goetheuni @LOEWE_TBG @Leibniz_LIB @TU_Muenchen


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 29 2023
10:27

Ergebnisse der vierten bundesweiten JuCo-Studie: Globale Krisen lassen junge Menschen weiterhin besorgt in die Zukunft blicken

Jugend zwischen Corona-Folgen und globalen Krisen

Die emotionale Belastung ist für viele Jugendliche nach Corona nicht weniger geworden. Zudem haben junge Menschen das Gefühl, von den politisch Verantwortlichen nicht genug wahrgenommen zu werden. Dies ist ein Ergebnis der vierten JuCo-Studie des Forschungsverbunds Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit der Universitäten Frankfurt und Hildesheim. Rund 1200 junge Menschen haben im Frühjahr 2023 an der Studie teilgenommen. 

FRANKFURT. Dass viele Jugendliche Zukunftsängste haben, zeigte sich bereits in den drei vorherigen JuCo-Studien. Im Laufe der vier JuCo-Studien wird deutlich: Diese Ängste sind mit dem Ende der Pandemie nicht unbedeutender geworden. Junge Menschen nehmen politische Entwicklungen und globale Krisen sensibel wahr. Anna Lips von der Universität Hildesheim ordnet dieses Ergebnis ein: „Junge Menschen sind dabei, ihren Platz in der Welt zu finden. Reiht sich eine Krise an die andere, kann dies zu einer Orientierungslosigkeit führen.“ Auch der Kommentar einer Studienteilnehmerin unterstreicht die Unsicherheit, mit der junge Menschen konfrontiert sind: „Ich habe zwar einen Plan im Leben, aber ich werde mit all diesen Dingen rechnen und leben müssen.“

Die Daten der Studie zeigen außerdem: Junge Frauen machen sich – wie bereits in der Pandemiesituation - mehr Sorgen als junge Männer. Und auch ihre Zukunftsperspektiven und die aktuelle Situation in Deutschland betrachten sie weniger zuversichtlich. In der vierten JuCo-Studie machte sich nur jede zehnte junge Frau keine Sorgen über gesellschaftliche Entwicklungen, über ein Viertel ist teilweise besorgt und 62 % zeigen sich besorgt. Unter jungen Männern ist fast jeder Fünfte unbesorgt, ein Viertel sind teilweise besorgt, und 56% machen sich Sorgen über das, was aktuell in Deutschland passiert.

Zu den Folgen der Pandemie gehört ebenfalls, dass viele junge Menschen unsicher im Umgang mit Anderen geworden sind. Die Zeiten der Lockdowns, Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen sind also nicht folgenlos für junge Menschen geblieben. Die Erfahrung der Pandemie wirkt im sozialen Miteinander unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach.

Schon lange wird die konsequente Umsetzung des Rechts auf Beteiligung und Mitbestimmung für junge Menschen gefordert. Hier zeigen die JuCo-Studien: Die Anzahl der Personen nimmt ab, die das Gefühl haben, die Situation von jungen Menschen sei für politisch Verantwortliche wichtig oder ihre Anliegen würden gehört. Diesen Trend umzukehren, liege in der Verantwortung von Erwachsenen, so der Forschungsverbund. Es gehe darum, junge Menschen in ihren Kompetenzen und ihren Anliegen ernst zu nehmen und sie an Entscheidungen, die sie betreffen, zu beteiligen.

Junge Menschen wollen mitgestalten, aber dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen und die Bereitschaft der Erwachsenen. Zwar wurden nach der Pandemie Projekte für junge Menschen initiiert, gleichzeitig werden aber im sozial- und jugendpolitischen Bereich massiv finanzielle Mittel gekürzt. Dies sieht der Forschungsverbund als fatales Signal – auch an junge Menschen selbst. „Die Ergebnisse der Studien haben eindrücklich gezeigt, dass Jugendliche verlässliche Unterstützungsstrukturen brauchen, die sie selbst mitgestalten können“, plädiert Johanna Wilmes von der Goethe Universität Frankfurt. „Viele junge Menschen spüren die Folgen der Pandemie, sodass sie psychologische, medizinische und eben auch soziale Unterstützung brauchen. Da ist nun politischer Wille gefragt.“

Insgesamt nahmen an den vier JuCo-Studien rund 20.000 junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren aus ganz Deutschland teil. Die Studie JuCo IV wurde im Februar 2023 durchgeführt, es beteiligten sich 1185 junge Menschen. 68 % der Befragten waren Mädchen und junge Frauen.

Der Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ setzt sich zusammen aus dem Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Goethe-Universität. Entstanden sind bisher die bundesweiten Studien JuCo I, II, III und IV zu den Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen sowie die bundesweite Studie KiCo zu den Erfahrungen und Perspektiven von Eltern und ihren Kindern in der Pandemie. Aktuell gehören zum Team: Sabine Andresen und Johanna Wilmes von der Goethe-Universität, Anna Lips, Ersan Özdemir, Wolfgang Schröer und Severine Thomas von der Universität Hildesheim sowie Renate Möller von der Universität Bielefeld.

Die Studienergebnisse stehen open access unter: https://doi.org/10.18442/250 zur Verfügung.

Über die Ergebnisse der Studie informiert der wissenschaftliche Podcast:
https://www.uni-hildesheim.de/neuigkeiten/jung-sein-in-zeiten-der-pandemie-die-langfristfolgen-von-corona-dr-severine-thomas/

Publikation: https://doi.org/10.18442/250

Weitere Informationen
Dr. Johanna Wilmes
Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung
E-Mail:  wilmes@em.uni-frankfurt.de

Dr. Severine Thomas
Universität Hildesheim
Institut für Sozial- und Organisationspädagogik
severine.thomas@uni-hildesheim.de


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 28 2023
10:22

Prof. Johannes Völz eröffnet die Vortragsreihe „Was heißt demokratische Lebensform?“

Evangelikalismus in den USA: Zwischen Demokratie und Autoritarismus

FRANKFURT/BAD HOMBURG. Nach den jüngsten Wahlen in den USA stürmten Trump-Anhänger das US-Kapitol in Washington; sie wollten das Wahlergebnis nicht anerkennen. Sie waren bereit, Gewalt einzusetzen, um mit der liberalen Demokratie zu brechen. Dabei beriefen sie sich nicht nur darauf, die Rechte des „wahren Volkes“ zu verteidigen; viele gaben vor, Gottes Werk zu tun. In ihrem Furor nutzten sie Symbole christlichen, heidnischen und demokratischen Ursprungs.

Die Analysen der Ereignisse vom 6. Januar 2021 ergaben: Rechter Evangelikalismus und rechtspopulistische Politik sind heute kaum noch voneinander zu trennen. Mit Blick auf die Geschichte, auf die Anfänge der Demokratie in Amerika stellt sich allerdings die Frage: Wie konnte der evangelikale Protestantismus zum Motor einer antidemokratischen Bewegung werden, trieb er doch im 18. und 19. Jahrhundert die Demokratisierung in der Neuen Welt kulturell voran?

Diesem „Paradox des Evangelikalismus“ geht der Frankfurter Amerikanist Prof. Johannes Völz in seinem Vortrag „Evangelikalismus in den USA: Lebensformen zwischen Demokratie und Autoritarismus“ nach. Zum Vortrag mit anschließender Diskussion lädt das Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität

am Montag, 4. Dezember, um 19 Uhr
in die Räume des Forschungskollegs
Am Wingertsberg 4
in Bad Homburg

ein.  Der Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften Prof. Matthias Lutz-Bachmann wird die anschließende Diskussion moderieren.

Johannes Völz ist Professor für Amerikanistik mit Schwerpunkt „Demokratie und Ästhetik“ an der Goethe-Universität. Gemeinsam mit Gunther Hellmann, Professor für Politikwissenschaft an der Goethe-Universität, leitet Völz den interdisziplinären Forschungsschwerpunkt „Democratic Vistas: Reflections on the Atlantic World“, der am Forschungskolleg Humanwissenschaften angesiedelt ist.

Der Vortrag eröffnet die Democratic Vistas Lecture Series: Was heißt „Demokratische Lebensform“? Die neunteilige Vortragsreihe untersucht Demokratie als eine Form des Zusammenlebens, die das Alltagsleben prägt und ihren Ort in den Dimensionen des Politischen, Sozialen und Kulturellen hat. Forschende des Verbunds „Democratic Vistas. Reflections on the Atlantic World“ stellen Fallstudien aus ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin vor, anhand derer sich ein konkretes Verständnis davon gewinnen lässt, was „Demokratische Lebensform“ heißen kann. Aufmerksamkeit erhalten insbesondere auch die sinnlichen und emotionalen Dimensionen, die für gelebte Demokratie wesentlich sind. Die Reihe richtet sich an Forschende ebenso wie an die Öffentlichkeit. Die Vorträge finden auf dem Campus Westend der Goethe-Universität oder im Forschungskolleg Humanwissenschaften statt.

Links:
Plakat der Vortragsreihe mit allen Terminen (2023–2025):
https://www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de/downloads/Plakat_DV_Lecture_Series.pdf

Vortragsreihe „Democratic Vistas Lecture Series“:
https://www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de/index.php/projects/dv-lecture-series

Forschungsschwerpunkt „Democratic Vistas. Reflections on the Atlantic World":
https://www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de/index.php/projects/democratic-vistas

Zur besseren Planung bitten wir bis 29. November um Anmeldung
per E-Mail an anmeldung@forschungskolleg-humanwissenschaften.de. Ihre Anmeldung wird registriert, Sie erhalten aber keine Anmeldebestätigung.

Information:
Beate Sutterlüty
Wissenschaftskommunikation
Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität
Telefon: 06172 13977-15
E-Mail: b.sutterluety@forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Homepage: www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Facebook | Twitter | YouTube: @FKHbadhomburg


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 28 2023
09:44

Nationaler Verbund „gwTriade“ erarbeitet Konzept zur umfassenden Bewertung der Grundwasserqualität – koordiniert durch Goethe-Universität

Forschungsverbund zum Grundwasser: Schadstoffsuche im Untergrund

Im Rahmen des gerade angelaufenen Verbundprojekts „gwTriade“ untersuchen sechs wissenschaftliche Institute – darunter die Goethe-Universität als koordinierende Stelle – die Qualität des Grundwassers in Deutschland. Sie nutzen dabei erstmals den Triade-Ansatz, der neben chemischen Analysen auch sogenannte effektbasierte Methoden umfasst, die zeigen, wie sich ins Grundwasser eingetragene Schadstoffe auf dieses Ökosystem auswirken. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Konzepts, das Wasserversorger und Umweltbehörden in Zukunft nutzen können, um die Grundwasserqualität selbst zu prüfen und zu bewerten. gwTriade wird durch das Bundessministerium für Bildung und Forschung gefördert.

