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Architekturgeschichte und Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität laden zur Debatte
Frankfurts Theaterlandschaft steht vor wichtigen Weichenstellungen: Abriss und Neubau oder Renovierung? Wie sollen die Räume aussehen, die das städtisch subventionierte Theater bespielen darf? Dazu veranstaltet die Goethe-Universität eine Diskussion im Internet.
FRANKFURT.
Frankfurts Theaterlandschaft wird sich stark verändern – zumindest so viel
steht fest. Wo sollen Oper, Schauspiel, Kinder- und Jugendtheater, wo die
experimentellen darstellenden Künste zukünftig geprobt, aufgeführt, gesehen und
verhandelt werden? Vier der fünf zukünftigen städtischen Theaterbauten sind
derzeit – auf verschiedenen Stufen – in Planung. Einen Beitrag zur notwendigen
öffentlichen Diskussion darüber wollen Architekturgeschichte und
Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität mit zwei Veranstaltungen leisten.
Zum Thema „Theaterbauten, Kultur für alle“ diskutiert der
Architekturhistoriker und Sprecher des LOEWE-Schwerpunkts „Architekturen des
Ordnens“ Prof. Carsten Ruhl
am
Mittwoch, 17. Februar, um 18:15 Uhr
auf der
Plattform „Zoom“
(Link: https://uni-frankfurt.zoom.us/webinar/register/WN_0FL0uylvSDu4CKhyYNULDQ)
mit der Theaterwissenschaftlerin Prof. Ulrike Haß (Bochum/Berlin)
und dem Architekturhistoriker Dr. Frank Schmitz (Universität Hamburg). Die
Veranstaltung wird aufgezeichnet und ist auch im Nachhinein abrufbar.
Im Rahmen der ersten Veranstaltung „Theater 2040 – Konzeptionen
und ihre Architekturen“ am 16. Dezember 2020 sprach Nikolaus Müller-Schöll
(Theaterwissenschaftler, Goethe-Universität Frankfurt) mit der Leiterin des
Kulturzentrums Kampnagel, Amelie Deuflhard sowie der Dramaturgin Rebecca Ajnwojner
(Maxim Gorki Theater Berlin). Ein Mitschnitt der Veranstaltung ist online
verfügbar unter: http://zukunft-buehnen-frankfurt.de
Der Hintergrund
Seit 2017 ein Gutachten ergab, dass die Stadt Frankfurt für die
Sanierung oder Erneuerung der „Doppelanlage“ für Oper und Schauspiel am
Willy-Brandt-Platz in jedem Fall eine knappe Milliarde wird investieren müssen,
beschäftigt das Thema Neubau oder Sanierung Theaterleute,
Theaterwissenschaftler, Architektinnen, Architekturtheoretiker,
Denkmalschützerinnen und Stadtplaner – und darüber hinaus die
Stadtöffentlichkeit. Nachdem anfangs die Zeichen auf Sanierung des derzeitigen,
in mehreren Bauphasen entstandenen Gebäudes deuteten, schien Ende Januar 2020
festzustehen, dass neu gebaut werden soll: Bei geringeren Kosten, so die
Argumentation der städtischen Kulturpolitik, können neue Gebäude für das
Theater des 21. Jahrhunderts gebaut werden, die auch neue städtebauliche
Lösungen erlauben.
Doch gegen diese Argumentation wurde Kritik laut: Sollte vor der
Entscheidung über neue Bauten, ja selbst vor dem Ende der Debatte über
Sanierung oder Neubau nicht genauer definiert werden, welche Art Theater die
Stadt in Zukunft will – für wen, in welcher Form, mit welchen Akteurinnen und
Akteuren, in welcher Art von Architektur? Darf die Stadt ein Gebäude, in dessen
Räumen sich knapp 120 Jahre Geschichte überlagern, einfach abreißen? Wurden
Belange des Denkmalschutzes, speziell in Bezug auf das zu Beginn der
1960er-Jahre erbaute „Wolkenfoyer“, angemessen berücksichtigt? Hat die Stadt
nicht allen Grund, die Nachkriegsarchitektur der „zweiten Moderne“, zu der das
Haus zählt, stärker zu würdigen? Und wurde die notwendige grundlegende
Diskussion über das subventionierte Staatstheater der Zukunft überhaupt schon
geführt?
Weitere Informationen
Lena
Holbein
Wissenschaftliche
Koordination LOEWE Schwerpunkt „Architekturen des Ordnens“
Kunstgeschichtliches Institut
Goethe-Universität
069-798-28705
holbein@kunst.uni-frankfurt.de
https://architecturesoforder.org
Netzwerkforscher Christian Stegbauer spricht im neuen UniReport über die „Gesellschaft im Zeichen des Virus“
FRANKFURT. Die Maßnahmen zur
Eindämmung der Corona-Pandemie werden weitreichende gesellschaftliche Folgen
haben. Apl. Prof. Christian Stegbauer, Soziologe und Netzwerkforscher an der
Goethe-Universität, hat zusammen mit seiner Kollegin Prof. Iris Clemens
(Universität Bayreuth) das Buch „Corona-Netzwerke – Gesellschaft im Zeichen des
Virus“ herausgegeben. Gemeinsam mit zahlreichen Fachkolleg*innen untersucht
Stegbauer die Folgen der Krise für Alltag, Kultur, Wirtschaft, Gesundheit und
Politik. In der aktuellen Ausgabe des UniReport erläutert Christian Stegbauer
die spezifischen Potenziale der Netzwerkforschung, das Auftreten des Virus und
die Maßnahmen zur Eindämmung zu untersuchen: „Das Virus verbreitet sich entlang
der Strukturen sozialer Beziehungen und das ist das, womit sich die
Netzwerkforschung beschäftigt.“
Ein wichtiger Aspekt der Diskussion um die Corona-Maßnahmen ist die
Verschärfung der Ungleichheit: Während sich die angestellte Mittelschicht in
ein relatives sicheres Home-Office zurückziehen könne, seien Arbeiter auf dem
Bau, in den Schlachthöfen oder der Landwirtschaft der Gefahr einer Infizierung
in viel höherem Maße ausgesetzt: „Diese neue Ungleichheitsdimension könnte man
als den Grad der Netzwerkautonomie bezeichnen – inwiefern man selbst über
Kontakte und deren Reduzierung bestimmen kann“, erklärt Stegbauer im Interview
mit dem UniReport. Weitere Themen im Sammelband sind das sogenannte „Hamstern“,
Digitales Lernen in der Krise und die Folgen der Corona-Maßnahmen für
Geflüchtete in Deutschland.
Die
ersten Wochen im neuen Amt: Im Gespräch mit dem UniReport spricht der neue
Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff unter anderem über seine ersten
Erfahrungen und die nächsten Ziele, über Digitalisierung und
Internationalisierung sowie über die anstehende Wahl der Vizepräsident*innen.
Einige der weiteren Beiträge im aktuellen
UniReport befassen sich mit der Corona-Pandemie aus pharmazeutischer,
soziologischer und didaktischer Sicht:
Der
UniReport 1/2021 steht zum kostenlosen Download bereit unter https://www.unireport.info/aktuelle-ausgabe.
Forscher aus Frankfurt und Grenoble beobachten im Ribosomentunnel erstmals Disulfidbrücken-Bildung bei Gamma-B-Kristallin
Chemische Bindungen innerhalb des Augenlinsen-Proteins Gamma-B-Kristallin halten das Protein zusammen und sind deshalb wichtig für die Funktion des Eiweißes in der Linse. Entgegen bisheriger Annahmen entstehen bestimmte dieser Bindungen, sogenannte Disulfidbrücken, bereits parallel zur Synthese des Proteins in der Zelle. Dies haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt, des Frankfurter Max-Planck-Instituts für Biophysik und des französischen Institute de Biologie Structurale in Grenoble herausgefunden.
FRANKFURT. Die
Linse des menschlichen Auges erhält ihre Transparenz und Brechkraft dadurch,
dass in ihren Zellen bestimmte Proteine dicht gepackt sind. In der Hauptsache
handelt es sich dabei um Kristalline. Kann diese dichte Packung zum Beispiel
durch erblich bedingte Veränderungen in den Kristallinen nicht aufrechterhalten
werden, sind Linsentrübungen die Folge, sogenannte Katarakte („Grauer Star“),
die weltweit die häufigste Ursache für den Verlust des Sehvermögens darstellen.
Damit Kristalline in den Linsenfaserzellen dicht gepackt werden
können, müssen sie stabil und richtig gefaltet werden. Die Proteinfaltung
beginnt bereits während der Biosynthese von Proteinen in den Ribosomen, großen Eiweißkomplexen.
Ribosomen helfen dabei, den genetischen Code in eine Abfolge von Aminosäuren zu
übersetzen. Dabei bilden Ribosomen einen schützenden Tunnel um die neue
Aminosäurekette, die gleich nach der Entstehung dreidimensionale Strukturen mit
verschiedenen Elementen wie Helices oder gefalteten Strukturen annimmt. Die in
Frankfurt und Grenoble untersuchten Gamma-B-Kristalline weisen darüber hinaus
noch viele Verbindungen zwischen je zwei schwefelhaltigen Aminosäuren auf, so
genannte Disulfidbrücken.
Die Herstellung solcher
Disulfidbrücken ist für die Zelle nicht ganz einfach, herrschen doch im
Zellmilieu biochemische Bedingungen, die solche Disulfidbrücken verhindern oder
auflösen. Im fertigen Gamma-B-Kristallin-Protein werden die Disulfidbrücken daher
durch andere Teile des Proteins nach außen abgeschirmt. Solange das Protein
allerdings im Entstehen ist, ist das noch nicht möglich.
Doch weil der Ribosomentunnel als zu eng galt, nahm man – auch
aufgrund von anderen Studien – an, dass die Disulfidbrücken der
Gamma-B-Kristalline erst nach der Fertigstellung der Proteine entstehen. Zur
Prüfung dieser Annahme nutzten die Forscher aus Frankfurt und Grenoble
genetisch veränderte Bakterienzellen als Modellsystem, stoppten die Synthese
der Gamma-B-Kristalline zu verschiedenen Zeitpunkten und untersuchten die
Zwischenprodukte mit massenspektrometrischen, kernspinresonanzspektroskopischen
und elektronenmikroskopischen Methoden, ergänzt um theoretische
Simulationsrechnungen. Das Ergebnis: Die Disulfidbrücken entstehen bereits am
noch nicht fertigen Protein während der Synthese der Aminosäurekette.
„Wir konnten damit zeigen, dass Disulfidbrücken bereits im
Ribosomentunnel entstehen können, der genügend Raum dafür bietet und die
Disulfidbrücken gegen das zelluläre Milieu abschirmt“ sagt Prof. Harald
Schwalbe vom Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie der
Goethe-Universität. „Überraschenderweise handelt es sich jedoch nicht um
dieselben Disulfidbrücken, die später im fertigen Gamma-B-Kristallin vorhanden
sind. Wir schließen daraus, dass zumindest einige der Disulfidbrücken später
wieder aufgelöst und anders geknüpft werden. Der Grund dafür liegt
wahrscheinlich im optimalen Timing der Proteinherstellung: Die ‚vorläufigen'
Disulfidbrücken beschleunigen die Bildung der ‚finalen' Disulfidbrücken, wenn
das Gamma-B-Kristallin vom Ribosom freigesetzt wird.“
In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher nun testen, ob die
Syntheseprozesse in den leicht unterschiedlichen Ribosomen höherer Zellen
ähnlich wie im bakteriellen Modellsystem ablaufen.
Publikation: Linda Schulte, Jiafei Mao, Julian Reitz, Sridhar Sreeramulu, Denis Kudlinzki, Victor-Valentin Hodirnau, Jakob Meier-Credo, Krishna Saxena, Florian Buhr, Julian D. Langer, Martin Blackledge, Achilleas S. Frangakis, Clemens Glaubitz, Harald Schwalbe: Cysteine oxidation and disulfide formation in the ribosomal exit tunnel. Nature Communications https://doi.org/10.1038/s41467-020-19372-x
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Harald Schwalbe
Institut
für Organische Chemie und Chemische Biologie
Center for Biomolecular Magnetic Resonance
(BMRZ)
Goethe-Universität
Frankfurt
Tel:
+496979829137
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
http://schwalbe.org.chemie.uni-frankfurt.de/
Betroffene gesucht: Zentrum für Psychotherapie untersucht die Wirkung buddhistischer Meditationen bei Schuld- und Schamgefühlen
Ab sofort bietet das Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität Frankfurt eine spezifische Intervention für Patientinnen und Patienten an, die nach traumatischen Erlebnissen unter starken Scham- und Schuldgefühlen leiden. Die Intervention wird in Einzelsitzungen angeboten und kombiniert kognitive Therapie und Metta-Meditation. Metta heißt übersetzt „liebende Güte“.
FRANKFURT. Mehr
als jeder zweite Mensch erlebt im Laufe seines Lebens ein traumatisches
Ereignis wie einen schweren Verkehrsunfall, körperliche oder sexuelle Gewalt
(z.B. einen Überfall, eine Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauch). Als Folge
können sich unterschiedliche psychische Störungen wie eine posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS), Depressionen oder Angststörungen entwickeln.
Häufig
leiden die Betroffenen auch unter Schuld- und Schamgefühlen. Sie machen sich
beispielsweise Vorwürfe dafür, wie sie sich während des traumatischen
Ereignisses verhalten haben. „Hierzu gehören Gedanken wie: ‚Ich hätte mich
wehren müssen' oder ‚Ich bin selbst schuld daran,
dass ich vergewaltigt wurde, weil ich an dem Abend noch so spät unterwegs
war'“, erklärt die Leiterin des Projekts Dr. Meike Müller-Engelmann. Besonders
belastend sei für die Betroffenen das Gefühl, von anderen für das Erlebte abgelehnt
zu werden. „Manche glauben, dass niemand mehr mit ihnen befreundet sein wollte,
wenn bekannt wäre, was sie erlebt haben“, beschreibt Müller-Engelmann weiter.
Um Betroffenen zu helfen, diese belastenden Gefühle von Schuld und
Scham zu reduzieren, haben Dr. Meike Müller-Engelmann und Stella Kümmerle
(Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität
Frankfurt am Main) ein auf Metta-Meditation (deutsch: Liebende-Güte-Meditation)
basierendes Behandlungsprogramm entwickelt. Metta-Meditationen stammen aus dem
Buddhismus und zielen darauf ab, sich selbst und anderen Menschen
bedingungsloses Wohlwollen und Freundlichkeit entgegen zu bringen. Durch das
Üben von Metta-Meditationen kann Selbstkritik verringert und das Gefühl der
Verbundenheit mit anderen Menschen gefördert werden. Es gibt außerdem erste
vielversprechende Hinweise auf die Wirksamkeit von Metta-Meditationen und
vergleichbaren Verfahren zur Behandlung psychischer Erkrankungen wie der PTBS
oder Depressionen. So zeigte sich u.a. in einer Untersuchung von
Müller-Engelmann und anderen aus dem Jahre 2019, dass eine Kombination aus
Achtsamkeitsübungen und Metta-Meditationen PTBS-Symptome nach Gewalterfahrungen
verringern konnte.
