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Mär 23 2021
07:57

Bundesweite Studien „Jugend und Corona“ der Universitäten Frankfurt und Hildesheim stellen weitere Ergebnisse vor – Jugendliche nehmen Stellung

„Man muss uns nur fragen“ - wie junge Menschen die Pandemie erleben

Keine offenen Räume mehr zu haben belastet junge Menschen mehr als der Verzicht auf andere Freizeitangebote wie ihre Hobbys. Dies ist eines der Ergebnisse der JuCo-Studie II des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in Zeiten von Corona“ der Goethe-Universität Frankfurt und Stiftung Universität Hildesheim. Nun erscheint in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung die erweiterte und vertiefte Auswertung der beiden bundesweiten Onlinebefragungen, an denen im April und November 2020 insgesamt 12.500 junge Menschen teilgenommen haben.

FRANKFURT. Nicht alle Jugendlichen brauchen „Orte zum Abhängen“. Doch diejenigen, die sich dort sozial austauschen, werden von den Folgen der Pandemie besonders stark belastet. Sie fühlen sich nicht nur unwohler und einsamer, sondern haben auch vermehrt Angst vor der Zukunft. Für das psychosoziale Wohlbefinden sind offene Räume sogar wichtiger als das Ausüben von Hobbys wie Sport, Musik, Jugendarbeit oder gesellschaftliches Engagement etwa in Umweltverbänden. Das ergibt eine vertiefte Auswertung der Online-Befragung JuCo II der Goethe-Universität und Universität Hildesheim.

Und noch etwas macht die Studie deutlich: Jugendliche, die seit Corona stärker durch finanzielle Sorgen belastet sind, fühlen sich auch emotional und psychisch stärker beeinträchtigt. Besonders hoch ist hier der Anteil von jungen Menschen mit Zukunftsängsten. Ein Befund, der besonders ernst genommen werden sollte, betont Johanna Wilmes, Familienforscherin an der Goethe-Universität: „In der jungen Generation manifestieren sich diese erlebten Ungleichheiten besonders nachhaltig. Wir wissen, dass Armutserfahrungen maßgeblich Bildungs- und Lernerfolge prägen. Das heißt aber auch, wenn wir hier etwas verändern, gestalten wir Zukunft zum Positiven.“

Mehr Mitspracherecht für junge Menschen fordert auch das Team von Jugendlichen, das mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Ergebnisse der Studien diskutiert und in der Publikation „Fragt uns 2.0“ zusammengefasst hat. Corona zeige deutlicher, „was ohnehin nicht gut funktioniert“ – ein veraltetes Schulsystem, fehlendes Mitspracherecht und fehlende Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche. „So wär´s besser“: Unter diesem Titel machen die Jugendlichen Änderungsvorschläge in Bezug auf ihre Situation in Familie, Schule und Ausbildung. „Wir brauchen mehr Verständnis für die Situation von Jugendlichen in der Pandemie“, fordern sie. Und: „Die zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie müssen Thema in Schulen sein“ sowie „Medien sollten auf Stereotype verzichten und Jugendliche nicht nur als Regelbrecher:innen darstellen.“

„Fragt uns 2.0“ bestätigt aber auch ein weiteres Resultat der JuCo I und II-Studien: Junge Menschen haben auch positive Effekte der Pandemie wahrgenommen. Unter „Ein paar Dinge, die man behalten kann“ nennen sie: weniger Stress, mehr freie Zeiteinteilung, Selbstorganisation, Wertschätzung von sozialen Beziehungen, Digitalisierung vorantreiben und ein umweltfreundlicheres Leben.

Dem Team des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ gehören Prof. Dr. Sabine Andresen und Johanna Wilmes vom Institut für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität an sowie Prof. Dr. Wolfgang Schröer, Dr. Tanja Rusack, Dr. Severine Thomas, Anna Lips und Lea Heyer vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim.

Zusatzinformation

Die beiden Jugendbefragungen “Jugend und Corona“ (JuCo I und II) wurden von einem Forschungsverbund der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Hildesheim durchgeführt. An JuCo I (15. April – 3. Mai 2020) nahmen 5.520 Jugendliche teil, an JuCo II (9.-22. November 2020) beteiligten sich mehr als 7.000 junge Menschen. Die für die JuCo-Studien zusammengetragenen Erkenntnisse basieren auf jahrelanger wissenschaftlicher Arbeit der Kindheits- und Jugendforscher:innen zur Lebenswirklichkeit junger Menschen in Deutschland.

Die Ergebnisse der Studien wurden mit Jugendlichen in mehreren Online-Workshops von September 2020 bis Januar 2021 diskutiert und reflektiert. Die Jugendlichen haben ihre Erfahrungen und Forderungen in der Broschüre „Fragt uns 2.0 – Corona Edition“ festgehalten.

Publikationen:

www.bertelsmann-stiftung.de/junge-menschen-corona
www.bertelsmann-stiftung.de/fragt-uns

Weitere Informationen
Prof. Dr. Sabine Andresen
s.andresen@em.uni-frankfurt.de

Johanna Wilmes,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
wilmes@em.uni-frankfurt.de

Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung
der Goethe Universität Frankfurt am Main


Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de