FRANKFURT. Durch den Klimawandel wird unser Grundwasser zu einer immer stärker bedrohten Ressource, denn häufigere und länger andauernde Dürreperioden führen zu niedrigeren Grundwasserständen. Deswegen wird Grundwasser in Ballungsräumen wie dem Rhein-Main-Gebiet schon mit Oberflächenwasser angereichert. Dieses enthält oft gereinigtes Abwasser, mit dem Schadstoffe ins Grundwasser gelangen können. Auch häufigere Starkregenereignisse – eine weitere Folge des Klimawandels – führen zu einem hohen Schadstoffeintrag. Die Folge: Gut ein Drittel aller Grundwässer in Deutschland befinden sich in keinem guten chemischen Zustand. Zur Bewertung der Grundwasserqualität schafft die Europäische Wasserrahmenrichtlinie den rechtlichen Rahmen. Allerdings besteht bezüglich der Grundwasserqualität noch „großer Untersuchungsbedarf“, so Prof. Henner Hollert vom Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität Frankfurt. Zwar sind durch chemische Analysen zumindest einige Schadstoffe im Grundwasser schon bekannt, darunter Pharmaka, Pestizide und perfluorierte Stoffe (PFAS), die aus dem Abwasser, dem Verkehr oder der Landwirtschaft stammen. „Was uns jedoch komplett fehlt, sind effektbasierte Daten, also Daten darüber, wie sich die Schadstoffe auf das Leben im Ökosystem Grundwasser und auch die menschliche Gesundheit auswirken. Für Oberflächengewässer gibt es hier bereits umfangreiches Wissen, für das Grundwasser noch nicht.“

Die Wissenslücke soll das Verbundprojekt „Ökologisches und ökotoxikologisches Grundwasserqualitätsmonitoring auf Basis eines integrativen Triade-Ansatzes“ (gwTriade) schließen. Der Triade-Ansatz umfasst drei unterschiedliche naturwissenschaftliche Säulen: chemische Analysen, Biotests und Untersuchungen der Biozönose, also der Lebensgemeinschaft der Lebewesen. Das Entscheidende: Die Ergebnisse der drei Messmethodiken werden zu einem Gesamtergebnis zusammengeführt - erst dadurch lässt sich der ökologische Zustand überhaupt umfassend bewerten. "Wir sind die ersten, die den Triade-Ansatz beim Grundwasser anwenden“, betont Hollert. „Dieser verschafft uns einen guten Überblick. Wir sehen, welche Schadstoffe im Grundwasser enthalten sind, und wie sich diese auf Organismen und biologische Systeme auswirken - sowohl unter Laborbedingungen als auch draußen im Feld.“

Sechs Institute sind am Projekt beteiligt und teilen sich die Aufgaben. Hollert und seine Kollegin Dr. Sabrina Schiwy koordinieren gwTriade und führen die Biotests mittels einer Biotestbatterie durch, die auch kürzlich der Europäischen Kommission zur Umweltüberwachung vorgeschlagen wurde. Testsysteme sind Zellkultursysteme, Zebrafischembryonen, Algen und Daphnien, also winzig kleine Wasserflöhe. Schiwy erklärt, wie der Ablauf bei den Daphnien aussieht: „Wir testen die Wirkung der Schadstoffe zuerst in den unveränderten Grundwasserproben. Als nächstes verdünnen wir die Grundwasserproben und damit die Schadstoffkonzentration und schauen, was dann passiert. So bekommen wir heraus, ab welcher Verdünnung der Schadstoffe des Grundwassers welche Effekte bei den Daphnien auftreten.“ Zum Beispiel könnte eine Reproduktionstoxizität vorliegen, die Wasserflöhe vermehren sich dann nicht mehr so stark. Bei den Zebrafischembryonen wiederum sind neurotoxische Effekte denkbar, also Störungen im Nervensystem, die zu einer Verhaltensveränderung führen. „Zebrafische haben ein typisches Schwimmverhalten“, erklärt Schiwy. „Ist es hell, verhalten sie sich entspannt. Wird es plötzlich dunkel, schwimmen sie hektisch im Zickzack.“ Der Grund: Ein plötzlich auftretender Schatten kann bedeuten, dass sich ein Fressfeind nähert. Um im Labor zu sehen, ob die Fischlarven dieses normale Verhalten zeigen, werden sie in einem speziellen experimentellen Aufbau einem Wechsel auch Licht und Dunkelheit ausgesetzt. Reagieren sie nicht darauf, ist das ein Hinweis, dass Schadstoffe ihr Nervensystem beeinträchtigt haben könnten. Die neurotoxische Wirkung wird dann im Verdachtsfall mit molekularbiologischen Methoden im Detail charakterisiert. Bei den Verhaltenstests geht es nicht nur um ökotoxikologische Aspekte, ergänzt Henner Hollert, sondern auch um humantoxikologische. Arbeiten mit den frühen Stadien von Zebrafischen, die eine Alternativmethode zu klassischen Tierversuchen mit Fischen darstellen, sind auch in der Umweltmedizin ein etabliertes Modell. „Bei Zebrafischen handelt es sich um Wirbeltiere, damit können die Ergebnisse Hinweise auf Effekte beim Menschen geben. Wir können Rückschlüsse ziehen für den Schutz der menschlichen Gesundheit.“

In Ergänzung zu den Biotests in Frankfurt führen das Rheinisch-Westfälische Institut für Wasserforschung (IWW) in Mühlheim an der Ruhr und der Zweckverband Landeswasserversorgung in Langenau chemische Analysen durch. Dabei analysiert das IWW speziell die PFAS-Kontaminationen und übernimmt zudem die Geosystemerkundung. Es beschreibt geo- und hydrochemisch sowie hydraulisch die Standorte, an denen Grundwasser genommen wird. Die dritte Säule der Triade ist unter anderem Sache der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU). Sie untersucht die Zusammensetzung der Grundwasserfauna, zu der beispielsweise Hüpferlinge oder Rädertierchen gehören, mit taxonomischen und modernen molekularbiologischen Methoden. So können mittels e-DNA-Analysen und Meta-Barcoding Erbgutfragmente aller Lebewesen nachgewiesen werden, die im Wasser gelebt haben oder leben. So lässt sich die Zusammensetzung der kompletten Artengemeinschaften des Grundwassers erforschen. Das Institut für Grundwasserökologie (IGÖ) in Landau unterstützt hier mit seiner Expertise zur Grundwasserökologie und speziell zur Etablierung neuer Grundwasserorganismen für Biotests.

Bei gwTriade geht es aber nicht nur darum, ausgewählte Standorte zu überprüfen. Ziel ist es vielmehr, ein Konzept für die integrative Bewertung der Grundwasserqualität zu entwickeln, das dann übergeordnete Stellen in ganz Deutschland nutzen können, die für das Thema Grundwasser verantwortlich sind, wie zum Beispiel Wasserversorger oder Umweltbehörden. Hollert: „Unser Bewertungssystem gibt ihnen eine Anleitung, wie sie die Methoden zur Prüfung der Grundwasserqualität anwenden können - und wie sich die dabei gesammelten Daten dann bewerten und einordnen lassen.“ Die Aufgabe, potenzielle Anwender zu finden und deren Bedarfe abzuklären, übernimmt das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt. Es versucht zudem Nutzungskonflikte zu identifizieren, die sich beim Grundwasser künftig ergeben könnten, zum Beispiel zwischen der Nutzung von Grundwasser als Ressource und dem Schutz des Ökosystems. Aus biologischer Sicht, so Hollert und Schiwy, handelt es sich beim Grundwasser eben auch um einen Lebensraum. Nur sei diese Sichtweise bisher zu kurz gekommen.

Hintergrund: gwTriade: Ökologisches und ökotoxikologisches Grundwasserqualitätsmonitoring auf Basis eines integrativen Triade-Ansatzes
https://bmbf-lurch.de/Verbundprojekte/Verbundprojekte/gwTriade.html

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/146261494

Bildtext: Ein Hüpferling, ein knapp einen Millimeter kleiner Krebs, der im Grundwasser lebt. Das Vorkommen solcher Tiere ist ein Indikator für gute Wasserqualität. Foto: Sabrina Schiwy, Goethe-Universität Frankfurt

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Prof. Dr. Dr. h.c. Henner Hollert
Leiter Abteilung Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie
Institut für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität Frankfurt
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Dr. rer. nat. Sabrina Schiwy
Abteilung Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie
Institut für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität Frankfurt
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Nov 27 2023
16:40

Frankfurter Mediziner:innen testen Leukämie-spezifische Therapie erfolgreich in präklinischer Studie 

Onkologie: Mit RNA-Wirkstoff Leukämie bekämpfen

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 13.000 Menschen an Leukämien, von denen trotz intensiver Chemotherapien bis zur Hälfte an der Krankheit versterben. Hinzu kommt, dass die Therapien starke Nebenwirkungen haben und insbesondere die Neubildung gesunder Blutzellen hemmen. Ein Team der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Goethe-Universität Frankfurt hat nun eine neuartige Therapie in einer präklinischen Studie getestet, die auf einer therapeutischen RNA basiert. Durch die Behandlung überlebten die Versuchstiere signifikant länger als unbehandelte Tiere. Die Hoffnung ist nun, dass diese Leukämie-spezifische Therapie zukünftig existierende Chemotherapien unterstützen kann. 

FRANKFURT. In Deutschland erkranken jährlich etwa 13.000 Personen an Leukämien, einem Sammelbegriff, der verschiedene Formen von Blutkrebs zusammenfasst. Unter den Betroffenen ist auch ein hoher Anteil an Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren. Eine häufige Form der Leukämie bei Erwachsenen ist die akute myeloische Leukämie (AML), bei der frühe Vorstufen der Blutzellen entarten – die Stammzellen und die daraus hervorgegangenen Vorläuferzellen. Bei Kindern ist die AML die zweithäufigste Leukämie und macht rund vier Prozent aller bösartigen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus. Trotz Behandlung mit intensiver Chemotherapie überleben nur zwischen 20 Prozent und 50 Prozent der Erkrankten die ersten fünf Jahre nach Diagnose und Behandlung; die Hälfte oder mehr erleiden einen Rückfall und versterben. Hinzu kommt, dass die intensiven Therapien sehr starke Nebenwirkungen haben und insbesondere die blutbildenden Stammzellen schädigen. Neue, spezifisch auf die AML zugeschnittene Therapieansätze werden deshalb dringend gesucht.