In sechs wöchentlichen Einzelsitzungen mit einem Psychotherapeuten
oder einer Psychotherapeutin reflektieren die Betroffenen zunächst über den
Inhalt ihrer Schuld- und Schamgefühle. Danach lernen sie verschiedene
Metta-Meditationsübungen kennen, in deren Rahmen sie gute Wünsche an sich
selbst und an andere richten. Zwischen den Sitzungen sind tägliche Übungen für
zu Hause vorgesehen. „Momentan gibt es noch freie Behandlungsplätze. Teilnehmen
können Menschen, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben und in dessen
Folge unter Schuld- und Schamgefühlen leiden, zwischen 18 und 65 Jahren alt
sind und aktuell noch nicht psychotherapeutisch behandelt werden. Darüber
hinaus sollte keine Abhängigkeit von Drogen oder Medikamenten vorliegen“,
erklärt die Projektkoordinatorin Stella Kümmerle.
Das Behandlungsprogramm wird im Rahmen einer von der Eden-Stiftung
und den Freunden der Goethe-Universität geförderten Therapiestudie
wissenschaftlich begleitet.
Wer sich für die Behandlung interessiert, kann sich an Stella
Kümmerle (Projektkoordinatorin) und Luisa Bahnemann (Projektmitarbeiterin)
wenden. Telefon: 069-798 23994, E-Mail: schuld-scham-studie@uni-frankfurt.de.
Den
Flyer zum Projekt können Sie unter dem folgenden Link herunterladen: http://www.uni-frankfurt.de/97585527
Publikation: Müller-Engelmann, M., Schreiber, C., Kümmerle, S., Heidenreich,
T., Stangier, U., & Steil, R. (2019). A
trauma-adapted mindfulness and loving-kindness intervention for patients with
PTSD after interpersonal violence: A multiple-baseline study. Mindfulness, 10(6),
1105-1123.
Weitere Informationen
Abteilung Klinische
Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität
Dr.
Meike Müller-Engelmann
Projektleitung
Mueller-Engelmann@psych.uni-frankfurt.de
Stella
Kümmerle (M.Sc.)
Projektkoordination
Kuemmerle@psych.uni-frankfurt.de
Goethe-Universität baut wissenschaftlichen Schwerpunkt weiter aus
An der Goethe-Universität wird ein neues Institut gegründet: Das Buber-Rosenzweig-Institut soll sich der Erforschung des Judentums in Moderne und Gegenwart widmen. Es fasst zahlreiche und im großen Maße drittmittelgeförderte Projekte zusammen und trägt weiter zur Verstetigung des Forschungsbereichs an der Goethe-Universität bei. Angefangen hatte alles mit einer Stiftungsgastprofessur für jüdische Religionsphilosophie, die Martin Buber gewidmet war. Er wurde heute vor 143 Jahren geboren.
FRANKFURT. Das
Profil zu schärften und Forschungsenergien zu bündeln – dafür soll das neue
Buber-Rosenzweig-Institut den notwendigen Rahmen bieten. Dazu sind weder Mittel
des Landes noch Mittel von Fachbereich oder Universität notwendig: Durch die
erfolgreiche Drittmitteleinwerbung gerade auch in jüngster Zeit steht die
Gründung auf solidem finanziellen Fundament. „Das Präsidium hat der
Institutsgründung unisono zugestimmt. Wir freuen uns sehr über die Initiative
von Christian Wiese. Das neue Institut birgt ein hohes Potenzial, die
Kooperationen mit anderen Institutionen, vor allem auch im internationale Raum,
weiter auszubauen und künftig weitere wichtige Projekte anzustoßen“, sagt Prof.
Enrico Schleiff, der Präsident der Goethe-Universität.
Der Ursprung der heutigen Institutsgründung war bescheiden, aber
fruchtbar: 1989 hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau die
Martin-Buber-Professur als Gastprofessur am Fachbereich Evangelische Theologie
ins Leben gerufen. Sie sollte Studierenden aller Fachbereiche, insbesondere aus
Theologie und Philosophie, aber auch der interessierten Öffentlichkeit Einblick
in Geschichte und Gegenwart des Judentums und in die jüdische
Religionsphilosophie vermitteln. Im Jahr 2005 übernahm das Land Hessen die
Finanzierung dauerhaft, 2010 wurde die ehemalige Stiftungsgastprofessur in eine
dauerhafte Professur umgewandelt. Seither lehrt Prof. Christian Wiese über
Fachbereichsgrenzen hinweg in den theologischen und religionswissenschaftlichen
Fächern, aber auch in der Geschichtswissenschaft und Philosophie. Wiese hat die
Professur systematisch zu einer international sichtbaren, drittmittelstarken
und kooperierenden Forschungsstätte ausgebaut. Christian Wiese ist Sprecher des
LOEWE-Forschungsschwerpunkts „Religiöse Positionierung“ und Hauptantragsteller
beim Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“, zudem internationaler
Präsident der Hermann-Cohen-Gesellschaft und Vizepräsident der Internationalen
Franz Rosenzweig-Gesellschaft. Der jüngste Erfolg war die Einwerbung eines über
24 Jahre laufenden Akademieprojekts „Buber-Korrespondenzen Digital“.
„Mit ihren zahlreichen Drittmittelprojekten, dem Fokus auf der
Nachwuchsförderung und der internationalen Vernetzung ist die
Martin-Buber-Professur bereits jetzt eine feste Größe unter den
Forschungsinstitutionen zur modernen jüdischen Geschichte und Kultur. Der
Status als Forschungsinstitut eröffnet uns die Chance, noch besser
wahrgenommen, fokussierter handeln und junge internationale
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anziehen zu können“, sagt Prof. Wiese.
Gerade der Umstand, dass man sich auf einen bestimmten Abschnitt jüdischer
Geistes- und Kulturgeschichte beschränke, biete ein großes Potenzial: Unter dem
Dach eines auf diese Weise profilierten Instituts könnten in Zukunft weitere
Projekte entstehen. Im Entstehen begriffen sei das Projekt „Synagogengedenkbuch
Hessen“ mit sieben bis acht Mitarbeiterstellen, weitere Forschungsinitiativen
seien geplant. Als Institut könne man zudem im Wettstreit mit anderen
Einrichtungen besser bestehen. Große Chancen biete auch die Kooperation mit dem
Seminar für Judaistik und dem Fritz Bauer Institut für Geschichte und Wirkung
des Holocaust innerhalb der Goethe-Universität.
Der Institutsname verweist auf die beiden jüdischen Philosophen
Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929), die für die
Geschichte der Goethe-Universität von großer Bedeutung sind. Martin Buber, der
heute vor 143 Jahren zur Welt kam, erhielt 1924 einen Lehrauftrag für jüdische
Religion und Ethik, der zunächst Franz Rosenzweig zugedacht war, später wurde
Buber Honorarprofessor. Buber und Rosenzweig bauten gemeinsam das Freie
Jüdische Lehrhaus in Frankfurt auf, eine jüdische Bildungsstätte für
Erwachsene. Gemeinsam unternahmen die beiden Religionsphilosophen eine
Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Deutsche, die Martin Buber nach dem frühen
Tod Rosenzweigs 1929 fortführte und 1961 in Jerusalem vollendete. Das Lehrhaus
wurde spätestens seit 1933, dem Jahr der „Machtübernahme“ und dem Rückzug
Bubers aus der Universität, Teil des jüdischen Widerstandes gegen die
nationalsozialistische Verfolgung.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Christian Wiese
Martin-Buber-Professur für Religionsgeschichte
Buber-Rosenzweig-Institut
Goethe-Universität
Telefon: 069/798-33313
E-Mail: c.wiese@em.uni-frankfurt.de
Homepage: https://www.uni-frankfurt.de/40082634/Martin_Buber_Professur_für_Jüdische_Religionsphilosophie
Forscherteam der Goethe-Uni untersucht im internationalen CLOUD-Projekt Aerosolbildung aus jodhaltigen Dämpfen
Wenn das Meereis schmilzt und sich die Wasseroberfläche vergrößert, steigen mehr jodhaltige Dämpfe aus dem Meer auf. Dass sich aus solchen Joddämpfen rasant Aerosolpartikel bilden, die als Kondensationskeime für die Wolkenbildung dienen können, haben jetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des internationalen Forschungsverbunds CLOUD herausgefunden. Die CLOUD-Forscher:innen, unter ihnen Atmosphärenforscher:innen der Goethe-Universität Frankfurt, befürchten eine gegenseitige Verstärkung von Meereis-Schmelze und Wolkenbildung, die die Erwärmung von Arktis und Antarktis beschleunigen könnte.
FRANKFURT. Über
zwei Drittel der Erde sind von Wolken bedeckt. Je nachdem, ob sie hoch oder
niedrig schweben, wie groß ihr Wasser- und Eisgehalt ist, wie dick sie sind
oder über welcher Erdregion sie sich bilden, wird es unter ihnen wärmer oder
kühler. Durch den Einfluss des Menschen gibt es heute höchstwahrscheinlich mehr
abkühlende Effekte durch Wolken als in vorindustrieller Zeit, doch inwiefern
Wolken zum Klimawandel beitragen, ist noch nicht gut verstanden. Forscher:innen
gehen derzeit davon aus, dass zum Beispiel niedrige Wolken über Arktis und
Antarktis zur Erwärmung dieser Regionen beitragen, indem sie die direkte
Abstrahlung langwelliger Wärmestrahlung von der Erdoberfläche zurückhalten.
Alle Wolken bilden sich über Aerosole, Schwebpartikel in der Luft,
an die sich Wasserdampf anlagert. Solche Schwebteilchen oder Aerosole bestehen
natürlicherweise etwa aus Stäuben, Salzkristallen oder Molekülen, die von Pflanzen
freigesetzt werden. Durch menschliche Aktivitäten gelangen vor allem
Rußpartikel in die Atmosphäre, aber auch Schwefelsäure- und Ammoniakmoleküle,
die sich zusammenlagern und in der Atmosphäre neue Aerosolpartikel bilden
können. Modellrechnungen zeigen, dass mehr als die Hälfte der Wolkentröpfchen
aus Aerosolpartikeln entsteht, die sich erst in der Atmosphäre neu gebildet
haben. Für die Wolkenbildung ist nicht entscheidend, woraus die Aerosolpartikel
bestehen, es kommt vor allem auf ihre Größe an: Erst ab einem Durchmesser von
etwa 70 Nanometer werden Aerosolpartikel zu Kondensationskeimen für
Wolkentröpfchen.
In der Atmosphäre über dem Meer spielen von Menschen freigesetzte
Aerosole eine viel geringere Rolle für die Bildung niedriger Wolken als über dem
Land. Neben Salzkristallen, die aus der Gischt stammen, stammen Aerosolpartikel
über dem Meer vorwiegend aus bestimmten Schwefelverbindungen (Dimethylsufiden),
die aus Phytoplankton freigesetzt werden und beispielsweise zu Schwefelsäure
reagieren. So jedenfalls lauteten die bisherigen Forschungsergebnisse.
Wissenschaftler:innen des CLOUD-Konsortiums haben jetzt die
Bildung von Aerosolpartikeln aus jodhalten Dämpfen untersucht. Der leicht
stechende Geruch von Jod gehört zum Aroma der Meeresluft, die man bei einem
Spaziergang an der Nordsee einatmet. In jedem Liter Meerwasser sind 0,05
Milligramm Jod enthalten, und wenn es in die Atmosphäre gelangt, bildet sich
mit Sonnenlicht und Ozon Jodsäure oder jodige Säure. Die Wissenschaftler:innen
haben in der CLOUD-Experimentierkammer beim Teilchenbeschleunigerzentrum CERN
in Genf die Atmosphärenbedingungen in mittleren Breiten und arktischen Regionen
simuliert, einschließlich der kosmischen Höhenstrahlung, die durch einen
Teilchenstrahl nachgestellt wurde.
Ihr Ergebnis: Die Aerosolpartikelbildung durch Jodsäure läuft
extrem schnell ab, viel schneller als die Partikelbildung von Schwefelsäure und
Ammoniak unter vergleichbaren Bedingungen. Ionen, die durch die kosmische
Höhenstrahlung entstehen, begünstigen die Partikelbildung weiter. Zur
Umwandlung des molekularen Jods in die jodhaltigen Säuren sind noch nicht
einmal UV-Strahlung und nur wenig Tageslicht nötig. Auf diese Weise können sehr
schnell sehr große Aerosolmengen entstehen.
Der Atmosphärenforscher Prof. Joachim Curtius von der
Goethe-Universität erklärt: „Jod-Aerosole können sich schneller bilden als fast
alle anderen Aerosoltypen, die wir kennen. Wenn noch Ionen hinzukommen, die
durch kosmische Strahlung entstehen, führt jeder Zusammenstoß zum Anwachsen der
Molekülcluster.“ Dies sei besonders wichtig, da sich in den vergangenen 70
Jahren die globalen Jodemissionen auf der Erde bereits verdreifacht hätten, so
Curtius weiter. „Womöglich wurde hier ein Teufelskreis in Bewegung gesetzt: Das
Packeis taut, dadurch vergrößert sich Wasseroberfläche und mehr Jod gelangt in
die Atmosphäre. Das führt zu mehr Aerosolpartikeln, die Wolken bilden, welche
die Pole weiter erwärmen. Der von uns gefundene Mechanismus kann jetzt Teil von
Klimamodellen werden, denn Jod spielt möglicherweise vor allem in den
Polarregionen eine dominante Rolle in der Aerosolbildung, und dies könnte die
Vorhersagen von Klimamodellen für diese Regionen verbessern.“
Das Experiment CLOUD (Cosmics Leaving OUtdoor Droplets) am
CERN untersucht, wie neue Aerosolpartikel in der Atmosphäre aus Vorläufergasen
gebildet werden und weiter zu Kondensationskeimen wachsen. Damit liefert CLOUD
ein grundlegendes Verständnis zur Entstehung von Wolken und Feinstaub.
