Wer sich verpflichtet, nach Medizinstudium und Facharztweiterbildung in Hessen zehn Jahre als Hausärztin oder Hausarzt in einer unterversorgten Region zu arbeiten oder in einem Gesundheitsamt, kann einen Studienplatz auch ohne Einser-Abitur erhalten. Diese Regelung gilt seit Anfang 2022. Jetzt wurden in einem Festakt in Gießen die ersten 58 Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt, der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg begrüßt. Das Besondere: Auf sie wartet innerhalb des Medizinstudiums der „hessische Weg“, auf dem sie nicht nur durch Mentoring individuell gefördert, sondern von Beginn an auch gezielt auf ihre spätere Berufspraxis vorbereitet werden.
FRANKFURT. Um dem
Ärztemangel in unterversorgten Regionen entgegenzuwirken, gibt es bei der
Vergabe der Medizinstudienplätze in den meisten Flächenbundesländern bereits
eine Landarztquote, teilweise auch eine für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
(ÖGD): Ein bestimmter Prozentsatz der Medizinstudienplätze wird an Bewerberinnen
und Bewerber vergeben, die sich verpflichten – nach Abschluss ihres
Medizinstudiums und einer Weiterbildung in Allgemeinmedizin, Innere Medizin
oder Kinder- und Jugendmedizin oder dem Öffentlichen Gesundheitswesen – 10
Jahre lang in unterversorgen Regionen hausärztlich zu praktizieren oder in
Gesundheitsämtern mit besonderem Bedarf zu arbeiten. Dafür spielt bei der
Bewerbung die Abiturnote keine ausschlaggebende Rolle. Vielmehr kommt es auf
die persönliche und fachspezifische Eignung an, die zum Beispiel durch eine
einschlägige Ausbildung oder berufliche Tätigkeit, einen fachspezifischen
Studierfähigkeitstest, ein Ehrenamt oder einen Freiwilligendienst gezeigt wird.
Ob Bewerberinnen und Bewerber geeignet sind, wird in einem speziellen
Auswahlverfahren ermittelt. Die sogenannte Doppel-Vorabquote – für die
hausärztliche Versorgung und den ÖGD – hat das Land Hessen für das
Wintersemester 2022/2023 eingeführt. Zuständige Stelle ist das Hessische
Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen (HLPUG). Es
verantwortet insbesondere Bewerbungs- und Auswahlprozesse, die Meldung an
Hochschulstart zur Studienplatzvergabe und ist Ansprechpunkt für alle Belange
rund um den öffentlich-rechtlichen Vertrag, den die Studierenden mit dem Land
Hessen geschlossen haben.
Um den Erfolg der angehenden Ärztinnen und Ärzte nachhaltig zu
sichern, haben die drei medizinführenden Universitäten in Hessen – gefördert
durch die Hessischen Ministerien für Soziales und Integration sowie
Wissenaschaft und Kunst – den „hessischen Weg“ erarbeitet. Die künftigen
Landärztinnen und Landärzte profitieren vom innovativen Schwerpunktcurriculum
„HeLaMed – Hessen.Land.Medizin“, das die Studierenden während der gesamten
Ausbildung und darüber hinaus frühzeitig an den Alltag einer hausärztlichen
Praxis heranführt. So absolvieren die Studierenden der Universitäten Frankfurt,
Gießen und Marburg zum Beispiel schon in den ersten Semestern Praktika in
hausärztlichen Landpraxen und sammeln Erfahrungen im direkten Patientenkontakt.
In Seminaren lernen sie neben medizinischen und praktischen Inhalten auch, wie
eine Praxis organisatorisch und wirtschaftlich geführt wird. Während des
Studiums werden sie von Mentorinnen und Mentoren individuell begleitet und
erfahren durch Exkursionen in verschiedene Regionen, wie Versorgungsmodelle der
Zukunft aussehen. In diesem innovativen HeLaMed-Schwerpunktcurriculum gibt es
an allen drei Universitäten ebenso auch begrenzte Plätze für weitere
interessierte Studierende, die nicht über die Vorabquote zugelassen wurden. Ein
eigenes Schwerpunktcurriculum für das Öffentliche Gesundheitswesen ist ebenso
bereits in Arbeit.
Hessenweit wird das Programm fortdauernd evaluiert und die drei
Standorte vernetzen – unter anderem über eigene dezentrale Videokonferenzräume
– Lehrende wie Lernende in ländlichen Regionen untereinander und mit den
Universitäten.
In einem Festakt an der Justus-Liebig-Universität Gießen wurden
die neuen Studierenden jetzt begrüßt durch Prof. Joachim Kreuder, Leiter des
Instituts für Hausärztliche Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen, Prof.
