​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​ – Februar 2023

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Pressestelle Goethe-Universität

Theodor-W.-Adorno Platz 1
60323 Frankfurt 
presse@uni-frankfurt.de

 

Feb 28 2023
11:32

Machbarkeitsstudie des IWAK der Goethe-Universität zeigt, wie Betriebe und Berufsschulen digital besser miteinander vernetzt werden können 

Duale Ausbildung: Modernisierung tut not

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt im Ausland als Erfolgsmodell. Doch längst hat dieser Weg ins Arbeitsleben an Attraktivität eingebüßt. Die Zahl der Bewerber ist seit Jahren rückläufig – was gerade angesichts des wachsenden Fachkräftemangels alarmierend ist. Eine Machbarkeitsstudie des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur zeigt, wie die duale Ausbildung im digitalen Zeitalter attraktiver werden könnte.

FRANKFURT. Insbesondere eine bessere digitale Vernetzung könnte die Attraktivität steigern. Deshalb hat das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität in Kooperation mit der hessischen Wirtschaft eine Machbarkeitsstudie erstellt. Schließlich soll die Ausbildung auf eine Arbeitswelt vorbereiten, die bereits heute in hohem Maße von digitalen Technologien bestimmt wird – mit steigender Tendenz.

Der Kern der dualen Ausbildung ist die Verzahnung von Theorie und Praxis in Form der systematischen Kooperation der Lernorte Ausbildungsbetrieb und Berufsschule. Diese Verzahnung würde mit Hilfe der Digitalisierung der Lernortkooperation erheblich vereinfacht werden, was sich positiv auf das kollaborative Lernen der Auszubildenden auswirken würde, die praktisches Knowhow und theoretisches Wissen einfacher verknüpfen könnten. So würde der Mehrwert einer dualen Ausbildung noch gesteigert.

Doch dies ist in Hessen noch Zukunftsmusik. Hier wird die Lernort-Kooperation bisher vor allem analog umgesetzt, erst wenige Kooperationen sind (teil)digitalisiert. Dabei handelt es sich zumeist um standortbezogene Einzellösungen, die zu den jeweiligen Rahmenbedingungen passen und stark vom Engagement der beteiligten Ausbilder und Lehrkräfte der Berufsschulen abhängen. Solche „Insellösungen“ sind weder strukturell verankert noch skalierbar, also auf andere Bereiche übertragbar. Sie bringen die notwendige hessenweite Digitalisierung also nicht gezielt voran. „Bis heute hängt es vom Engagement und den Ressourcen des Betriebs und der Berufsschule ab, ob Auszubildende digitale Rahmenbedingungen vorfinden oder eben nicht“, stellt Dr. Christa Larsen, Leitung des IWAK fest. Gerade Auszubildende in kleinen Betrieben hätten oft das Nachsehen.

Machbarkeitsstudie erstellt Zukunftsszenarien
Die Machbarkeitsstudie „Digitale Lernort-Kooperation in der Dualen Ausbildung. Bestandsaufnahme und hessenweite Umsetzungsszenarien“ (digi-leokop) soll jetzt Wege aufzeigen, wie die Lernort-Kooperation in Hessen flächendeckend digitalisiert werden kann. Dabei wurden die Erfahrungen, Praktiken und Wünsche der an der Lernort-Kooperation Beteiligten einbezogen. Von Januar bis Dezember 2022 hat das IWAK Experteninterviews geführt, einschlägige Pilotstudien untersucht und die Befunde mit den Spitzen der hessischen Wirtschaft diskutiert. Die Machbarkeitsstudie zeigt nun die Eckpunkte einer erfolgreichen digitalen Lernort-Kooperation auf und spezifiziert drei Szenarien zur Umsetzung. In Szenario 1 stellt das Land eine zentrale digitale Plattform zur Verfügung, steuert und finanziert diese auch. Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen würden dabei unterstützt, dass sie sich die notwendigen Kompetenzen aneignen. Über eine Expertengruppe fließen die bereits vorliegenden Erfahrungen ein. Diese Lösung scheint auch deshalb den höchsten Beitrag zur Modernisierung der Lernort-Kooperation zu leisten, weil sich alle Betriebe und Berufsschulen mit geringem zeitlichem Aufwand daran beteiligen könnten. Diese „Landeslösung“ würde eine flächendeckende Digitalisierung der Lernort-Kooperation in Hessen rasch voranbringen. Die beiden anderen Szenarien, die in der Machbarkeitsstudie vorgelegt werden, lassen zwar eine Verbesserung der Lage erwarten, würden die hessenweite Digitalisierung der Lernort-Kooperation aber nicht im selben Ausmaß voranbringen können.

Die Machbarkeitsstudie wurde mit Mitteln aus dem Förderprogramm Distr@l der Hessischen Staatskanzlei im Bereich der Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung unterstützt. Initiiert und begleitet wurde die Machbarkeitsstudie durch die Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände (VhU), die Arbeitgeberverbände HESSENMETALL und HessenChemie, die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern (ARGE) sowie den Hessischen Industrie- und Handelskammertag (HIHK). Entsprechend stellt Prof. Bernhard Brüne, der an der Goethe-Universität für das Thema Transfer zuständige Vizepräsident, fest: „Diese Machbarkeitsstudie zeigt, wie die Kooperation der Goethe-Universität mit den Spitzen der hessischen Wirtschaft wichtige Grundlagen für die Modernisierung des Ausbildungssystems schafft. Die Digitalisierung ist für die berufliche Bildung ebenso wichtig wie für die akademische Bildung. Wir müssen junge Menschen auf die digitale Zukunft der Arbeitswelt vorbereiten und in allen Bildungsgängen optimale Bedingungen schaffen.“ Die Goethe-Universität leiste einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Hessen durch die angewandte Forschung in Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Politik. 

Die Machbarkeitsstudie kann vom 28. Februar 2023 an heruntergeladen werden unter: https://www.iwak-frankfurt.de/wp-content/uploads/2023/02/Machbarkeitsstudie-zur-digitalen-Lernort-Kooperation-in-der-dualen-Ausbildung_Bestandsaufnahme-und-hessenweite-Umsetzungsszenarien_-digi_leokop.pdf

Weitere Informationen:
Dr. Christa Larsen, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
Telefon 069 798- 22152, E-Mail c.larsen@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 27 2023
12:06

Archäologie der Goethe-Uni wirkt an neuem DFG-geförderten Projekt mit – Kooperation mit Landesamt für Denkmalpflege und Unis Mainz und Kiel 

Hat der Landgraben im Hessischen Ried eine römische Vergangenheit?

Der Landgraben, das Gewässer zwischen Groß-Gerau und Trebur, mündet nordwestlich von Astheim in den Rhein. Sein Name geht auf den Landgrafen Georg I. (1547-1596) von Hessen-Darmstadt zurück, dem der Ursprung dieses künstlichen Gewässers bisher zugeschrieben wurde. Archäologen vermuten aber eine andere Entstehungsgeschichte. Ein Team des Landesamts für Denkmalpflege Hessen und der Universitäten Frankfurt, Mainz und Kiel kann nun mit Mitteln der DFG nach der römischen Vergangenheit forschen.

FRANKFURT. Archäologische Untersuchungen im Hessischen Ried haben erste Hinweise darauf erbracht, dass der Kanal deutlich früher angelegt worden sein könnte als bisher angenommen. Vermutet wird, dass es das römische Militär war, das bei der Eroberung und Erschließung des rechtsrheinischen Rieds im 1. Jahrhundert nach Christus das künstliche Gewässer angelegt hat. Der Landgraben, der bei Trebur in den heutigen Schwarzbach überging, diente wahrscheinlich zur Material- und Warenversorgung des römischen Kastells und der zugehörigen Zivilsiedlung in Groß-Gerau. Nun können weitere Forschungen in Angriff genommen werden.

Gefördert werden die Untersuchungen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 370.000 Euro. Mit Hilfe dieser Mittel kann durch geophysikalische Untersuchungen, Bohrungen und kleinere archäologische Ausgrabungen der ursprüngliche Verlauf des Kanals gesucht und die entlang seines Verlaufes gelegenen römischen Siedlungsstellen in Berkach, Groß-Gerau, Wallerstädten, Trebur und Astheim sowie ihr Verhältnis zum Gewässer näher betrachtet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für zwei Dissertationen in den Fächern Archäologie und Geographie an den Universitäten Frankfurt und Mainz.

Aktuell wird im Bereich von Groß-Gerau – Wallerstädten nach dem römischen Landgrabenverlauf gesucht. Im Rahmen des Geländepraktikums der Universität Mainz vermisst eine Studierendengruppe das Areal, nimmt Messungen des elektrischen Widerstands im Untergrund vor und bohrt an ausgewählten Stellen, um den Bodenaufbau zu klären sowie Datierungsanhalte für das ursprüngliche Aussehen des Geländes zu gewinnen. Gleichzeitig führt die Universität Kiel großflächige geophysikalische Messungen durch, um das Verhältnis des römischen Siedlungsplatzes und des Landgrabens in diesem Bereich zu klären.

Dass die Römer bereits über die technischen Fähigkeiten verfügten, Gewässer zu lenken und zu manipulieren oder gar künstliche Kanäle anzulegen, das belegen sowohl schriftliche Überlieferungen als auch entsprechende Befunde wie der sogenannte Kanal des Corbulo in den Niederlanden. Sollten die nun anstehenden Untersuchungen die Hypothese vom römischen Ursprung des Landgrabens erhärten, wäre dies der erste Nachweis eines solchen Bauwerks aus der Römerzeit in Deutschland. Dass die Römer damit einen massiven und nachhaltigen Eingriff in die Landschaft vorgenommen hätten, würde die Existenz des Landgrabens als Gewässer bis heute deutlich zeigen.

Für die Anfangsdatierung des Landgrabens sei das römische Kastell „Biebelslache“ bei Wallerstädten von entscheidender Bedeutung, gewesen, erklärt Prof. Markus Scholz, Archäologe an der Goethe-Universität. Das Kastell grenze direkt an den Kanal oder – das gelte es zu überprüfen – werde von diesem geschnitten. Im ersten Fall wäre der Kanal mindestens so alt wie das Lager. Im zweiten Fall würde das Lager, das von etwa 40 bis 70 n. Chr. bestand, einen Terminus post quem für den Bau des Kanals liefern. „Im Kastell ‚Biebelslache' fanden zwischen 2008 und 2012 Lehrgrabungen unseres Instituts statt“, erklärt Scholz. Nun biete sich die Chance, die Ausgrabungen unter der neuen Fragestellung auszuwerten. Der Doktorand Henrik Leif Schäfer werde in seiner Dissertation auch andere römische Fundplätze entlang des Grabens datieren und analysieren. Den Studierenden biete sich im Rahmen des Projekts die Gelegenheit für Feldpraktika.