CLOUD wird von einem internationalen Konsortium – bestehend aus 21 Instituten –
durchgeführt. Die CLOUD-Messkammer wurde mit CERN-Know-how entwickelt und ist
eine der reinsten Experimentierräume der Welt. Bei CLOUD-Messkampagnen wird mit
einer Vielzahl an unterschiedlichen Messgeräten der physikalische und chemische
Zustand der Teilchen und Gase charakterisiert, aus denen die Atmosphäre
besteht. Das Team um Joachim Curtius vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der
Goethe-Universität Frankfurt entwickelt und betreibt im CLOUD-Projekt zwei
Massenspektrometer, um Spurengase wie Jodsäure und jodige Säure auch in
kleinsten Konzentrationen nachzuweisen.
Publikation: Xu-Cheng He, Yee Jun Tham, Lubna Dada, Mingyi Wang, Henning
Finkenzeller, Dominik Stolzenburg, Siddharth Iyer, Mario Simon, Andreas Kürten,
et. al. Role of iodine oxoacids in atmospheric
aerosol nucleation, Science 05 Feb 2021: Vol. 371,
Issue 6529, pp. 589-595, https://doi.org/10.1126/science.abe0298
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Joachim Curtius
Institut
für Atmosphäre und Umwelt
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Tel:
+49 (69) 798-40258
curtius@iau.uni-frankfurt.de
Dr.
habil. Andreas Kürten
Institut
für Atmosphäre und Umwelt
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Tel:
+49 (69) 798-40256
kuerten@iau.uni-frankfurt.de
AIWG Praxisfellow startet Multimedia-Blog zu muslimischem Leben in Deutschland
Julius Matuschik, Fotojournalist und Praxisfellow an der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft an der Goethe-Universität, hat heute seinen Blog „Moin und Salam“ gelauncht. In sechs Kapiteln wird der Fotojournalist darin die Geschichte und Gegenwart des Islams in Deutschland anhand von eigenen Bildern, historischem Bildmaterial sowie Audio- und Videobeiträgen nachzeichnen. Autorin der Texte ist die Politologin und Religionswissenschaftlerin Dr. Raida Chbib. Der Blog ist abrufbar unter: www.moinundsalam.de
FRANKFURT.
Kopftuch tragende Frauen, bärtige Männer ins Gebet vertieft: Die mediale
Berichterstattung zu Musliminnen und Muslimen und zum Islam in Deutschland ist
häufig immer noch von Klischees und Stereotypen geprägt. Einzelne Gläubige
werden auf Fotos oft als Teil einer kollektiven Gruppe dargestellt, werden auf
diese Weise gewissermaßen entindividualisiert. „Leider sieht man in deutschen
Medien oft sehr stereotype Fotografien, die den Islam bebildern sollen. Die
islamische Vielfalt, muslimisches Leben und der Islam als Teil der deutschen
Gesellschaft werden zu wenig sichtbar. Ich hoffe, Medienschaffende in
Deutschland dazu anregen zu können, verantwortungsbewusster bei der Bildauswahl
vorzugehen. Fotografien sind sehr machtvoll. Es ist nicht einfach nur ein Bild,
das in die Welt gesendet wird. Immer gleiche Bilder sorgen zusammengenommen für
einen Framing-Effekt und reproduzieren den Islam als etwas Fremdes und
Exotisches“, sagt AIWG Praxisfellow Julius Matuschik.
„Der Islam kam nicht erst mit den Gastarbeiterinnen und
Gastarbeitern nach Deutschland“
Der Fotojournalist aus Hannover will mit seinem Praxisprojekt zu
einem aktualisierten Narrativ über den Islam in Deutschland beitragen, das die
zahlreichen Identitäten des Islams und der in Deutschland lebenden Musliminnen
und Muslime abbildet.
Mit dem jetzt gestarteten Blog soll ein möglichst differenziertes
Bild des Islams in Deutschland abseits gängiger Klischees entstehen, die
muslimische Vielfalt soll sichtbar gemacht und deutsche Musliminnen und Muslime
in Porträts vorgestellt werden. In insgesamt sechs Kapiteln beleuchtet die
Reportage die Entstehung des Islams in Deutschland, reflektiert
gesellschaftliche Debatten und stellt Grundwissen zum Islam und zu deutschen
Musliminnen und Muslimen zur Verfügung.
Die Kapitel werden nach und nach veröffentlicht. Die ersten beiden
beschäftigen sich zunächst mit der Geschichte des Islams in Deutschland und
zeigen ausgewählte historische Fotografien oder Illustrationen. Neben Fotos und
erläuternden Texten beinhaltet der Blog auch ergänzende Audio-Interviews mit
Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie Musliminnen und Muslimen zu
ausgewählten Themenschwerpunkten. Die Bildrecherche, Fotografien und Videos
übernimmt Julius Matuschik im Rahmen seines Praxisfellowships an der Akademie
für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft. Die Texte erstellt die Politologin,
Religionswissenschaftlerin und Geschäftsführerin an der AIWG Dr. Raida Chbib.
„Das Innovative und zugleich Knifflige an dem Projekt besteht darin,
geleitet vom fotografischen Material, fundierte Informationen in
gemeinverständlicher Form einfließen zu lassen. Nicht der Text, sondern Bild-,
Video- und Audiomaterialien sind hier die Hauptzugänge, um festgefahrene
öffentliche Bilder von Deutschlands Muslimen und Musliminnen aufzubrechen.
Viele von diesen vorherrschenden Bildern basieren noch auf älteren
Informationsbeständen oder auf einer einseitigen Betonung problematischer
Aspekte, wie dem der Radikalisierung. Diese bilden nicht den fortgeschrittenen
wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu muslimischem Leben und seiner Geschichte
in Deutschland ab. Der Blog präsentiert über vielfältige und lebensnahe
Fotografien und entsprechende Begleittexte gewissermaßen ein wissenschaftlich
fundiertes Update zum Islam in Deutschland“, so Dr. Chbib.
Julius Matuschik über die Entstehung seines Praxisprojekts: „Die
Idee zur Online-Reportage ist bei der Durchsicht von historischen Fotos aus
Archivbeständen von deutschen Musliminnen und Muslimen in Berlin um die Jahrhundertwende
und aus den 1920er-Jahren entstanden. Es war faszinierend für mich, solche
Fotos zu sichten. Diese Bilder brechen mit der Erzählung, das der Islam erst
mit den Gastarbeitern und Gastarbeiterinnen nach Deutschland gekommen ist.
Solche Fotografien sind unser kollektives Erbe. Ich fand die Idee spannend, die
Erzählung fotografisch weiterzuführen und neue Fotos mit den historischen
Bildern gemeinsam zu präsentieren.“
Auf dem gleichnamigen Instagram Kanal „Moin und Salam“ kann sich
jede/jeder interaktiv einbringen und unter dem Hashtag #moinundsalam eigene
Bilder zum Thema teilen. Parallel zur Reportage entsteht eine Bilddatenbank,
die für journalistische und wissenschaftliche Zwecke genutzt werden kann.
Über die Projektbeteiligten
Julius Matuschik arbeitet als Fotojournalist
für verschiedene Online- und Offlinemedien. Er engagiert sich im Cameo
Kollektiv e.V., wo er gemeinsam mit anderen Kreativen soziokulturelle Projekte
realisiert und Maßnahmen der kulturellen und politischen Bildung durchführt.
Seit 2013 dokumentiert er fotografisch den Islam in Deutschland.
Dr. Raida Chbib ist Geschäftsführerin der
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft. Sie studierte
Politikwissenschaft, Völkerrecht und Islamwissenschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn und wurde an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) in den
Religionswissenschaften promoviert. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören
Migration und Religion, religiöse Vielfalt, Organisationsprozesse von Religion,
insbesondere des Islams, sowie Politik und Islam in Deutschland.
Über das AIWG Praxisfellowship
Das AIWG-Praxisfellowship richtet sich an ideenreiche
Persönlichkeiten mit praktischen Erfahrungen zu Fragen der Religion und der
gesellschaftlichen Teilhabe von Musliminnen und Muslimen in Deutschland. Es
unterstützt ihr persönliches Engagement und ihre individuellen Projektideen und
ermöglicht ihnen, ihre bisherigen Kenntnisse zu islambezogenen Themen
auszubauen und sie in die Wissenschaft einzubringen. Weitere Informationen
finden Sie hier.
Über die AIWG
Die AIWG ist eine universitäre Plattform für Forschung und
Transfer in islamisch-theologischen Fach- und Gesellschaftsfragen. Sie
ermöglicht überregionale Kooperationen und Austausch zwischen Wissenschaftlern
und Wissenschaftlerinnen der islamisch-theologischen Studien und benachbarter
Fächer sowie Akteurinnen und Akteuren aus der muslimischen Zivilgesellschaft
und weiteren gesellschaftlichen Bereichen. Die AIWG wird gefördert vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Stiftung Mercator.
Bilder zum Download: [https://aiwg.de/pressemitteilung_multimediablog_moinundsalam]
Weitere Informationen
Stefanie
Golla
Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft
Goethe-Universität
Telefon 069 79822-459
E-Mail golla@aiwg.de
Homepage https://aiwg.de/
Bundesforschungsministerium fördert Zukunftscluster PROXIDRUGS – Goethe-Universität und Partner aus Wissenschaft und Industrie setzen sich im bundesweiten Wettbewerb durch
Die Entwicklung neuartiger Wirkstoffe, die gezielt krankheitsrelevante Proteine im Körper abbauen, steht im Fokus des Zukunftsclusters PROXIDRUGS. Die Goethe-Universität Frankfurt koordiniert den Verbund, zu dem Forscher:innen der TU Darmstadt, der Universität Heidelberg, des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie, des Max-Planck-Instituts für Biophysik sowie pharmazeutische und biotechnologische Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet gehören. PROXIDRUGS konnte sich in der Finalrunde des Clusters4Future Wettbewerbs des Bundesforschungsministeriums als eines von sieben geförderten Projekten durchsetzen und wird nun mit bis zu 15 Millionen Euro gefördert.
FRANKFURT. Viele
Krankheiten werden durch außer Kontrolle geratene oder fehlerhaft
funktionierende Proteine verursacht. Etablierte Strategien der
Wirkstoff-Forschung zielen daher darauf ab, Proteine zu blockieren, um
beispielsweise das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen zu stoppen.
Allerdings lassen sich nur 20 Prozent aller krankheitsrelevanten Proteine, die
zum Beispiel bei neurodegenerativen Leiden, bei Herz-Kreislauf- und
Entzündungskrankheiten sowie bei Infektionen eine Rolle spielen, durch
klassische, kleine Moleküle blockieren. Die verbleibenden 80 Prozent der
krankheitsrelevanten Proteine sind bislang therapeutisch nicht zugänglich.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von PROXIDRUGS wollen
jetzt die Entwicklung einer neuen Wirkstoffklasse vorantrieben, die das
zelleigene Verwertungssystem für Proteine einbezieht. PROXIDRUGS-Koordinator
Prof. Ivan Dikić vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität erläutert:
„Unser Körper besitzt ein ausgeklügeltes System, um defekte, überflüssige oder
schädliche Proteine zu entsorgen. Dieses System werden wir nutzen, um
krankheitsrelevante Proteine gezielt abzubauen.“
Im Stoffwechsel jeder Zelle werden ständig Proteine gebildet und
wieder abgebaut. An abzubauende Proteine hängt die Zelle das kleine Protein
Ubiquitin an. Dies geschieht mithilfe bestimmter Enzyme, sogenannter
E3-Ligasen. Die Ubiquitin-Markierung signalisiert dem „Schredder“ der Zelle
(Proteasom), dass die markierten Proteine nicht mehr gebraucht und stattdessen
abgebaut und recycelt werden können.
PROXIDRUGS-Forscherinnen und Forscher wollen nun Wirkstoffe
entwickeln, die krankheitsrelevante Proteine in die räumliche Nähe
(„proximity“) solcher E3-Ligasen bringen. Damit erhalten krankheitsrelevante
Proteine die Abbau-Markierung mit Ubiquitin und werden von der Zelle selbst
entsorgt.
Prof. Dikić: „Proximitäts-induzierende Wirkstoffe, kurz Proxidrugs, sind eine
der vielversprechendsten neuen Arzneimittelklassen in der biomedizinischen
Forschung. Gemeinsam mit den Partnern aus der Industrie wollen wir diese
innovativen Wirkstoffe systematisch erforschen und neuartige Arzneimittel gegen
Krebs, neurodegenerative Erkrankungen sowie bakterielle und virale Infektionen
entwickeln. Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, haben wir das ‚Frankfurt
Center for Innovation and Technologies' an der Goethe-Universität als
akademischen Hub etabliert, in dem alle notwendigen Technologien gebündelt
werden.“
Der Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Enrico
Schleiff, unterstreicht die Bedeutung des Zukunftsclusters PROXIDRUGS als
„Transfer-Beschleuniger“ für die Rhein-Main-Region: „Mit PROXIDRUGS treiben wir
die Erforschung einer neuartigen Wirkstoffklasse voran, aus der durch die
Einbindung unserer Partner schneller als bisher anwendungsreife Medikamente
entwickelt werden können. PROXIDRUGS stellt eine konsequente Weiterentwicklung
der Transferstrategie der Goethe-Universität aufbauend auf unseren
Leuchtturmprojekten in der biomedizinischen und pharmazeutischen Forschung dar,
zu denen seit wenigen Tagen auch das durch Hessen geförderte Clusterprojekt
ENABLE zählt. Mit PROXIDRUGS können wir die Erkenntnisse aus unseren
Forschungsfeldern in der Strukturbiologie, chemischen Biologie, Biochemie,
Pharmazie und Zellbiologie auch in wirtschaftliche Wertschöpfung transferieren.
Zusammen mit unseren starken Partnern in Wissenschaft und forschender Industrie
der Rhein-Main-Region werden wir dadurch einen entscheidenden Beitrag in einem
hochaktuellen Feld der Wirkstoff-Forschung leisten.“
Der „Clusters4Future“-Wettbewerb des Bundesforschungsministeriums
startete im Sommer 2019 als Teil der Hightech-Strategie 2025 mit dem Ziel, in
regionalen Spitzenstandorten den Wissens- und Technologietransfer zu fördern.
Aus 137 Wettbewerbsskizzen wurden zunächst 16 Finalisten ausgewählt, die ab Mai
2020 die Skizzen zu einem Konzept ausarbeiten konnten. PROXIDRUGS wird jetzt
als eines von 7 Zukunftsclustern zunächst für die Dauer von drei Jahren
gefördert.
Koordinator PROXIDRUGS:
Prof.
