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Unabhängige Kommission stellt in einem Abschnitt wissenschaftliches Fehlverhalten fest, welches aber keine Aberkennung des Doktorgrads begründet
FRANKFURT. Nach eingehender Prüfung der Dissertation von Herrn Dr. Mathias Döpfner, der 1990 an der Goethe-Universität mit der Arbeit „Musikkritik in Deutschland nach 1945 – Inhaltliche und formale Tendenzen – Eine kritische Analyse“ promoviert wurde, stellt die Kommission zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten aufgrund der mehrfachen wörtlichen oder gedanklichen Übernahme fremder geistiger Autorenschaft zwar ein wissenschaftliches Fehlverhalten fest. Die einzelnen Befunde seien jedoch in ihrer Summe und hinsichtlich ihrer Bedeutung für den wissenschaftlichen Kern der Arbeit nicht ausreichend, um eine Aberkennung des Doktorgrades zu begründen.
Die
Kommission war im Februar 2022 tätig geworden, nachdem die Hochschulleitung
durch Hinweise von zwei auf die Findung von Plagiaten spezialisierten Experten
auf ein mögliches Fehlverhalten aufmerksam gemacht worden war. Auf
Grundlage der erhobenen Vorwürfe hatte die Kommission auf Antrag des Präsidiums
ein Verfahren eingeleitet, um eine unabhängige Prüfung der Dissertation von
Herrn Dr. Döpfner vornehmen zu können. Zur fachlichen Ergänzung ihrer Expertise
hatte die Kommission zusätzlich einen musikwissenschaftlich ausgewiesenen
Forschenden kooptiert.
Nach Prüfung der Arbeit gelangte die
Kommission übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass in der Dissertation im
Abschnitt „Historische Determinanten der Deutschen Musikkritik bis 1945“ (S. 29 - 50) der Vorwurf des wissenschaftlichen
Fehlverhaltens in Form mehrfach ungekennzeichneter Übernahmen oder Aneignungen
fremden Gedankenguts erfüllt sei. Ein wissenschaftliches Fehlverhalten liege
dort vor, wo – namentlich in Form eines Text- oder Ideenplagiats – ungeprüft
originäre Formulierungen oder Gedanken der Quelle als eigene übernommen werden
oder sonst eine zu enge Anlehnung an die Quelle erfolgt, die als solche hätte
ausgewiesen werden müssen. Ein solches Vorgehen habe auch schon vor über 30
Jahren einen Verstoß gegen die damals geltenden Grundsätze guter
wissenschaftlicher Praxis dargestellt. Daneben wurde eine Reihe von Blindzitaten
und ungeprüft übernommenen Literaturangaben festgestellt, die nach geltender
Rechtsprechung ebenfalls als Plagiate zu werten sind.
Allerdings konnte die Kommission den
Vorwürfen in den Verdachtsanzeigen der beiden Plagiatssucher nicht in allen Punkten
folgen, sodass sich nach ihrer Ansicht im Ergebnis eine deutlich geringere
Anzahl an Verstößen ergibt, als dort jeweils moniert. Zu berücksichtigen ist
zudem, dass der sehr umfassende Hauptteil der Arbeit nach gegenwärtigem Stand
nicht von den Plagiatsvorwürfen betroffen ist und auch keine Anhaltspunkte für
wissenschaftliches Fehlverhalten ersichtlich sind.
Im
Interesse einer möglichst transparenten Darstellung des Verfahrens macht die
Kommission zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten auf Bitten des
Universitätspräsidenten den gesamten Beschluss öffentlich. Dieser kann unter
folgendem Link eingesehen werden: https://www.uni-frankfurt.de/131192024/
Universitätspräsident
Prof. Dr. Enrico Schleiff dankte der von Weisungen des Präsidiums und anderer
Instanzen unabhängigen Kommission für ihre gründliche und sorgfältige Arbeit,
die einen wichtigen Beitrag zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
darstelle. Die Goethe-Universität leiste mit der Transparenz einen aktiven
Beitrag zur wissenschaftlichen Qualitätssicherung und öffentlichen
Nachvollziehbarkeit universitätsinterner Prüfungsprozesse.