Bilder zum Download unter: https://www.uni-frankfurt.de/132990291

Bild 1: Beim Ortstermin im Hessischen Ried: Prof. Andreas Vött (von links), Universität Mainz, Prof. Markus Scholz, Goethe-Universität, Dr. Thomas Becker, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Prof. Udo Recker, Landesamt für Denkmalpflege Hessen. (Foto: Lars Görze, Landesamt für Denkmalpflege)

Bild 2: Mithilfe geophysikalischer Untersuchungen, Bohrungen und kleinerer archäologischer Ausgrabungen soll die Geschichte des Landgrabens erforscht werden. (Foto: Lars Görze, Landesamt für Denkmalpflege)

Bild 3: Die Untersuchungen am Landgraben werden mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Dr. Thomas Becker (von links), Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Prof. Dr. Markus Scholz, Goethe-Universität. (Foto: Lars Görze, Landesamt für Denkmalpflege)

Informationen:
Prof. Dr. Markus Scholz, Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen
Institute für archäologische Wissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Tel. +49 (0)69 798 32265
Fax +49 (0)69 798 32268
E-Mail: m.scholz@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 22 2023
10:20

Marketing-Gag des Weinguts „Domaine du Météore“ entpuppt sich wirklich als Einschlagkrater – Forscher:innen der Goethe-Universität Frankfurt um Frank Brenker und Andreas Junge widerlegen Jahrzehnte alten wissenschaftlichen Irrtum

Meteoritenkrater in französischem Weingut entdeckt

Um eine attraktive Weinmarke zu schaffen, verweist das Weingut „Domaine du Météore“ nahe der südfranzösischen Stadt Béziers mit seinem Namen auf eine lokale Besonderheit: Eines der Weinfelder befindet sich in einer runden Senke von 200 Metern Durchmesser, die einem Einschlagkrater ähnelt. Wissenschaftler:innen um den Kosmochemiker Prof. Frank Brenker von der Goethe-Universität Frankfurt stellten jetzt durch Gesteins- und Bodenanalysen fest, dass der Krater einst tatsächlich durch den Einschlag eines Eisen-Nickel-Meteoriten entstanden ist. Damit widerlegten sie eine knapp 60 Jahre alte wissenschaftliche Einschätzung, derentwegen der Krater nie näher geologisch untersucht wurde.

FRANKFURT. Zahllose Meteoriten haben die Erde in der Vergangenheit getroffen und die Geschichte unseres Planeten geprägt. So nimmt man beispielsweise an, dass ein Großteil des Wassers einst mit Meteoriten auf die Erde gelangt ist. Auch das Aussterben der Dinosaurier ist möglicherweise durch den Einschlag eines sehr großen Meteoriten ausgelöst worden.

Heute noch sichtbare Einschlagkrater von Meteoriten sind selten: Die meisten Spuren der Himmelskörper sind durch Erosion und Verschiebeprozesse der Erdkruste, die Plattentektonik, längst wieder verschwunden. Gerade einmal 190 Meteoritenkrater weltweit listet die „Earth Impact Database“ auf. In ganz Westeuropa waren bislang nur drei bekannt: Rochechouart im französischen Aquitanien, das Nördlinger Ries zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb sowie Steinheimer Becken im baden-württembergischen Landkreis Heidenheim. Allerdings sind die drei Einschlagkrater infolge der Millionen von Jahren wirkenden Erosion für Laien kaum noch als solche zu erkennen.

Nun wird ein neuer Meteoritenkrater die Liste der „Earth Impact Database“ verlängern, ist der Geologe und Kosmochemiker Prof. Frank Brenker von der Goethe-Universität überzeugt. Während eines Urlaubs wurde er auf das Weingut „Domaine du Météore“ aufmerksam. Eines deren Weinfelder liegt in einer runden Senke von etwa 220 Metern Durchmesser und 30 Metern Tiefe, und die Besitzer nutzen die scheinbar längst widerlegte wissenschaftliche These, es handele sich um den Einschlagskrater eines Meteoriten, als Marketing-Gag für ihren Wein. Diese These war zwar in den 1950er Jahren von einigen Geologen aufgestellt, einige Jahre darauf jedoch von renommierten Kollegen verworfen worden.

Frank Brenker erklärt: „Krater können auf viele Weisen entstanden sein, und Meteoritenkrater sind in der Tat sehr selten. Allerdings haben mich die verschiedenen anderen Deutungen, wie diese Senke entstanden sein könnte, aus geologischer Sicht nicht überzeugt.“ Also sammelten seine Frau und er Gesteinsproben für die Analyse in den Laboren der Frankfurter Goethe-Universität ein – und fanden tatsächlich die ersten Hinweise auf einen Impaktkrater. Brenker: „Dunkle Lagen in einem der Schiefer, die meist einfach aus einen höheren Glimmeranteil bestehen, erwiesen sich durch die Mikroanalyse als mögliche Schockadern, die durch Zerreiben und Zerbrechen des Gesteins entstehen und von einem Einschlag herrühren könnten.“ Dazu kamen so genannte Brekzien, eckige Gesteinstrümmer, die durch eine Art Kitt zusammengehalten werden, die ebenfalls durch Meteoriteneinschläge auftreten können.

Im Folgejahr nahm Brenker seinen Kollegen Andreas Junge, Professor für Angewandte Geophysik an der Goethe-Universität, und eine Gruppe Studierende mit nach Südfrankreich, um den Krater gemeinsam systematisch zu untersuchen. Das Ergebnis: Das Erdmagnetfeld ist im Krater etwas schwächer als in der Umgebung. Das ist typisch für Einschlagkrater, denn durch den Einschlag wird das Gestein zertrümmert und sogar aufgeschmolzen und kann so weniger stark zum Erdmagnetfeld beitragen.

Außerdem fanden die Forscher:innen mithilfe starker Magneten, die an einer Platte befestigt waren, winzige Eisenoxidkügelchen von bis zu einem Millimeter Durchmesser. Solche Kügelchen wurden bereits an anderen Einschlagkratern gefunden. Die spätere Laboranalyse zeigte, dass diese auch nickelhaltiges Eisen enthielten und einen Kern aus Mineralien umschlossen, die typisch für die Kraterumgebung sind. Zudem konnten zahlreiche Mikrodiamanten entdeckt werden, die durch den hohen Druck während des Meteoriteneinschlags entstanden waren.

Frank Brenker erläutert: „Solche Mikrosphären bilden sich entweder durch Abrieb des Meteoriten in der Atmosphäre oder erst beim Aufschlag, wenn ein Großteil des Eisen- Meteoriten schmilzt und dann mit dem Sauerstoff der Luft reagiert. Beim Aufschlag kann dann auch zertrümmertes Material vom Aufschlagsgebiet eingeschlossen werden. Zusammen mit dem verringerten Magnetfeld und den weiteren geologischen und mineralogischen Funden lässt dies kaum einen anderen Schluss zu: Hier ist tatsächlich ein Meteorit eingeschlagen.“ Dadurch werde der Ort auch für geologische Laien sehr spannend, findet Brenker, denn „hier kann jede Besucherin und jeder Besucher erfahren, welche immensen Energien bei einem solchen Einschlag freigesetzt werden.“

Publikation/Abstract: Frank E. Brenker, Andreas Junge. Impact origin of the “Domaine du Meteore"-crater, France. Compelling mineralogical and geophysical evidence for an unrecognized destructive event in the heart of Europe. LPSC Houston, #1910 (2023) https://www.hou.usra.edu/meetings/lpsc2023/pdf/1910.pdf

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/132616835

Bildtext:
1. Das „Trou du Météore“: Der Krater auf dem Weingut „Domaine du Météore“ stammt wirklich von einem Meteoriteneinschlag. Foto: Frank Brenker, Goethe-Universität Frankfurt
2. Mikrosphäre vom Meteoriten: Das am Krater der „Domaine du Météore“ gefundene Eisenoxidkügelchen enthielt einen Kern aus Mineralien, die typisch für die Kraterumgebung sind, sowie viele Mikrodiamanten. Foto: Frank Brenker, Goethe-Universität Frankfurt

Weitere Informationen
Prof. Dr. Frank E. Brenker
NanoGeoscience / Cosmochemistry
Institut für Geowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 151 68109472
f.brenker@em.uni-frankfurt.de

Twitter: @goetheuni


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Feb 21 2023
12:05

Lehrgrabung der Provinzialrömischen Archäologie der Goethe-Universität in Bad Ems widerlegt bisherige Vermutungen 

An der Lahn blieben den Römern 200 Tonnen Silber verborgen

Auf der Suche nach Silbererz haben die Römer im 1. Jahrhundert nach Christus in der Gegend von Bad Ems zwei Militärlager errichtet. Das ergaben Forschungen im Rahmen einer mehrjährigen Lehrgrabung der Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen der Goethe-Universität in Kooperation mit dem Land Rheinland-Pfalz. Dabei kam durchaus Überraschendes zutage. Die spannende Forschungsgeschichte brachte dem jungen Archäologen Frederic Auth den 1. Platz beim Wiesbadener Science Slam ein.  

FRANKFURT. Als Prof. Markus Scholz, der an der Goethe-Universität das Fach Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen lehrt, gegen Ende der Grabungsarbeiten mal wieder nach Bad Ems reiste, staunte er nicht schlecht: Sein Mitarbeiter Frederic Auth hatte ihm lediglich Bilder von ein paar Holzstückchen gemailt. Was er nun zu Gesicht bekam, darauf war er nicht vorbereitet: Es handelte sich um eine hölzerne Abwehrkonstruktion, ein „Annäherungshindernis“, bestehend aus zugespitzten Holzpfählen. Das martialisch wirkende Konstrukt sollte etwaige Feinde von einem Angriff auf das Lager abschrecken. Von solchen Anlagen, die sich in ihrer Wirkung vielleicht mit einem Stacheldraht vergleichen lassen, wusste man aus der Literatur – Caesar hatte sie erwähnt –, gefunden hatte man sie bislang nicht. Im feuchten Boden des Blöskopfes herrschten offenbar ideale Bedingungen, so blieben die hölzernen Spieße, die wahrscheinlich den gesamten, nach unten spitz zulaufenden Graben um das Lager spickten, gut erhalten.

Zwei bislang unentdeckte römische Militärlager

Zwei Militärlager hat es in der Umgebung von Bad Ems dies- und jenseits des Emsbachtals gegeben, beide waren bis vor kurzem unbekannt – bis das Areal in den Blick der Frankfurter Archäologen und von Dr. Peter Henrich von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz rückte. Auslöser für diese Grabungen waren die Beobachtungen eines Jägers, der im Jahr 2016 von seinem Hochsitz aus Farbunterschiede im Getreidefeld entdeckte, die auf Strukturen unter der Oberfläche hindeuteten. Ein Drohnenfoto von der Erhebung, die den schönen Namen „Ehrlich“ trägt, bestätigte: Den Acker durchzog eine Spur, die von einem riesigen Traktor hätte stammen können. In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um einen doppelten Graben, der ein römisches Lager umrahmte. Die geomagnetische Prospektion schließlich zeigte ein acht Hektar großes Militärlager mit rund 40 Türmen aus Holz. Die archäologischen Grabungen, die in zwei Kampagnen unter der örtlichen Leitung von Dr. Daniel Burger-Völlmecke durchgeführt wurden, brachten weitere Details hervor: Das Lager, das offenbar solide gebaut werden sollte, wurde nie fertiggestellt. Nur ein festes Gebäude, ein Speicher und Magazinbau, befand sind dort. Die wahrscheinlich um 3000 Soldaten mussten wohl in Zelten schlafen. Brandspuren zeigen, dass das Lager nach wenigen Jahren niedergebrannt worden war. Aber warum?

Das zweite, deutlich kleinere Lager identifizierte das studentische Team, das von Frederic Auth angeleitet wurde, in zwei Kilometern Luftlinie auf der anderen Seite des Emsbachtals. Der „Blöskopf“ war archäologisch kein unbeschriebenes Blatt: Seit Sondierungsgrabungen im Jahr 1897 wähnte man dort ein römisches Hüttenwerk, wo vor Ort gefundenes Silbererz weiterverarbeitet worden war. Der Fund von Mauerfundamenten, Brandresten und Metallschlacken legte diese Vermutung nahe. Darüber hinaus nahm man lange Zeit an, dass das Hüttenwerk in Verbindung zum Limes stand, der um 110 nach Christus 800 Meter weiter östlich errichtet worden war. Diese Jahrzehnte lang gültigen Annahmen sind nun widerlegt: Bei dem vermeintlichen Ofen handelt es sich in Wirklichkeit um einen Wachturm eines kleinen, ca. 40 Mann fassenden Militärlagers. Und er wurde wohl bewusst in Brand gesetzt, bevor die Garnison das Lager verließ. Buchstäblich am vorletzten Tag der Grabung dann der spektakuläre Fund der hölzernen Abwehrkonstruktion – und der einer im Jahr 43 nach Christus geprägten Münze, die bezeugte, dass das Bauwerk nicht in Zusammenhang mit dem Limes entstanden sein kann.