Eine solche Leukämie-spezifische Therapie haben nun Forschende um Prof. Jan-Henning Klusmann von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sowie Prof. Dirk Heckl vom Institut für Experimentelle Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der Goethe-Universität Frankfurt im Tierversuch erprobt. Sie behandelten an Blutkrebs erkrankte Versuchstiere mit einem therapeutischen RNA-Molekül, das sie in Lipid-Nanopartikel verpackten. „Mit der Verpackung in Lipid-Nanopartikel haben wir im Prinzip die gleiche Technik angewendet, die bei der COVID-19-Vakzinierung zum Einsatz kam“, erklärt Klusmann. „Die Lipid-Nanopartikel ermöglichen es der therapeutischen RNA, in die Blutzellen aufgenommen zu werden.“

Für die therapeutische RNA miR-193b war bereits 2018 eine vor Krebs schützende Wirkung beschrieben worden. In gesunden Zellen bremst miR-193b nämlich Signalwege, die nur zur Vermehrung von Zellen aktiviert werden und ansonsten von der Zelle wenig genutzt werden. Daher wird miR-193b als sogenannter Tumorsuppressor bezeichnet. In AML-Zellen liegt miR-193b jedoch in zu geringer Menge vor und kann deshalb seine Aufgabe als Tumorsuppressor nicht erfüllen. „Seit vielen Jahren werden Wirkstoffe getestet, die hemmend in diese Signalwege eingreifen, die von AML-Zellen genutzt werden“, so Heckl. „Solche Wirkstoffe greifen aber immer nur an einer Komponente an, während miR-193b auf allen Ebenen des Signalweges wirkt. Das stoppt sehr effizient die Teilung der entarteten Zellen und führt dazu, dass die Leukämie-Zellen schnell absterben.“ Ein weiterer Vorteil der therapeutischen RNA ist, dass sie anders als die gängigen Chemotherapien die Stammzellen des blutbildenden Systems nicht schädigt, da diese nicht auf die unterdrückten Signalwege angewiesen sind.

Die Behandlung mit den Wirkstoff-Nanopartikeln wurde von allen Versuchstieren gut toleriert und bekämpfte die Blutkrebszellen erfolgreich, wie Klusmann zusammenfasst: „Bei allen behandelten Tieren konnte die Überlebenszeit deutlich verlängert werden, bei einzelnen Tieren kam es sogar zu einer Heilung.“ Besonders ermutigend ist, dass miR-193b bei allen getesteten AML-Unterformen wirkte: Für die Versuche wurden vier verschiedene Arten von Krebszellen untersucht, darunter eine, die bei Menschen mit Down-Syndrom häufig auftritt. „Nicht-kodierende RNAs und ihre Gene hat man früher für DNA-Schrott gehalten“, erklärt Klusmann. „Nun haben wir eine darauf basierende Therapie entwickelt, die eine neue und sehr spezifische Behandlungsmöglichkeit für myeloische Leukämien verspricht.“ Die Hoffnung ist, dass diese Therapie zukünftig Chemotherapien unterstützen kann, die auf diese Weise weniger intensiv sein müssen.

Publikation: Hasan Issa, Raj Bhayadia, Robert Winkler, Laura Elise Swart, Dirk Heckl, Jan-Henning Klusmann: Preclinical testing of miRNA-193b-3p mimic in acute myeloid leukemias. Leukemia 37, 1583 (2023) https://doi.org/10.1038/s41375-023-01937-6

Weitere Informationen
Prof. Dr. med. Jan-Henning Klusmann
Direktor
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Frankfurt
Tel: +49 (0)69 6301-5094
klusmann@em.uni-frankfurt.de
kkjm.direktor@gmail.com
www.kgu.de
www.leukemia-research.de

Prof. Dr. Dirk Heckl
Institut für Experimentelle Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Goethe-Universität Frankfurt
d.heckl@kinderkrebsstiftung-frankfurt.de

Twitter: @jhkmann @jhklusmann @goetheuni @UK_Frankfurt


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 27 2023
12:27

Prof. Till van Rahden spricht in der Universitätsbibliothek Frankfurt über den liberalen Politiker und deutschen Juden. 

Vortrag: Gabriel Riesser und der demokratische Aufbruch von 1848

FRANKFURT. Anlässlich des 175. Jubiläums der Nationalversammlung in der Paulskirche und der Schenkung der Flugblattsammlung Riesser an die Bibliothek spricht Prof. Dr. Till van Rahden (Université de Montréal) über den demokratischen Aufbruch von 1848 und den Abgeordneten Gabriel Riesser. Die Revolution von 1848 und die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche sind bedeutsam für die Anfänge des Parlamentarismus in Deutschland. Der demokratische Aufbruch mobilisierte weite Schichten der Gesellschaft. 1848/49 wurde debattiert, gestritten und teils gewaltsam revoltiert, stets publizistisch begleitet durch die zeitgenössische Tagespresse, in Flugschriften oder Karikaturen.

Vortrag: Till van Rahden (Université de Montréal),
„Ein Wunder des Rechts und der Freiheit“ -
Gabriel Riesser und der demokratische Aufbruch von 1848.
Montag, 4. Dezember 2023, 18.30 Uhr,
Schopenhauer Studio der Universitätsbibliothek,
Freimannplatz 1 (vormals Bockenheimer Landstraße 134 – 138),
60325 Frankfurt am Main. Eintritt frei

Till van Rahden, Professor für Deutschland- und Europastudien an der Université de Montréal, beleuchtet in seinem Vortrag den demokratischen Aufbruch von 1848 und widmet sich dabei auch dem Abgeordneten Gabriel Riesser, der als liberaler Politiker und deutscher Jude für die Idee einer Gesellschaft der Freien und Gleichen eintrat. Anhand der Erfahrungen von Juden, Frauen und dem „einfachen Volk“ zeigt van Rahden, dass Demokratie bereits 1848 nicht nur als eine Herrschafts-, sondern auch als eine Lebensform galt.

Die Universitätsbibliothek JCS würdigt mit diesem Vortragsabend das 175. Jubiläum der Nationalversammlung und freut sich zugleich, mit der Sammlung Riesser eine bedeutende Ergänzung der historischen Bestände der Universitätsbibliothek zur Geschichte der Revolution vorstellen zu dürfen. Das Konvolut mit mehr als 100 Karikaturen und Flugblättern von 1848 stammt aus dem persönlichen Besitz von Gabriel Riesser und gelangte 2022 als Schenkung der Nachfahren Riessers an die Universitätsbibliothek. Die Sammlung ist vollständig digitalisiert online zugänglich: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/riesser  


Bereits ab dem ab 27. November bis zum 22. Dezember 2023 gibt der Mastodon-Account der UB Einblick in die Sammlung Riessers, zusammengestellt von den Auszubildenden der Universitätsbibliothek: https://openbiblio.social/@ub_ffm  

Information: Dr. Kerstin von der Krone, Kuratorin der Hebraica- & Judaica-Sammlung, Universitätsbibliothek, Freimannplatz 1 (vormals Bockenheimer Landstraße 134 – 138), 60325 Frankfurt am Main, Tel: +49 (69) 798 39665, E-Mail: k.vonderkrone@ub.uni-frankfurt.de

Kontakt für Pressefragen allgemein: Bernhard Wirth, Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, Universitätsbibliothek, Freimannplatz 1 (vormals Bockenheimer Landstraße 134-138), 60325 Frankfurt am Main, Tel. +49 (69) 798 39223; E-Mail: pr-team@ub.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 27 2023
10:32

Beim neuen Science Talk der Goethe-Uni geht es in lockerer Runde um Forschung und Menschen

Wissen angezapft 

Zwei Forschende, eine Moderatorin, ein Tresen und ein Shantychor: Das alles gehört zum Ensemble der neuen Reihe „Wissen angezapft“, zu der die Goethe-Universität jenseits des Hörsaals lädt. Den ersten Science Talk eröffnen ein Politikwissenschaftler und ein Chemiker im Kunstverein Familie Montez.

FRANKFURT. Raus aus dem Labor oder dem Hörsaal – rein in Bar, Kneipe oder Café gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität in der neuen Reihe „Wissen angezapft“. Für ihr Publikum bedeutet das: abends ausgehen und nebenbei den eigenen Horizont erweitern – etwa um zu erfahren, wie Lichtgeschwindigkeit beim Energiesparen helfen kann, ob die Brandmauer nach rechts tatsächlich halten kann, welche Tricks nötig sind, damit Arzneimittel im Körper an die richtige Stelle gelangen, und was mit Licht geschehen muss, damit es bei der Heilung hilft. Und vor allem: Was das für Menschen sind, die an solchen Themen arbeiten und für ihr Fach brennen.

Bei „Wissen angezapft“ geht es also um Forschung und Menschen, um Durchbrüche und Flops, um Jubel und Frust. Und um das, was Menschen dazu antreibt, die Grenzen unseres Wissens zu erweitern.

Eröffnet wird die Reihe

„Wissen angezapft“
am 6. Dezember, 19:30 Uhr
im Kunstverein Familie Montez
Honsellstraße 7, 60314 Frankfurt am Main

Gäste des Abends unter dem Motto Hält die Brandmauer nach rechts? - Ist Heilen mit Licht Science Fiction? sind der Politikwissenschaftler Thomas Biebricher und der Chemiker Alexander Heckel, beide Professoren an der Goethe-Universität. Biebricher fragt unter anderem, warum die Europäische Union Feindbild rechter Strömungen ist und hat kürzlich das Buch „Mitte /Rechts. Die internationale Krise des Konservatismus“ veröffentlicht. Heckel forscht an der Regulierung biologischer Prozesse mit Licht, um zu erkennen, wie Krebsmedikamente mit Licht gesteuert werden können.

Es moderiert die Kabarettistin und Comedian Britta Hoffmann, musikalisch begleitet der Shantychor Eschersheim.