Annette Becker, Studiendekanin und Leiterin der Abteilung Allgemeinmedizin,
Präventive und Rehabilitative Medizin der Philipps-Universität Marburg, und
Prof. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der
Goethe-Universität Frankfurt und Vorsitzender des Sachverständigenrats zur
Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.
Kai Klose, Hessischer Minister für Soziales und Integration,
gratulierte den neuen Medizinstudierenden in einer Videobotschaft: „Sie sind
als erster Jahrgang nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren ausgewählt
worden, um an einer hessischen Universität Medizin im Rahmen unserer neuen
Landarztquote zu studieren. Darauf sind Sie hoffentlich genauso stolz wie wir
auf Sie! Ihr Medizinstudium und Ihre anschließende Weiterbildung im
hausärztlichen Bereich oder im öffentlichen Gesundheitswesen werden dazu
beitragen, dem drohenden Ärztemangel insbesondere in den ländlichen Regionen
Hessens und im öffentlichen Gesundheitsdienst entgegenzuwirken. Ihre künftige
ärztliche Tätigkeit ist so auch ein wertvoller Beitrag zur medizinischen
Versorgung in unserem Land.“
Prof. Ferdinand Gerlach hob die Attraktivität des Berufs hervor:
„Hausärzte sind als Vertrauenspersonen nah an den Menschen und betreuen ihre
Patientinnen und Patienten oft ein Leben lang. Unsere Studierenden sollen
selbst erleben, wie schön dieser Beruf ist, wie viele Freiräume eine
Hausarztpraxis bietet, wie gut sich Familie und Beruf vereinbaren lassen und
wie erfüllend gerade eine Tätigkeit im ländlichen Raum oder im Öffentlichen
Gesundheitswesen sein kann. Mit dem ‚hessischen Weg' wollen wir in Frankfurt,
Gießen und Marburg gemeinsam dafür sorgen, dass Hessen viele hochmotivierte und
bestens qualifizierte Ärztinnen und Ärzte auf dem Land und in den
Gesundheitsämtern bekommt.“
Das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im
Gesundheitswesen (HLPUG) bereitet aktuell die zweite Bewerbungskampagne zum
Wintersemester 2023/2024 vor, worauf Christof Diefenbach, Direktor des HLPUG,
hinweist. Vom 1.
bis 28. Februar 2023 ist es dann erneut möglich, sich online im
Bewerbungsportal zu registrieren und zu bewerben.
Weitere Informationen:
„Studienplatzquote Medizin – Ländlicher Raum und Öffentlicher
Gesundheitsdienst“
https://rp-giessen.hessen.de/studienplatzquote-medizin
Kontakt:
Christof Diefenbach
Direktor des HLPUG
Tel. +49 (0)69 580013-0
studienplatzquote@hlpug.hessen.de
www.hlpug.de
Universitäre Implementierung der Landarzt- und ÖGD-Quote in
Hessen, Projekt „HeLaMed – Hessen. Land. Medizin“:
Goethe-Universität Frankfurt
Dr. rer. med. Linda Seeger, M.Sc.PH,
Dr. med. Sandra Herkelmann
Institut für Allgemeinmedizin
Tel: +49-(0)69 6301-7138
helamed@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
Website: https://www.allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
Twitter: @ifa_frankfurt
(Institut für Allgemeinmedizin Universität Frankfurt)
@goetheuni
(Goethe-Universität Frankfurt)
Justus-Liebig-Universität Gießen
Univ.-Prof.
Dr. med. Joachim Kreuder
Institut für Hausärztliche Medizin (IHM) & Zentrum für Kinderheilkunde und
Jugendmedizin
Medizinisches Lehrzentrum
Tel. +49 (0)641 99-48030
Sekretariat:
+49 (0)641 99-45901
joachim.g.kreuder@paediat.med.uni-giessen.de
Twitter: @jlugiessen (Justus-Liebig-Universität Gießen)
Philipps-Universität Marburg
Dr. phil. Jana Groth
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin
jana.groth@uni-marburg.de
Website: https://www.uni-marburg.de/fb20/allgprmedTwitter: @uni_MR_GP (Allgemeinmedizin Universität Marburg)
@Uni_MR (Philipps-Universität Marburg)
Podcast „Wege der Allgemeinmedizin“ vom Kompetenzzentrum Weiterbildung
Hessen
https://www.kwhessen.de/podcast.html
Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/127493932
Bildunterschrift:
Nach
dem Festakt in Gießen: Gruppenbild mit den neuen Medizinstudierenden, die nach
ihrer beruflichen Qualifikation als Landärzt:innen und in Gesundheitsämtern
arbeiten werden. Foto: Rolf K. Wegst
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation,
Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de