Dr. Ivan Dikić
Institut
für Biochemie II, Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt
und
Buchmann-Institut für molekulare Lebenswissenschaften
Tel:
+49 (0) 69 6301-5964,
dikic@biochem2.uni-frankfurt.de
Ergebnisse der PREDICT-Studie zu akuter Dekompensation und Akut-auf-chronischem Leberversagen
Die häufigste Todesursache von Patienten mit Leberzirrhose ist ein Akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF), bei dem die fortschreitenden Funktionsausfälle der vernarbten Leber nicht mehr ausgeglichen werden können (akute Dekompensation). Die Folge: Weitere Organe wie Niere oder Gehirn versagen. Auslöser für die akute Dekompensation einer Leberzirrhose und ein ACLF sind am häufigsten bakterielle Infektionen, eine durch Alkohol verursachte Leberentzündung oder eine Kombination beider Faktoren. Dies hat die Auswertung der PREDICT-Studie ergeben, die von einem internationalen Team von Forschenden unter der Leitung von Prof. Jonel Trebicka vom Universitätsklinikum Frankfurt durchgeführt wurde.
FRANKFURT. Chronische Leberkrankheiten und sogar eine
Leberzirrhose können lange unbemerkt bleiben, weil viele Patienten keine
Symptome haben: Die Leber leidet still. Wenn der Körper dann nicht mehr in der
Lage ist, die nachlassenden Leistungen der Leber zu kompensieren, verschlechtert
sich der Zustand in kürzester Zeit dramatisch: Gewebsflüssigkeit sammelt sich
im Bauchraum (Aszites), es kommt zu inneren Blutungen etwa in der Speiseröhre,
das Gehirn droht durch Stoffwechselprodukte vergiftet zu werden. Diese akute Dekompensation
der Leberzirrhose kann sich zu einem Akut-auf-chronischem Leberversagen
weiterentwickeln mit Entzündungsreaktionen überall im Körper und Versagen
mehrerer Organe.
In der PREDICT-Studie unter der Leitung von Prof. Jonel Trebicka haben
Wissenschaftler:innen aus 15 europäischen Ländern 1273 Patienten beobachtet,
die mit einer akuten Dekompensation ihrer Leberzirrhose ins Krankenhaus
eingeliefert wurden. Im Fokus der aktuellen Auswertung der Studie stand die
Frage, was eine akute Dekompensation einer Leberzirrhose auslösen kann. Das
Ergebnis: In knapp der Hälfte der Krankheitsfälle konnte eine bakterielle
Infektion, eine durch Alkoholkonsum verursachte Leberentzündung oder beides
gemeinsam als Auslöser bestimmt werden.
Kaum eine Rolle als Auslöser hatten Blutungen im Verdauungstrakt
und durch Schmerz- oder Beruhigungsmittel verursachte Gehirnerkrankung
(medikamentös-toxische Enzephalopathie).
Schädigungen der Leber durch Medikamente, zu denen Schmerz- und
Narkosemittel, Krebsmedikamente oder auch pflanzliche Heilmittel zählen können,
traten ebenso wie medikamentös verursachte Nierenschädigungen nicht als
Auslöser der akuten Dekompensation auf.
Studienleiter Prof. Jonel Trebicka, Gastroenterologe und
Hepatologe an der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Frankfurt,
erklärt: „Bei der akuten Dekompensation einer Leberzirrhose ist rasches und
gezieltes Handeln erforderlich. In der PREDICT-Studie möchten wir daher viel
über die auslösenden Faktoren dieser lebensbedrohlichen Erkrankung lernen, um
daraus Empfehlungen für Diagnostik und Therapie ableiten zu können. Zu wissen,
welches die wahrscheinlichsten Auslöser einer akuten Dekompensation sind, wird
helfen, Diagnose- und Behandlungsstrategien für diese lebensbedrohlich erkrankten
Patienten weiterzuentwickeln.“
Die europaweiten Studie PREDICT hat den klinischen Verlauf akuter
Dekompensationen der Leberzirrhose beobachtet, um frühe Anzeichen für die
Entwicklung des Akut-auf-chronische Leberversagen (ACLF) zu finden. PREDICT wird
von der Europäischen Stiftung zur Untersuchung chronischen Leberversagens
(European Foundation for the Study of Chronic Liver Failure) gefördert. An
PREDICT sind 136 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 47 Zentren und
Institutionen in 15 europäischen Ländern beteiligt.
Publikation:
Jonel Trebicka, Javier Fernandez, et al.
for the PREDICT STUDY group of the EASL-CLIF CONSORTIUM: PREDICT identifies precipitating events associated with the clinical
course of acutely decompensated cirrhosis. Journal of Hepatology (2020), https://doi.org/10.1016/j.jhep.2020.11.019
Weitere Informationen
Universitätsklinikum
Frankfurt
Medizinische
Klinik I
Sektion
Translationale Hepatologie
Univ.-Prof.
Dr. Dr. med. Jonel Trebicka
Tel.
+49 (0)69 6301 80789 (Jennifer Biondo, Sekretariat)
Jonel.Trebicka@kgu.de
Die European Foundation for the
Study of Chronic Liver Failure (EF Clif) ist eine private, gemeinnützige
Stiftung, die das Ziel verfolgt, die Forschung über Akut-auf-chronisches
Leberversagen (Acute-on-Chronic Liver Failure, ACLF) zu fördern und damit die
Lebensqualität und die Überlebensrate von Patienten mit Leberzirrhose zu
verbessern. EL Clif wurde 2015 gegründet und unterstützt die Arbeit des EASL Clif
Konsortiums, einem Forschungsnetz von mehr als 100 europäischen
Universitätskliniken und 200 klinischen Forschern. 2013 beschrieb das
Konsortium ein neues Syndrom: Akut-auf-chronisches Leberversagen, die häufigste
Todesursache von Patienten mit Leberzirrhose.
Derzeit werden die EF Clif-Forschungsaktivitäten
über zwei „Chairs“ gefördert: dem EASL Clif Chair, der Beobachtungs-,
pathophysiologische und therapeutische Studien im Krankenhaus-Netz des
EASL-Clif-Konsortiums unterstützt, und dem Grifols Chair, der die Entwicklung
translationaler Forschungsprojekte über die Bildung eines Netzwerks aus Zentren
in Europa unterstützt: Das Europäische Netzwerk für Translationale Forschung in
chronischem Leberversagen (European Network for Translational Research in Chronic
Liver Failure, ENTR-CLIF). Mehr über EF Clif: http://www.efclif.com Twitter: @ef_clif
Wissenschaftler der Goethe-Universität und der Universität Göttingen erarbeiten robustes System zur Erkennung von Manipulationen
Soziale Medien werden zunehmend dafür genutzt, um gezielt Falschnachrichten zu streuen. Auch an Kapitalmärkten besteht dieses Problem: Kriminelle verbreiten Fake News zu Unternehmen, um beispielsweise Aktienkurse zu manipulieren. Wirtschaftswissenschaftler der Universitäten Göttingen und Frankfurt sowie des Jožef Stefan Institute in Ljubljana haben nun ein Modell entwickelt, mit dem solche Falschnachrichten erkannt werden können, auch wenn sie immer wieder angepasst werden. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Journal of the Association for Information Systems veröffentlicht.
FRANKFURT. Um
Falschinformationen – häufig fiktive Sachverhalte, die ein Unternehmen in
positivem Licht erscheinen lassen – zu erkennen, erstellten die Wissenschaftler
mittels Verfahren des Maschinellen Lernens Modelle, mit denen verdächtige
Nachrichten anhand der Nachrichteninhalte und anderer theoriebasierter
linguistischer Merkmale identifiziert werden können.
„Hier wird auf weitere Aspekte des Nachrichtentextes geschaut, wie
etwa die Verständlichkeit der Sprache und die Stimmung, die der Text
vermittelt“, sagt Prof. Dr. Jan Muntermann von der Universität Göttingen.
Grundsätzlich ist der Ansatz bekannt – zum Beispiel von Spam-Filtern. Bei
bestehenden Ansätzen existiert jedoch ein zentrales Problem: Damit ihre
Nachrichten nicht mehr erkannt werden, passen Betrügerinnen und Betrüger die
Nachrichteninhalte kontinuierlich an und vermeiden bestimmte Wörter, anhand
derer die Fake News identifiziert werden können.
Hier setzt das neue Verfahren der Wirtschaftswissenschaftler an:
Um Fake News trotz solcher Umgehungsstrategien zu erkennen, kombinieren sie
hohe Erkennungsraten mit einer hohen Robustheit. Auf diese Weise werden die
Fake News anhand ihrer linguistischen Merkmale erkannt, selbst wenn „verdächtige“
Wörter aus dem Text genommen wurden. „Betrüger stehen damit vor einem Dilemma.
Sie können einem Aufdecken nur entgehen, wenn Sie zum Beispiel die Stimmung des
Textes ins Negative ändern“, erklärt Dr. Michael Siering von der Goethe-Universität.
„Dann würden sie jedoch ihr Ziel verfehlen, andere Marktteilnehmer
beispielsweise zum Aktienkauf zu verleiten“, so Siering weiter.
Das neue Verfahren kann zum Beispiel bei der Marküberwachung
eingesetzt werden, um den Handel betroffener Wertpapiere zeitweise auszusetzen.
Zum anderen bietet es Anlegerinnen und Anlegern wertvolle Hinweise, um auf
entsprechende Betrugsszenarien nicht mehr hereinzufallen. Auch ein Einsatz in
der Strafverfolgung wäre denkbar.
Publikation:
Michael
Siering, Jan Muntermann, Miha Grčar.
Design Principles for Robust Fraud Detection: The Case
of Stock Market Manipulations. Journal of the Association for Information
Systems (2021). https://aisel.aisnet.org/jais/vol22/iss1/4
Weitere
Informationen
Dr. Michael
Siering
Goethe-Universität
Frankfurt
Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften
Professur
für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere e-Finance
siering@wiwi.uni-frankfurt.de
https://www.efinance.wiwi.uni-frankfurt.de
Prof.
Dr. Jan Muntermann
Georg-August-Universität
Göttingen
Wirtschaftswissenschaftliche
Fakultät
Professur
für Betriebswirtschaftslehre, insb. Electronic Finance und Digitale Märkte
Telefon
0551 39-27062
muntermann@wiwi.uni-goettingen.de
www.efinance.uni-goettingen.de
20,7 Millionen Euro Landesmittel für drei Clusterprojekte zur Spitzenforschung in Hessen – Vorbereitung auf die Exzellenzstrategie im starken Verbund der Rhein-Main-Universitäten – Kofinanzierung durch Goethe-Universität Frankfurt und Mitantragsteller in gleicher Höhe
Welche Möglichkeiten bieten gesellschaftliche Konflikte, um Vertrauen zu schaffen? Was passiert, wenn Neutronensterne miteinander verschmelzen und dabei Gravitationswellen und schwere chemische Elemente produzieren? Wie können neuartige Medikamente für Entzündungen und Infektionen entwickelt werden, wenn man das innere Gleichgewicht von Zellen (Homöostase) besser versteht? Forscher*innen der Goethe-Universität gehen diesen Fragen in den kommenden Jahren gemeinsam mit Partnern anderer Universitäten und wissenschaftlicher Einrichtungen nach. Die Clusterprojekte ENABLE, ELEMENTS und ConTrust werden mit 20,7 Millionen Euro vom Land Hessen und in gleicher Höhe von der Goethe-Universität und den beteiligten Partnern gefördert und ermöglichen die Vorbereitung auf die nächste Exzellenzstrategie von Bund und Ländern. Darüber hinaus sind Forscher*innen der Goethe-Universität an zwei weiteren Clusterprojekten („3AI“, TU Darmstadt, und „The Adaptive Mind“, JLU Gießen) beteiligt.
FRANKFURT. Die heutige Bekanntgabe zur Förderung dreier Clusterprojekte unter Federführung der Goethe-Universität sieht der Präsident, Prof. Dr. Enrico Schleiff, als sehr wichtigen Meilenstein auf dem Weg in die nächste Runde der Exzellenzstrategie: „Dass wir diese wichtigen Fördermittel einwerben und zusammen mit unseren Partnern alle drei Anträge zum Erfolg führen konnten, ist ein Beleg für die Forschungsstärke der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Hier zeigt sich, dass wir in unseren Forschungsschwerpunkten kreative Ideen entwickeln und umsetzen. Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir mit den drei Clusterprojekten in der biomedizinischen Grundlagen- und Translationsforschung, der Astro- und Teilchenphysik und der interdisziplinären Erforschung der Dynamiken des politischen Zusammenlebens eine ausgezeichnete Grundlage, um exzellente Forschung voranzutreiben: die wichtigste Voraussetzung für eine optimale Positionierung für die nächste Runde der Exzellenzstrategie. Besonders betonen möchte ich, dass mit einem gemeinschaftlichen Cluster und der Beteiligung von Kollegen der Goethe-Universität an einem zweiten Cluster aus Darmstadt auch das Fundament für den Verbund der Rhein-Main-Universitäten gestärkt wird. Ich beglückwünsche alle beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu diesem großartigen Erfolg.“
Das Geheimnis des politischen Zusammenlebens
Konflikte sind in Gesellschaften nicht nur unvermeidbar; sie sind
für demokratisches Zusammenleben und gesellschaftlichen Fortschritt
unabdingbar. Doch wie können die Konfliktparteien sicher sein, dass sie sich
nicht auf ungeschütztes Terrain begeben, dass der Streit nicht zerstörerisch
wird? Das Geheimnis des gesellschaftlichen Zusammenhalts, davon geht das am
Zentrum Normative Ordnungen angesiedelte Forschungsvorhaben ConTrust aus,
ist Vertrauen, das im und durch Konflikt gebildet und gefördert wird – und
nicht jenseits davon. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher wollen neue
Wege beschreiten, indem sie Vertrauen nicht als Gegenbegriff zum Begriff des
Konflikts sehen, sondern als Element desselben. Bei der empirischen und
normativen Erforschung des Zusammenhangs zwischen den beiden Begriffen sollen
disziplinäre Grenzen überschritten, neue Methoden erarbeitet und angewendet
werden. Dabei soll es auch um neue Qualitäten der Ungewissheit gehen, die nicht
zuletzt in der Corona-Krise zutage traten. Ziel ist eine Diagnostik der Dynamik
von Vertrauen und Misstrauen in Konfliktsituationen. ConTrust wird mit 4,8
Millionen Euro aus Landesmitteln und 4,9 Millionen Euro Eigenanteil der
Goethe-Universität und des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und
Konfliktforschung gefördert.
Die Materie in Neutronensternen
Neutronensterne stehen im Fokus des Clusterprojekts ELEMENTS.