Herr Dr. Döpfner wurde am 17.01.2023 über die Ergebnisse der Prüfung unterrichtet. Der
begründete Beschluss liegt ihm vor. Gegen den Beschluss kann Widerspruch
eingelegt werden.
Die Kommission arbeitet nach der Satzung der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zur Sicherung guterwissenschaftlicher Praxis. Diese ist unter folgendem Link verfügbar: https://www.uni-frankfurt.de/84252590/20191209_ck-neufassung-grundsatze-final.pdf
Redaktion: Dr. Olaf Kaltenborn, Leiter Büro für PR &
Kommunikation, Tel: 069
798-13035, Fax: 069 798-763 12531, kaltenborn@pvw.uni-frankfurt.de
Sozialministerium und Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität stellen regionale Prognosen vor
Die Generation der Babyboomer geht nach und nach in Rente. Sie hinterlässt große Lücken im Arbeitsmarkt, die nur teilweise durch jüngere Arbeitskräfte geschlossen werden können. Das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität hat im Auftrag des Hessischen Sozialministeriums Prognosen erstellt, welche Zahlen bis 2028 in den unterschiedlichen Regionen und Berufsfeldern zu erwarten sind. Gegenmaßnahmen sind möglich – und offenbar dringend geboten.
FRANKFURT. Der
Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie haben verglichen mit dem
demographischen Wandel nur geringe Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Hessen.
Durch den altersbedingten Austritt vieler Beschäftigter der
Babyboomer-Generation entstehen große Lücken, die durch die geringere Zahl an
jungen Menschen, die neu in den Arbeitsmarkt eintreten, nur bedingt geschlossen
werden können. Fachkräftemangel ist die Folge. In Hessen ist diese Entwicklung
regional unterschiedlich ausgeprägt, und auch die verschiedenen Berufe sind
unterschiedlich stark betroffen. Ein genaues Bild der zu erwartenden Lage
zeichnen die regionalen Berufsprognosen, die durch das Institut für Wirtschaft,
Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität im Auftrag des Hessischen
Ministeriums für Soziales und Integration erstellt werden. Damit
habe man „Transparenz geschaffen, um die Entwicklung neuer bzw. das
Nachschärfen bestehender Fachkräftestrategien und ihre Ausrichtung auf
mittelfristige Entwicklungen zu ermöglichen“, sagt Kai Klose, Hessischer
Minister für Soziales und Integration.
Die Prognosen (ab 16:30 Uhr unter www.hessische-berufsprognosen.de)
sind heute der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Danach fehlen in Hessen im
Zeitraum von 2021 bis 2028 insgesamt 200.000 Fachkräfte – gut 130.000
Fachkräfte mit Berufsabschluss und knapp 70.000 Fachkräfte mit
Hochschulabschluss. Das Potenzial von Personen ohne Abschluss, die nach einer
Nachqualifizierung möglicherweise Fachkraftaufgaben übernehmen können, ist
demgegenüber mit rund 20.000 Personen denkbar gering. Die Option der
Nachqualifizierung besteht ohnehin nur in den Großstädten, denn in den ländlich
geprägten Regionen des Landes fehlt es auch an Personen ohne Berufsabschluss.
Grundsätzlich gilt, je weiter man sich von urbanen Gebieten entfernt, desto
größer ist der Mangel an Arbeits- und Fachkräften.
Was die unterschiedlichen Branchen angeht, trifft der
Fachkräftemangel besonders stark die Sozialberufe. Den Prognosen zufolge werden
bis 2028 im Bereich Gesundheit 13.000 und im Bereich Erziehung mehr als 16.000
Beschäftigte fehlen. Die Lücken sind hier besonders groß, weil in den kommenden
Jahren nicht nur viele Beschäftigte altersbedingt ausscheiden werden, sondern
auch, weil sich der Bedarf an Gesundheits- und Erziehungsleistungen weiter
erhöhen wird. Denn die Zahl älterer Menschen, die Gesundheitsdienstleistungen
benötigen, steigt an, und durch den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung
werden auch mehr Erzieherinnen benötigt. Ein passgenaues
Kinderbetreuungsangebot ermöglicht es Frauen, umfangreicher erwerbstätig werden
zu können – ebenfalls ein wichtiger Baustein beim Kampf gegen den
Fachkräftemangel. Auch bei Handwerks- und IT-Berufen hat Fachkräftegewinnung
und -sicherung Priorität, in Zusammenhang mit Energiewende und Digitalisierung
ist auch dort ein Aufwuchs zu erwarten.
