Frankfurter Institut für Sozialforschung feiert 100-jähriges Jubiläum mit Festakt
FRANKFURT. Am Montag, den 23. Januar 2023, jährte sich der Erlass des preußischen Kultusministers zur »Errichtung eines Instituts für Sozialforschung an der Universität Frankfurt als einer wissenschaftlichen Anstalt, die zugleich Lehrzwecken der Universität dient«, zum hundertsten Mal. Zu diesem Anlass hat das Institut für Sozialforschung (IfS) im Rahmen seines 100-jährigen Jubiläums zu einem presseöffentlichen Festakt eingeladen. Anwesend waren u.a. Vertreter:innen der hessischen Landesregierung, der Stadt Frankfurt, der Goethe-Universität sowie von zahlreichen akademischen wie zivilgesellschaftlichen Institutionen und Organisationen.
Der
Direktor des IfS, Prof. Dr. Stephan Lessenich, verwies in seinem Redebeitrag
auf die gegenwärtig stattfindende Entwicklung eines neuen Forschungsprogramms.
Für die kritische Gegenwartsanalyse im Lichte einhundertjähriger Bemühungen um
eine Gesellschaftskritik auf der Höhe der Zeit gelte es »mit dem
konzeptionellen Fundus der Kritischen Theorie zu operieren, ohne seiner
historischen Schwerkraft zu erliegen; mit der Dynamik der neuen Zeit zu gehen,
ohne die kritische Distanz zu ihr zu verlieren. Die Tradition kritischer
Theoriebildung und Sozialforschung verändernd fortschreiben: Das ist die ebenso
erfüllende wie herausfordernde Aufgabe, vor die sich das IfS im Jahre 2023
gestellt sieht. Wie wollen wir an diese Aufgabe herangehen? In dem Bewusstsein,
dass wir das Rad nicht neu erfinden werden, aber eben auch nicht müssen; dass
es heute ums Ganze geht, um das Ganze der Gesellschaft und die Zukunft der
Menschheit; dass die wissenschaftliche Ergründung des Ganzen, seiner Bewegung,
seiner Widersprüche, seiner Grenzen, seiner Überwindung, nicht anders bewältigt
werden kann als in einem kollektiven, kooperativen, kollegialen
Arbeitszusammenhang.«
Zu
seinem 100-jährigen Bestehen hat die Wissenschaftsministerin Angela Dorn die
wichtige Rolle des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt für eine
lebendige Demokratie hervorgehoben: »Das IfS steht seit Horkheimer, Benjamin
und Adorno in einer philosophischen Tradition, die sich nicht damit begnügt,
die Welt verschieden zu interpretieren, sondern sie auch verändern will. Es
begann als Forschungsstätte zur Theorie und Geschichte des Sozialismus und der
Arbeiterbewegung mit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, der es um
die Aufdeckung von Unrecht, um Emanzipation und Veränderung ging. Nach den
Verbrechen des Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg eröffnete es 1951 wieder;
der Zivilisationsbruch wurde zum Forschungsgegenstand. Die Kritische Theorie
hat seit dem Anfang des IfS an Relevanz und Bedeutung nichts verloren. Wir
brauchen dringend solche Einrichtungen. Um diese wichtige Rolle zu stärken,
haben wir die Förderung des Landes von 2021 an gern von rund 620.000 auf
nunmehr gut 870.600 Euro im Jahr erhöht.«
Die
Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt Dr. Ina Hartwig betonte in ihrer Rede die
enge Verbindung von IfS und der Stadt Frankfurt: »Ich gratuliere dem Institut
für Sozialforschung von Herzen zu seinem runden Geburtstag. Seit seiner
Gründung strahlt es weit über die Grenzen Frankfurt hinaus und gilt national
wie international als bedeutender Ort kritischer Gesellschaftstheorie und
Sozialforschung. Das Institut für Sozialforschung hat – zuletzt mit dem
langjährigen Direktor Axel Honneth, nun mit Stephan Lessenich an der Spitze –
in den vergangenen 100 Jahren seine gesellschaftskritischen Positionen und eine
empirische Forschungspraxis stets beibehalten. Zu sehen ist in den
Veranstaltungen heute eine noch stärkere Öffnung des Hauses. Ein Ort nicht nur
für Wissenschaftler und Studierende, sondern auch für Künstler und
Kulturschaffende, für die Stadtgesellschaft. Ich bin mir sicher, dass das
Institut für Sozialforschung auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine
›Frankfurter Schule‹ im besten Sinne bleiben wird!« Die Stadt Frankfurt
unterstützt das IfS mit rund 356.000 Euro jährlich.
Der
Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Dr. Enrico Schleiff,
gratulierte in seinem Grußwort dem Institut für Sozialforschung herzlich zum
100. Geburtstag: »Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule ist eine der
wissenschaftlichen Visitenkarten Frankfurts, die trotz der immer kürzer
werdenden Halbwertszeit von wissenschaftlichen Erkenntnissen und
wissenschaftlichen Reputationen nach wie vor auch international glänzt.« Das
Institut für Sozialforschung, so Schleiff, habe sich der aktiven Gestaltung der
Gesellschaft durch wissenschaftliche Erkenntnisse auf höchstem Niveau
verschrieben. Und diesem Anspruch sehe sich auch die Goethe-Universität verpflichtet.
Schon jetzt seien die Beziehungen zwischen Universität und Institut eng,
kooperiere man seit Anfang an auf vielfältigen Ebenen miteinander. Schleiff
wünschte sich abschließend vom IfS: »Erforschen Sie in der Tradition der
Kritischen Theorie Überraschungen, Verunsicherungen, Herausforderungen, damit
eine unter wissenschaftlichen Vorzeichen stehende ›politische Aufklärung‹
gelingt!«
Kontakt:
Mirko
Broll, Referent für Öffentlichkeitsarbeit am Institut für Sozialforschung
broll@em.uni-frankfurt
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de