Neutronensterne sind die Überreste gewaltiger Sternenexplosionen (Supernovae)
und gehören zu den extremsten Objekten im Universum: Materie ist in ihrem Kern
so stark verdichtet, dass sie Berechnungen zufolge sogar als Quark-Gluon-Plasma
vorliegen könnte – als Materie, die in ihre elementaren Bestandteile aufgelöst
ist. Neutronensterne verursachen – wie schwarze Löcher – Raum-Zeit-Krümmungen,
und wenn zwei Neutronensterne miteinander verschmelzen, entstehen schwere
chemische Elemente und Gravitationswellen, die auf der Erde gemessen werden
können. Durch die Beobachtung solcher astrophysikalischer Phänomene, durch
theoretische Berechnungen und durch Experimente, die zum Beispiel an den
Beschleunigern des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung und der dort
entstehenden neuen Beschleunigeranlage FAIR gemacht werden, wollen die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler von ELEMENTS neue Erkenntnisse über den Aufbau und die
Beschaffenheit von Materie gewinnen und darüber, wie Elemente wie zum Beispiel
Gold im Universum hergestellt wurden. Forschungsstrategisch knüpft ELEMENTS an die enge
Kooperation der Goethe-Universität und der TU Darmstadt im Verbund der Rhein-Main-Universitäten an. ELEMENTS wird mit 7,9 Millionen Euro aus Landesmitteln und 8 Millionen Euro Eigenanteil der Goethe-Universität und der
Mitantragsteller gefördert.
Warum Zellen die Balance verlieren
Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich der
Biomedizin erfordern einen schnelleren Transfer grundlegender Erkenntnisse in
die klinische Forschung und Anwendung. Innerhalb des Clusterprojektes ENABLE
werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren, wie deregulierte
zelluläre Signalwege die Entstehung und den Verlauf von Erkrankungen
beeinflussen. Sie wollen verstehen, wie bakterielle und virale Pathogene mit
ihren Wirtszellen interagieren, welche Immunantworten hierdurch ausgelöst
werden und wie es nachfolgend zu Gewebeschäden und Erkrankungen kommt.
Basierend auf diesem Wissen wollen sie therapeutische Strategien gegen neu
auftretende Viren wie SARS-CoV-2 oder gegen Antibiotika-resistente Bakterien
entwickeln. Im Zentrum des Interesses stehen darüber hinaus
Entzündungsreaktionen, die den Verlauf und Therapieerfolg nicht nur bei
Infektionen, sondern bei vielen komplexen Erkrankungen mitbestimmen, unter
anderem bei solchen des Immunsystems oder bei Krebs. Um seine Ziele zu
erreichen, setzt das ENABLE-Konsortium auf enge interdisziplinäre
Zusammenarbeit und modernste Technologien sowie neue chemische und biologische
Tools, die es erlauben, zelluläre Funktionen mit ungekannter Präzision zu
analysieren. ENABLE wird mit 8 Millionen Euro aus Landesmitteln und 9,1
Millionen Euro Eigenanteil der Goethe-Universität und der Mitantragsteller
gefördert.
Künstliche Intelligenz und
menschlicher Geist
An zwei Clusterprojekten zur
Künstlichen Intelligenz und zur Erforschung menschlichen
Verhaltens ist die Goethe-Universität beteiligt: Im Clusterprojekt 3AI (TU
Darmstadt, 5,2 Millionen Euro Landesmittel) wird es um Systeme Künstlicher
Intelligenz (KI) gehen, die sich mit menschenähnlichen Fähigkeiten an neue
Systeme anpassen können. Im Clusterprojekt The Adaptive Mind (JLU
Gießen, Philipps-Universität Marburg, TU Darmstadt, 7,4 Millionen Euro
Landesmittel) untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie der
Mensch seine mentalen Leistungen einerseits kontinuierlich an die Umwelt
anpasst, andererseits aber gegenüber kurzzeitigen Änderungen stabil bleibt.
Bilder
zum Download:
http://www.uni-frankfurt.de/97191339
Bildtexte:
Prof.
Dr. Nicole Deitelhoff, Sprecherin ConTrust. Foto: Uwe Dettmar für
Goethe-Universität
Prof.
Dr. Rainer Forst, Sprecher ConTrust. Foto: Frank Röth für Goethe-Universität
Prof.
Dr. Luciano Rezzolla, Sprecher ELEMENTS. Foto: Jürgen Lecher, Goethe-Universität
Prof.
Dr. Dr. h.c. mult. Norbert
Pietralla, Sprecher ELEMENTS. Foto: TU Darmstadt
Prof.
Dr. Maike Windbergs und Prof. Dr. Ivan Đikić, Sprecherin und Sprecher ENABLE.
Foto: Nathalie Jung, Goethe-Universität
Weitere Informationen:
Clusterprojekt
ConTrust
Vertrauen
im Konflikt. Politisches Zusammenleben unter Bedingungen der Ungewissheit
Sprecher:innen:
Prof.
Dr. Nicole Deitelhoff
Forschungszentrum
Normative Ordnungen der Goethe-Universität (i.G.) und
Leibniz-Institut
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Tel:
+49 (69) 798-31444
deitelhoff@hsfk.de
Prof.
Dr. Rainer Forst
Forschungszentrum
Normative Ordnungen der Goethe-Universität (i.G.)
Tel:
+49 (69) 798-31540
forst@em.uni-frankfurt.de
Antragsteller:
Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Mitantragsteller:
Leibniz-Institut
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Beteiligte
Einrichtungen:
Forschungsinstitut
Gesellschaftlicher Zusammenhalt Frankfurt a.M.
Sigmund-Freud-Institut,
Frankfurt am Main
Institut
für Sozialforschung, Frankfurt am Main
Forschungskolleg
Humanwissenschaften, Bad Homburg
Max-Planck-Institut
für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main
Max-Planck-Institut
für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Max-Planck-Institut
zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen
Technische
Universität Darmstadt
Hessisches
Kompetenzzentrum für verantwortungsbewusste Digitalisierung, Darmstadt
Universität Mannheim
Clusterprojekt ELEMENTS -
Exploring the Universe from microscopic to macroscopic scales
Sprecher:
Prof.
Dr. Luciano Rezzolla
Institut
für Theoretische Physik
Goethe-Universität
Frankfurt
Tel:
+49 (69) 798-47871
rezzolla@itp.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Norbert Pietralla
Technische
Universität Darmstadt
Tel:
+ 49 (6151) 16 23540
pietralla@ikp.tu-darmstadt.de
Antragsteller:
Goethe-Universität
Frankfurt
Mitantragsteller:
Technische
Universität Darmstadt
Justus-Liebig-Universität
Gießen
GSI
Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Darmstadt
Clusterprojekt ENABLE -
Unraveling mechanisms driving cellular homeostasis, inflammation and infection
to enable new approaches in translational medicine
Sprecher:innen:
Prof.
Dr. Ivan Đikić
Institut
für Biochemie II, Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt und
Buchmann-Institut für molekulare Lebenswissenschaften
Tel:
+49 (0) 69 6301-5964,
dikic@biochem2.uni-frankfurt.de
Prof.
Dr. Maike Windbergs
Goethe-Universität
Frankfurt
Institute
für Pharmazeutische Technologie und
Buchmann-Institut für molekulare Lebenswissenschaften
Tel:
+49 (0) 69 798-42715
windbergs@em.uni-frankfurt.de
Antragsteller:
Goethe-Universität
Frankfurt
Mitantragsteller:
Frankfurt Institute for Advanced Studies
(FIAS), Frankfurt a. M.
Fraunhofer Institute for Molecular Biology
and Applied Ecology, Branch Translational
Medicine and Pharmacology (Fraunhofer
IME-TMP), Frankfurt a. M.
Georg-Speyer-Haus (GSH), Institute for
Tumor Biology and Experimental Therapy, Frankfurt
a. M.
Max
Planck Institute of Biophysics (MPI-BP), Frankfurt a. M.
Beteiligte
Einrichtungen:
Max Delbrück Center for Molecular
Medicine, Berlin
Max Planck Institute for Heart and Lung
Research, Bad Nauheim
Max Planck Institute of Molecular Cell
Biology and Genetics, Dresden
Mit dem „Kommunalwahlkompass“ können sich Bürgerinnen und Bürger die Positionen der Parteien zu wichtigen Themen erschließen. Gemeinsames Projekt der Goethe-Universität, TU Darmstadt und Uni Oldenburg
FRANKFURT. Mit Hilfe des Online-basierten „Kommunalwahlkompasses“ können interessierte Bürgerinnen und Bürger ihre Positionen zu wichtigen Themen der Kommunalpolitik mit den entsprechenden Positionen der Parteien vergleichen. Sie erhalten als Ergebnis eine Rangliste der ihnen sachpolitisch nahestehenden Parteien und können sich darüber hinaus über die Begründungen der Parteien informieren sowie über die Kandidaten und Kandidatinnen, die von den Parteien zur Wahl aufgestellt sind. Ab dem 15. Februar wird das Angebot in 34 Gemeinden Hessens verfügbar sein.
Viele
Bürgerinnen und Bürger haben die subjektive Wahrnehmung entwickelt, dass sich
die etablierten politischen Parteien kaum noch unterscheiden und dass ihre
Interessen keine Berücksichtigung in der Politik finden. Wie in einigen Studien
nachgewiesen wurde, können Online-Wahlhilfen zur politischen Orientierung und
Urteilsbildung der Wählerinnen und Wähler in zunehmend abgekoppelten und
unübersichtlichen Wettbewerbsmärkten beitragen. Die Idee, einen
Kommunalwahlkompass zu entwickeln, entstand aus der Beobachtung, dass
Online-Wahlhilfen auf der kommunalen Ebene bislang kaum genutzt wurden, obwohl
gerade hier das politische Angebot durch die spezifischen lokalen
Parteiensysteme und das personalisierte Kommunalwahlrecht besonders schwach
strukturiert ist. Das Projekt wird von einem Team durchgeführt, das aus Prof.
Thomas Zittel, Politikwissenschaftler der Goethe-Universität, PD Dr. Christian
Stecker (TU Darmstadt), Dr. Michael Jankowski (Uni Oldenburg) und zahlreichen
Studierenden besteht. Neben der Information der Wählerinnen und Wähler
verspricht das Projekt auch wissenschaftliche Erkenntnisse, z. B. über
Reichweite und Erfolgsbedingungen von Online-Wahlhilfen.
Mit
dem Kommunalwahlkompass wird erstmals eine Online-Wahlhilfe für die kommunale
Ebene in der Fläche angeboten, die viele große und kleine Gemeinden aus
verschiedenen Kreisen berücksichtigt. So sind neben Großstädten wie Frankfurt
am Main oder Wiesbaden auch kleinere Städte wie Zwingenberg oder Biedenkopf
vertreten. Der Kommunalwahlkompass besteht aus etwa 30 Thesen, die Grundlage
des Vergleichs zwischen den Positionen der Wählerinnen und Wählern einerseits
und der Parteien andererseits sind. Darunter befinden sich zum einen
kommunenspezifische Thesen, die ganz konkrete Probleme in einer Kommune
aufgreifen, und zum anderen Brückenthesen, die zu allgemein kommunalpolitischen
Themen in allen Gemeinden gleich erfragt werden sollen. Darüber hinaus bietet
der Kommunalwahlkompass auch Informationen zu den Kandidatinnen und Kandidaten,
was angesichts eines personalisierten Wählens in der Kommunalpolitik als
wichtige Zusatzfunktion konzipiert wurde.
Das
Projekt wird von zahlreichen Organisationen unterstützt, insbesondere von der
Landeszentrale für Politische Bildung Hessen, der Digitalstadt Darmstadt, der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Evangelischen Akademie Frankfurt. Die
technische Umsetzung wird maßgeblich vom Institut für Informatik der
Universität Oldenburg begleitet (OFFIS). Sie basiert auf einem transparenten
Open-Source-Softwareprojekt, das von Till Sanders entwickelt wurde. Mehr zum
Projekt unter http://www.kommunalwahlkompass.de/
Kontakt:
Prof.
Dr. Thomas Zittel, Institut für Politikwissenschaft, Goethe-Universität
Frankfurt, Tel. (069) 798-36678; zittel@soz.uni-frankfurt.de
PD
Dr. Christian Stecker, Institut für Politikwissenschaft, TU Darmstadt, Tel.
(06151) 16-57355; christian.stecker@tu-darmstadt.de
Ethnologin an der Goethe-Universität erforscht die Auswirkungen der Pandemie auf informelle Märkte im Kaukasus und Zentralasien
Seit dem Ende der Sowjetunion haben sich im Kaukasus zahlreiche neue, eher informelle Handelswege herausgebildet: Günstige Ware wird in China oder in der Türkei persönlich geordert und in Georgien oder Armenien auf Märkten verkauft. Dazu forscht an der Goethe-Universität seit 2016 die Ethnologin PD Dr. Susanne Fehlings. Was macht Corona mit diesem Geschäftsmodell, das vielen Menschen das Überleben sichert? Dazu startet jetzt ein Zusatzmodul, das wie das gesamte Projekt von der VolkswagenStiftung finanziert wird.
FRANKFURT. Ökonomie im
kleinen Maßstab – dafür interessiert sich die Ethnologin PD Dr. Susanne
Fehlings vom Frobenius-Institut. Sie ist Initiatorin und Sprecherin des
internationalen Forschungsprojekts „Informal Markets and Trade in Central Asia
and the Caucasus“, das seit 2016 lokale Basare und die Handelsgepflogenheiten
von reisenden Kleinhändlern z.B. zwischen Kaukasus und China unter die Lupe
nimmt. Im Februar startet das Zusatzmodul „The
Immediate Consequences and Projected Long-Term Impact of the Corona Crisis on
Informal Markets and Trade in Eurasia“. Dafür hat die VolkswagenStiftung für
18 Monate 120.000 Euro bewilligt.
Während zur Zeit der Sowjetunion die staatliche Planwirtschaft
Unternehmertum grundsätzlich unterdrückte, boomten nach deren Ende Märkte, die
weder erfasst noch reguliert werden und sich insofern auch statistischen
Untersuchungen entziehen. Wie diese Märkte funktionieren, wie sich Händler
verhalten und wie persönliche Beziehungen zum Tragen kommen, damit befasste
sich Fehlings auch in ihrer Habilitationsschrift, die im Rahmen des Projekts
entstanden ist. 2020 hat die Stiftung eine Anschlussförderung zur Erforschung
der sich verändernden Rolle Chinas bewilligt.