Römischer Stollen lag oberhalb des Silbervorkommens

Doch warum haben die Römer das große Lager nicht fertiggestellt und beide Areale nach wenigen Jahren aufgegeben? Wozu haben die Anlagen gedient? Einen möglichen Hinweis haben die Archäologen bei dem Geschichtsschreiber Tacitus gefunden: Er beschreibt, wie unter dem römischen Statthalter Curtius Rufus 47 nach Christus der Versuch gescheitert sei, in der Gegend Silbererz abzubauen. Die Ausbeute sei zu gering gewesen. Und tatsächlich konnte das Team der Frankfurter Archäologie ein Schacht-Stollen-System identifizieren, das auf römische Herkunft schließen ließ. Der Stollen liegt wenige Meter über dem Bad Emser Gangzug, der den Römern 200 Jahre Silberabbau gewährt hätte – hätten sie nur davon gewusst. Ausgebeutet wurde das Silber erst in späteren Jahrhunderten. Die Hoffnung der Römer auf einen lukrativen Edelmetallabbau würde auch die Anwesenheit des Militärlagers erklären: Man wollte sich gegen schlagartige Überfälle zur Wehr setzen können, die angesichts des wertvollen Rohstoffes nicht unwahrscheinlich waren. „Um all dies zu verifizieren, sind allerdings weitere Studien notwendig“, sagt Prof. Scholz. Interessant wäre etwa, ob auch das große Lager von „Annäherungshindernissen“ umgeben war. Holzspieße fand man dort bislang nicht, aber vielleicht lassen sich Spuren davon in dem wesentlich trockeneren Boden entdecken.

Silberabbau blieb späteren Jahrhunderten vorbehalten

Dass die Römer ein umfangreiches Unterfangen jäh abbrachen, ist nicht ohne Beispiel. Hätten sie gewusst, dass Jahrhunderte später in der Neuzeit 200 Tonnen Silber aus dem Boden bei Bad Ems geholt werden würden, hätten sie vielleicht nicht so schnell aufgegeben. Die Soldaten, die man in diesem Fall zum Stollengraben verdonnert hatte, waren von der schweren Arbeit offenbar nicht begeistert: Tacitus berichtet, sie hätten an Kaiser Claudius in Rom geschrieben, er möge den Befehlshabern vorab die Triumphalinsignien verleihen, dann müssten sie ihre Soldaten nicht sinnlos schuften lassen.

Alles in allem eine spannende Forschungsgeschichte, die Frederic Auth, der seit 2019 die Grabungen in Bad Ems leitete, auch spannend zu erzählen weiß. Kein Wunder, dass er beim 21. Wiesbadener Science Slam im ausverkauften Schlachthof Anfang Februar in einem interdisziplinären Bewerberfeld den ersten Preis davontrug. Der junge Archäologe ist bereits für weitere Auftritte gebucht: Frederic Auth tritt am 2. März in Heidelberg an, am 7. März in Bonn, am 19. März in Mannheim. Nähere Informationen zu diesen Veranstaltungen finden Sie unter: https://www.science-slam.com/

Die Forschungen in Bad Ems wurden gemeinsam mit der Direktion Landesarchäologie in der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Erlangen-Nürnberg und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin durchgeführt. Auch der Jäger und ehrenamtliche Denkmalpfleger Jürgen Eigenbrod und sein Kollege Hans-Joachim du Roi sowie mehrere Sondengänger mit den erforderlichen Genehmigungen der Denkmalbehörden waren beteiligt. Finanziert wurde das Projekt unter Förderung der Gerhard-Jacobi-Stiftung, der Gesellschaft für Archäologie an Mittelrhein und Mosel und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Holzspieße wurden inzwischen am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz konserviert.

Publikation: Eine Monographie zu den archäologischen Grabungen in Bad Ems wird derzeit erstellt.

Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/132551146

Bildtexte:
Bild 1: „Traktorspuren“: Angestoßen wurden die Forschungen in Bad Ems durch J. Eigenbrod, der von einem Hochsitz aus verdächtige Spuren im Feld ausmachte. Bei den Spuren handelt es sich um Veränderungen im Bewuchs, die Bodeneingriffe anzeigen, in diesem Fall die Gräben des römischen Lagers auf dem „Ehrlich“ (Foto: H.-J. du Roi)
Bild 2: Die geomagnetische Prospektion bestätigt die Vermutung, dass unter den Feldern im Boden Spuren früherer Nutzung des Hügels „Ehrlich“ zu finden sein würden. (Aufnahme: C. Mischka, FAU Erlangen-Nürnberg).
Bild 3: Eine große Überraschung erlebten die Archäologen in den letzten Tagen der Grabungskampagne: Im feuchten Boden des Berges „Blöskopf“ hatte sich eine Konstruktion aus hölzernen Spießen erhalten, die potenzielle Angreifer abschrecken sollte. (Foto: Auth)
Bild 4: Caesar hatte von vergleichbaren Annäherungshindernissen berichtet, doch bislang hatte man keine physischen Belege dafür gefunden, dass es sie wirklich gab. Die hölzernen Abwehrkonstruktionen haben die Jahrhunderte meist nicht überdauert. (Foto: Auth) 
Bild 5: Konnte sich im interdisziplinären Bewerberfeld beim 21. Wiesbadener Science Slam durchsetzen: Archäologe Frederic Auth (3. von links) von der Goethe-Universität mit Moderator Rainer Holl (von links) und den Science Slammern Maria Bruhnke, Christopher Synatschke, Nina Lanzer und Uwe Gaitzsch. (Foto: science-slam.com)

Weitere Informationen
Prof. Dr. Markus Scholz
Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen
Institut für Archäologische Wissenschaften, Abt. II
Goethe-Universität
Telefon +49 (0)69 798 32265
Fax +49 (0)69 798 32268
E-Mail m.scholz@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 21 2023
09:00

Frankfurter Mikrobiologe wird als „Fellow 2023“ der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie ausgezeichnet

Volker Müller von der Goethe-Universität zum Mitglied der Amerikanischen Akademie für Mikrobiologie ernannt

Als einer von drei Deutschen und insgesamt 65 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt wurde jetzt Prof. Volker Müller, Mikrobiologe an der Goethe-Universität Frankfurt, als Fellow in die Akademie der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie (ASM) aufgenommen. Dies gab die Fachgesellschaft jetzt bekannt, mit 30.000 Mitgliedern eine der weltweit größten wissenschaftlichen Vereinigungen in den Lebenswissenschaften. Die Akademie ist der Think Tank und das ehrenamtliche Führungsgremium der ASM und beruft jedes Jahr 65 exzellente Mikrobiologinnen und Mikrobiologen als Fellow.

FRANKFURT. Herausragende Leistungen in ihrem Fachgebiet und großes Engagement in Lehre und Mentoring sind die Kriterien, nach denen die Jury aus hochrangigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Amercian Society for Microbiology (ASM) 65 Fellows aus 148 hochkarätigen Nominierungen aus der Grundlagen- und angewandten Forschung, der Lehre, dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Industrie auswählten.

Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, gratulierte dem neuen Fellow: „Durch seine hochkarätigen Arbeiten zu Fixierung des Klimagases CO2 durch Bakterien und durch das Konzept einer durch Bakterienenzyme getriebenen Wasserstoffbatterie hat Volker Müller alleine im vergangen Jahr die Fachwelt auf sich aufmerksam gemacht. Ich gratuliere ihm zu der großen Auszeichnung. Seine Aufnahme in die Academy ist Ausdruck der internationalen Sichtbarkeit, die die Goethe-Universität Frankfurt durch herausragende Wissenschaftler wie Volker Müller hat.“

Prof. Volker Müller, Leiter der Abteilung Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik der Goethe-Universität, freute sich über die Auszeichnung: „Die Auszeichnung ist Freude und Ehre zugleich. Ich hatte und habe das große Glück und Privileg, in meiner Karriere immer wieder mit ausgezeichneter Studenten an ganz spannenden Fragen arbeiten zu können, die von den Anfängen der Biochemie und Bioenergetik auf der frühen Erde in altertümlichen Bakterien bis hin zur Entwicklung dieser Bakterien als Produktionsplattform in einer CO2-basierten Bioökonomie oder als Katalysatoren in der Wasserstoff-Technologie reichen. Diese acetogenen Bakterien waren und sind eine wahre Goldgrube“.

Die ASM fördert die mikrobiellen Wissenschaften durch Konferenzen, Veröffentlichungen, Zertifizierungen und Bildungsangebote. Ihr Ziel ist es, die Laborkapazitäten auf der ganzen Welt zu verbessern. Sie bietet ein Netzwerk für Wissenschaftler aus dem akademischen, industriellen und klinischen Bereich. 2023 kommen die neuen Fellows der Akademie aus 11 verschiedenen Ländern, aus Argentinien, VR China, Deutschland, Frankreich, Indien, Israel, Kanada, Österreich, Singapur, dem Vereinigten Königreich und den USA.

Hintergrund:
Bakterien für den Klimaschutz:
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/bakterien-fuer-den-klimaschutz/

Forscher der Goethe-Uni entwickeln neue Biobatterie zur Speicherung von Wasserstoff
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/forscher-der-goethe-uni-entwickeln-neue-biobatterie-zur-speicherung-von-wasserstoff/

Wie Bakterien Energie durch CO2-Fixierung gewinnen
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/1-million-fuer-bakterienforschung-an-der-goethe-universitaet-wie-bakterien-energie-durch-co2-fixierung-gewinnen/

Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/128212374

Bildtext: Prof. Dr. Volker Mueller, Goethe-Universität Frankfurt (Foto: Uwe Dettmar für Goethe-Universität)

Weitere Informationen
Professor Dr. Volker Mueller
Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik
Institute für Molekulare Biowissenschaften
Goethe Universität Frankfurt
Tel:  49 (0)69 798-29507
vmueller@bio.uni-frankfurt.de
http://www.www.mikrobiologie-frankfurt.de
http://acinetobacter.de

Twitter-Handle: @goetheuni @ASMicrobiology


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Feb 17 2023
09:38

Drei Substanzen bekämpfen Tumorwachstum und reduzieren Lebermetastasen

Leberkrebs-Forschung: Eisentod von Zellen könnte Schlüssel für neuartige Kombinationstherapien sein

Der Eisentod (Ferroptose) ist eine Form des gesteuerten Zellsterbens, mit dem der Körper kranke, defekte oder überflüssige Zellen abtötet. Dieser Prozess lässt sich nutzen, um die Wirkung einer Immuntherapie gegen Leberkrebs zu verstärken. Dies haben jetzt Forschende des Georg-Speyer-Hauses, des Universitätsklinikums Frankfurt und der Goethe-Universität Frankfurt bei Mäusen zeigen können, die an Leberkrebs erkrankt waren. Die Kombinationstherapie wirkte auch gegen Darmkrebsmetastasen, die sich in der Leber angesiedelt hatten.

FRANKFURT. Vor zehn Jahren wurde eine neue Form des gesteuerten Zelltods entdeckt, der Eisentod, wissenschaftlich: Ferroptose. Anders als bei einer schon lange bekannten Form des programmierten Zelltods, der Apoptose, nimmt die Zelle bei der Ferroptose größere Mengen an Eisen auf. Das Eisen wird in der Zelle verstoffwechselt und führt schließlich zur Zerstörung der Zellmembranen. Solchen Formen des Zelltods sind wichtige Steuerungselemente des Körpers etwa bei Entwicklungsprozessen und der Eliminierung defekter oder entarteter Zellen.

Zur Bekämpfung von Krebs haben sich seit einigen Jahren Immuntherapien als Behandlungsoption etabliert, bei denen das körpereigene Abwehrsystem dazu stimuliert wird, gegen Krebszellen vorzugehen. Eine Reihe dieser Immuntherapien setzt dabei erfolgreich an Schlüsselstellen des Immunsystems an, sogenannten Checkpoints, an denen das Immunsystem ausgebremst wird.