Und der Höhepunkt der altersbedingten Austritte der
Babyboomer-Generation ist 2028 noch längst nicht erreicht. „Den Peak erwarten
wir erst in zehn Jahren. Aber auch ab 2033 werden die Austritte nur langsam
zurückgehen. Selbst im Jahr 2040 werden die altersbedingten Austritte aus dem
Erwerbsleben noch um 10.000 Personen höher als heute liegen“, erklärt Dr.
Christa Larsen, Leiterin des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK)
der Goethe-Universität. Die hessischen Arbeitsmärkte würden, so Larsen, bis
weit in die 2040er-Jahre hinein maßgeblich durch die demografische Entwicklung
bestimmt werden.
Um die hessische Wirtschaft für diese Herausforderung zu rüsten,
bedarf es schnell gezielter Strategien für deren Abmilderung. Regionale
Strategien könnten gezielt helfen, Fachkräfte zu sichern. Dafür braucht es ein
gutes Zusammenspiel aller Arbeitsmarktakteure. Die Stabstelle
Fachkräftesicherung in Hessen, die am Hessischen Ministerium für Soziales und
Integration angesiedelt ist, leistet hier im Auftrag der Hessischen
Landesregierung wesentliche Unterstützung. 2023 wird jeder Kreis und jede
kreisfreie Stadt die Möglichkeit bekommen, eine fachlich fundierte
Zukunftswerkstatt durchzuführen. Eine solche Werkstatt dient dazu, zum Bedarf passende
Maßnahmen zu entwickeln bzw. bereits bestehende passgenau fortzuschreiben.
„Wir können stolz darauf sein, dass die Goethe-Universität
gemeinsam mit dem Land Hessen Transparenz zur Fachkräftelage schafft und eine
darauf abgestimmte Fachkräftesicherung entwickelt wird. Damit kann unsere
Kooperation einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung und damit zur
Stabilität des Wirtschaftsstandorts Hessen leisten“, sagte Prof. Bernhard
Brüne, Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt am Main, in seinem
Grußwort.
Die Prognosen zur Entwicklung von Berufen zwischen 2021 und 2028
können am heutigen Donnerstag, 19. Januar, von 16.30 Uhr an unter www.hessische-berufsprognosen.de
heruntergeladen werden.
Weitere Informationen und Anmeldung
Dr.
Christa Larsen
Institut
für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
Telefon
069 798- 22152
E-Mail
c.larsen@em.uni-frankfurt.de
Kunst auf dem Campus Westend: Dialogischer Spaziergang „DenkMalDemokratie“ im Rahmen der Bürger-Universität
FRANKFURT. Ist das Kunst oder kann das weg? Oder muss das vielleicht sogar weg? Nicht erst in jüngerer Zeit wird diese Frage an Kunstwerke gerichtet, die in öffentlich zugänglichen Räumen aufgestellt sind – inzwischen aber zunehmend häufig an Denkmäler, deren Widmungen sich aus der Gegenwartsperspektive als problematisch, wenn nicht gar untragbar erweisen. Gegen sie erheben sich zu Recht Stimmen des Protests. Zugleich stellt sich die Frage, ob das Entfernen allein als Mittel zur Lösung der Probleme taugt, für die manche Monumente aus heutiger Sicht stehen. Wie könnte eine angemessene Erinnerungskultur im öffentlichen Raum aussehen?
Die
Bürgeruniversität lädt ein im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „DenkMalDemokratie.
Dialogische Spaziergänge zur Kunst“
25. Januar 2023
12 – 13:30 Uhr
zum
Mittags-Spaziergang Campus Westend.
Dabei
geht es darum, welche Rolle die auf dem Campus Westend aufgestellten Kunstwerke
und Denkmäler für die Demokratie spielen und welche Potenziale sie für eine
Auseinandersetzung mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft besitzen.