Die Reihe Science Talk mit den Themen
Wie sehen die Medikamente der Zukunft aus?
Wie spart man Energie mit Lichtgeschwindigkeit?
wird fortgesetzt
am 11. Januar, 19:30 Uhr
im Kunstverein Familie Montez
Honsellstraße 7, 60314 Frankfurt am Main

Gäste sind die Pharmazeutin Maike Windbergs, Professorin an der Goethe-Universität, und Kernphysiker Norbert Pietralla, Professor an der TU Darmstadt und Co-Sprecher des Clusterprojekts ELEMENTS. Windbergs arbeitet an Trägersystemen, die Arzneistoffe zielgerichtet an ihren Wirkort im Körper bringen und menschlichen Geweben im Reagenzglas zur Testung von neuen Therapien. Pietralla erforscht die komplexen Kräfte in Atomkernen und wie der Betrieb eines Teilchenbeschleunigers nachhaltig gestaltet werden kann.

Weitere Informationen
Pia Barth
Referentin für Wissenschaftskommunikation
Büro für PR & Kommunikation
Goethe-Universität
Telefon 069/798-12481
E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 24 2023
13:47

Neuer Sonderforschungsbereich an der Goethe-Universität befasst sich mit der Negation in Sprache und Kognition – Sonderforschungsbereich zur Autophagie geht in die dritte Förderphase 

„Nein“-Sagen unter der linguistischen Lupe

Wie funktioniert die Verneinung in der Sprache? Und wie hängen die sprachlichen Strukturen hierfür mit der Wahrnehmung im Gehirn zusammen? Solchen Fragen widmet sich der Sonderforschungsbereich 1629 „Negation: Ein sprachliches und außersprachliches Phänomen“ (NegLaB) an der Goethe-Universität, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) heute für die Förderung bewilligt hat. Bereits in die dritte Förderphase geht ein SFB aus der Biochemie, der sich mit der selektiven Autophagie befasst, einem natürlichen Vorgang, mit dem Zellen fehlerhafte oder überflüssige Bestandteile gezielt entsorgen können. Beide Projekte werden zunächst für vier Jahre (weiter)gefördert. Insgesamt wurden vier SFB-Anträge hessischer Universitäten bewilligt, drei davon sind Fortsetzungen.

FRANKFURT. Prof. Bernhard Brüne, Vizepräsident für Forschung an der Goethe-Universität Frankfurt, gratuliert den beteiligten Forscherinnen und Forschern zum erfolgreichen Antrag: „Wer ein Großprojekt wie einen Sonderforschungsbereich auf die Beine stellt, muss kreative und tragbare Forschungsideen haben und gut vernetzt sein. Um Neues über Sprache und Denken herausfinden, nutzt der neue SFB 1629 nicht nur die Strukturen der Goethe-Universität und verbindet Philologien mit Philosophie und Didaktik, sondern kooperiert auch mit weiteren universitären Partnern in Göttingen und Tübingen. Und natürlich freue ich mich überaus, dass der SFB 1177 zur Autophagie erneut verlängert wurde. Er war in den vergangenen Jahren außerordentlich produktiv und verspricht auch künftig bedeutende Erkenntnisse, die die Medizin einen großen Schritt voranbringen können. Diesem Sonderforschungsbereich ist es zu verdanken, dass Frankfurt in den vergangenen acht Jahren zu einem bundesweit vernetzten Zentrum für Autophagieforschung geworden ist.“

Der SFB 1629 NegLaB
Negation, also das Verneinen einer Aussage, ist eine grundlegende Eigenschaft der menschlichen Sprache. Sie ist fest in der Grammatik der verschiedenen Sprachen verankert, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Die grammatikalische Negation wirkt sich auf verschiedene Bereiche der Grammatik, aber auch der Wahrnehmung (Kognition) aus. Sie ist ein komplexes System, was schon allein dadurch zum Ausdruck kommt, dass sie beim kindlichen Spracherwerb zwar früh zum Einsatz kommt, die korrekte Verwendung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erlernt wird. Auch bei Erwachsenen ist zu beobachten, dass negative Sätze schwieriger zu verstehen sind als positive, da zunächst der Inhalt des positiven Satzes verstanden sein muss, bevor dessen Verneinung vom Sinn her erfasst wird. Der SFB NegLaB soll nun klären, wie die Negation sprachübergreifend mit grammatischen und mit nicht-linguistischen kognitiven Vorgängen zusammenhängt. Daraus erwarten sich die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein besseres Verständnis davon, wie linguistische Kompetenz und generelle Kognition zusammenhängen. Einzelne Projekte befassen sich zum Beispiel mit dem sprachgeschichtlichen Hintergrund von Adjektiven wie unaufhörlich oder unglaublich, mit der Negation in afrikanischen Sprachen, mit den Einflüssen von Negation auf Verhalten, Gedächtnis und Einstellungen oder mit der Rolle nichtsprachlicher kognitiver Fähigkeiten für die Negationsverarbeitung von Kindern. Am SFB beteiligt sind auf Seiten der Goethe-Universität die Institute für England- und Amerikastudien, für Linguistik, für Philosophie, für Psycholinguistik und Didaktik der deutschen Sprache, für Romanische Sprachen und Literaturen sowie der Fachbereich für Informatik und Mathematik. Partner an der Universität Göttingen ist das Seminar für Englische Philologie, an der Universität Tübingen der Fachbereich Psychologie. Eine Besonderheit des Projekts ist das integrierte Graduiertenkolleg, das Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler für den akademischen und außerakademischen Arbeitsmarkt ausbilden soll. Sprecherin ist Prof. Dr. Cecilia Poletto. Der SFB NegLaB erhält eine Gesamtfördersumme von rund 9,3 Millionen Euro für drei Jahre und neun Monate. Hinzu kommt die 22-prozentige Gesamtpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten.

Der SFB 1177 zur selektiven Autophagie
Bereits seit 2016 gibt es den SFB zur selektiven Autophagie unter Federführung der Goethe-Universität, nun wird er zum zweiten Mal verlängert. Beteiligt sind neben der Goethe-Universität Frankfurt die Universitäten von Mainz, München, Tübingen, Heidelberg und Freiburg, das Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin und das Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt. Die selektive Autophagie ist Teil der zellulären Müllabfuhr, mit deren Hilfe defekte oder potentiell schädliche Bestandteile abgebaut und entsorgt werden. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Erhaltung des zellulären Gleichgewichts und erfüllt wichtige Funktionen bei Alterungs- und Entwicklungsprozessen. Funktioniert dieses System nicht richtig, kann sich das Risiko für Krebs, neurodegenerative Erkrankungen und Infektionen erhöhen.  Der Forschungsverbund untersucht die Autophagie auf molekularer und zellulärer Ebene, um künftig Fehlsteuerungen rechtzeitig entgegenwirken zu können. Der Erfolg des Konsortiums ist unter anderem auf den Einsatz hochmoderner Technologien zurückzuführen, die konsequent weiterentwickelt wurden. In der dritten Förderphase wird nun die Rolle der Autophagie bei neurodegenerativen Erkrankungen, in der Immunabwehr und bei Entzündungen weiter erforscht. Auch stehen Prozesse wie Membranumbau und der dynamische Umsatz von Zellorganellen im Fokus. Eine große Rolle spielt die Nachwuchsförderung, in der ersten Förderperiode war hierfür ein Graduiertenkolleg gegründet worden – damit das damals noch junge Feld der Autophagieforschung auch künftig gut bestellt werden kann. Sprecher des SFB 1177 ist Prof. Dr. Ivan Đikić. Die endgültige Höhe der Fördermittel steht bei diesem Projekt noch nicht fest.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Cecilia Poletto
Sprecherin SFB 1629 Negation und darüber hinaus
Institut für romanische Sprachen
Goethe-Universität Frankfurt
Telefon +49 (0)69 798-32056
E-Mail Poletto@em.uni-frankfurt.de
Homepage: http://www2.uni-frankfurt.de/44033754/Poletto

Prof. Dr. Ivan Đikić
Sprecher SFB 1177 Molekulare und funktionale Charakterisierung der selektiven Autophagie
Institut für Biochemie II, Universitätsklinikum Frankfurt
Goethe-Universität Frankfurt
Telefon +49 (0)69 6301-5964
E-Mail dikic@biochem2.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 23 2023
14:08

Weitere Erforschung eines neuen Wegs des zellulären Recyclingsystems (Autophagie) geplant

Biochemiker Christian Münch von der Goethe-Universität erhält ERC Consolidator Grant

Zur weiteren Erforschung eines von ihm entdeckten Mechanismus, mit der die Zelle ihr Recyclingsystem betreibt, erhält Dr. Christian Münch vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität einen renommierten Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC). Die Forschungsförderung umfasst zwei Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre. Der Mechanismus, den Münch „Autoxitus“ genannt hat, könnte unter anderem ein neuartiger Kommunikationsweg zwischen benachbarten Zellen sein und eine Rolle bei Virusinfektionen und neurodegenerativen Krankheiten spielen.

FRANKFURT. Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, gratuliert dem Biochemiker: „Dr. Christian Münch ist ein ausgezeichneter Wissenschaftler, der sich nun bereits zum zweiten Mal im hoch kompetitiven Auswahlverfahren der ERC-Grants durchsetzen konnte. Mit seinem Forschungsprojekt zum ‚Autoxitus' wird er, wie schon in der Vergangenheit, grundsätzlich und bahnbrechende Erkenntnisse über das Zusammenspiel zwischen Stoffwechsel und Signalgebung in der Zelle erarbeiten, denn er beweist mit seinem Programm Mut zum wissenschaftlichen Risiko. Das schätzen und fördern wir an der Goethe-Universität sehr, denn solche Projekte bringen unseren Kenntnisstand wirklich weiter, der die zwingend notwendige Voraussetzung für Innovation und Transfer ist. Dieser ERC-Grant zeigt erneut, dass es uns gelingt, exzellente junge Talente an die Goethe-Universität zu holen.“

In seinem neuen Forschungsprojekt untersucht Dr. Christian Münch einen neuen Typus der Abbauprozesse, mit der die Zelle ein fein austariertes Gleichgewicht zu ihrer ständigen Synthese vielfältiger Stoffe und Organellen hält. Bei der sogenannten Autophagie umschließt die Zelle nicht mehr benötigte Bestandteile mit Membranbläschen, innerhalb derer diese Bestandteile abgebaut werden. Der von Münch entdeckte Abbauweg „Autoxitus“ führt allerdings dazu, dass der Inhalt dieser Membranbläschen aus der Zelle heraustransportiert wird. Ob die Zelle damit ihren Nachbarn signalisieren kann, dass sie sich in einem Stresszustand befindet, der zum Beispiel Folge einer Virusinfektion oder einer neurodegenerativen Erkrankung zurückzuführen ist, ist eine von Münchs Forschungsfragen.