Immun-Checkpoints sind eine Art „Aus-Schalter“ an der Oberfläche tumorbekämpfender Immunzellen, so genannter T-Zellen, mit denen sich deren Aktivität herunterregulieren lässt. Bedient wird dieser „Aus-Schalter“ durch bestimmten „Schlüssel-“Proteine. Viele Tumoren bilden solche „Schlüssel“-Proteine, um sich vor Angriffen durch die T-Zellen zu schützen. Daher sind bei einigen Krebsarten medikamentöse Blockaden des „Aus-Schalters“, also Immun-Checkpoint-Blockaden, inzwischen Teil der Standardtherapie. Bei anderen Krebsarten wie zum Beispiel Leberkrebs ist das Ansprechen auf die Immun-Checkpoint-Blockade leider gering.

Forschende des Georg-Speyer-Hauses haben gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt und der Goethe-Universität jetzt an Mäusen, die an Darmkrebs erkrankt waren, beobachtet, dass eine Substanz zur Auslösung der Ferroptose zur Aktivierung bestimmter Immunzellen (T-Zellen) führt. Solche T-Zellen können Krebszellen gezielt töten.

Das Problem: Die Aktivität der T-Zellen wurde durch zwei unabhängige Mechanismen sofort wieder gestoppt: Zum einen bildeten die Krebszellen ein „Schlüssel“-Protein zur Bedienung des „Aus-Schalters“ von T-Zellen (den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-L1). Zum andern traten weitere Zellen des Immunsystems auf den Plan, deren Aufgabe es ebenfalls ist, eine Immunantwort des Körpers zu bremsen, sogenannte Myeloide Suppressor-Zellen.

Verabreichten die Forschenden den erkrankten Mäusen jedoch eine Dreierkombination aus einem Ferroptose-Aktivator, einem Immun-Checkpoint-Blocker und einer Substanz, die verhindert, dass Myeloide Suppressorzellen angelockt werden, so wurde das Wachstum der Lebertumoren deutlich reduziert.

In weiteren Tests an Mäusen stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass die Kombinationstherapie auch die Zahl Lebermetastasen reduzieren konnte, die von einem streuenden Darmtumor stammten. Der Darmtumor selber sprach allerdings nicht auf die Kombinationstherapie an.

Prof. Fabian Finkelmeier, einer der beiden Erstautoren der Studie, meint: „Offenbar ist die Kombinationstherapie von der Mikroumgebung der Leber abhängig und hängt nicht vom Ursprung des Krebses ab. Dies deutet darauf hin, dass unsere Kombinationstherapie bei Lebermetastasen jeder Krebsart wirksam sein könnte."

Dr. Claire Conche, die zweite Erstautorin, erklärt: “Mit dieser neuen Kombinationstherapie greifen wir das Immunsystem von drei Seiten an. Zunächst machen wir die tumorbekämpfenden T-Zellen reaktiv gegenüber den Tumorzellen. Dann beseitigen wir die Hindernisse, denen die tumorbekämpfenden T-Zellen gegenüberstehen: die Suppressionszellen und die Abschirmung durch PD-L1.“

Prof. Florian Greten, Direktor des Georg-Speyer-Hauses und Sprecher des LOEWE-Zentrums Frankfurt Cancer Institute, sagt: “Die Studie unterstreicht die entscheidende Rolle des Tumormikromilieus in der Krebstherapie. Wir haben uns hier auf das Immunkompartiment des Tumormikromilieus fokussiert und darauf, wie man das Immunsystem in Richtung einer starken Anti-Tumor-Antwort modulieren kann. Unsere Daten in präklinischen Modellen sind ermutigend für die Verbesserung der Immuntherapie-Optionen für Betroffene mit hepatozellulärem Karzinom und Lebermetastasen."

Publikation: Claire Conche, Fabian Finkelmeier, Marina Pešić, Adele M Nicolas, Tim W. Böttger, Kilian B. Kennel, Dominic Denk, Fatih Ceteci, Kathleen Mohs, Esther Engel, Özge Canli, Yasamin Dabiri, Kai-Henrik Peiffer, Stefan Zeuzem, Gabriela Salinas, Thomas Longerich, Huan Yang, Florian R. Greten: Combining ferroptosis induction with MDSC blockade renders primary tumours and metastases in liver sensitive to immune checkpoint blockade. Gut (2022) http://dx.doi.org/10.1136/gutjnl-2022-327909

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/132536279

Bildtext: Das lichtmikroskopische Bild zeigt die Leber einer kranken Maus, in der sich viele Tumoren gebildet haben. Die Tumoren sind etwas dunkler gefärbt und grenzen sich rund vom gesunden Gewebe ab (Hämatoxylin-Eosin-Färbung). Die neue Triple-Therapie reduzierte diese Tumoren sehr deutlich. Größere, weiße Stellen: Artefakte durch die Herstellung des Präparats, dunkle Punkte: Zellkerne. Bild: Fabian Finkelmeier, Universitätsklinikum Frankfurt.

Weitere Informationen
Prof. Dr. Florian R. Greten
Georg-Speyer-Haus
Institut für Tumorbiologie und experimentelle Therapie / Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 63395-232
Greten@gsh.uni-frankfurt.de

Twitter: @FCI_health, @UK_Frankfurt, @goetheuni


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Feb 16 2023
10:14

Goethe-Universität führt Eignungstest für Bachelorstudiengang der Psychologie ein

Erweiterte Chancen auf ein Psychologiestudium 

Bei der Studienplatzvergabe im Fach Psychologie für das Wintersemester 2023/24 wird erstmals neben dem Kriterium der Abiturnote das Ergebnis eines Eignungstests verwendet. Gemeinsam mit 20 weiteren Hochschulen bundesweit setzt die Goethe-Universität diese Änderung der Auswahlkriterien für das zulassungsbeschränkte Bachelorstudium der Psychologie um. Anmeldezeitraum für den Eignungstest ist vom 20. Februar bis zum 15 März.

FRANKFURT. Passt das Psychologiestudium zu mir? Bringe ich die Eigenschaften mit, die das Studium der Psychologie erfordert? Ein bundesweiter Test ermöglicht Interessentinnen und Interessenten am Bachelorstudium der Psychologie neuerdings, ihre Eignung für das Studium zu prüfen. Und Universitäten gibt der Test ein weiteres Auswahlkriterium für das zulassungsbeschränkte Psychologiestudium an die Hand. Die Goethe-Universität wird deshalb – vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien – ab dem Wintersemester 2023/24 in ihrem Auswahlverfahren das Ergebnis des bundesweiten Studieneignungstests BaPsy-DGPs berücksichtigen. In einem Pilotverfahren hatten Universitäten in Berlin und Baden-Württemberg 2022 Eignungstests verwendet. Nun ziehen – gemeinsam mit der Goethe-Universität – weitere Hochschulen nach: Bundesweit planen nun 20 Universitäten, die Zulassung in einer Kombination von Eignungstest und Abiturnote zu ermitteln.

Der von der „Deutschen Gesellschaft für Psychologie“ entwickelte Test prüft Fähigkeiten, die für das Psychologiestudium wichtig sind. Dazu gehören beispielsweise schlussfolgerndes Denken und psychologisches Verständnis, aber auch Fähigkeiten und Begeisterung für Fächer wie Biologie und Mathematik. Wie stark das Testergebnis als Auswahlkriterium bei der Bewerbung gewichtet wird, entscheidet die jeweilige Universität. Die Goethe-Universität verrechnet die Abiturnote und die Leistung beim Auswahltest mit einer Gewichtung von 55 Prozent für die Abiturnote und 45 Prozent für die Leistung im Test.

Die Testteilnahme ist freiwillig und stellt keine Voraussetzung für eine Zulassung dar. Es wird jedoch allen Studieninteressierten dringend empfohlen, am Testverfahren teilzunehmen, da sonst keine Auswahlpunkte für die Testleistung erreicht werden können und dies die Chancen auf einen Studienplatz deutlich reduziert.

Keinen Nutzen aus einer Teilnahme ziehen Bewerbungen aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten und Zweitstudienbewerbungen (dies betrifft Personen, die bereits einen grundständigen Studiengang in Deutschland erfolgreich abgeschlossen haben); für sie gelten andere Auswahlkriterien.

Die Anmeldung zum Test ist vom 20. Februar 2023 bis einschließlich 15. März 2023 möglich unter https://www.studieneignungstest-psychologie.de. Testtermine sind der 20. Mai und 21. Mai 2023, die Testorte werden in Kürze mitgeteilt. Testsprache ist deutsch.

Weitere Informationen zu Testinhalten, Vorbereitung und Testgebühr enthält die Seite https://www.studieneignungstest-psychologie.de.

Weitere Informationen
Dr. Stephan Braun
Studienreferent und Studienfachberatung Psychologie
Institut für Psychologie
Goethe-Universität Frankfurt
braun@psych.uni-frankfurt.de
Telefonnummer: 069/798-35305


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de

 

Feb 16 2023
10:03

Endlich wieder in Präsenz: Schreibzentrum der Goethe-Universität lädt zur Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten

Gemeinsam den inneren Schweinehund besiegen

FRANKFURT. „Gemeinsam den inneren Schweinehund besiegen!“ – unter diesem Motto lädt das Schreibzentrum der Goethe-Universität

am Donnerstag, 2. März, 18 Uhr
(Ende: Freitag, 3. März 1 Uhr)
ins Q1 des Bibliothekszentrums Geisteswissenschaften
(IG Farben-Gebäude, Norbert-Wollheim- Platz 1, 60323 Frankfurt)

zum dreizehnten Mal zur Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten (LNDAH).

Die LNDAH, die traditionell am ersten Donnerstag im März stattfindet, wurde von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder ins Leben gerufen und findet mittlerweile an Unis in ganz Deutschland statt. Nach zwei Jahren im Online-Format wird die LNDAH des Schreibzentrums der Goethe-Universität nun wieder in Präsenz veranstaltet – mit zusätzlichen digitalen Angeboten. Das diesjährige Programm lässt den teilnehmenden Studentinnen und Studenten also die Wahl: Sie können entweder bequem von zu Hause aus mitmachen oder sich auf dem Campus Westend von der gemeinschaftlichen Lernatmosphäre inspirieren lassen. Insgesamt werden 200 Plätze angeboten.

Bei der LNDAH können die Studierenden sich gemeinsam mit anderen den Herausforderungen von Schreibprojekten stellen, anstatt alleine vor sich hin zu grübeln. Selina Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schreibzentrum: „Der soziale Austausch fördert die Motivation beim Schreiben besonders“. Umso besser also, dass sich dieses Jahr in den Bibliotheksräumen wieder die Möglichkeit echter Begegnungen bietet.

Verschiedene Programmpunkte unterstützen die Studierenden beim wissenschaftlichen Schreiben zusätzlich. Neben der persönlichen Schreibberatung stehen Inputs zu Argumentation, Überarbeitungs-, Lese- und Schreibstrategien sowie zum Umgang mit KI-Tools auf dem Plan. Zentrale Einrichtungen der Goethe-Universität bereichern das Angebot mit Workshops zu Erhebungsmethoden, Literaturrecherche, Zeitmanagement und Entspannungstechniken. Denn „für jede Herausforderung gibt es die richtige Methode, man muss sie nur kennen“, so Flora Schilling, Peer-Tutorin am Schreibzentrum.

Ob in Präsenz oder digital in der Pandemiezeit – die LNDAH kommt bei Studierenden offenbar gut an. So kommentierten Teilnehmende in den Vorjahren: „Schreiben mit anderen macht zuversichtlicher“, „diese Veranstaltung könnte jeden Monat stattfinden“, „tolle Arbeitsatmosphäre!“

Im Anschluss an die LNDAH veranstaltet das Schreibzentrum außerdem eine digitale Schreibwoche, um mit der frischen Motivation der LNDAH erfolgreich weiterzuschreiben. Beginn ist Montag, 6. März, um 9 Uhr über Zoom.