Gesprächspartnerinnen
während des Spaziergangs sind: Prof. Dr. Antje Schlottmann,
Humangeographie/Goethe-Universität, und Prof. Dr. Verena Kuni, Visuelle
Kultur/Goethe-Universität, die die Veranstaltung konzipiert hat.
Der
dialogische Spaziergang auf dem Campus Westend ist die zweite Veranstaltung der
Diskussionsreihe der Bürger-Universität, die mit einem Dialog-Spaziergang in
der Gallusanlage und der Taunusanlage begonnen hat. Abgeschlossen wird die
Reihe der Bürger-Universität am 2. Februar 2023 um 19 Uhr mit der
Podiumsdiskussion „Unsichtbarer Widerstand. Vertrauen und Protest in der
Demokratie“.
Die
Dialog-Spaziergänge zu Kunst und Demokratie werden im Sommersemester
fortgesetzt. In Vorbereitung ist ein weiteres Format der Dialog-Spaziergänge: CAMPUS
WANDELN. Spaziergänge und Ortstermine zur Nachhaltigkeit, konzipiert und
durchgeführt von Prof. Dr. Verena Kuni, Visuelle Kultur/Goethe-Universität, und
dem Nachhaltigkeitsbüro der Goethe-Universität.
Die
aktuelle Reihe wird veranstaltet von der Goethe-Universität in Kooperation mit
der Clusterinitiative ConTrust am Forschungsverbund „Normative
Ordnungen“ der Goethe-Universität.
Anmeldung
und Treffpunkt unter buergeruni@uni-frankfurt.de;
weitere Informationen: https://aktuelles.uni-frankfurt.de/_events/
Redaktion:
Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax
069 798-763-12531; E-Mail: p.barth@em.uni-frankfurt.de
Internationales Wissenschaftsteam um Forscher:innen der Goethe-Universität und des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseum Frankfurt erklärt Unterschiede in der Ernährung zwischen Homo erectus und Menschenaffen
Wie sich unsere Vorfahren der Art Homo erectus vor Hundertausenden von Jahren auf der Insel Java in Südostasien ernährt haben, konnte jetzt ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, koordiniert von Goethe-Universität Frankfurt und Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, anhand von Zahnanalysen herausfinden: Im Laufe eines Jahres wechselten die Frühmenschen von pflanzlicher Nahrung zu Mischkost, waren dabei aber weit weniger vom saisonalen Nahrungsangebot abhängig als zum Beispiel Orang-Utans, die ebenfalls die Insel bewohnten.
FRANKFURT. Wer
ein Vergrößerungsglas und eine Taschenlampe zur Hand nimmt und im Spiegel ganz
genau seine Zähne betrachtet, kann hier und da ein Muster aus feinen,
parallelen Linien entdecken, die quer über den Zahn laufen. Diese entsprechen
den Retzius-Streifen, die das Wachstum unseres Zahnschmelzes markieren. Der
Schmelz wird bereits im Mutterleib angelegt und bis zur Jugend neu gebildet,
wenn die letzten Milchzähne ausfallen und durch bleibende Zähne ersetzt werden.
Wie bei allen landlebenden Wirbeltieren wird auch beim Menschen der Zahnschmelz
in mikroskopisch kleinen Schichten schubweise angelagert, was die
Retzius-Steifen formt. Am Abstand dieser Streifen zueinander ist die
Entwicklungsgeschwindigkeit eines Menschen ablesbar. Physiologische Wechsel wie
zum Beispiel die Geburt, das Abstillen oder Krankheiten hinterlassen markante
Spuren. Die Retzius-Steifen bilden auch den chronologischen Rahmen für die
zeitlich-variierende chemische Zusammensetzung des Zahnschmelzes, die wiederum
den Wechsel in der Ernährung widerspiegelt.