Christian Münch promovierte an der Universität Cambridge und arbeitete als Postdoktorand an der Harvard Medical School. Seit 2016 ist er Leiter der Abteilung Quantitative Proteomics am Institut für Biochemie II der Goethe-Universität Frankfurt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen zelluläre Stressreaktionen auf fehlgefaltete Proteine in den Kraftwerken der Zelle (Mitochondrien) sowie auf Infektionen und Krankheiten. Sein Ziel: Er möchte verstehen, mit welchen Veränderungen das ganze System Zelle auf Stress reagiert. Für seine Arbeit erhielt er bereits einen ERC Starting Grant, eine Emmy-Noether-Förderung und eine Reihe von Auszeichnungen. Er ist ein EMBO Young Investigator und Mitglied in den Lenkungsausschüssen des BMBF Cluster4Future Proxidrugs, des Sonderforschungsbereichs 1177 zur selektiven Autophagie, des Fraunhofer Leistungszentrums TheraNova sowie des Forschungsclusters EMTHERA (Emerging Therapies) unter Leitung der Goethe-Universität.

Mit dem ERC Consolidator Grant fördert der European Research Council exzellente, vielversprechende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet. Der Grant soll ihnen ermöglichen, einen eigenen Forschungsbereich auszubauen und visionäre, grundlagenorientierte Forschung zu betreiben. Mit einem Fördervolumen von bis zu zwei Millionen Euro für fünf Jahre gehört der Consolidator Grant zu den höchstdotierten Einzel-Fördermaßnahmen der Europäischen Union.

Links:
SFB 1177:
Molekulare und Funktionale Charakterisierung der Selektiven Autophagie:
https://www.sfb1177.de/
Proxidrugs: Zielstrukturen als neuartiger Wirkmechanismus für Arzneimittel
https://www.proxidrugs.de/de
TheraNova: Leistungszentrum Innovative Therapeutika
https://www.fraunhofer.de/de/institute/kooperationen/leistungszentren/theranova.html
EMTHERA: Emerging Therapies
https://www.emthera.de/

Bild zum Download:
https://www.puk.uni-frankfurt.de/93374838

Bildtext: Dr. Christian Münch, Goethe-Universität. Bild: Uwe Dettmar

Weitere Informationen
Dr. Christian Münch
Leiter Emmy Noether-Gruppe – Protein-Qualitätskontrolle und Quantitative Proteomics
Institut für Biochemie II
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: +49 (0)69 6301-3715
ch.muench@em.uni-frankfurt.de
https://pqc.biochem2.de

Twitter/X: @MuenchLab @goetheuni @IBC2_GU


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 23 2023
10:27

Ausstellung im Schopenhauer-Studio der Universitätsbibliothek

Bilder werfen: Grabungsarbeiten zur studentischen Filmkultur in Frankfurt

FRANKFURT. Die Ausstellung „Bilder werfen“, die am 30. November eröffnet wird, erkundet die Geschichte studentischer Filmkultur an der Goethe-Universität. Über mehr als siebzig Jahre prägte eine Vielzahl von Gruppen mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen und jeweils eigenem Selbstverständnis geprägt diese Entwicklung - seit der Gründung des "Film-Studio“ im Jahr 1951 bis zum aktuellen Pupille-Kino. Die Ausstellung ist das Resultat eines mehrsemestrigen Forschungsseminars des Masterstudiengangs „Filmkultur: Archivierung, Programmierung, Präsentation“ unter der Leitung von Bettina Schulte Strathaus und Johannes Praetorius-Rhein.

Ausstellung: „Bilder werfen“
1. Dezember 2023 bis 28. Februar 2024 im
Schopenhauer-Studio der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Freimannplatz 1 (vormals Bockenheimer Landstr. 134-138), 60325 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten:
Dienstag - Freitag: 13.00 - 20.00 Uhr
Samstag und Sonntag: 10.30 - 18.00 Uhr
Montags geschlossen, Eintritt frei.

Die studentische Film- und Kinoarbeit hat in Frankfurt lange Tradition. Der Startschuss kann auf Ende 1951 datiert werden, als Studierende ihren ersten selbstgedrehten Film in einem Hörsaal der Goethe-Universität vorführten. Im Anschluss daran gründeten filminteressierte Studierende den Filmklub „Film-Studio“, dessen Mitglieder den Anspruch hatten, sowohl Filme zu drehen als auch zu zeigen. In den mehr als 70 Jahren, die seitdem vergangen sind, ist viel passiert. Verschiedene Gruppierungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen folgten aufeinander oder spalteten sich ab. Zeitweise drehten sie eigene Filme, brachten eine Filmzeitschrift heraus oder entwickelten Ideen zur universitären Filmwissenschaft in Frankfurt. Immer wieder musste auch um den Erhalt eines eigenen Uni-Kinos gekämpft werden. Mit Erfolg, denn das Uni-Kino existiert bis heute - in Form der „Pupille.“

Die Ausstellung „Bilder werfen: Grabungsarbeiten zur studentischen Filmkultur“ im Schopenhauer-Studio der Universitätsbibliothek gibt Einblick in genau diese Geschichte. Eine Chronik, die den ganzen Raum füllt, wirft Licht auf die wichtigsten Ereignisse, Stationen im Raum vertiefen einzelne, ausgewählte Themen. Es wird sich etwa der frühen Programmarbeit, dem Frauenkino in den 1980ern und der politischen Filmarbeit abseits des „Film-Studios“ gewidmet. Zeitschriften und Programmbroschüren aller Jahrzehnte zeigen einen Querschnitt der publizistischen Aktivitäten.

Ein Gastspiel der Kinothek Asta Nielsen verdeutlicht außerdem, dass sich studentische Filmkultur nicht auf die Grenzen der Universität beschränken lässt. Ganz im Gegenteil: es wird ersichtlich, dass die Geschichte der studentischen Filmkultur auch Zeit- und Stadtgeschichte ist. Nicht zuletzt erzählt die Ausstellung von Experimenten, Positionierungen, Grabenkämpfen und Wunschproduktionen rund um den Film und seine Öffentlichkeiten überhaupt. Begleitet wird die Ausstellung von einer Filmreihe in Kooperation mit der „Pupille.“

Mehr Informationen, Termine zu Begleitveranstaltungen und Kontakte:
https://www.ub.uni-frankfurt.de/ausstellung/bilder_werfen.html   

Kontakt: Bettina Schulte Strathaus, b.schulte-strathaus@tfm.uni-frankfurt.de und Johannes Praetorius-Rhein: rhein@tfm.uni-frankfurt.de, beide Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität

Kontakt für Pressefragen allgemein: Bernhard Wirth, Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, Universitätsbibliothek, Freimannplatz 1 (vormals Bockenheimer Landstraße 134-138), 60325 Frankfurt am Main, Tel. +49 (69) 798 39223; E-Mail: pr-team@ub.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 21 2023
11:31

Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft veröffentlicht Expertise zu islamischen Bestattungen

Immer mehr Musliminnen und Muslime lassen sich in Deutschland bestatten

Mehr als 5,5 Millionen Musliminnen und Muslime leben in Deutschland. Immer mehr von ihnen wollen nach ihrem Tod auch hierzulande beerdigt werden. Die gestiegene Nachfrage nach islamischen Bestattungen stellt deutsche Kommunen und muslimische Gemeinden vor vielfältige Herausforderungen.

FRANKFURT. Ohne Sarg, ausgerichtet nach Mekka – nach diesen religiösen Vorgaben werden Muslime traditionell beerdigt. Doch inwieweit werden diese Vorgaben mittlerweile auch auf deutschen Friedhöfen umgesetzt? Welche Lösungen haben Friedhofsbetreiber gefunden, um Bestattungen nach islamischen Ritus zu ermöglichen?

Die heute von der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft veröffentlichte Expertise „Islamische Grabfelder und Bestattungen auf deutschen Friedhöfen“ liefert auf einer breiten Datenbasis erstmals ein genaues Bild zum aktuellen Stand von islamischen Bestattungen auf kommunalen Friedhöfen in Deutschland. Der Hauptautor, Prof. Thomas Lemmen, Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, hat im Rahmen seines Forschungsfellowships für die AIWG-Expertise eine quantitative Erhebung durchgeführt, an der sich bundesweit rund 86 Prozent der mehr als 300 Friedhofsverwaltungen, die über islamische Grabfelder verfügen, beteiligt haben. Die ausgewerteten Daten zeigen: Einer islamkonformen Beisetzung steht aus rechtlicher Sicht wenig entgegen, das deutsche Bestattungsrecht berücksichtigt weitgehend religiöse Vorstellungen von Musliminnen und Muslimen.

Dennoch fehlt es auf deutschen Friedhöfen bislang oft an Wissen dazu, was bei Bestattungen von Muslimen und der Einrichtung von islamischen Grabfeldern zu beachten ist und an wen sich Friedhöfe wenden können. Daher präsentiert die Publikation nicht nur die empirischen Daten und Informationen zur historischen Entwicklung, sondern auch Anschauungsmaterial und Beiträge zu Ritualen und praktischen Fragen hinsichtlich der religiösen Grundlagen sowie dem Ablauf islamischer Bestattungen, verfasst von Dr. Özgür Uludağ.

„Zum Leben gehört das Lebensende mit dem Bestattungsort als letzter und ewiger Endstation. Mit der wachsenden religiösen und weltanschaulichen Heterogenität müssen sich auch Bestattungsunternehmen, kommunale Ämter und Friedhofsverwalter befassen. Für sie hält diese Expertise wichtige Informationen bereit, wie auch für Wissenschaftler_innen, die sich mit dem Themenkomplex befassen. Sie richtet sich zudem an Muslim_innen und deren Institutionen, die sich in Deutschland nicht nur mit spezifischen religiösen Fragen im Todesfall konfrontiert sehen, sondern auch mit amtlichen und praktischen Herausforderungen“, so Dr. Raida Chbib, Geschäftsführerin der AIWG.