Weitere Infos zur LNDAH sowie zur digitalen Schreibwoche finden Sie unter http://tinygu.de/SZSchreibevents.

Die Medien sind herzlich eingeladen, nach Voranmeldung (n.hoffmann@em.uni-frankfurt.de) über die „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ und die digitale Schreibwoche zu berichten.

Information:
Dr. Nora Hoffmann
Leitung Schreibzentrum
Goethe-Universität Frankfurt
n.hoffmann@em.uni-frankfurt.de
https://www.starkerstart.uni-frankfurt.de/125485170/Veranstaltungen


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 14 2023
13:54

Befragung zum Alltagserleben junger Menschen startet am 15. Februar. 

Teilnahmeaufruf: Vierte Runde der bundesweiten Onlinebefragung „JuCo“  

FRANKFURT. Corona hat den Alltag der jungen Menschen verändert. Inzwischen wird allgemein anerkannt, dass die Anliegen und das Wohlbefinden der jungen Menschen während der Corona-Pandemie zu wenig beachtet wurden. Doch wie geht es ihnen aktuell? Vom 15. bis 28. Februar sind junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren aufgerufen, sich an der Onlinebefragung JuCo IV zu beteiligen. Der Fragebogen ist auch in Einfacher Sprache verfügbar.

Über 15.000 junge Menschen haben sich bisher an den bundesweiten Studien JuCo I, II und III der Universitäten Frankfurt und Hildesheim beteiligt, um von ihren Erfahrungen und Perspektiven während der Corona-Pandemie zu berichten. Nun startet der Forschungsverbund die vierte Erhebung JuCo IV. Die Wissenschaftler*innen wollen erfahren: 

-       Was beschäftigt junge Menschen zu Beginn Jahres 2023 besonders?
-       Von wem fühlen sie sich unterstützt?
-       Was sagen junge Menschen zu ihren aktuellen Bedarfen – auch angesichts neuer Krisen?

Die deutschlandweite Online-Befragung JuCo IV richtet sich erneut an junge Menschen ab 15 Jahren. Es geht darum, mehr über die langfristigen Folgen der Pandemie sowie anderer Krisenerfahrungen auf den Lebensalltag junger Menschen zu erfahren. „Das Wohlbefinden junger Menschen befindet sich nicht wieder im ‚Normal-Modus' – nur weil die Pandemie für überwunden erklärt wird“, so fasst es Anna Lips aus dem Forschungsteam, Mitarbeiterin an der Universität Hildesheim zusammen. Johanna Wilmes von der Universität Frankfurt unterstreicht: „Durch die ersten Befragungen wurde bereits deutlich, dass junge Menschen die Belastungen durch die Pandemie erheblich spüren – und dass diese aber sozial ungleich verteilt sind.“ Mit den Ergebnissen der vierten Studie soll das Augenmerk auf die Auswirkungen gelenkt werden, die die Pandemie überdauern, und für die es politischer Strategien bedarf, um Unterstützungsbedarfe zu erfüllen und soziale Teilhabe für junge Menschen zu gewährleisten.

Ersan Özdemir sagt: „Wir wollen jungen Menschen die Chance geben, ihre aktuelle Situation mitzuteilen. Denn die Folgen der Pandemie für junge Menschen werden unter dem Einfluss der aktuellen globalen Krisen nicht ausreichend zur Kenntnis genommen“.

Der Fragebogen ist ab Mittwoch, den 15.02.2023, unter https://www.soscisurvey.de/JuCoIV/  erreichbar, die Teilnahme dauert ca. 20 Minuten. Unter den Teilnehmer*innen werden 20 Gutscheine im Wert von je 25 Euro verlost.

Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“
Der Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ setzt sich zusammen aus dem Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Goethe-Universität Frankfurt.
Aktuell gehören zum Team: Sabine Andresen, Anna Lips, Ersan Özdemir, Tanja Rusack, Wolfgang Schröer, Severine Thomas, Johanna Wilmes.

Weitere Informationen und bisherige Veröffentlichungen unter:
https://t1p.de/studien-corona

Kontakt zum Forschungsteam:
Anna Lips, lips@uni-hildesheim.de
Dr. Severine Thomas, severine.thomas@uni-hildesheim.de
Prof. Dr. Sabine Andresen, S.Andresen@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 9 2023
16:22

Die Universitätsbibliothek Frankfurt im Strategie- und Transformationsprozess: Direktorin Daniela Poth spricht im neuen UniReport darüber, wo es hingehen soll. 

Ein „Hub“ für Menschen, Wissen und Services

FRANKFURT. Die Herausforderungen sind gewaltig, vor allem die Digitalisierung hat für einen gewaltigen Veränderungsdruck gesorgt: Wie sieht die Zukunft der wissenschaftlichen Bibliotheken aus? Im Spätherbst 2021 machte sich die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg auf den Weg: Es sollte eine eigene Strategie entwickelt werden, um die Institution gut für die Zukunft aufzustellen. Noch stärker als in der Vergangenheit soll die Bibliothek zu einem Knotenpunkt des interdisziplinären Austauschs und der Wissenschaftsunterstützung werden. Mitarbeitende und Expert*innen waren im Prozess involviert, am Ende stand das „strategische Zielbild 2032“. Nun geht es um die Umsetzung, erste Schritte sind getan.  

Daniela Poth, Direktorin der Universitätsbibliothek, spricht im Interview mit dem UniReport über den Strategie- und Transformationsprozess, über die technologische Entwicklung, über das veränderte Nutzerverhalten und die neuen Anforderungen an die Kompetenz ihrer Mitarbeitenden. Auch wenn die Bibliothek der Zukunft als ein sich ständig verändernder Organismus gedacht werden sollte: In der Rolle einer Universitätsbibliothek in der Informationsversorgung sieht Poth zugleich ein Kontinuum: Die Rolle „beinhaltet weiter das Auswählen, Bereitstellen und Kontextualisieren von Informationen, um unseren Nutzenden Orientierung zu geben“, so Daniela Poth im neuen UniReport.

Weitere Themen im aktuellen UniReport:

Aktuelles
  • „Biodiversität stärker ins öffentliche Bewusstsein zu tragen – darin sehe ich meine Aufgabe“: Prof. Karin Böhning-Gaese über ihre Berufung in den Rat für Nachhaltige Entwicklung.
  • Die Zukunft hat schon begonnen: Prof. Uwe Walz, Professor für VWL, hat ChatGPT bereits im laufenden Wintersemester mit Studierenden analysiert.
  • „Ich möchte Deutschlands beste Uni-App für Studierende entwickeln“: Chief Information Officer Ulrich Schielein erläutert im Interview, wie die App noch besser werden kann.
Forschung
  • Weniger hilft mehr: Das mildere Gift von Wildbienen verspricht ein größeres pharmazeutisches Anwendungspotenzial als das der Honigbiene, zeigt eine Studie von Forschenden aus Frankfurt und Gießen
  • „Manchmal ist Verdecken von Widerstand notwendig“: Wo und warum es verdeckten Widerstand in demokratischen Gesellschaften gibt, erkundet ein neuer Sammelband des Instituts für Sozialforschung.
  • Auf den Spuren einer gefährlichen Infektionskrankheit: Der Mikrobiologe Volkhard Kempf hat mit einem Team Peru bereist, um mit einem kürzlich entwickelten Test die Bekämpfung des tödlichen Oroya-Fiebers voranzutreiben.
  • Substanzkonsum weiterhin auf niedrigem Niveau: Studie „MoSyD“ zu Drogentrends Jugendlicher in Frankfurt zeigt auf einigen Feldern zwar eine leichte Zunahme, aber nur auf den Stand der Vor-Corona-Zeit.
  • Und ruckzuck entstehen Bilder im Kopf: Kathryn Barnes forscht zu ikonischen Wörtern im Deutschen und deren Wirkung auf Leser und Zuhörer.  

Studium, Lehre und Qualifikation

  • Wissenschaftliches Schreiben will gelernt sein: Eine Interviewserie mit Lehrenden der Goethe-Universität zeigt auf, dass auch ‚Profis' mitunter Schreibprobleme haben.
  • Tenure-Track-Professur: Ein „Kulturwandel“ vonnöten? Einblicke aus dem „Tenure-Track-Netzwerk.  
  • Einsatz für ihre Landsleute: Die ukrainische Promovierende Mariana Shumliakivska ist mit dem „Stipendium für herausragendes Engagement internationaler Studierender an der Goethe-Universität“ ausgezeichnet worden.
Campus
  • Auch Tiere trauern und zeigen Mitgefühl: Lisa Czellnik, Masterstudentin an der Goethe-Universität, konnte mit der renommierten Philosophin Prof. Martha Nussbaum ein Interview über ihr neues Buch führen.
  • Geburtstag des Studierendenhauses: Am 21. Februar 2023 jährt sich die Eröffnung zum 70. Mal, eine Ausstellung würdigt die Geschichte des weit über Frankfurt hinaus bekannten Gebäudes.
Kultur
  • Über die „Geister“ eines Gebäudes: Die Künstlerin und Filmdozentin Laura J. Padgett möchte das IG-Farben-Haus und den Campus Westend in ihrer historischen Vielschichtigkeit erkunden.
  • Polyphone Angst und Verwirrung: Die Frankfurter Literaturwissenschaftlerin Anna Yeliz Schentke hat mit ihrem Debütroman „Kangal“ eine erstaunliche Resonanz im Literaturbetrieb geerntet.

International

  • Über Erzählungen eine gemeinsame Welt teilen: Der Politikwissenschaftler Dr. Nojang Khatami erforscht am Forschungskolleg Humanwissenschaften, wie die liberalen demokratischen Ordnungen mit einem stärkeren Ethos der Solidarität belebt werden können.

Bibliothek

  • Open-Access-Publikationsfonds der Goethe-Goethe-Universität: Mit frischen Fördermitteln ins Förderjahr 2023.
  • Wer bin ich, und wenn ja, mit wem bin ich affiliert? Mit eindeutigen Angaben und einem ORCID-Profil für Klarheit sorgen.

Der UniReport 1/2023 steht zum kostenlosen Download bereit unter https://www.unireport.info/aktuelle-ausgabe


UniReport online - Wie finden Sie unsere Artikel im Netz? Ganz einfach: Schauen Sie doch einmal ins Webmagazin der Goethe-Universität. Auf www.aktuelles.uni-frankfurt.de/unireport können Sie einen Großteil der Artikel aus der Printausgabe auch online lesen.


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 8 2023
16:14

StreitClub mit Nicole Deitelhoff und Michel Friedman / Diesmal als Gäste: Carlo Masala und Johannes Varwick

„Europas Sicherheit – Sind wir auf Krieg vorbereitet?“

FRANKFURT. In der Reihe „StreitClub“ treffen diesmal zwei Polit-Experten aufeinander, die sich bisher nur auf Twitter duelliert haben: Prof. Carlo Masala und Prof. Johannes Varwick. Nicole Deitelhoff, Politikprofessorin an der Goethe-Universität und Sprecherin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt, lädt gemeinsam mit dem Publizisten und Moderator Michel Friedman

am Montag, 13. Februar, um 19:30 Uhr
im The English Theatre Frankfurt,
Gallusanlage 7
60329 Frankfurt am Main

wieder zum Diskutieren ein – diesmal unter dem Titel „Europas Sicherheit – Sind wir auf Krieg vorbereitet?“.

Die Unsicherheit der Europäer ist angesichts des Krieges in der Ukraine groß. Wie lässt sich ein Frieden überhaupt wiederherstellen? Und was braucht es dafür? Strategische Autonomie? Eine europäische Armee? Schon die Präsidentschaft Donald Trumps hat viele in Europa zum Nachdenken gebracht. Das Gefühl breitet sich aus, dass Europa seine Sicherheit selbst mitverantworten muss. Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine steht das Thema Krieg nun unmittelbar auf der politischen Tagesordnung. Wie kann Europa selbst für seine Sicherheit sorgen?

