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Aug 31 2012
13:42

Institut für Bienenkunde in Oberursel feiert sein 75jähriges Bestehen

Im Einsatz für bedrohte Bienenvölker

FRANKFURT. Seit 75 Jahren forschen Wissenschaftler des Institutes am Nordrand Oberursels an der Biologie der  Honigbiene. Zur 75-Jahr-Feier an das Institut am Freitagnachmittag kamen etwa 200 geladene Gäste und informierten sich über die Forschungsaktivitäten gestern und heute. Ganz im Zeichen der Forschung und der Bienenbiologie stand die Feier am Institut für Bienenkunde. Die zahlreichen Gäste verschafften sich anhand von Mitmachexperimenten rund um‘s Bienenlernen einen Eindruck von den Verhaltensleistungen der Honigbienen. So nahe kommen die Besucher den Bienen selten. Sicher hinter Glas lässt sich die Königin gefahrlos bei der Eiablage im Beobachtungsvolk bestaunen. Auch wie Bienen im Labyrinth zielsicher zur Honigbelohnung finden, konnten die Gäste bei einer Demonstration im Bienengarten des Instituts für Bienenkunde in Oberursel live beobachten.

Die Doktoranden und Bachelorstudierenden gaben anschauliche Einblicke in ihre Projekte und die Besucher wurden gleich als Experimentatoren eingebunden. Wie mit einem Mini-Chip versehene Sammlerinnen am Stockeingang automatisch registriert werden, wie Bienen zurück in ihren Stock finden oder welche Navigationsleistungen es ihnen ermöglichen, sich in einem Labyrinth zurecht zu finden: das waren einige der Stationen im Bienengarten des Instituts im Karl-von-Frisch-Weg in Oberursel.

Zuvor hoben Prof. Dr. Klaus Ring, Präsident der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt am Main und Prof. Dr. Rainer Klump, Vizepräsident der Goethe-Universität, die hohe Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Universität und Polytechnischer Gesellschaft hervor. Das Institut wird von beiden Institutionen gemeinsam getragen und ist ein erfahrbarer Ort langjähriger Kooperation. In ihrem Grußwort ging Frau Prof. Dr. Anna Starzinski-Powitz auf die besondere Stellung des Instituts für den Fachbereich Biowissenschaften ein. Auch die Oberurseler Sicht kam nicht zu kurz. Stadtverordnetenvorsteher Dr. Christoph Müllerleine betonte die enge Bindung der Oberurseler Bürger an „ihr“ Institut.

Als das Institut für Bienenkunde 1937 von der Polytechnischen Gesellschaft gegründet wurde, drohte die Bienenhaltung in Deutschland zusammenzubrechen. Es war ein Gebot der Stunde, ein modernes Forschungsinstitut zu errichten. Heute, 75 Jahre später, ist die Arbeit am Institut nach wie vor brennend aktuell: Die parasitische Milbe Varroa destructor bedroht Bienenvölker weltweit und die Entwicklung innovativer Bekämpfungsmittel ist eine der Aufgaben des Teams um den Neurowissenschaftler und Leiter des Instituts, Prof. Bernd Grünewald.

Bienen haben eine enorme wirtschaftliche Bedeutung nicht nur als Honigproduzenten sondern auch als Bestäuber der meisten Obst- und Gemüsesorten. Daher ist die Forschung über die Bienen immer auch eine Forschung für den Menschen.

Das Institut blickt auf eine 75jährige, erfolgreiche Forschungstradition zurück. Hugo Gontarski, dem ersten Leiter, ist es zu verdanken, dass das Institut auch in den schwierigen Nachkriegsjahren erfolgreich Forschung betreiben konnte. Gontarski untersuchte besonders die Nosemose, eine Darmkrankheit der Bienen, er erforschte die Honigchemie, die Ernährungsphysiologie und die Anatomie von Bienen.

Eine neue Phase wurde 1963 eingeleitet, als das Bieneninstitut vertraglich an die Universität Frankfurt gebunden wurde. Prof. Friedrich Ruttner wurde 1964 neuer Institutsleiter und gleichzeitig Professor für Zoologie am Fachbereich Biologie der Goethe-Universität. Ruttner gilt als der Begründer der modernen Bienengeographie. Schon bald existierte in Oberursel die weltweit bedeutendste wissenschaftliche Sammlung von Bienenarten und -unterarten, die heute mehr als 3000 wertvolle Präparate umfasst. Unter seiner Leitung wurde das Oberurseler Institut zu einem der weltweit führenden Bieneninstitute in Paarungsverhalten, Genetik, Taxonomie und Biogeographie der Honigbienen. Seine Zuchtansätze und die Einführung der künstlichen Besamung beeinflussten die Bienenzucht in Deutschland nachhaltig.

Prof. Nikolaus Koeniger leitete von 1981 bis 2007 das Institut. Koeniger arbeitete zunächst über Alarmstoffe und Brutpheromone, entdeckte eine neue Milbenart der Riesenhonigbiene und beschrieb eine neue asiatische Honigbienenart. Während seiner Zeit wurden in Oberursel außerdem wichtige neue Erkenntnisse über die Paarungsbiologie der Honigbienen gewonnen.

Das Jahr 2007 markierte einen weiteren Wendepunkt in der Geschichte des Instituts. Zwischen der Polytechnischen Gesellschaft und der Goethe-Universität wurde ein neuer Kooperationsvertrag geschlossen. Seit 2008 ist der Neurobiologe Prof. Bernd Grünewald als Leiter des Instituts für Bienenkunde gleichzeitig erster Stiftungsprofessor der Polytechnischen Gesellschaft an der Goethe-Universität. Am neuerbauten Biologicum auf dem Campus Riedberg stehen der Arbeitsgruppe seit 2011 neue Laborräume zur Verfügung. Das erleichtert den wissenschaftlichen Austausch mit Fachkollegen und Studenten erheblich. Neben Therapieansätzen gegen Bienenkrankheiten wird heute am Institut für Bienenkunde überwiegend über die Mechanismen geforscht, die Lernen und Gedächtnis bei Bienen zugrunde liegen. Die Lernleistungen von Bienen sind enorm: sie merken sich Ort und Beschaffenheit von Futterquellen und navigieren zielsicher in einem Radius von 5 km um ihren Stock. „Dabei passt ihr Gehirn locker in einen Stecknadelkopf und enthält gerade einmal 1 Million Nervenzellen“, sagt Grünewald, „so viele Nervenzellen hat ein Mensch in einem Auge“.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Bernd Grünewald, Institut für Bienenkunde, Polytechnische Gesellschaft, FB Biowissenschaften - Zellbiologie und Neurowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Karl-von-Frisch-Weg 2,61440 Oberursel, Tel. 6171-21278, b.gruenewald@bio.uni-frankfurt.de, www.institut-fuer-bienenkunde.de