Ein internationales Wissenschaftsteam der Goethe-Universität
Frankfurt um Prof. Wolfgang Müller und seiner MSc-Studentin Jülide Kubat, heute
Doktorandin an der Universität Paris Cité, hat anhand der Zähne die
Ernährungsgewohnheiten eines Vorfahrens des modernen Menschen – Homo erectus,
„der aufrechte Mensch“ – mit denen von zeitgleichen Orang-Utans sowie weiteren
Tieren verglichen. Alle lebten im Pleistozän vor 1,4 Millionen bis 700.000
Jahren auf der indonesischen Insel Java, auf der es damals Regionen mit
Monsun-Regenwäldern sowie offene Baumlandschaften und grasbewachsene Savannen
gab.
Zur Analyse des Zahnschmelzes betteten die Wissenschaftler:innen
die Zähne in ein Harz ein und schnitten sie dann in hauchdünne Scheiben von 150
Mikrometern Dicke. Diese äußerst kostbaren Proben sind im Senckenberg
Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt Teil der Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald Sammlung, einer
Dauerleihgabe der Werner Reimers
Stiftung. Anschließend trug ein spezieller Laser Zahnmaterial ab, das
mittels Massenspektrometrie unter anderem auf den Gehalt der Elemente Strontium
und Kalzium untersucht wurde, die beide in Zähnen und Knochen enthalten sind
(Laser-basierte Plasma-Massenspektrometrie, LA-ICPMS). Das Verhältnis von
Strontium zu Kalzium (Sr/Ca) ist von der Nahrung abhängig, erklärt Wolfgang
Müller: „Strontium wird - quasi als Verunreinigung des essentiellen Kalziums -
vom Körper nach und nach ausgeschieden. In der Nahrungskette führt das dazu,
dass das Strontium-Kalzium-Verhältnis von Pflanzenessern über Allesesser bis
hin zu Fleischessern kontinuierlich abnimmt.“
Dies konnte das Wissenschaftsteam mit dem Vergleich verschiedener
pleistozäner Tierzähne aus Java bestätigen: Raubkatzen wiesen ein niedriges
Strontium-Kalzium-Verhältnis auf, Vorläufer der heutigen Nashörner, Hirsche und
Flusspferde ein hohes Strontium-Kalzium-Verhältnis und pleistozäne Schweine als
Allesesser lagen in der Mitte. Spannend wurde es bei den Zähnen der Hominiden
Orang-Utan und Homo erectus, denn hier entdeckten die Forscher:innen im
Zeitverlauf Jahreszyklen, in denen sich die Nahrungszusammensetzung von
Menschenaffen und Menschen änderte: Beide zeigten im Jahresrhythmus
Variationen, wobei die regelmäßigen Sr/Ca-„Spitzen“ beim Orang-Utan viel
deutlicher ausgeprägt waren als bei Homo erectus. Jülide Kubat,
Erstautorin der Publikation, erklärt: „Diese Peaks deuten auf ein reichhaltiges
pflanzliches Nahrungsangebot in der Regenzeit hin, während der im Regenwald zum
Beispiel viele Früchte gebildet wurden. In der Trockenzeit mussten vor allem
Orang-Utans auf andere Nahrungsquellen umsteigen, die vielleicht Insekten oder
Eier einschlossen. Homo erectus dagegen war - so zeigen die weniger
ausgeprägten Peaks und niedrigeren Sr/Ca-Werte – als Allesesser und zeitweise
Fleischkonsument weniger vom saisonalen Nahrungsangebot abhängig.“
Insgesamt zeige die Analyse, so Müller, dass die räumlich
hoch-aufgelöste Laser-Analyse von Spurenelementen zusammen mit
Zahnschmelzchronologie einen zeitlich bemerkenswert detaillierten Einblick in
die Lebensgeschichte unserer Vorfahren geben kann: „Plötzlich ist man ganz nahe
dran an diesen frühen Menschen, die so lange vor unserer Zeit gelebt haben. Man
kann erspüren, was der jahreszeitliche Wechsel für sie bedeutet haben mag und
wie sie mit ihrer Welt interagiert haben. Das ist absolut faszinierend.“
Publikation: Jülide Kubat, Alessia Nava, Luca Bondioli, M. Christopher Dean,
Clément Zanolli, Nicolas Bourgon, Anne-Marie Bacon, Fabrice Demeter, Beatrice