Die vollständige Publikation kann auf der Website der AIWG heruntergeladen werden unter:
https://aiwg.de/wp-content/uploads/2023/11/AIWG010_Expertise_230803_Screen.pdf 

Save the date: Live Talk mit den Autoren

Am 28. November 2023 veranstaltet die AIWG ab 16 Uhr einen Live-Talk mit den Autoren. Mehr Informationen zur Veranstaltung sind in Kürze abrufbar unter: https://aiwg.de/


Über die Autoren

Prof. Dr. Thomas Lemmen ist Honorarprofessor im Fachbereich Sozialwesen der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Köln, und Studiengangleiter des berufsbegleitenden Masterstudiengangs „Interreligiöse Dialogkompetenz“. Seine Forschungsschwerpunkte sind Grundlagen und praktische Ansätze des interreligiösen Dialogs sowie aktuelle Themen muslimischen Lebens in Deutschland. Von Oktober 2021 bis Juni 2022 hat er als Forschungsfellow an der AIWG das Projekt „Islamische Bestattungen in Deutschland: Eine Bestandsaufnahme der Anpassung bestattungsrechtlicher Regelungen von Ländern und Kommunen an religiöse Bedürfnisse und Erwartungen von Muslim_innen in Deutschland“ durchgeführt. Mehr zum Forschungsfellowship der AIWG können Sie hier nachlesen.

Dr. Özgür Uludağ hat an der Universität Hamburg Islamwissenschaft, Philosophie, Politikwissenschaft, Turkologie und Migrationssoziologie studiert. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat er mit einer Dissertation zu „Islamische Bestattungen und die Entscheidungsfindung bei der Ortswahl des Grabes“ promoviert. Neben seinem Studium hat er jahrelang als Bestatter bei muslimischen Beerdigungen gearbeitet oder überführt. Im Rahmen seines AIWG-Praxisfellowships ist eine multimediale Webseite zu Islamischen Bestattungen in Deutschland entstanden. Die Webseite ist abrufbar unter: https://one.pageflow.io/islamische-bestattungen-in-deutschland#344736

Die Titelseite zum Download finden Sie unter: https://aiwg.de/wp-content/uploads/2023/11/AIWG010_Expertise_230803_Screen.pdf


Weitere Informationen
Stefanie Golla-Dehmamy
Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft
Goethe-Universität
Telefon 069 798-22459
E-Mail golla@aiwg.de
Homepage https://aiwg.de/


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 20 2023
11:22

Start für die Campusschulen in Frankfurt am Main

Gemeinsam Bildungschancen verbessern

Mit einer Kick-off-Veranstaltung geht das Programm der Frankfurter Campusschulen heute offiziell an den Start. Ziel ist es, Schulpraxis, Bildungsforschung und Lehrkräftebildung systematisch in einen für alle Seiten konstruktiven Austausch zu bringen und auf dieser Basis nachhaltig zusammenzuarbeiten. So sollen sich die Bildungschancen der Schüler*innen an den beteiligten Campusschulen verbessern. Getragen wird das Programm vom DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und der Goethe-Universität Frankfurt.

FRANKFURT. „Durch einen wechselseitigen Dialog sollen Schulpraxis, Bildungsforschung und Lehrkräftebildung von der Erfahrung und dem Fachwissen aller Beteiligten profitieren“, beschreibt Prof. Dr. Mareike Kunter vom DIPF die Ausrichtung der Campusschulen. Die Bildungsforscherin ist eine der Initiatorinnen des Programms. Die heutige Kick-off-Veranstaltung auf dem Campus Westend in Frankfurt ist für interessierte Schulleitungen gedacht, die dabei mehr über die genauen Abläufe des Programms erfahren und sich mit anderen Schulen sowie mit Wissenschaftler*innen austauschen können.

Das Programm richtet sich an Grund-, Haupt-, Real-, Gesamt- oder Förderschulen in Frankfurt am Main und Umgebung, vor allem an solche mit einer sehr heterogenen Schüler*innenschaft.
Prof. Dr. Ilonca Hardy, Professorin am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität und Mitglied des Direktoriums der Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung, erläutert: „In der Verknüpfung von Forschung und Schulpraxis gilt unsere besondere Aufmerksamkeit dem Unterricht in heterogenen Lerngruppen. So soll die Förderung von Kindern, deren Bildungserfolg durch verschiedene Risiken wie beispielsweise Lernschwierigkeiten, geringe Sprachkompetenz oder das Aufwachsen in Familien mit geringem Einkommen gefährdet sein kann, verbessert werden.“ Gemeinsam mit den Schulen soll ein Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit geleistet werden.

Kooperationen ganz nach Bedarf

Je nach Interesse und Bedarf der Schulen sind verschiedene bilaterale Kooperationsmodelle möglich, von denen sowohl Schulen als auch Forschung und Lehrkräftebildung gleichermaßen profitieren:

1. Basiskooperation: Hier handelt es sich um ein niederschwelliges Angebot. Beispielsweise gibt es einen Newsletter mit aktuellen Informationen aus dem Programm, der den Schulen in regelmäßigen Abständen zugesandt wird. Außerdem erhalten Schulen bei Interesse gebündelte Informationen zu spezifischen Themen aus der Bildungsforschung. Auch werden sie zu Veranstaltungen (wie dem einmal jährlich stattfindenden Tag des Dialogs) eingeladen.

2. Fortbildungs- und Studienkooperation: Die Schulteams werden im Rahmen von Workshops, Vorträgen oder pädagogischen Tagen fortgebildet. Neben einem vorgeschlagenen Themenportfolio sind hierbei auch individuelle Wünsche der Schulen möglich. Zugleich werden die Beteiligten aus Forschung und Lehrkräftebildung unterstützt: durch die Teilnahme der Schulen an wissenschaftlichen Projekten, Hospitationsmöglichkeiten für Nachwuchsforschende und Studierende sowie gegenseitige Rückmeldungen zu Forschungsvorhaben und -ergebnissen.  

3. Intensivkooperation: Hierbei ist eine längerfristige und für beide Seiten gewinnbringende Zusammenarbeit vorgesehen, also eine gemeinsam vorangetriebene Schulentwicklung und Forschung.


Erste Campusschulen sollen im Nachgang der Kick-off-Veranstaltung ernannt werden. Für die gesamte Programm-Laufzeit, die zunächst bis Ende 2025 geplant ist, erwarten die Verantwortlichen rund 20 teilnehmende Schulen.


Beteiligte und Funktionen

Das DIPF und die Goethe-Universität sind gleichberechtigte Kooperationspartner des Campusschulprogramms. Die zentrale Koordination der Campusschulen übernimmt das DIPF. Unterstützt wird das Programm durch das ebenfalls am DIPF koordinierte Forschungszentrum „IDeA – Center for Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk“, dessen Gründungspartner das DIPF, die Goethe-Universität und das Sigmund-Freud-Institut sind. Die Goethe-Universität ist zudem über die „Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung“ (ABL) und die „Didaktische Werkstatt – Arbeitsstelle für Diversität und Unterrichtsentwicklung“ des Fachbereichs Erziehungswissenschaften im Campusschulprogramm vertreten.

Die genannten wissenschaftlichen Partnerorganisationen finanzieren das Vorhaben gemeinsam – mit zusätzlicher Förderung durch die „Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main“. Das Campusschulprogramm wird interessierten Wissenschaftler*innen des DIPF und der Goethe-Universität im Bereich der Bildungsforschung offenstehen, um Schulen ein möglichst vielfältiges Portfolio an Forschungs- und Entwicklungsperspektiven zu bieten. zum achten Mal veranstalten der Förderverein Mathematik sowie das Institut für Mathematik der Goethe-Universität eine interdisziplinäre Ringvorlesung, die sich im Rahmen der Frankfurter Bürgeruniversität an die Öffentlichkeit richtet. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit der Spieltheorie, die die mathematische Sicht auf Konfliktsituationen bereitstellt. Aufgrund der Zunahme von weltweiten gesellschaftlichen Konflikten in einer Weise, die vor Jahren noch unvorstellbar war, wird hier eine besonders aktuelle Thematik beleuchtet.

Kontakt:
Koordination des Campusschulprogramms:
Michaela Menstell, DIPF, +49 (0)69 24708-879, m.menstell@dipf.de 
Presse:
Philip Stirm, DIPF, +49 (0)69 24708-123, p.stirm@dipf.de, pr@dipf.de
Dirk Frank, Goethe-Universität Frankfurt, +49 (0)69 798-13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de, presse@uni-frankfurt.de

Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Programms: www.dipf.de/de/campusschulen


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 20 2023
11:17

Mediziner:innen der Goethe-Universität Frankfurt identifizieren in der DNA von Leukämiezellen einen vielversprechenden Angriffspunkt für neue Therapieansätze

Kinderonkologie: Neue Achillesferse von Leukämiezellen entdeckt

Leukämien sind die häufigste Krebsart bei Kindern. Die Behandlung erfolgt mit intensiver Chemotherapie, die aufgrund ihrer unspezifischen Wirkungsweise schwere Nebenwirkungen hat. Ein Team der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und des Instituts für Experimentelle Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der Goethe-Universität Frankfurt hat nun eine Stelle in der DNA der Krebszellen entdeckt, die für das Überleben von Leukämiezellen essentiell ist. Krebszellen, bei denen das an dieser Stelle kodierte Gen experimentell verändert wurde, starben ab. Der Genort stellt damit ein vielversprechendes Angriffsziel für eine zukünftige Therapiealternative dar.

FRANKFURT. Der Begriff Leukämie umfasst verschiedene Formen von Blutkrebs, zu denen auch die akute myeloische Leukämie (AML) gehört. Dabei entarten frühe Vorstufen der Blutzellen – die Stammzellen und die daraus hervorgegangenen Vorläuferzellen. Bei Kindern ist die AML die zweithäufigste Leukämie; sie macht rund vier Prozent aller bösartigen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus. Trotz intensiver Chemotherapie überlebt nur rund die Hälfte der Betroffenen ohne erneuten Krankheitsrückfall. Rund ein Drittel der Kinder sind nach der Therapie auf eine Stammzellspende angewiesen. Da die unspezifisch wirkenden Chemotherapien starke Nebenwirkungen aufweisen, wird dringend nach neuen, spezifischen Therapieansätzen gesucht.

Eine ungewöhnliche Achillesferse von AML-Zellen hat nun ein Team um Jan-Henning Klusmann von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und Dirk Heckl vom Institut für Experimentelle Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der Goethe-Universität Frankfurt gefunden. Für ihre jetzt veröffentlichte Studie hatten sie sich in den Blutkrebszellen eine bestimmte Gruppe von Nukleinsäuren angeschaut: die nicht-kodierenden RNAs. Diese entstehen genauso wie gewöhnliche messenger-RNAs (mRNAs) durch die Abschrift (Transkription) von Genen. Anders als mRNAs werden die nicht-kodierende RNAs jedoch danach nicht in Proteine übersetzt, sondern übernehmen häufig regulatorische Funktionen zum Beispiel bei Zellwachstum und Zellteilung. Eine massive Störung von Regulationsvorgängen zeichnet typischerweise Krebszellen aus. Nicht-kodierende RNAs sind deshalb interessante Ansatzpunkte für die Bekämpfung von Krebs.