Darüber diskutieren Deitelhoff und Friedman mit den beiden Politikwissenschaftlern Prof. Johannes Varwick (Universität Halle) und Prof. Carlo Masala (Universität der Bundeswehr). Während Johannes Varwick vor den Gefahren eines Stellvertreterkrieges warnt und für Verhandlungen plädiert, sieht Carlo Masala die Anfänge eines Weltordnungskonflikts, der nur mittels Waffenlieferungen eingehegt werden kann. Die Fortsetzung des hitzigen Twitterschlagabtauschs live auf der Bühne!

Prof. Johannes Varwick (Jahrgang 1968) hat an der Universität Halle den Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und europäische Politik inne. Nach dem Studium der Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Publizistik und Wirtschaftspolitik in Münster und Leeds wurde er 1998 mit einer Arbeit zu „Sicherheit und Integration in Europa“ promoviert. Von 2019 bis 2021 war er Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP), seit 2010 ist er Mitglied im VN-politischen Beirat des Auswärtigen Amts, sowie seit 2013 im Editorial Advisory Board der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik.

Prof. Carlo-Antonio Masala (Jahrgang 1968) hat seit 2007 die Professur für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München inne. Nach seinem Studium der Politikwissenschaften, Germanistik und Romanischen Philologie wurde er 1996 mit einer Arbeit über die deutsch-italienischen Beziehungen zwischen 1963 und 1969 promoviert. Anfang 2004 wurde er Research Advisor und 2006 Deputy Director in der Forschungsabteilung des NATO Defense College in Rom. Masala ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Politik (ZfP), der Zeitschrift für Internationale Beziehungen (ZIB) und der Zeitschrift für Strategische Analysen (ZfSA). Außerdem ist er Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik sowie ständiger Sachverständiger in der Enquete Kommission des Deutschen Bundestags zum Afghanistaneinsatz.

Prof. Dr. Nicole Deitelhoff ist Professorin für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität und Direktorin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Sie forscht und lehrt zu internationaler politischer Theorie, globalem Regieren und Konflikten um Institutionen und Normen sowie zu sozialen Bewegungen und der Zukunft der Demokratie. 2008 erhielt sie den Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 2017 wurde ihre Arbeit mit dem Schader-Preis prämiert. Sie ist Sprecherin des bundesweiten Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), Sprecherin des Leibniz-Forschungsverbunds „Krisen einer globalisierten Welt“ und Co-Sprecherin des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ sowie der Forschungsinitiative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“. Im August 2022 hat sie außerdem die Leitung des Expertengremiums zur fachwissenschaftlichen Begleitung der documenta15 übernommen.

Dr. Dr. Julien Michel Friedman ist ein deutsch-französischer Jurist, Philosoph, Publizist und Autor. Von 2016 bis 2021 war er zudem Honorarprofessor an der Frankfurt University of Applied Sciences und Geschäftsführender Direktor des Center for Applied European Studies (CAES). Aktuell moderiert er für den Südwestrundfunk (SWR) das Demokratieforum im Hambacher Schloss und empfängt seit 2017 beim Berliner Ensemble regelmäßig Gäste für das Format „Friedman im Gespräch“. Seit September 2020 ist Michel Friedman außerdem Moderator der Veranstaltungsreihe „Denken ohne Geländer“ des Jüdischen Museums in Frankfurt. Folgende Bücher von ihm sind bisher erschienen: „Kaddisch vor Morgengrauen“ (2005), „Zeitenwende“ (2020), das in Zusammenarbeit mit Harald Welzer entstand, „Streiten? Unbedingt!“ (2021) und jüngst „Fremd“.

Beim StreitClub sind außerdem immer Schülerinnen und Schüler einer Schule aus Frankfurt und Umgebung zu Gast, diesmal sind dies Oberstufenschüler der Frankfurter Ziehenschule. Sie werden den Streit hinter der Bühne kritisch analysieren, Wortmeldungen des Online-Publikums entgegennehmen und sich via Tablet live mit den Moderatoren verständigen. Die letzte halbe Stunde des StreitClubs kommen zudem zwei dieser Jugendlichen als Co-Moderatoren auf die Bühne.

Der StreitClub ist neben anderen Formaten Teil des Projekts „Frankfurt streitet!“ des Frankfurter FGZ-Standorts. 

Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft, eine Online-Teilnahme ist möglich unter https://www.youtube.com/watch?v=NeP5NpCeSnE. Wenige Pressekarten sind erhältlich bei Katja Maasch, maasch@em.uni-frankfurt.de.

Das Veranstaltungsplakat und Porträtfotos von Nicole Deitelhoff, Michel Friedman, Johannes Varwick und Carlo Masala finden Sie zum Download unter: https://www.uni-frankfurt.de/132147511

Informationen und Aufzeichnungen zum StreitClub finden Sie hier: https://fgz-risc.uni-frankfurt.de/category/veranstaltungen/streitclub/

Informationen:
Katja Maasch
Referentin für Wissenstransfer
maasch@em.uni-frankfurt.de
069 798 31548


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 8 2023
12:19

Spieltheoretische Studie des theoretischen Physikers Prof. Claudius Gros 

Studie der Goethe-Universität: Auch die Investoren leiden bei unkontrolliertem Wettbewerb um frei zugängliche Ressourcen

Der unkontrollierte Wettbewerb um frei zugängliche Ressourcen wie Fischbestände oder Wasser kann nicht nur für die Ressourcen fatale Folgen haben. Auch die Investoren werden in solch einem Wettbewerb letztlich an ihr Existenzminimum getrieben. Dies hat Prof. Claudius, theoretischer Physiker an der Goethe-Universität, jetzt in einer spieltheoretischen Studie gezeigt.

FRANKFURT. Der Zustand von frei zugängliche Ressourcen wie Fischbestände, Wasser oder Luft kann sich bei unkontrollierter Nutzung dramatisch verschlechtern. In den Volkswirtschaften spricht man von der „Tragedy of the Commons“ („Tragödie der Allmende“). Für ihre Studien zu diesem Thema hat Elinor Ostrom 2009 als erste Frau den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten. Ostroms Fragestellung, wie man die „Tragödie“ verhindern kann, ist heute gleichermaßen aktuell wie vor 20 Jahren.

Die Spieltheorie beschäftigt sich mit Situationen, in denen eine Anzahl von Akteuren miteinander konkurrieren. Der einzelne Teilnehmer versucht dabei, den eigenen Gewinn zu maximieren. Man spricht von einem „Nash-Gleichgewicht“, wenn es für keinen der Akteure eine Möglichkeit gibt, den Gewinn weiter zu steigern. Die „Tragedy of the Commons“ ist ein typisches spieltheoretisches Szenario. In diesem Fall konkurrieren die Akteure nicht direkt, sondern indirekt: Wenn sich jemand ein Stück vom einem gemeinsamen Kuchen abscheidet, dann ist danach für andere weniger da.

In einer Studie hat Prof. Claudius Gros vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität Frankfurt nun das Nash-Gleichgewicht für die „Tragedy of the Commons“ untersucht und dabei ein unerwartetes Ergebnis gefunden: Wenn ein gemeinsames Gut unter N Interessenten mehr oder weniger gleichmäßig aufgeteilt wird, dann erhält jeder einen Anteil von der Größenordnung 1/N. Davon sind allerdings noch die jeweiligen Investitionskosten abzuziehen. Gros' Berechnungen zeigen nun, dass die Akteure im Gleichgewicht ihre Investitionen so weit erhöhen, bis die Investitionskosten nahezu den Wert der Ressourcen erreichen, die sich der einzelne Investor sichern kann. Mathematisch konnte der theoretische Physiker zeigen, dass der endgültige Gewinn des einzelnen Investors wie 1/N² skaliert.

Die ursprüngliche Erwartung, dass die Investoren einen jeweils proportionalen Anteil von der Ressource erhalten, bleibt nach den Untersuchungen von Claudius Gros richtig. Dies führt jedoch nicht zu einem Gewinn in demselben Verhältnis, da der Gewinn um eine Potenz in der Anzahl der Investoren kleiner ist. Dass sich das endgültige Ergebnis, also der Nettogewinn, so dramatisch verschlechtert, wird von Gros als „katastrophale Armut“ bezeichnet. Es bedeutet, dass der ungeregelte Wettbewerb den einzelnen Akteur an die Grenze zur Profitabilität treibt, dem Existenzminimum. Gleichfalls konnte Gros zeigen, dass ein Abrutschen in katastrophale Armut vermieden wird, wenn die Akteure untereinander kooperieren. Kooperation führt zu einem Nettogewinn, der der Anzahl der Investoren klassisch in einfacher Potenz entspricht.

Das Ergebnis der Untersuchungen ist daher, dass die „Tragödie der Allmende“ um eine Potenz mehr Schaden anrichten kann als bisher angenommen. Bei einer unkontrollierten Nutzung kann es nicht nur zur übermäßigen Ausbeutung einer Ressource kommen, worauf der Fokus bisheriger Untersuchungen lag. Darüber hinaus leiden auch die Investoren selbst darunter, dass sie lediglich den eigenen Profit maximieren. Mathematisch konnte Gros zeigen, dass technologischer Fortschritt diesen Prozess intensiviert und dass entweder alle oder aber die große Mehrheit der teilnehmenden Investoren letztendlich von der katastrophalen Armut betroffen sind. Wenn überhaupt, dann können lediglich einige wenige Investoren – die Oligarchen – einen größeren Gewinn erwirtschaften.

Publikation: Claudius Gros, „Generic catastrophic poverty when selfish investors exploit a degradable common resource“, Royal Society Open Science (2023) https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.221234

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/131929975

Bildtext: Prof. Dr. Claudius Gros, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: Uwe Dettmar für Goethe-Universität

Weitere Informationen
Prof. Dr. Claudius Gros
Institut für Theoretische Physik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 798-47818
gros07@itp.uni-frankfurt.de
https://itp.uni-frankfurt.de/~gros/


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Feb 7 2023
12:06

Drei Frankfurter Fachinformationsdienste gehen in die nächste Förderphase.

DFG bewilligt Mittel für weiteren Ausbau der Informationsangebote an der Universitätsbibliothek

FRANKFURT. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt umfangreiche Mittel für den weiteren Ausbau der drei Fachinformationsdienste (FID) "Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft", "Biodiversitätsforschung" und "Linguistik" und fördert die drei Projekte in den nächsten Jahren an der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg in Frankfurt am Main mit knapp 3,5 Millionen Euro. Damit stellt die Frankfurter Universitätsbibliothek sechs von aktuell 37 Fachinformationsdiensten im nationalen DFG-Programm zur Unterstützung von Wissenschaft, Forschung und Lehre.

Die DFG fördert seit 2016 den FID Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (AVL). In der nunmehr dritten Projektphase wird der Ausbau des mittlerweile etablierten Fachportals avldigital.de fortgesetzt, das die komparatistische Community in ihrer Recherche-, Publikations- und Kommunikationspraxis ganz wesentlich unterstützt. Neben der Integration zusätzlicher Spezialkataloge wie der maßgeblichen Comic-Bibliografie BOBC sowie Babelkat, der größten deutschsprachigen Bibliografie-Datenbank des Übersetzerwissens, wird der FID AVL völlig neue Serviceangebote aufbauen. Dazu zählen u.a. Verzeichnisse von laufenden Habilitationsvorhaben und literaturwissenschaftlichen Übersetzungsprojekten sowie ein Nachweissystem für komparatistische Forschungsdaten. Die Open-Access-Kultur in der Komparatistik wird u.a. durch einen eigenen kleinen Publikationsfonds gestärkt. Ebenfalls neu: auf dem FID-eigenen Repositorium CompaRe finden künftig auch ausgewählte Beiträge aus Wissenschaftsblogs sowie Podcasts Aufnahme. Nach wie vor gepflegt wird der umfassende Erwerb gedruckter Spezialliteratur. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Nachnutzbarkeit von Infrastruktur sowie der Aktualität der Inhalte von avldigital.de, was durch kooperatives Arbeiten im Rahmen eines stabilen Netzwerks sichergestellt wird. Die Bereitschaft zahlreicher Institutionen, mit dem FID AVL zu kooperieren, belegt die breite Akzeptanz des bisher eingeschlagenen Weges.