In diesem halblegalen, vom Staat misstrauisch beäugten Segment sei
es nicht leicht, Menschen für eine ethnologische Forschung zu gewinnen, sagt
Fehlings. Dennoch konnte sie über drei Jahre hinweg eine umfangreiche
Fallstudie erstellen. Sie begleitete eine Händlergruppe in Georgien über
mehrere Jahre, flog mit ihnen für drei Wochen nach China, wo es um Schuhe und
Kleidung ging. „Für mich waren nicht nur die Abläufe des Handels selbst
interessant, sondern vor allem auch das Drumherum“, sagt sie. Gerade
Zwischenmenschliches spiele eine große Rolle. Virtuelle Kommunikation werde
zwar genutzt, besonders in der Coronazeit. „Den physischen Kontakt ersetzt es
aber nicht. Nicht nur, wenn es darum geht, die Ware auszusuchen; auch Geschenke
kann man nur in Präsenz überreichen“, so Fehlings. Wie sich die Bedingungen für
die Händler in der Pandemiezeit geändert hat und wie sie damit umgehen, darüber
soll das neue Modul Aufschluss geben, dass offiziell am 1. Februar startet.
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/97101469
Bildtexte:
Bild 1: Straßenhändler in Tbilisi, 2016 (Foto: Susanne Fehlings)
Bild 2: Georgischer Händler in Beijing, 2017 (Foto: Susanne
Fehlings)
Bild 3: Bazar in Tbilisi, 2016 (Foto: Susanne Fehlings)
Weitere
Informationen
PD Dr.
Susanne Fehlings
Projektleiterin
Frobenius Institut
Goethe-Universität
Telefon 0176-31284456
E-Mail Susanne.fehlings@gmx.net
Homepage: https://www.frobenius-institut.de/assoziierte-wissenschaftler/53-assoziiert/711-dr-susanne-fehlings
Weitere
Projektmitglieder:
Hasan
Karrar, LUMS, Pakistan
Hamlet
Melkumyan, Armenische Akademie der Wissenschaften, Armenien
Yulia
Antonyan, Staatliche Universität Yerevan, Armenien
Zviad Mirtskhulava, Tbilisi State
University, Georgien
Ana Ramazashvili, Tbilisi State
University, Georgien
Philippe Rudaz, Schweiz
Ketevan Khutsishvili, Tbilisi State
University, Georgien
John Schoeberlein, Nazarbayev University,
Kasachstan
Gulniza
Taalaibekova, Frobenius Institut, Frankfurt am Main, Deutschland
Nur
zeitweise:
Aigerim
Sarsenbayeva
Meiiram
Baltas
Arman
Mussin.
Neuer Schwerpunkt am Forschungskolleg Humanwissenschaften untersucht die Potentiale und die Anfechtungen der Demokratie in der Atlantischen Welt
BAD HOMBURG, FRANKFURT. Seit einhundert Jahren sind die Begriffe „Atlantische Welt“ und „Demokratie“ eng miteinander verbunden. Dies geht auf den amerikanischen Publizisten Walter Lippmann zurück, der den Begriff „Atlantic World“ prägte, um eine transatlantische Gemeinschaft zu beschwören, die sich der Verteidigung von Demokratie und Freiheit verpflichtet fühlte. Diese „atlantischen“ Ideale aber wurden von jeher angefochten und bedroht. So zeigen die jüngsten Ereignisse in den USA die Fragilität wie auch die Stärke der Demokratie gleichermaßen: Am 6. Januar stürmte ein Mob das Kapitol, um die Legitimität der demokratischen Macht zu verhöhnen – und nur vierzehn Tage später wurde das Kapitol mit der Feier zur Inauguration des neuen Präsidenten zum Sinnbild für die Stärke und Offenheit der Demokratie in der Gegenwart.
Mit
diesen aktuellen Bildern vor Augen startet nun das Forschungskolleg
Humanwissenschaften einen neuen Forschungsschwerpunkt „Democratic Vistas.
Reflections on the Atlantic World“. „Damit möchte das Kolleg“, wie der
Direktor Prof. Matthias Lutz-Bachmann betont, „den Diskurs ‚über den Atlantik
hinweg' vertiefen – einen Diskurs, den das Kolleg seit seiner Gründung vor zehn
Jahren führt, zuletzt intensiv im Rahmen der Bad Homburg Conference im Oktober
2020, die sich der Zukunft der transatlantischen Beziehungen widmete.“
Das
Konzept des Forschungsschwerpunktes wurde federführend von Johannes Völz
entwickelt, Professor für Amerikanistik an der Goethe-Universität und seit 2019
Mitglied im Direktorium des Forschungskollegs Humanwissenschaften. „Mit dem
Titel des neuen Forschungsschwerpunktes greifen wir Gedanken von Walt Whitman
auf, die er 1871 in seinem Essay ‚Democratic Vistas' formulierte. Whitman
fasste die Demokratie als ein Experiment im Streben nach Freiheit und
Gleichheit auf. Doch Experimente könnten auch scheitern. Das Gespenst der
Tyrannei, so Whitman, ist die Kehrseite der kollektiven Selbstgestaltung. Genau
das können wir heute beobachten: Auf der einen Seite stehen die Populismen, die
Demokratien auf der ganzen Welt bedrohen, auf der anderen die starken und
beeindruckenden Befreiungsbewegungen, etwa in Belarus. Whitman wusste noch
etwas anderes: ‚Demokratie' bezeichnet nicht den Ist-Zustand eines politischen
Systems, sondern eine Aspiration, eben einen Ausblick auf eine andere Zukunft.
Die Demokratie zu beschwören, verlangt deshalb, seinen eigenen Blick zu weiten.
Das prägt auch unsere Sicht am Forschungskolleg: wir beschränken die
‚Atlantische Welt' nicht auf das Bündnis zwischen Nordamerika und Europa,
sondern beziehen sowohl die Nord-Süd-, als auch die Ost-West-Achse bewusst mit
ein“.
Unter der Leitung von Völz und seinem Frankfurter Kollegen Gunther Hellmann, Professor für Politikwissenschaft, bringt „Democratic Vistas“ eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftler*innen der Goethe-Universität sowie internationale und regionale Partner aus den Feldern Geschichte, Internationale Beziehungen, Recht, Literatur, Medienwissenschaft, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Philosophie, politische Theorie, Religionswissenschaft, Sozialpsychologie und Soziologie zusammen.
Eröffnet wird der Forschungsschwerpunkt mit einer digitalen
Podiumsdiskussion am Donnerstag, dem 18. Februar 2021, um 17.00
Uhr. Masha Gessen (New York), Shalini Randeria (Wien) und Sławomir
Sierakowski (Warschau) diskutieren zum Thema „Democratic Vistas, Autocratic
Specters: Must We Reinvent Democracy?“
Weitere
Informationen
über den Forschungsschwerpunkt, seine Mitglieder und über die die
Eröffnungsveranstaltung finden sich auf der Webpage des Forschungskollegs
Humanwissenschaften: www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Kontakt
Iris
Helene Koban, Geschäftsführerin des Forschungskollegs Humanwissenschaften, Tel.
(06172) 13977-0; i.koban@forschungskolleg-humanwissenschaften.de; Prof. Dr. Johannes
Völz, voelz@em.uni-frankfurt.de.
Mehr als 2000 Groß- und Kleinspender ermöglichen zahlreiche Forschungsprojekte an Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt zur Bewältigung der Pandemie
Knapp zehn Monate nach dem ersten Spendenaufruf von Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt hat der Goethe-Corona-Fonds die angestrebte 5-Millionen-Euro-Marke überschritten. Die Idee des Goethe-Corona-Fonds stammt aus den ersten Tagen der Pandemie: Sofort und unbürokratisch sollten Forscherinnen und Forscher durch Spenden unterstützt werden, ihren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise zu leisten. Kräfte bündeln und kompetent helfen – mehr als 2000 Privatpersonen, Stiftungen und Unternehmen haben dieses Ziel inzwischen unterstützt.
FRANKFURT. „Mir hat das
Spenden für die Forschung dabei geholfen, mich in den ersten Tagen der
Corona-Krise nicht mehr so ohnmächtig zu fühlen. Ich konnte etwas Sinnvolles
tun“, erklärt Raina Jockers, eine der mehr als 2000 Spenderinnen und Spender
für den Goethe-Corona-Fonds, ihre Initiative. So wie die Absolventin der
Goethe-Universität fühlen vermutlich viele. Mehr als die Hälfte der Spender
zahlte zwischen 10 und 100 Euro in den Fonds ein. Die kleinste Spende, eine „payback-Spende“,
lag bei 2 Cent, die größte umfasste nahezu eine Million Euro.
Die erstmals von der Universität genutzte gemeinnützige
Online-Spendenplattform betterplace.org erreichte nicht nur
Frankfurter Bürgerinnen und Bürger sowie regionale Stiftungen und Unternehmen.
Der Aufruf zog weite Kreise über das Rhein-Main-Gebiet hinaus – aus Hamburg und
München trafen ebenso Spenden ein wie aus den USA. Dass auf der
Spenden-Plattform regelmäßig über die Arbeit der Wissenschaftler berichtet
wird, mag manche motiviert haben, dabei zu bleiben: So speist ein anonymer
Spender den Corona-Fonds monatlich mit 20 Euro.
„In der Pandemie wollten wir mit dem helfen, was wir am besten
können: mit unserer Forschung“, sagt Prof Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident
der Goethe-Universität. „Also sind wir mit unserer Spendenkampagne einfach ins
kalte Wasser gesprungen und haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: 5
Millionen Euro Spendengelder. Dass wir nun, noch nicht einmal ein Jahr nach dem
ersten Spendenaufruf, die 5-Millionen-Marke erreicht haben, macht uns tief
dankbar. Viele private Spender, aber auch Stiftungen und Unternehmen haben sich
großzügig gezeigt. Sie haben Forschung unterstützt, die uns allen hilft, und so
andere Menschen in der Pandemie im Blick behalten. Das sollte uns wirklich Mut
machen für den langen Weg, der noch vor uns liegt.“
Den
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Goethe-Universität und
Universitätsklinikum diente der Goethe-Corona-Fonds als Starthilfe.
Mittlerweile haben viele zusätzliche Mittel rund um die Erforschung von
SARS-CoV-2 eingeworben. Die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek und die
Infektiologin Prof. Dr. Maria Vehreschild beispielsweise sind heute Teil des
EU-geförderten CARE-Konsortiums. Sandra Ciesek gehört dank ihrer Erfolge in der
Arzneimittelforschung inzwischen zu den prominentesten Corona-Forscherinnen
Deutschlands. Maria Vehreschild sammelte als eine der Ersten systematisch
klinische Daten und Proben von COVID-19 Patienten und belieferte mit ihren
Proben Impf- und Medikamentenforscher in ganz Deutschland; inzwischen ist ihre
Datenbank in einer gesamtdeutschen Biobank aufgegangen.
Doch auch Forscherinnen und Forscher aus sozial- und
geisteswissenschaftlichen Fachgebieten haben vom Goethe-Corona-Fonds profitiert.
Mehr als 40 Projekte werden inzwischen gefördert – darunter auch das
Corona-Krisentelefon und Studien des Psychologen Prof. Dr. Ulrich Stagnier zu
den psychischen Folgen der Pandemie.
Das jüngste vom Corona-Fonds geförderte Projekt widmet sich der
Arbeitssituation der besonders beanspruchten Pflegefachpersonen sowie Ärztinnen
und Ärzte in der COVID-19-Versorgung in hessischen Kliniken. Das
Kooperationsprojekt von Universitätsklinikum Frankfurt und der Evangelischen
Hochschule in Darmstadt überprüft zunächst die Auswirkungen auf die
Beschäftigten. Aus den Ergebnissen sollen Empfehlungen für Führungskräfte und
Beschäftigte der Pflege sowie konkrete Angebote der betrieblichen
Gesundheitsförderung abgeleitet werden. Aktuell startet die Auswertung der ersten
Teilstudie des Projektes.
Weitere
Spenden möglich unter: https://www.goethe-corona-fonds.betterplace.org und
Spendenkonto:
Landesbank Hessen-Thüringen
IBAN:
DE95 5005 0000 0001 0064 10
Verwendungszweck:
Goethe-Corona-Fonds
Internationales Forscherteam untersucht die Bindungskinetik von Kinase-Hemmern – Cell Chemical Biology, DOI: 10.1016/j.chembiol.2021.01.003
Wie sich die Passform bestimmter Wirkstoffe optimieren lässt, damit sie länger an ihre Zielproteine binden und damit eine stärkere pharmakologische Wirkung entfalten, haben jetzt Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität Frankfurt zusammen mit Kolleg:innen aus Darmstadt, Heidelberg, Oxford und Dundee (UK) am Bespiel so genannter Kinase-Hemmstoffe untersucht. Solche Stoffe werden vielfach in der Krebstherapie eingesetzt. Das Ergebnis: Besonders lange dauert die „Umarmung“ von Hemmstoff und Protein, wenn sich das Protein an den Hemmstoff „anschmiegt“. Künftig wollen die Forscher:innen mit Computersimulationen die Bindedauer von Substanzen vorhersagen.
FRANKFURT. Viele
Krebsmedikamente blockieren in Krebszellen Signale, mit deren Hilfe sich
entartete Zellen unkontrolliert vermehren und aus dem Gewebeverband herauslösen.
So führt zum Beispiel die Blockade des Signalproteins FAK, einer sogenannten
Kinase, dazu, dass bestimmte Brustkrebszellen weniger beweglich werden und
somit weniger stark metastasieren. Das Problem: Wenn FAK durch einen Hemmstoff
blockiert wird, wird das nahe verwandte Signalprotein PYK2 viel aktiver und
übernimmt so einen Teil der Aufgaben von FAK. Ideal wäre daher ein Hemmstoff,
der in gleicher Weise sowohl FAK wie auch PYK2 möglichst langanhaltend
inhibiert.
Ein internationales Team um den Pharmakochemiker Prof. Stefan
Knapp von der Goethe-Universität hat eine Reihe eigens synthetisierter
FAK-Hemmstoffe untersucht. Alle Hemmstoffe banden ungefähr gleich schnell an
das FAK-Signalprotein. Sie unterschieden sich jedoch in der Dauer der Bindung:
Der wirksamste Hemmstoff blieb am längsten mit dem FAK-Signalprotein verbunden.
In biochemischen und molekularbiologischen Analysen sowie
Computersimulationen fand das Forschungsteam heraus, dass hierfür die Art der
Wechselwirkung zwischen FAK-Signalprotein und Hemmstoff verantwortlich ist.
Durch die Bindung des Wirkstoffs verändert das FAK-Signalprotein seine Form und
bildet an einer der Kontaktstellen eine bestimmte, wasserabweisende Struktur
aus. Diese veränderte (induzierte) FAK-Struktur bindet besonders gut an eine
ebenfalls wasserabweisende Struktur des Hemmstoffs, vergleichbar einer innigen
Umarmung.
Das Schwesterprotein PYK2 hingegen bleibt vergleichsweise steif,
und obwohl der wirksamste FAK-Hemmstoff auch PYK2 blockierte, war sein Effekt
hier deutlich schwächer.