Vor diesem Hintergrund wollten die Forschenden um Klusmann und Heckl mehr über die Rolle von nicht-kodierenden RNAs in AML-Zellen wissen. Dazu erstellten sie eine Art Bestandsaufnahme dieser Moleküle in Krebszellen von erkrankten Kindern und verglichen das erhaltene Muster mit dem gesunder Blutstammzellen. Knapp 500 nicht-kodierende RNAs wurden in AML-Zellen im Vergleich zur gesunden Zelle vermehrt gebildet – ein Hinweis darauf, dass diese in den Krebszellen eine wichtige Funktion wahrnehmen könnten. Um dies zu überprüfen, schalteten die Forschenden jedes einzelne dieser RNA-Moleküle aus, indem sie verhinderten, dass das kodierende Gen im Genom abgelesen wurde. Den deutlichsten Effekt fanden sie für das Gen MYNRL15: Krebszellen, bei denen dieses Gen ausgeschaltet war, verloren ihre Fähigkeit zur unbegrenzten Vermehrung und starben ab.

Überraschenderweise war für diesen Effekt aber nicht das Fehlen der nicht-kodierenden RNA verantwortlich, wie Klusmann kommentiert: „Die von uns beobachtete regulatorische Funktion ist auf das Gen MYNRL15 selbst zurückzuführen.“ Das Team konnte zeigen, dass sich durch die Zerstörung des Gens die räumliche Struktur des Chromatins, also der dreidimensionalen Organisationsform des Erbguts, veränderte. „Dies führte zur Deaktivierung von Genen, die AML-Zellen für ihr Überleben benötigen“, so Klusmann. Damit bietet sich nun eine ungeahnte neue Möglichkeit, um Blutkrebs zu bekämpfen.

Vor diesem Hintergrund ist es bedeutsam, dass der hemmende Effekt durch das veränderte MYNRL15-Gen bei verschiedenen AML-Zelllinien beobachtet werden konnte. Diese stammten sowohl aus Kindern als auch aus Erwachsenen und deckten verschiedene Unterformen der Krankheit ab – darunter eine, die bei Menschen mit Down-Syndrom häufig auftritt. „Dass alle Leukämien, die wir untersucht haben, von diesem Genort abhängig waren, zeigt uns, dass dieser eine wichtige Bedeutung haben muss“, schlussfolgert Klusmann. Die Forschenden hoffen nun, dass sich die Abhängigkeit der Krebszellen von MYNRL15 ausnutzen lässt, um eine spezifische Gentherapie zu entwickeln. „In unserer Studie haben wir erstmals systematisch nicht-kodierende RNAs und ihre Gene in AML-Zellen untersucht und dabei einen Genort identifiziert, der einen vielversprechenden Angriffspunkt für die Entwicklung einer zukünftigen Therapie darstellt“, fasst Klusmann zusammen.

Publikation: Michelle Ng, Lonneke Verboon, Hasan Issa, Raj Bhayadia, Marit Willemijn Vermunt, Robert Winkler, Leah Schüler, Oriol Alejo, Konstantin Schuschel, Eniko Regenyi, Dorit Borchert, Michael Heuser, Dirk Reinhardt, Marie-Laure Yaspo, Dirk Heckl, Jan-Henning Klusmann: Myeloid leukemia vulnerabilities embedded in long noncoding RNA locus MYNRL15. iScience 26, 107844 (2023) https://doi.org/10.1016/j.isci.2023.107844

Weitere Informationen
Prof. Dr. med. Jan-Henning Klusmann
Direktor
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Frankfurt
Telefon: +49 69 6301-5094
kkjm-direktor@kgu.de
www.kgu.dewww.leukemia-research.de

Prof. Dr. Dirk Heckl
Institut für Experimentelle Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Goethe-Universität Frankfurt
d.heckl@kinderkrebsstiftung-frankfurt.de
Twitter: @jhkmann @jhklusmann @goetheuni @UK_Frankfurt


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 15 2023
15:07

 Die italienische Erfolgsautorin Francesca Melandri ist zu Gast bei der Ginzburg Lecture an der Goethe-Universität

Italienische Geschichte wird im Erzählen lebendig

FRANKFURT. Sie gilt manchen als „die neue Elena Ferrante“, aber Francesca Melandri hat ihren ganz eigenen Stil. Ihr Roman „Alle, außer mir“, der im Original unter dem Titel „Sangue giusto“ 2017 erschienen ist, erzählt eindringlich und spannend von einem dunklen Kapitel europäischer, insbesondere italienischer Geschichte, nämlich der Rolle Italiens als Kolonialmacht in Äthiopien und Eritrea. Melandri verwebt darin die Themen Identität, Verdrängung, Familie und Kolonialismus zu einer meisterlichen Erzählung, die die Geschehnisse um den Abessinienkrieg anhand einer individuellen Lebensgeschichte anschaulich macht.

Im Rahmen der Frankfurter Ginzburg Lecture ist Melandri zu Gast an der Goethe-Universität. Unter dem Titel LA PELLE VIVA DELLA STORIA („Die lebendige Haut der Geschichte“) wird sie

am Mittwoch, 29. November, von 18 Uhr c.t.,
im IG-Farben-Gebäude, Raum 311
auf dem Campus Westend
der Goethe-Universität

aus ihrem jüngsten Buch lesen und über ihre aktuellen Projekte sprechen. Ihr italienischer Vortrag wird ins Deutsche übersetzt.

Bekannt geworden war Melandri, Jahrgang 1964, bereits 2010 durch Ihren Roman „Eva dorme“ („Eva schläft“, Blessing, 2011), der die politische Geschichte Südtirols anhand einer Familiengeschichte aufarbeitet. Es folgte 2012 „Più alto del mare“ („Über Meereshöhe“, Blessing, 2012). Die Trilogie zur politischen Geschichte Italiens fand mit dem Roman „Sangue giusto“, 2017 („Alle, außer mir“, Wagenbach, 2018) schließlich ihren Abschluss. Hier spannt sie einen Bogen von der faschistischen Beteiligung an der Kolonialisierung Afrikas bis hin zu den Schicksalen der Geflüchteten, die heute auf Lampedusa stranden.

Die Ginzburg Lecture findet zum zweiten Mal statt. Veranstalter sind das Italienzentrum der Goethe-Universität und das RMU-Italienforum. Die Schirmherrschaft der Veranstaltung hat das italienische Konsulat übernommen.

Das Veranstaltungsplakat zum Download unter: https://www.uni-frankfurt.de/145293327

Information:
Prof. Dr. Christine Ott
Institut für Romanische Sprachen und Literaturen
Goethe-Universität Frankfurt 
Telefon +49 (69) 798-32014/-32016
E-Mail: c.ott@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 14 2023
14:42

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Graduiertenkolleg zur Wohnungsforschung mit über sieben Millionen Euro

„Gewohnter Wandel“: Über die Veränderungen von Wohnen und Gesellschaft

Die Gesellschaft verändert sich und mit ihr das Wohnen. Diesem Zusammenhang soll ein gemeinsames Graduiertenkolleg von Goethe-Universität Frankfurt und Bauhaus-Universität Weimar wissenschaftlich auf den Grund gehen.  

FRANKFURT. Mehr als sieben Millionen Euro Fördermittel erhalten die Goethe-Universität Frankfurt und die Bauhaus-Universität Weimar für das gemeinsame Graduiertenkolleg „Gewohnter Wandel. Gesellschaftliche Transformation und räumliche Materialisierung des Wohnens“ von der DFG. Vom Herbst 2024 an werden Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen an den Standorten Weimar und Frankfurt interdisziplinär zur aktuellen Lage der Wohnungsversorgung forschen.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen und von elementarer Bedeutung für individuelle und gesellschaftliche Entwicklung. Im Wohnen spiegeln sich epochale Umbrüche und gesellschaftliche Wandlungsprozesse wider. Es ist eine zentrale und große Herausforderung heutiger Stadtentwicklung, mehr sozial gerechten Wohnraum zu schaffen.

Die gebaute Umwelt von morgen prägen die gesellschaftlichen Entwicklungen von heute. Daher nimmt das Kolleg zum Beispiel Veränderungen durch soziale Auseinandersetzungen, ökologische Ansprüche oder Digitalisierungsprozesse in der Wohnumwelt in den Blick: Welche Herausforderungen, Probleme, Widersprüche und Konflikte ergeben sich daraus für das Wohnen? Wie beeinflusst die gebaute Wohnumwelt wiederum zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen bzw. wie sollte sie diese prägen?

Sebastian Schipper, stellvertretender Sprecher des Graduiertenkollegs und Professor für geographische Stadtforschung an der Goethe-Universität Frankfurt, erläutert: „Die im Kolleg entstehenden Arbeiten werden das Spannungsverhältnis zwischen gesellschaftlicher Transformation und gebauter Wohnumwelt betrachten. Ziel ist es, Forschungsperspektiven zu entwickeln, mit denen Fragen des Wohnens, seines Wandels und seiner Zukunft aus gesellschaftlicher und baulich-räumlicher Sicht systematisch erforscht werden können.“

Das Kolleg bringt dabei gezielt Fachkompetenzen der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Bauhaus-Universität Weimar zusammen: Im Konsortium sind einerseits Fachleute aus Weimar vertreten, die planungs- und ingenieurwissenschaftliche bzw. entwurfsbezogene Perspektiven auf das Wohnen einnehmen, andererseits Professorinnen und Professoren aus Frankfurt, die das Wohnen aus vornehmlich gesellschafts- und geisteswissenschaftlicher Perspektive erforschen.

Über die gesamte Förderdauer von neun Jahren können bis zu 36 Promotionen zu Wohnungsfragen entstehen. Für die erste, fünfjährige Förderphase des Graduiertenkollegs erhalten Bauhaus-Universität Weimar und Goethe-Universität Frankfurt am Main zusammen insgesamt 7,2 Millionen Euro von der DFG. Als Hauptantragstellerin übernimmt zunächst die Bauhaus-Universität Weimar die Sprecherschaft für das Kolleg. Weitere Kooperationspartner sind das Institut Wohnen und Umwelt Darmstadt, die Frankfurt University of Applied Sciences (UAS), die Klassik-Stiftung Weimar, die Stiftung Baukultur Thüringen sowie der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.

