Machbarkeitsstudie des IWAK der Goethe-Universität zeigt, wie Betriebe und Berufsschulen digital besser miteinander vernetzt werden können
Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt im Ausland als
Erfolgsmodell. Doch längst hat dieser Weg ins Arbeitsleben an Attraktivität
eingebüßt. Die Zahl der Bewerber ist seit Jahren rückläufig – was gerade
angesichts des wachsenden Fachkräftemangels alarmierend ist. Eine
Machbarkeitsstudie des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur zeigt, wie
die duale Ausbildung im digitalen Zeitalter attraktiver werden könnte.
FRANKFURT. Insbesondere eine bessere digitale Vernetzung könnte die Attraktivität steigern.
Deshalb hat das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der
Goethe-Universität in Kooperation mit der hessischen Wirtschaft eine
Machbarkeitsstudie erstellt. Schließlich soll die Ausbildung auf eine
Arbeitswelt vorbereiten, die bereits heute in hohem Maße von digitalen
Technologien bestimmt wird – mit steigender Tendenz.
Der Kern der dualen Ausbildung
ist die Verzahnung von Theorie und Praxis in Form der systematischen
Kooperation der Lernorte Ausbildungsbetrieb und Berufsschule. Diese Verzahnung
würde mit Hilfe der Digitalisierung der Lernortkooperation erheblich
vereinfacht werden, was sich positiv auf das kollaborative Lernen der
Auszubildenden auswirken würde, die praktisches Knowhow und theoretisches
Wissen einfacher verknüpfen könnten. So würde der Mehrwert einer dualen
Ausbildung noch gesteigert.
Doch dies ist in Hessen noch
Zukunftsmusik. Hier wird die Lernort-Kooperation bisher vor allem analog
umgesetzt, erst wenige Kooperationen sind (teil)digitalisiert. Dabei handelt es
sich zumeist um standortbezogene Einzellösungen, die zu den jeweiligen
Rahmenbedingungen passen und stark vom Engagement der beteiligten Ausbilder und
Lehrkräfte der Berufsschulen abhängen. Solche „Insellösungen“ sind weder
strukturell verankert noch skalierbar, also auf andere Bereiche übertragbar.
Sie bringen die notwendige hessenweite Digitalisierung also nicht gezielt
voran. „Bis heute hängt es vom Engagement und den Ressourcen des Betriebs und
der Berufsschule ab, ob Auszubildende digitale Rahmenbedingungen vorfinden oder
eben nicht“, stellt Dr. Christa Larsen, Leitung des IWAK fest. Gerade
Auszubildende in kleinen Betrieben hätten oft das Nachsehen.
Machbarkeitsstudie erstellt
Zukunftsszenarien
Die Machbarkeitsstudie
„Digitale Lernort-Kooperation in der Dualen Ausbildung. Bestandsaufnahme und
hessenweite Umsetzungsszenarien“ (digi-leokop) soll jetzt Wege aufzeigen, wie
die Lernort-Kooperation in Hessen flächendeckend digitalisiert werden kann.
Dabei wurden die Erfahrungen, Praktiken und Wünsche der an der Lernort-Kooperation
Beteiligten einbezogen. Von Januar bis Dezember 2022 hat das IWAK
Experteninterviews geführt, einschlägige Pilotstudien untersucht und die
Befunde mit den Spitzen der hessischen Wirtschaft diskutiert. Die
Machbarkeitsstudie zeigt nun die Eckpunkte einer erfolgreichen digitalen
Lernort-Kooperation auf und spezifiziert drei Szenarien zur Umsetzung. In
Szenario 1 stellt das Land eine zentrale digitale Plattform zur Verfügung,
steuert und finanziert diese auch. Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen würden
dabei unterstützt, dass sie sich die notwendigen Kompetenzen aneignen. Über
eine Expertengruppe fließen die bereits vorliegenden Erfahrungen ein. Diese
Lösung scheint auch deshalb den höchsten Beitrag zur Modernisierung der
Lernort-Kooperation zu leisten, weil sich alle Betriebe und Berufsschulen mit
geringem zeitlichem Aufwand daran beteiligen könnten. Diese „Landeslösung“
würde eine flächendeckende Digitalisierung der Lernort-Kooperation in Hessen
rasch voranbringen. Die beiden anderen Szenarien, die in der Machbarkeitsstudie
vorgelegt werden, lassen zwar eine Verbesserung der Lage erwarten, würden die
hessenweite Digitalisierung der Lernort-Kooperation aber nicht im selben Ausmaß
voranbringen können.
Die Machbarkeitsstudie wurde
mit Mitteln aus dem Förderprogramm Distr@l der Hessischen Staatskanzlei im
Bereich der Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung unterstützt.
Initiiert und begleitet wurde die Machbarkeitsstudie durch die Vereinigung der
Hessischen Unternehmerverbände (VhU), die Arbeitgeberverbände HESSENMETALL und
HessenChemie, die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern (ARGE)
sowie den Hessischen Industrie- und Handelskammertag (HIHK). Entsprechend
stellt Prof. Bernhard Brüne, der an der Goethe-Universität für das Thema
Transfer zuständige Vizepräsident, fest: „Diese Machbarkeitsstudie zeigt, wie
die Kooperation der Goethe-Universität mit den Spitzen der hessischen
Wirtschaft wichtige Grundlagen für die Modernisierung des Ausbildungssystems
schafft. Die Digitalisierung ist für die berufliche Bildung ebenso wichtig wie
für die akademische Bildung. Wir müssen junge Menschen auf die digitale Zukunft
der Arbeitswelt vorbereiten und in allen Bildungsgängen optimale Bedingungen
schaffen.“ Die Goethe-Universität leiste einen wichtigen Beitrag zur
Fachkräftesicherung in Hessen durch die angewandte Forschung in Zusammenarbeit
mit Wirtschaft und Politik.
Die Machbarkeitsstudie kann vom 28. Februar 2023 an
heruntergeladen werden unter: https://www.iwak-frankfurt.de/wp-content/uploads/2023/02/Machbarkeitsstudie-zur-digitalen-Lernort-Kooperation-in-der-dualen-Ausbildung_Bestandsaufnahme-und-hessenweite-Umsetzungsszenarien_-digi_leokop.pdf
Weitere Informationen:
Dr.
Christa Larsen, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der
Goethe-Universität
Telefon
069 798- 22152, E-Mail c.larsen@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de