Den Forscher:innen gelang es, das Bindungsverhalten der
Inhibitoren in Computersimulationen zu modellieren und so eine Methode zu
entwickeln, mit deren Hilfe sich künftig in der pharmazeutischen Forschung
Wirkstoffkandidaten optimieren lassen.
Prof. Stefan Knapp erklärt: „Weil wir jetzt die molekularen
Mechanismen der Interaktion von potenten Hemmstoffen dieser zwei Kinasen besser
verstanden haben, hoffe wir, künftig anhand von Computersimulationen die
Verweildauer potenzieller Wirkstoffe besser vorhersagen zu können. Die
Verweildauer von Wirkstoffen wurde bisher nur wenig beachtet. Diese Eigenschaft
hat sich jedoch als wichtiger Parameter für die Entwicklung von effektiven
Wirkstoffen entpuppt, die nicht nur spezifisch, sondern auch langanhaltend ein
oder mehrere Zielproteine – wie im Fall von FAK und PYK2 – hemmen sollen.“
Publikation: Benedict-Tilman
Berger, Marta Amaral, Daria B. Kokh, Ariane Nunes-Alves, Djordje Musil, Timo
Heinrich, Martin Schröder, Rebecca Neil, Jing Wang, Iva Navratilova, Joerg
Bomke, Jonathan M. Elkins, Susanne Müller, Matthias Frech, Rebecca C. Wade,
Stefan Knapp: Structure-kinetic relationship reveals the mechanism of
selectivity of FAK inhibitors over PYK2. Cell Chemical Biology https://doi.org/10.1016/j.chembiol.2021.01.003
Die Arbeiten sind im Rahmen des Public
Private Partnerships K4DD (Kinetics for Drug Discovery) der Innovative
Medicinces Initiatives (IMI) entstanden. https://www.k4dd.eu/home/
Bilder
zum Download:
Mit
und ohne Bildbeschriftung: http://www.uni-frankfurt.de/96999809
Bildtext:
Oben:
Lange Bindungsdauer. Ein Inhibitor (links: Stäbchenmodell) bindet an das Signalprotein
FAK (rechts: ein Teil des FAK-Proteins dargestellt als Kalottenmodell mit
Halbkugeln). Die strukturellen Veränderungen in FAK verursachen
wasserabweisende Kontakte (gelb, so genanntes DFG-Motiv) und eine lang
anhaltende Bindung.
Unten:
Kurze Bindungsdauer. Das PYK2-Signalprotein ändert seine Struktur nicht, was zu einer
schnellen Dissoziation des Inhibitors führt. Grafik: Knapp Laboratory,
Goethe-Universität Frankfurt
Weitere
Informationen
Prof. Dr.
Stefan Knapp
Institut
für Pharmazeutische Chemie
Goethe-Universität
Frankfurt
knapp@pharmchem.uni-frankfurt.de
Elvira Mass erhält renommierte Auszeichnung für Erkenntnisse zur Organentwicklung bei der Maus
Die Weichen für die Gesundheit der Organe werden offensichtlich schon im frühen Embryo gestellt. Die diesjährige Nachwuchspreisträgerin hat gezeigt, dass spezialisierte Immunzellen aus dem Dottersack die Entwicklung der Organe begleiten und zeitlebens zur Gesunderhaltung beitragen. Damit bestimmen diese Zellen mit über das Funktionieren der Organe. Für Elvira Mass liegt in der eingeschränkten Funktion dieser Zellen eine mögliche Ursache für viele Erkrankungen.
FRANKFURT am MAIN. Der mit 60.000 Euro dotierte
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2021 geht an die
Entwicklungsbiologin Professorin Elvira Mass vom Life and Medical Sciences
Institut (LIMES) der Universität Bonn. Die Preisverleihung in der Paulskirche,
die traditionell am 14. März, dem Geburtstag von Paul Ehrlich, mit einem
Festakt gefeiert wird, fällt in diesem Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie aus.
Die Ehrung der Nachwuchspreisträgerin wird im kommenden Jahr zusammen mit den
Preisträgern 2022 nachgeholt werden.
Damit die Organe gesund und leistungsfähig bleiben,
muss das Gewebe ständig nach Auffälligkeiten durchforstet werden. Bis vor
wenigen Jahren galt die Auffassung, dass diese Aufgabe von Immunzellen aus dem
Knochenmark übernommen wird. Mass hat in einer Reihe eleganter Experimente
gezeigt, dass diese Zellen auf Vorläuferzellen im Dottersack zurückgehen, der
den Embryo bis zur Ausbildung der Placenta ernährt und dann abgebaut wird. Die
Vorläuferzellen wandern aus dem Dottersack in die entstehenden Organe,
begleiten deren Entwicklung und bleiben auch nach der Geburt ein Leben lang
präsent. Woher sie diese Langlebigkeit nehmen, ist bislang ein Rätsel.
Bei den Immunzellen handelt es sich um sogenannte
Gewebe-Makrophagen, also um Fresszellen des angeborenen Immunsystems. Ihre
primäre Aufgabe besteht darin, aufzuräumen und alles zu beseitigen, was nicht
zu einem gesunden Organ gehört. Allerdings produzieren sie auch Botenstoffe und
schaffen Nährstoffe herbei, sodass sie auch dafür sorgen, dass Neues entsteht.
„Die besondere Leistung von Elvira Mass besteht in
einem wichtigen Perspektivenwechsel beim Blick auf die Funktion von Organen“,
schreibt der Stiftungsrat unter Vorsitz von Professor Thomas Boehm, Direktor am
Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, in seiner
Begründung. „Wer sich für die Frage interessiert, wie sich Organe entwickeln
und was sie gesund erhält, schaut jetzt nicht mehr nur auf das Knochenmark,
sondern ebenso auf den Dottersack und damit auf eine ganz andere Population von
Makrophagen. Das hat auch Konsequenzen für die Medizin, denn Organerkrankungen
könnten auch auf eine Fehlfunktion der Makrophagen-Vorläuferzellen aus dem
Dottersack zurückgehen“, so der Stiftungsrat weiter.
Dass dies tatsächlich der Fall ist, hat Mass für
einige Organe der Maus gezeigt, zum Beispiel für das Gehirn, wo die ansässigen
Makrophagen Mikroglia heißen. Der Hinweis auf eine relevante Fehlfunktion kam
aus der Medizin. Es gibt eine Form von Krebs, bei dem sich die
Gewebe-Makrophagen unkontrolliert vermehren und bei der die Kranken mit der
Zeit Anzeichen für eine Neurodegeneration oder eine Bewegungsstörung
entwickeln. Diesen als Histiozytosen bezeichneten Tumoren liegt meistens eine
spezielle Mutation zugrunde. Mass hat diese Mutation bei Mäusen in die
Vorläuferzellen im Dottersack geschleust und verfolgt, wie sich die Tiere
entwickelten. Dabei zeigte sich, dass die mutierten Mikroglia-Zellen nicht mehr
ihren angestammten Aufgaben nachgehen, sondern die Nervenzellen in ihrer
Nachbarschaft attackieren und beseitigen. Das führte bei den Mäusen früher oder
später zu Lähmungen und passt damit zum klinischen Bild einer Histiozytose.
Mit der ihr kürzlich
zugesprochenen, begehrten Förderung des Europäischen Forschungsrates wird die
Nachwuchspreisträgerin in Zukunft untersuchen, welche Umweltfaktoren die
epigenetische Prägung in den Vorläuferzellen des Dottersacks derart verändern,
dass sich daraus Konsequenzen für die Gesundheit der Organe ergeben. Dafür wird
sie unter anderem den Einfluss von Nanoplastik-Partikeln auf die Makrophagen
untersuchen. Teilchen, die kleiner als 500 Nanometer sind, gelangen über die
Plazenta ins Blut des Embryos und könnten damit auch der Fürsorge-Funktion der
Gewebe-Makrophagen schaden.
Kurzbiographie Professorin Dr. Elvira Mass
Elvira Mass (34) studierte
Biologie an der Universität Bonn und promovierte am dortigen Life and Medical
Sciences Institut (LIMES). 2014 wechselte sie in das Labor von Frederic
Geissmann ans King's College in London und folgte ihm wenige Monate später an
das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York. Von dort kehrte sie
2017 als Gruppenleiterin an das LIMES-Institut der Universität Bonn zurück.
2019 wurde sie W2 Professorin für „Integrated Immunology“ an der Universität
Erlangen-Nürnberg. 2020 wechselte sie auf eine W2/W3-Professur ans
LIMES-Institut. Mass ist mehrfach ausgezeichnet worden. 2020 erhielt sie den
Heinz Maier Leibnitz-Preis. Dies ist der bedeutendste Preis zur Förderung des
wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland.
Der
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
Der
2006 erstmals vergebene Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
wird von der Paul Ehrlich-Stiftung einmal jährlich an einen in Deutschland
tätigen Nachwuchswissenschaftler oder eine in Deutschland tätige
Nachwuchswissenschaftlerin verliehen, und zwar für herausragende Leistungen in
der biomedizinischen Forschung. Das Preisgeld von 60.000 Euro muss
forschungsbezogen verwendet werden. Vorschlagsberechtigt sind Hochschullehrer
und Hochschullehrerinnen sowie leitende Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen an deutschen Forschungseinrichtungen. Die Auswahl der
Preisträger erfolgt durch den Stiftungsrat auf Vorschlag einer achtköpfigen
Auswahlkommission.
Die
Paul Ehrlich-Stiftung
Die Paul
Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die
treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsidentin der 1929 von Hedwig Ehrlich
eingerichteten Stiftung ist Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die gewählten Mitglieder des
Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der
Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am Max-Planck-Institut
für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender des Kuratoriums ist
Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung,
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in seiner
Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul
Ehrlich-Stiftung. Der Präsident der Goethe-Universität ist in dieser Funktion
zugleich Mitglied des Kuratoriums.
Weitere Informationen
Alle Unterlagen der Pressemappe sowie
ein Foto von Professorin Elvira Mass sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Den
ausführlichen Lebenslauf, ausgewählte Veröffentlichungen und die
Publikationsliste erhalten Sie von Dr. Hildegard Kaulen, Telefon: +49 (0)
6122/52718, E-Mail: h.k@kaulen-wissenschaft.de
Hintergrundinformation zur Verleihung des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreises 2021 an Professorin Dr. Elvira Mass (PDF)
Michael R. Silverman und Bonnie L. Bassler werden für Entdeckungen zur bakteriellen Kommunikation geehrt
Bakterien sind keine Einzelkämpfer.
Die Bildung eines Biofilms zum Schutz vor der Immunattacke des Wirtsorganismus
oder die Synthese eines Giftstoffs zum Angriff auf den Wirt gelingen nur im
Team, nicht als Einzelleistung eines individuellen Bakteriums. Die Einzeller
kommunizieren daher miteinander und handeln erst dann gemeinsam, wenn sie eine
Zellzahl erreicht haben, die Aussicht auf Erfolg verspricht. Die nötige
Information dazu tauschen Bakterien über die von den Preisträgern entdeckten
Sprachmoleküle und deren Übermittlungswege aus. Wer also gegen unerwünschte
Bakterien vorgehen will, kann deren Absprachen erlauschen und gezielt
durchkreuzen.
FRANKFURT am MAIN. Der mit 120.000 Euro dotierte Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2021 geht in diesem Jahr an die Amerikanerin Bonnie L. Bassler von der Princeton University und dem Howard Hughes Medical Institute und den Amerikaner Michael R. Silverman, Emeritus des Agouron Institute in La Jolla. Die beiden werden für ihre bahnbrechenden Entdeckungen zum „Quorum Sensing“ ausgezeichnet. Dieser Begriff bezeichnet die Strategie der bakteriellen Kommunikation. Die Preisverleihung in der Paulskirche, die traditionell am 14. März, dem Geburtstag von Paul Ehrlich, mit einem Festakt gefeiert wird, fällt in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie aus. Die Ehrung wird im kommenden Jahr zusammen mit den Preisträgern 2022 nachgeholt.
„Silverman und Bassler haben
gezeigt, dass kollektives Verhalten nicht nur die Regel unter vielzelligen
Organismen ist, sondern auch unter Bakterien“, schreibt der Stiftungsrat der
Paul Ehrlich-Stiftung in seiner Begründung. „Auch Bakterien verständigen sich
untereinander, belauschen sich gegenseitig, treffen Absprachen und koordinieren
damit ihr Verhalten. Die allgegenwärtige Kommunikation unter Bakterien stellt
eine erst durch die Preisträger erkannte Achillesferse dar, die neue Ansätze
liefert, Mikroben zu bekämpfen. Statt Bakterien mit Antibiotika zu töten,
können nun Substanzen entwickelt werden, die die bakterielle Kommunikation
unterbinden. Die Forschung der Preisträger hat damit eine erhebliche Relevanz
für die Medizin“, so der Stiftungsrat weiter.
Bakterien sind äußerst
kommunikativ. Sie senden und empfangen Signale, um herauszufinden, ob sie
allein oder mit vielen Artgenossen vor Ort sind. Gleichzeitig interessieren sie
sich auch dafür, ob noch andere Arten anwesend sind und wer das Sagen hat: sie
oder die anderen. Für diese Kommunikation wurde der Begriff Quorum Sensing
geprägt. Um die Zahl an Bakterien in einer bestimmten Umgebung zu messen, sezernieren
Bakterien bestimmte Sprachmoleküle, deren Konzentration mit der Anzahl der
Bakterien zunimmt. Überschreitet die Konzentration einen bestimmten
Schwellenwert, setzt ein gruppenspezifisches Verhalten ein, das einer
Bakteriengemeinschaft neue Eigenschaften verleiht. Durch die Arbeit der
Preisträger wissen wir heute, dass dieses Phänomen in der gesamten Welt der
Bakterien verbreitet ist.
Silverman hat in den
1980er-Jahren das erste Quorum-Sensing-System bei dem marinen Bakterium Vibrio
fischeri entdeckt. Es gelang ihm, die Information für Bildung des
Sprachmoleküls Autoinducer-1 und dessen Rezeptor auf andere Bakterien zu
übertragen und damit genetisch zu definieren. Vibrio fischeri sorgt mit
diesem Sprachmolekül dafür, dass ein Zwergtintenfisch nachts blau-grün leuchtet
und dadurch im Mondlicht keinen verräterischen Schlagschatten im flachen
Meerwasser wirft. Allerdings erzeugt Vibrio fischeri dieses Licht erst
bei hoher Zellzahl. Gemessen wird sie über die Freisetzung von Autoinducer-1,
dessen Konzentration direkt mit der Zahl der anwesenden Bakterien in dem
Leuchtorgan des Zwergtintenfischs korreliert. Wird ein bestimmter Schwellenwert
erreicht – und damit ein gewisses Quorum –, machen die Moleküle kehrt, wandern
zurück in die Bakterienzelle und sorgen dafür, dass das Licht angeschaltet wird
und der Tintenfisch leuchtet.