Die Pressemitteilung der DFG finden Sie unter:
https://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2023/pressemitteilung_nr_45/index.html

Zwei Bilder zum Download finden Sie unter: https://www.uni-frankfurt.de/145231130

Bildinformation: Drei Zimmer, Küche, Diele, Bad«. Ausstellung zum Lehrforschungsprojekt an der Bauhaus-Universität Weimar unter Leitung von Prof. Verena von Beckerath und Prof. Dr. Barbara Schönig, Februar 2018. Foto: Andrew Alberts

Weitere Informationen
Prof. Dr. Sebastian Schipper
Professur für Geographische Stadtforschung
Institut für Humangeographie
Goethe-Universität
Telefon 069 798-35165
E-Mail s.schipper@geo.uni-frankfurt.de
Homepage https://www.uni-frankfurt.de/129754253/Prof__Dr__Sebastian_Schipper


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 14 2023
12:15

Interdisziplinäre Ringvorlesung zur Spieltheorie

Die Mathematik der Entscheidungsfindung 

FRANKFURT. Bereits zum achten Mal veranstalten der Förderverein Mathematik sowie das Institut für Mathematik der Goethe-Universität eine interdisziplinäre Ringvorlesung, die sich im Rahmen der Frankfurter Bürgeruniversität an die Öffentlichkeit richtet. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit der Spieltheorie, die die mathematische Sicht auf Konfliktsituationen bereitstellt. Aufgrund der Zunahme von weltweiten gesellschaftlichen Konflikten in einer Weise, die vor Jahren noch unvorstellbar war, wird hier eine besonders aktuelle Thematik beleuchtet.

Die Bewältigung von Konflikten ist oft mit großen Emotionen verbunden, die einen klaren Blick auf die anstehenden Entscheidungen verstellen. In der Spieltheorie geht es dagegen um rationale Entscheidungsfindung in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. In mathematischen Modellen werden typische Konfliktsituationen herausgearbeitet, wie etwa beim „Gefangenendilemma“. Dabei werden auch Zufallsentscheidungen einbezogen - wie etwa im Spiel „Stein, Schere, Papier“. Hier werden deterministische Strategien durch angepasste Gegenstrategien dominiert. Gegen diese kann man sich wiederum nur durch den Zufall wappnen. Die Ringvorlesung gibt Einblicke in Grundideen der Spieltheorie und ihre Auswirkungen auf aktuelle Fragen der Gesellschaft sowie menschliche und computerbasierte Vorhersagen.

Die Goethe-Universität hat nicht zuletzt durch den Nobelpreisträger Reinhard Selten (1994, gemeinsam mit Nash und Harsanyi), der hier 1961 in Mathematik promovierte und sich 1968 in den Wirtschaftswissenschaften habilitierte, eine besondere Verbindung zur Spieltheorie. Die Tradition der Ringvorlesung bietet ein Forum, um den Austausch zwischen der Mathematik an der Goethe-Universität und der interessierten Öffentlichkeit zu fördern. Die Vortragsreihe richtet sich an die Öffentlichkeit - ein Mathematikstudium ist keine Voraussetzung, um den Vorträgen folgen zu können.

Die Vorträge finden jeweils dienstags, 18.00 Uhr, im Hörsaal IV (Gräfstraße 50-54) auf dem Campus Bockenheim statt.

21.11.2023
Prof. Dr. Christian Rieck (Frankfurt UAS): Modell und Wirklichkeit im Spiel

19.12.2023
Prof. Dr. Bernhard v. Stengel (London School of Economics): Spieltheorie und Politik

16.01.2024
Prof. Dr. Alexandra Schwartz (TU Dresden): Mehrstufige Spiele: Vom Vorhersagen und Beeinflussen von Entscheidungen

06.02.2024
Prof. Dr. Arne Traulsen (MPI für Evolutionsbiologie, Plön): Evolutionäre Spieltheorie und soziale Dilemmas

16.04.2024 (zu Beginn des Sommersemesters)
Prof. Dr. Matthias Blonski (Goethe-Universität, Frankfurt): Kooperation im wiederholten Gefangenendilemma.

Veranstaltet wird die Ringvorlesung vom Verein zur Förderung der Mathematik an der Goethe-Universität und vom Institut für Mathematik.

Weitere Informationen unter https://ringvorlesung.math.uni-frankfurt.de/

Kontakt: Prof. Dr. Götz Kersting und Prof. Dr. Thorsten Theobald, Institut für Mathematik. Tel. 069/798-28188, Sekretariat 069/798-22526. theobald@math.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Nov 14 2023
11:27

Von Kunstwissenschaft bis Ökologie: Interdisziplinäre Tagung der Goethe-Universität widmet sich dem Phänomen des „Abgrunds“ 

„Im Abgrund der Geschichte ist für alle Platz“

FRANKFURT. Das Sprechen vom Abgrund ist so alt wie die Bibel – es kommt in nahezu allen Disziplinen vor, von der Philosophie über die Literatur bis hin zu Geologie. Das Sprechen vom Abgrund ist das Sprechen vom Äußersten: Es gibt nichts Tieferes als den Abgrund. Dabei stimmen Metapher und Realität überein: Bis heute bleiben den Menschen der Erdkern und die Meerestiefen verschlossen. In Zeiten des Klimawandels und sich überlappender Krisen steht die Menschheit in öffentlichen Reden aber des Öfteren „am Abgrund“. Wird der Begriff zu inflationär verwendet?

Die wissenschaftliche Tagung ‚„Im Abgrund der Geschichte ist für alle Platz“ – Sprechen über Abgründe' behandelt den „Abgrund“ aus verschiedenen Disziplinen – der Kulturanalyse und Biographieforschung, der Literatur- und Geschichtswissenschaft, der Kunstwissenschaft, Philosophie und Soziologie. Wo und wann wird dort vom Abgrund gesprochen? Und wird der Begriff immer angemessen verwendet?

Diesen Fragen geht die öffentliche Tagung nach

„Im Abgrund der Geschichte ist für alle Platz“ – Sprechen über Abgründe
vom 23. bis 25. November 2023
im Freies Deutsches Hochstift, Gartensaal
60311 Frankfurt am Main.

Eine Anmeldung für die öffentliche Tagung ist nicht erforderlich.

Die geladenen Wissenschaftler:innen aus dem In- und Ausland widmen sich dem „Abgrund“ unter anderem in der Sprache, in Politik und Gesellschaft und im Zusammenhang mit Hoffnung. Das ausführliche Programm ist unter folgendem Link einzusehen: Tagung Abgründe - Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Andrea Bartl) (uni-bamberg.de)

Veranstalter der Tagung ist die Goethe-Universität gemeinsam mit der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Die Tagung wird gefördert von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität e.V., der Hans-Böckler-Stiftung, dem GRADE Center Social Sciences und dem Freien deutschen Hochstift.

Weitere Informationen
Christina König
Jonathan Vogt
Fachbereich Gesellschaftswissenschaften
Goethe-Universität
E-Mail: tagungabgruende@gmail.com


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 14 2023
11:14

Prof. Bernhard Jussen stellt sein Buch „Das Geschenk des Orest“ zur Diskussion

Das Mittelalter neu betrachtet

FRANKFURT/BAD HOMBURG. Das Mittelalter als „finstere“ Zeit, eingeklemmt zwischen antiker Hochkultur und europäischer Renaissance – diese geschichtliche Vorstellung hält sich seit der Aufklärung hartnäckig, ist aber nach Auffassung moderner Historiker schlicht falsch. Einen radikal neuen Blick auf diese Vergangenheit stellt der Geschichtswissenschaftler Prof. Bernhard Jussen in seinem Buch „Das Geschenk des Orest. Eine Geschichte des nachrömischen Europa 526-1535“ vor. Darin zeichnet er diese Zeit als eine dynamische und spanungsreiche Phase – und stellt damit auch unsere Gegenwart und die Entstehung der Zivilgesellschaften in ein neues Licht.

In der Reihe „Das Forschungskolleg stellt vor“ lädt das Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität mit Sitz in Bad Homburg zu einem Diskussionsabend über das 2023 im C.H. Beck Verlag erschienene Buch von Prof. Jussen ein. Er findet statt

am 23. November um 19 Uhr
in den Räumen des Forschungskollegs
Am Wingertsberg 4
in Bad Homburg.

Mit dem Autor diskutiert der Direktor des Forschungskollegs, Prof. Matthias Lutz-Bachmann, der sich als Philosoph selbst mit dem Mittelalter beschäftigt.  

Bernhard Jussen ist Professor für Mittelalterliche Geschichte mit ihren Perspektiven in der Gegenwart an der Goethe-Universität. Für seine Forschung wurde er vielfältig ausgezeichnet, u a mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Matthias Lutz-Bachmann ist Professor für Philosophie an der Goethe-Universität und Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften. Als Mitherausgeber der bald 60 Bände umfassenden „Bibliothek der Philosophie des Mittelalters“ trägt er zur neuen Erschließung des Mittelalters bei.

Die Reihe: Wissenschaftliche Monographien im Gespräch
Wissenschaftliche Bücher und insbesondere Monographien, also Texte über ein bestimmtes Einzelthema, sind meist das Ergebnis jahrelangen Forschens, Reflektierens und Schreibens. Die Reihe „Das Forschungskolleg Humanwissenschaften stellt vor“ soll diese Bücher in der Öffentlichkeit bekannt machen und ihre Inhalte zur Diskussion stellen. Daher lädt das Kolleg regelmäßig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Rhein-Main-Universitäten ein, damit sie über ihr Buch, dessen Hintergründe sowie ihre Motivation sprechen können

Zur besseren Planung bitten wir bis 19. November um Anmeldung
per E-Mail an anmeldung@forschungskolleg-humanwissenschaften.de. Ihre Anmeldung wird registriert, Sie erhalten aber keine Anmeldebestätigung.

Das Veranstaltungsplakat zum Download unter:
https://www.uni-frankfurt.de/145177234


Information:
Beate Sutterlüty
Wissenschaftskommunikation
Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität
Telefon: 06172-13977-15
E-Mail: b.suttleruety@forschungskolleg-humanwissenschaften.de
www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Twitter @FKHbadhomburg


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de