Dass die Biodiversitätsforschung vor großen Herausforderungen steht, ist beispielsweise durch das Insektensterben und die Folgen eines Klimawandels ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Für die Forschungen in diesem Bereich ist es erforderlich, Informationen aus der Literatur der letzten 250 Jahre zu extrahieren und für effiziente IT-gestützte Analysen bereitzustellen. Nur wenn diese umfangreichen Daten mobilisiert werden können, ist eine zuverlässige Beurteilung aktuell ablaufender ökologischer Veränderungen möglich. Der FID Biodiversitätsforschung (BIOfid) leistet hierzu einen grundlegenden Beitrag. In der dritten Projektphase des seit 2017 geförderten FID wird vor allem Literatur zu Themenfeldern wie Bodenökologie oder Insektensterben digitalisiert, mit fortgeschrittenen Text-Mining-Methoden verarbeitet und verfügbar gemacht. Weitere Ziele von BIOfid sind die Förderung von Open Access, die Verfügbarmachung von fachspezifischen Text-Mining-Werkzeugen und eine umfassende Versorgung mit Spezialliteratur zur Biodiversität.

Der FID Linguistik ist eine zentrale Serviceeinrichtung für die Allgemeine Linguistik, die Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft und die einzelphilologischen Sprachwissenschaften. In der dritten Förderphase wird die Informationsplattform des FID, das Linguistik-Portal, weiter ausgebaut. Dies geschieht durch die konsequente Vernetzung des Portals mit Linked Open Data, durch die Einbindung von weiteren einschlägigen Informationsquellen und durch den Einsatz von Semantic-Web-Technologien. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Optimierung der Recherche nach Forschungsdaten und der Erhöhung ihrer Sichtbarkeit. Die Sichtbarkeit wird bspw. dadurch erhöht, dass Sekundärliteratur mit Sprachkorpora, elektronischen Wörterbüchern und korpuslinguistischen Tools verknüpft wird. Ein zusätzlicher Fokus liegt auf kleinen und bedrohten Sprachen. Zur Versorgung der Fachcommunity mit relevanten Informationsressourcen betreibt der FID Linguistik konventionellen Literaturerwerb und stellt überregionale Lizenzen für kommerzielle Sprachkorpora, korpuslinguistische Zeitschriften und ausgewählte, hochspezielle Datenbanken bereit. Zur Stärkung der Open-Access-Infrastruktur plant der FID Linguistik Maßnahmen zur Verbesserung der Suchbarkeit von linguistischen Open-Access-Publikationen und setzt sein Engagement für das Hosting und die organisatorische Unterstützung von E-Journals fort.

Mit den sechs Fachinformationsdiensten Afrikastudien, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Biodiversitätsforschung, Darstellende Kunst, Jüdische Studien sowie Linguistik positioniert sich die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg als feste Größe im System der Infrastruktureinrichtungen für Wissenschaft und Forschung und leistet einen wertvollen Beitrag für das gesamte FID-Netzwerk in Deutschland.

Information:
https://www.dfg.de/foerderung/programme/infrastruktur/lis/lis_foerderangebote/fachinfodienste_wissenschaft/index.html

Kontakt:
FID Allgemeine u. Vergleichende Literaturwissenschaft (AVL): Dr. Volker Michel, v.michel@ub.uni-frankfurt.de - https://www.avldigital.de/
FID Biodiversitätsforschung (BIOfid): Dr. Gerwin Kasperek, g.kasperek@ub.uni-frankfurt.de - https://www.biofid.de/de/
FID Linguistik: Heike Renner-Westermann, h.renner-westermann@ub.uni-frankfurt.de - https://www.linguistik.de/

Kontakt für Pressefragen allgemein:
Bernhard Wirth, Stabsabteilungen Personalentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit der Bibliothek, Tel. +49 (69) 798 39223; Mail: pr-team@ub.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 2 2023
17:25

Institut franco-allemand de sciences historiques et sociales wird künftig von deutsch-französischer Doppelspitze geleitet 

Deutsch-französische Forschung als Ausdruck deutsch-französischer Freundschaft

Das Institut franco-allemand de sciences historiques et sociales (Deutsch-französisches Institut für Geschichts- und Sozialwissenschaften) hat eine neue Leitung: Nach elf Jahren hat Prof. Pierre Monnet den Stab in die Hände der Historikerin Prof. Xenia von Tippelskirch und des Historikers Dr. habil. Falk Bretschneider übergeben.  

FRANKFURT. „Frankreich ist Ihnen zu großem Dank verpflichtet“: Um das zu sagen, war der französische Botschafter S.E. François Delattre eigens aus Berlin angereist. Seine Worte galten Prof. Pierre Monnet, dem scheidenden Leiter des Institut franco-allemand de sciences historiques et sociales (IFRA-SHS / Institut français Frankfurt). Bei einer Feier im Trude Simonsohn und Irmgard Heydorn-Saal auf dem Campus Westend wurde Monnet verabschiedet, die neue Doppelspitze vorgestellt. Künftig werden Prof. Xenia von Tippelskirch und Dr. habil Falk Bretschneider, beide Geschichtswissenschaftler, die Geschicke des Instituts lenken.

Der Mittelalter-Historiker Pierre Monnet war von 2011 bis 2022 Direktor des Instituts, das zunächst Institut français d'histoire en Allemagne hieß, 2015 dann zum Institut franco-allemand de science historiques et sociales wurde. 2013 erhielt Monnet eine Kooperationsprofessur an der Goethe-Universität. Seit 2005 bereits hatte er eine Professur an der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) inne. Unter Monnets Leitung wurden sowohl die wissenschaftlichen Projekte und Netzwerke des Instituts weiterentwickelt als auch die Wirkung in die Frankfurter Stadtgesellschaft verstärkt mit Formaten wie dem „Café Europa“ in der Romanfabrik und den EuropaDialogen im Rahmen des Forschungskollegs Humanwissenschaften. Die Vertiefung und Verdichtung der deutsch-französischen Zusammenarbeit habe sich wie ein roter Faden durch Monnets Amtszeit gezogen, fasste Prof. Christophe Duhamelle, Direktor des Centre interdisciplinaire d'études et de recherches sur l'Allemagne Paris, das Wirken Monnets in seiner Laudatio zusammen.

„Die Goethe-Universität dankt Herrn Monnet für sein langjähriges Engagement beim Aufbau des IFRA und wünscht der neuen deutsch-französischen Doppelspitze, die das Institut in die Zukunft führen wird, viel Ehrgeiz, Energie und Erfolg bei der Umsetzung ihrer Vorhaben. Das IFRA ist unser klares Bekenntnis zur deutsch-französischen Wissenschaftskooperation und zur strategischen Partnerschaft mit der EHESS. Durch die Forschungsschwerpunkte des IFRA ergeben sich Synergien mit universitätsweit verfolgten Themen der Goethe-Universität und im Rahmen der Rhein-Main-Universitätsallianz und in Frankreich“, sagte Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff und ergänzte: „Unser Tun hat starke Signalwirkung und wird positive Entwicklungen im Europäischen Forschungsraum fördern.“

Das IFRA-SHS / Institut français Frankfurt ist eine deutsch-französische Einrichtung, die vom französischen Außen- und Europaministerium (MEAE), der Goethe-Universität und der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) Paris getragen wird. Es erfüllt einerseits Forschungsaufgaben und fördert den wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Frankreich im Bereich der Geistes-und Sozialwissenschaften, ist andererseits aber auch als Institut français Frankfurt ein französisches Kulturinstitut, das sich mit einem reichhaltigen Kulturprogramm ganzjährig an ein breites Publikum wendet. Mit seiner deutsch-französischen Direktion, seinem internationalen Team und seinem dichten Netz an Kooperationspartnern ist es ein wichtiger Bestandteil des deutsch-französischen sowie europäischen Wissenschaftsaustauschs und der interkulturellen Zusammenarbeit.

Nachdem der bisherige Direktor Pierre Monnet von der französischen EHESS aus abgeordnet worden war, teilen sich künftig Falk Bretschneider von der EHESS und Xenia von Tippelskirch von der Goethe-Universität die Verantwortung für das Institut.

Xenia von Tippelskirch, Jahrgang 1971, arbeitet seit Ende 2022 als Professorin für Geschichtswissenschaften an der Goethe-Universität. Ihr Schwerpunkt ist die Kultur- und Religionsgeschichte der Frühen Neuzeit, insbesondere hat sie zu Frömmigkeitspraktiken und Wissenstransfer zwischen Frankreich und dem Alten Reich gearbeitet. Falk Bretschneider, Jahrgang 1974, lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Frankreich und befasst sich in seiner Forschung vor allem mit der Geschichte des Alten Reichs sowie mit der Geschichte der frühneuzeitlichen Strafjustiz. Sowohl Tippelskirch als auch Bretschneider sind seit langem in der deutsch-französischen Wissenschaftskooperation engagiert, u.a. bei der Leitung des Deutsch-Französischen Doktorandenkollegs „Unterschiede denken“, dessen Partner zukünftig auch die Goethe-Universität werden soll. Unter ihrer Leitung werden zwei zentrale Forschungsachsen die Arbeit des IFRA-SHS in den kommenden Jahren bestimmen: Das Verbundprojekt „Dynamiken des Religiösen“ und das Projekt „Imperiale Räume“. Daneben gibt es zahlreiche weitere Projekte am Institut, viele davon werden mit Partnereinrichtungen in Deutschland oder Frankreich durchgeführt.

Bei der Feier im Casinogebäude waren rund 90 Gäste anwesend, darunter zahlreiche Forscherinnen und Forscher aus der Universität, aber auch etliche Frankfurter Kulturschaffende.

Bilder zum Download: www.uni-frankfurt.de/131906314

Bildtexte:
Bild 1: Matthieu Osmont, Direktor des Institut français Bonn und Attaché der frz. Botschaft, Dr. Leopoldo Iribarren. Vizepräsident Internationales der École des hauts études en sciences sociales Paris, S.E. François Delattre, französischer Botschafter in Deutschland, Prof. Xenia von Tippelskirch, Prof. Pierre Monnet, Unipräsident Prof. Enrico Schleiff, Ilde Gorguet, frz. Generalkonsulin Frankfurt, Dr. habil. Falk Bretschneider, Prof. Rainer Maria Kiesow, Vizepräsident Forschung der École des hautes études en sciences sociales. (Foto: Jürgen Lecher)
Bild 2: Die neue Doppelspitze des Institut franco-allemand: Falk Bretschneider und Xenia von Tippelskirch. (Foto: Jürgen Lecher)
Bild 3: Die neue Doppelspitze mit ihrem Amtsvorgänger: Falk Bretschneider und Xenia von Tippelskirch mit Pierre Monnet (Mitte). (Foto: Jürgen Lecher)

Weitere Informationen
Dominique Petre
Kulturbeauftragte IFRA-SHS / Institut français Frankfurt
dominique.petre@institutfrancais.de
Telefon +49 69 798-31900
https://ifra-francfort.fr/de/forschung-1


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 2 2023
13:53

Kathryn Barnes forscht zu ikonischen Wörtern im Deutschen und deren Wirkung 

„Plitschplatsch“ ist glaubwürdiger als einfach nur nass

Wörter wie „ratzfatz“, „ruckzuck“ oder „pillepalle“ nennt man Ideophone. Sie kommen vor allem in der gesprochenen Sprache vor. Ihre Rolle im System Sprache ist bislang kaum erforscht. Eine junge Linguistin an der Goethe-Universität will das ändern. Sie schreibt ihre Doktorarbeit über die Semantik und Pragmatik von Ideophonen.