Als Bonnie Bassler Anfang der
1990er-Jahre die Existenz des Quorum Sensings bei dem Bakterium Vibrio
harveyi nachweisen wollte, stieß sie auf ein völlig neues Sprachmolekül,
dass sie Autoinducer-2 nannte. Sie konnte zeigen, dass dieses Molekül einen
anderen Nachrichtenwert hat. Es informiert nicht über das eigene Quorum,
sondern über das Quorum der Konkurrenz, denn Bakterien leben selten in
Reinkultur wie im Leuchtorgan des Zwergtintenfischs, sondern in Gemeinschaften
wie im Darm oder auf der Haut. Der Autoinducer-2 unterrichtet die Bakterien
darüber, ob andere Arten vor Ort sind und wer in der Überzahl ist. Letzteres
ergibt sich aus dem Verhältnis der Autoinducer-Moleküle zueinander. Damit war
gezeigt worden, dass Bakterien viele Sprachen beherrschen und sogar zwischen
Freund und Feind unterscheiden können – Leistungen, die wir vom Nerven- und
Immunsystem her kennen.
Heute weiß man, dass es Hunderte
von Sprachmolekülen und Quorum-Sensing-Systemen gibt. Bonnie Bassler hat in den
vergangenen Jahren zudem gezeigt, dass sich auch Viren und die Zellen der
Wirtsorganismen in dieses allgegenwärtige bakterielle Palaver einklinken und
das Quorum Sensing der Bakterien für ihre Zwecke nutzen. Sie entdeckte zum
Beispiel, dass der Schleim des menschlichen Darms von den Bakterien des
Mikrobioms dazu benutzt wird, ein Sprachmolekül zu bilden, das krankmachende
Bakterien auf Distanz hält. Damit verbündet sich der menschliche Darm über den
abgegebenen Schleim mit seinen nützlichen Bakterien im Kampf gegen schädliche
oder unerwünschte Keime. Es gibt also auch eine Kommunikation über die
verschiedenen Domänen des Lebens hinweg.
„Die Bedeutung der Entdeckungen
der beiden Laureaten für die Mikrobiologie und Medizin ist erst kürzlich in
ihrer ganzen Tragweite erkannt worden“, sagt Professor Thomas Boehm, Direktor
am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg und
Vorsitzender des Stiftungsrates. „Erst nach Jahrzehnten zäher Forschungsarbeit
und nach vielen herausragenden Publikationen waren die Kritiker davon
überzeugt, dass nicht nur Vibrio fischeri und Vibro harveyi die
Kunst der bakteriellen Kommunikation beherrschen, sondern wohl alle Bakterien“,
so Boehm weiter. „Das hat nicht nur zu einem fundamentalen Perspektivenwechsel
in der Bakteriologie geführt, sondern ebenso zu gänzlich neuen Ansätzen in der
Antibiotika-Forschung“.
Kurzbiographie Professor Dr.
Bonnie L. Bassler Ph.D. (58)
Bonnie
Bassler ist Mikrobiologin. Sie studierte an der University of California
in Davis Biochemie und promovierte an der Johns Hopkins University in
Baltimore. Dem Labor von Michael Silverman am Agouron Institute in La Jolla
schloss sie sich 1990 als Postdoc an. Seit 1994 ist sie an der Princeton
University. Bonnie Bassler ist Mitglied der National Academy of Sciences, der
National Academy of Medicine und der Royal Society. Sie ist Forscherin am
Howard Hughes Medical Institute sowie Inhaberin der Squibb-Professur und
Leiterin des Instituts für Molekularbiologie an der Universität Princeton.
Präsident Obama berief sie für sechs Jahre ins National Science Board der
Vereinigten Staaten. Sie hat über zwanzig nationale und internationale
Auszeichnungen erhalten.
Kurzbiographie
Professor Michael R. Silverman, Ph.D. (77)
Michael Silverman ist ebenfalls Mikrobiologe. Er studierte Chemie und Bakteriologie an der University of Nebraska in Lincoln und promovierte 1972 an der University of California in San Diego. Zwischen 1972 und 1982 machte er entscheidende Entdeckungen zur Mobilität von Bakterien und zur Chemotaxis. Ab 1982 arbeitete er bis zu seinem Ruhestand am Agouron Institute in La Jolla, dessen Mitbegründer er ist.
Der Paul Ehrlich- und Ludwig
Darmstaedter-Preis
Der
Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis wird traditionell an Paul Ehrlichs
Geburtstag, dem 14. März, in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Mit ihm
werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt, die sich auf den von
Paul Ehrlich vertretenen Forschungsgebieten besondere Verdienste erworben
haben, insbesondere in der Immunologie, der Krebsforschung, der Hämatologie,
der Mikrobiologie und der Chemotherapie. Finanziert wird der seit 1952
verliehene Preis vom Bundesgesundheitsministerium, dem Land Hessen, dem Verband
Forschender Arzneimittelhersteller e.V. und durch zweckgebundene Spenden
folgender Unternehmen, Stiftungen und Einrichtungen: Else
Kröner-Fresenius-Stiftung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, C.H. Boehringer
Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Biotest AG, Hans und Wolfgang
Schleussner-Stiftung, Fresenius SE & Co. KGaA, F. Hoffmann-LaRoche Ltd.,
Grünenthal GmbH, Janssen-Cilag GmbH, Merck KGaA, Bayer AG, Verlagsgruppe Georg
von Holtzbrinck GmbH, AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, die Baden-Württembergische
Bank, B. Metzler seel. Sohn & Co. und die Goethe-Universität. Die
Preisträger werden vom Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung ausgewählt. Eine
Liste der Stiftungsratsmitglieder ist auf der Internetseite der Paul
Ehrlich-Stiftung hinterlegt.
Die
Paul Ehrlich-Stiftung
Die
Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die
treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsidentin der 1929 von Hedwig Ehrlich
eingerichteten Stiftung ist Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die gewählten Mitglieder des
Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der
Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am
Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender
des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung &
Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in
seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der
Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul
Ehrlich-Stiftung. Der Präsident der Goethe-Universität ist in dieser Funktion
zugleich Mitglied des Kuratoriums.
Weitere
Informationen
Sämtliche
Unterlagen der Pressemappe und Fotos der Preisträger sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Der Abdruck ist
kostenfrei. Die ausführlichen Lebensläufe, ausgewählte Veröffentlichungen und
die Publikationsliste erhalten Sie von Dr. Hildegard Kaulen, Telefon: +49 (0)
6122/52718, E-Mail: h.k@kaulen-wissenschaft.de
Hintergrundinformation zur Verleihung des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preises 2021 an Professor Dr. Michael Silverman und Professorin Dr. Bonnie L. Bassler (PDF)
Goethe-Universität ehrt mit dem Preis den Förderer, Romantikliebhaber und Arzt Klaus Heyne
FRANKFURT. Innovative Beiträge zur Erforschung der Romantik können 2021 erstmalig mit dem Klaus Heyne-Preis der Goethe-Universität Frankfurt ausgezeichnet werden. Der neue, mit 15.000 Euro dotierte Preis richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus dem In- und Ausland, die sich in ihrer Qualifikationsphase befinden und einen herausragenden wissenschaftlichen Beitrag zur Romantikforschung geleistet haben.
Ermöglicht wird der neue Wissenschaftspreis durch ein großzügiges
Vermächtnis des Kinderarztes Prof. Dr. Klaus Heyne (1927–2017), dessen
besondere Leidenschaft der Kunst und Literatur der deutschen Romantik galt. Die
Frankfurter Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Frederike Middelhoff sagt: „Wir
sind sehr dankbar, dass wir mit diesem Preis junge Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler fördern können. Auch für die Romantikforschung an der
Goethe-Universität ist der Preis ein besonderer Gewinn.“
Der Klaus Heyne-Preis, der von nun an alle zwei Jahre verliehen
werden soll, setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: 5.000 Euro werden
nicht-zweckgebunden verliehen; 10.000 Euro werden für die Veranstaltung einer
Tagung zur Romantikforschung zur Verfügung gestellt, die im Jahr 2022 an der
Goethe-Universität ausgerichtet werden soll und von der Frankfurter Professur
für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Romantikforschung unterstützt
wird.
Die Preisträgerin bzw. der Preisträger soll im Rahmen eines
Festakts im Oktober 2021 (geplant in Präsenz, wenn nötig digital organisiert)
ausgezeichnet werden.
Interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wenden sich bitte an:
Prof. Dr.
Frederike Middelhoff
W1-Professur für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt
Romantikforschung
Goethe-Universität
E-Mail middelhoff@em.uni-frankfurt.de
Homepage https://www.uni-frankfurt.de/Middelhoff
Reinhart-Koselleck Projekt über eine Million Euro für Geowissenschaftler der Goethe-Universität
Wie sich durch die Analyse der Karbonat-Zusammensetzung bestimmter Gesteine exakte Rückschlüsse auf die Temperatur vergangener Erdepochen ziehen lassen, untersuchen die Geowissenschaftler um Prof. Jens Fiebig von der Goethe-Universität. Eine kürzlich von ihnen entwickelte Methode könnte es künftig erlauben, vergangene Erdoberflächentemperaturen viel zuverlässiger zu bestimmen. Diese Methode soll nun zunächst validiert und dann auf vergangene Erdepochen angewendet werden, in denen der Gehalt des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre höher war als heute. Das Forschungsvorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Reinhart-Koselleck-Projekt mit mehr als einer Million Euro gefördert.
FRANKFURT. Kalk besteht
aus Kalzium und Karbonatgruppen, die sich wiederum aus den Elementen Sauerstoff
(chemisches Symbol: O) und Kohlenstoff (chemisches Symbol: C) zusammensetzen.
Sauerstoff und Kohlenstoff kommen in der Natur in verschiedenen Modifikationen
vor, die sich in ihrer Masse unterscheiden und als Isotope bezeichnet werden.
Wenn sich Kalk in Korallenriffen oder Tropfsteinen bildet, werden mit
abnehmender Temperatur zunehmend Karbonatgruppen aus dem Wasser abgeschieden,
die ein schweres Sauerstoffisotop (18O) enthalten. Diese
Temperaturabhängigkeit wurde - seit ihrer Entdeckung Ende der 40er-Jahre des
letzten Jahrhunderts - dazu verwendet, die Entwicklung der
Erdoberflächentemperatur im Verlaufe der Erdgeschichte zu rekonstruieren.
Oftmals lässt sich mit Hilfe einer solchen Analyse jedoch nicht eindeutig auf
den exakten Einfluss der Temperatur während der Kalkentstehung schließen, denn
auch die 18O-Menge des Wassers und der Mechanismus der
Karbonatentstehung (Mineralisationskinetik) beeinflussen die Häufigkeit dieser
Karbonatgruppe.
Ein wesentlicher Fortschritt in der Klimarekonstruktion wurde
Anfang der 2000er-Jahre am California Institute of Technology erzielt. Den
Wissenschaftlern gelang es, die Häufigkeit von Karbonatgruppen zu bestimmen,
die zwei schwere Isotope enthalten, 13C und 18O,
sogenannte „clumped isotopes“. Die Häufigkeit dieser Karbonatgruppe ist
ebenfalls abhängig von der Kristallisationstemperatur des Karbonats, aber
unabhängig vom 18O-Gehalt des Wassers. Eine Fehlerquelle dieses
Thermometers bestand aber weiterhin in der Tatsache, dass die
Mineralisationskinetik auch die Häufigkeit der „clumped isotopes“ beeinflussen
kann.
Prof. Jens Fiebig und seinem Team am Institut für
Geowissenschaften der Goethe-Universität ist es im vergangenen Jahr erstmals
gelungen, die Häufigkeit einer weiteren Karbonatgruppe zu bestimmen, welche
ebenfalls zwei schwere Isotope enthält, nämlich zweimal 18O. Mit der
Häufigkeitsanalyse dieser beiden sehr seltenen, jeweils zwei schwere Isotope
enthaltenden Karbonatgruppen kann nun erstmals der Einfluss der
Mineralisationskinetik sichtbar gemacht und von dem Einfluss der Temperatur
getrennt werden. Mit der 'dual clumped isotope'-Methode zur Karbonatanalyse
halten die Forscher nun womöglich eine Art Thermometer in den Händen, mit dem
sie die Erdoberflächentemperaturen vergangener Erdzeitalter in bislang
unerreichter Genauigkeit rekonstruieren könnten.
Prof. Jens Fiebig: „Die Unterstützung der DFG ermöglicht es uns,
unser neues Verfahren weiter zu validieren und gegebenenfalls die
Erdoberflächentemperaturen vergangener Erdepochen hochgenau zu bestimmen. In
einem ersten Schritt werden wir nun die exakte Temperaturabhängigkeit der
Häufigkeit der neu messbaren Karbonatgruppe bestimmen, um anschließend
sämtliche natürliche Karbonatarchive wie zum Beispiel Korallen, Tropfsteine und
Muscheln mit bekannter Entstehungstemperatur auf ihre Mineralisationskinetik zu
untersuchen. Auf diese Weise wollen wir Archive identifizieren, die für eine Rekonstruktion
vergangener Erdoberflächentemperaturen besonders geeignet sind. In einem
letzten Schritt sollen dann die genauen Erdoberflächentemperaturen für
verschiedene Hoch-CO2-Intervalle der Vergangenheit ermittelt werden.
Durch die exakte Rekonstruktion von Temperaturen der Erdgeschichte zu Zeiten,
in denen der CO2-Gehalt der Atmosphäre deutlich höher war als heute,
lassen sich eventuell auch moderne Klimamodelle verbessern und die Folgen des
menschengemachten Klimawandels präziser vorhersagen.“
Mit Reinhart Koselleck-Projekten eröffnet die Deutsche
Forschungsgemeinschaft Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich
durch besondere wissenschaftliche Leistungen ausgewiesen haben, die
Möglichkeit, in hohem Maße innovative und im positiven Sinn risikobehaftete
Projekte durchzuführen. Die Förderung erstreckt sich über einen Zeitraum von
fünf Jahren.
Weitere
Informationen zur
Entwicklung des erdgeschichtlichen Thermometers der Frankfurter
Geowissenschaftler: https://www.muk.uni-frankfurt.de/90891704/Exakte_Klimadaten_aus_der_Vergangenheit
Bilder
zum Download:
http://www.uni-frankfurt.de/96504537
Bildtext:
apl. Prof.
Dr. Jens Fiebig, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: privat
Kontakt
apl. Prof.
Dr. Jens Fiebig
Institut
für Geowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel:
+49 (0) 69 798 40182
Jens.Fiebig@em.uni-frankfurt.de