FRANKFURT. Natürliche Sprachen gelten als „arbiträr“: Die sprachlichen Zeichen und deren Bedeutung stehen in einem freien Verhältnis zueinander und beruhen nicht auf Ähnlichkeit. Wer zum Beispiel das Wort „Buch“ nicht kennt, kann sich die Bedeutung nicht aus der Form und Beschaffenheit des Wortes erschließen.

Aber es gibt auch Zeichen mit ikonischen Eigenschaften, die durchaus ohne Vorkenntnis auf die Bedeutung schließen lassen. Gesten und Mimik etwa: Als Begleiter der gesprochenen Sprache bringen sie zusätzlichen Bedeutungsinhalt ein. Und es gibt Ideophone. Das sind Wörter, die das Gemeinte klangmalerisch beschreiben; meist handelt es sich um Geräusche oder Bewegungen. Ein Ideophon kann ein Verb, ein Adjektiv oder ein Adverb sein, es beschreibt Art und Weise, Farbe, Geräusch, Geruch, Handlung, Zustand oder Intensität. In afrikanischen Sprachen sind Ideophone besonders häufig, im Deutschen gibt es sie weit seltener. Aber es gibt sie: „zickzack“, „holterdiepolter“, „ratzfatz“, „pille-palle“ oder „plemplem“. Und mit dieser Art von Wörtern befasst sich Kathryn Barnes.

Sie sind nicht nur Thema ihrer gerade entstehenden Dissertation, sondern auch eines jüngst in der linguistischen Zeitschrift „Glossa“ erschienenen Aufsatzes. Betreut wird ihre Arbeit von der Linguistin Prof. Cornelia Ebert, die auch das hochschulübergreifende DFG-Schwerpunktprogramm „Visuelle Kommunikation. Theoretische, empirische und angewandte Perspektiven (ViCom)“ koordiniert. Ebert hat in Bezug auf Gesten herausgefunden, dass diese auf einer anderen Ebene Bedeutung vermitteln als arbiträre Zeichen. Sie werden vom kommunikativen Gegenüber weniger in Frage gestellt. Barnes erforscht nun, ob dies auch auf Ideophone übertragen werden kann.

„Solche vermeintlichen Sonderfälle können viel über das Funktionieren von Sprache aussagen“, sagt Barnes. Für die als Aufsatz erschienene Studie musste Barnes wegen der Pandemie die notwendige Befragung als Onlineexperiment konzipieren. Insgesamt 40 Deutsch-Muttersprachler haben den Fragebogen ausgefüllt, der die Verwendung (Pragmatik) und Bedeutung (Semantik) von 20 Ideophonen beleuchten sollte.

Als ein Beispiel wird eine Szene aus dem Froschkönig verwendet, wo der Frosch plitschplatsch die Treppe zum Schloss hinaufsteigt. Im einen Beispiel wurde er zuvor als nass beschrieben, im anderen geschildert, dass die Sonne ihn bei der Ankunft an der Treppe vollkommen ausgetrocknet hatte. Bei Verwendung des Ideophons plitschplatsch konnten die Probanden die Schilderung auch dann akzeptieren, als die Aussage eigentlich unlogisch erscheinen musste. Anders bei Verwendung eines Adverbs – ganz ähnlich wie im Fall von Gesten wurde der Fehler von den Teilnehmern weniger beanstandet.

„Dies ist meines Erachtens die erste experimentelle Arbeit zum At-issue-Status von Ideophonen, die mit deutschen Sprechern durchgeführt wurde – und eine der ganz wenigen überhaupt zum Informationsstatus von Ideophonen“, sagt Prof. Cornelia Ebert. Im Deutschen jedenfalls seien Ideophone, die wie Satzglieder verwendet würden, „not at issue“, das heißt: Ihr Wahrheitsgehalt werde nicht im gleichen Maße in Frage gestellt wie der anderer Satzglieder. Ob das, was anhand deutschsprachiger Ideophone gezeigt werden konnte, auch auf andere Sprachen übertragbar sei, insbesondere auf solche, in denen die Verwendung von Ideophonen viel üblicher ist als im Deutschen, müsse sich noch zeigen.

Warum aber haben Ideophone (ebenso wie Gesten) eine höhere Glaubwürdigkeit? Weil sie Bilder im Kopf erzeugen, also auf einer anderen Verständnisebene wahrgenommen werden? Das will Kathryn Barnes weiter erforschen und dabei auch andere Sprachen, etwa das Spanische einbeziehen.    

Publikation: Barnes, K. R. & Ebert, C. & Hörnig, R. & Stender, T., (2022) “The at-issue status of ideophones in German: An experimental approach", Glossa: a journal of general linguistics 7(1). doi: https://doi.org/10.16995/glossa.5827

Weitere Informationen
Kathryn Barnes
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Institut für Linguistik
Goethe-Universität
069 798-32401
barnes@lingua.uni-frankfurt.de
https://sites.google.com/view/kathrynbarnes/home


Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de

 

Feb 1 2023
13:06

Ausstellung in der Universitätsbibliothek wird noch bis zum 26. Februar 2023 verlängert.

„ein/aus gepackt. Die Kinderbuchsammlung Benjamin“ nominiert für Dr. Marschner Ausstellungspreis

FRANKFURT. Fünf Ausstellungen des Jahres 2022 stehen auf der Shortlist des Preises "Ausgezeichnet Ausgestellt" der Dr. Marschner Stiftung. Auch die Ausstellung "ein/aus gepackt. Die Kinderbuchsammlung Benjamin" findet sich neben Ausstellungen in bekannten Häusern der Frankfurter Museumsszene (Museum für Moderne Kunst, Jüdisches Museum, Historisches Museum und Portikus) auf der Liste. „Die Nominierung“, so die Bibliotheksdirektorin Daniela Poth, „war für uns eine große Überraschung und noch größere Freude. Als eher kleiner Ausstellungsort, der zudem stark unter den Auflagen der Pandemie gelitten hat, ist es nicht immer leicht, innerhalb der großen Museumslandschaft Frankfurts wahrgenommen zu werden.“

Die in der Ausstellung präsentierte Kinderbuchsammlung ist der einzige Teil der Bibliothek von Walter Benjamin, der bis heute weitgehend geschlossen erhalten blieb. 1985 konnte das Institut für Jugendbuchforschung die reich illustrierten Märchen-, ABC- und Sachbücher an die Goethe-Universität holen. Anlass der Ausstellung ist die als Kooperation zwischen Universitätsbibliothek und Institut für Jugendbuchforschung jüngst erfolgte Digitalisierung sowie die konservatorische Sicherung der gut 200 historischen Bände. Die Ausstellung beleuchtet Inhalt und Bedeutung des Bestandes: Welche Stationen hat die Sammlung durchlaufen? Welche Rolle spielte sie für Benjamins Denken und Schreiben? Welche Fragen werfen die Bände und ihre Illustrationen heute auf?

Die Ausstellung nimmt den Moment des Ein- und Auspackens zum Ausgangspunkt und greift damit die dialektische Spannung zwischen Ordnung und Unordnung auf, die Benjamin in Bezug auf das Sammeln hervorgehoben hat. Mit der Geste des Auspackens öffnet sie den Bestand für neue Zugänge und ungewohnte Perspektiven. Die eigens für die Ausstellung entstandene Arbeit des Medienkünstlers Ilan Manouach, in der ein mit den Illustrationen der Sammlung trainierter Algorithmus neue Bilder generiert, lässt die Besucher*innen in den Bilderkosmos der Bücher eintauchen und fordert gleichzeitig zur kritischen Auseinandersetzung mit den dort aufgerufenen Welten auf. Der Soundtrack von Ketty van Doln setzt diese Aufforderung einem anderen Sinn ansprechend fort.

Das Schopenhauer-Studio, der Kommunikations- und Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek, bietet Raum für Einblicke in Forschungs- und Lehrprojekte mit den universitären Sammlungen der Goethe-Universität. Auch an der nun nominierten Ausstellung waren neben den beiden Kurator*innen Dr. Judith Blume und Dr. Felix Giesa Studierende und Forschende der Goethe-Universität sowie Beschäftigte der Bibliothek beteiligt. Das so entstandene Konzept spiegelt diese Vielfalt wider: „Mit der Ausstellung möchten wir die Sammlung auspacken und sie für viele verschiedene Zugänge öffnen. Deshalb haben wir uns entschieden, wissenschaftliche, künstlerische, restauratorische und bibliothekarische Perspektiven auf die Sammlung sichtbar zu machen und so vielfältige Möglichkeiten der Auseinandersetzung anzubieten“, erläutert Judith Blume. „Die Sammlung ist innerhalb der Kinder- und Jugendbuchforschung, aber auch innerhalb der Benjamin-Forschung kaum beforscht. Genau das wird sich nun hoffentlich ändern“, ergänzt Felix Giesa.

Anlässlich der Nominierung wird die Laufzeit der Ausstellung bis zum 26.02.2023 verlängert. Die ursprünglich als Finissage geplante Veranstaltung am 7.2.2023, 18 Uhr wird nun unter dem Motto „Ceci n'est pas un finissage!“ eher eine Feier der Nominierung - mit kurzen Rück- und Ausblicken sowie mit groovigen Sounds.

Der Preis
Seit 2018 vergibt die Dr. Marschner Stiftung den mit 25.000 Euro dotierten Preis für ein herausragendes kuratorisches Konzept eines Ausstellungsprojektes. Der Dr. Marschner-Ausstellungspreis „Ausgezeichnet Ausgestellt“ richtet sich an alle Institutionen gemeinnütziger und öffentlicher Trägerschaften in Frankfurt am Main und Offenbach. Die Jury erstellt für das jeweilige Jahr eine Shortlist, aus der im folgenden Frühjahr dann der Preisträger verkündet wird. Ausgewählt werden Projekte, die sich durch ihre substanzielle kuratorische Arbeit sowohl für eine breite Öffentlichkeit als auch für ein Fachpublikum auszeichnen.

Förderung des Projektes
Ausstellung: Freundeskreis des Instituts für Jugendbuchforschung, Leinemann-Stiftung für Bildung und Kunst, Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität.
Digitalisierung: Programm „Neustart Kultur“ der Bundesregierung.
Konservatorische Sicherung: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK).

Ausstellung ein/aus gepackt. Die Kinderbuchsammlung Benjamin
Universitätsbibliothek
- Schopenhauer-Studio -
Bockenheimer Landstraße 134-138
60325 Frankfurt am Main
19. Oktober 2022 – (verlängert bis) 26. Februar 2023
Dienstag - Sonntag 13:00 - 18:00 Uhr
7. Februar 2023, 18 Uhr: "Ceci n'est pas un finissage!"
Information zur Ausstellung: https://www.ub.uni-frankfurt.de/ausstellung/benjamin.html
Information zum Ausstellungspreis: https://t1p.de/ausgezeichnet-ausgestellt-2022

Information:
Dr. Judith Blume, Koordinatorin universitäre Sammlungen, Universitätsbibliothek J. C. Senckenberg, Bockenheimer Landstraße 134-138, 60325 Frankfurt am Main, Tel: +49 (69) 798 39197, E-Mail: j.blume@ub.uni-frankfurt.de und Dr. Felix Giesa, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kustos am Institut für Jugendbuchforschung, Norbert-Wollheim-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main, Tel: +49 (69) 798 33008, E-Mail: giesa@em.uni-frankfurt.de

Kontakt für Pressefragen allgemein:
Bernhard Wirth, Stabsabteilungen Personalentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit der Bibliothek, Tel. +49 (69) 798 39223; Mail: pr-team@ub.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de