Peripoli, Richard Albert, Tina Lüdecke, Christine Hertler, Patrick Mahoney,
Ottmar Kullmer, Friedemann Schrenk, Wolfgang Müller: Dietary strategies of
Pleistocene Pongo sp. and Homo erectus on Java (Indonesia). Nature Ecology and Evolution (2023) DOI: 10.1038/s41559-022-01947-0 https://www.nature.com/articles/s41559-022-01947-0
Die
beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an den folgenden
Instituten:
Dänemark
Lundbeck Foundation GeoGenetics Centre,
University of Copenhagen, Copenhagen, Denmark
Deutschland
Institute of Geosciences, Goethe
University Frankfurt
Frankfurt Isotope and Element Research Center (FIERCE), Goethe University
Frankfurt
Department of Paleobiology and Environment, Institute of Ecology, Evolution,
and Diversity, Goethe University Frankfurt
Senckenberg Research Institute and Natural History Museum Frankfurt
Senckenberg Biodiversity and Climate
Research Centre, Frankfurt
Department of Human Evolution, Max Planck
Institute for Evolutionary Anthropology, Leipzig
Emmy Noether Group for Hominin Meat
Consumption, Max Planck Institute for Chemistry, Mainz
ROCEEH Research Centre, Heidelberg Academy
of Sciences and Humanities
Frankreich
Université Paris Cité, CNRS
Université de Bordeaux, CNRS, Pessac
Eco-anthropologie (EA), Muséum national
d'Histoire naturelle, CNRS, Université de Paris, Musée de l'Homme
Großbritannien
Skeletal Biology Research Centre, School
of Anthropology and Conservation, University of Kent, Canterbury
Department of Earth Sciences, Natural
History Museum, London
Italien
Bioarchaeology Service, Museum of
Civilizations, Rome
Department of Cultural Heritage,
University of Padova
Hintergrundinformationen:
Frühe Urmenschen ernährten sich äußerst flexibel (2018)
https://www.puk.uni-frankfurt.de/75395991/Fr%C3%BChe_Urmenschen_ern%C3%A4hrten_sich_%C3%A4u%C3%9Ferst_flexibel
Was Milchzähne verraten: Neanderthaler-Mütter stillten nach fünf bis sechs Monaten
ab (2020)
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/kein-grund-fuers-aussterben-neanderthaler-muetter-stillten-nach-fuenf-bis-sechs-monaten-ab/
Zähne vom Urahn: Der Fund eines Unterkiefers in Malawi und die Folgen (Forschung
Frankfurt 1/2022)
https://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/122805183.pdf
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/130763620
Bildtexte:
1_Homo_tooth_blocks
In
Epoxy-Harz eingebetteter Homo erectus Zahn nach dem Schneiden. Bild: Alessia
Nava/ Luca Bondioli
2_Homo_tooth_thin slice
Polierter
Dünnschliff eines Homo erectus Zahns vor der chemischen Analyse mittels
Laser-Ablation Plasma Massenspektrometrie (LA-ICPMS). Bild: Alessia Nava/ Luca
Bondioli
3_Pongo_tooth_composit
Mikroskopisches
Bild eines Orang-Utan Zahn-Dünnschliffs, wodurch man die interne
Wachstumsstruktur des Zahnschmelzes sehr gut erkennen kann; im rechten Bild
sind die unterschiedlichen Laser-Ablations Pfade in pink, einzelne
Retzius-Linien in grün hervorgehoben. Bild: Alessia Nava/ Luca Bondioli
4_Kubat_Julide_Lab
Jülide Kubat beim Auswählen von Ablationspfaden (blau) am Computer
des Laser-Ablation Plasma Massenspektrometers (LA-ICPMS). Bild: Wolfgang Müller
5_Kubat_Julide_Muller_Wolfgang_LA_ICPMS
Jülide
Kubat und Wolfgang Müller beladen das LA-ICPMS mit einem Zahn-Dünnschliff zur
Analyse. Bild: Jülide Kubat
Weitere Informationen
Prof. Dr. Wolfgang Müller
Institut
für Geowissenschaften /
Frankfurt Isotope and Element Research Center (FIERCE)
Goethe Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 798 40291
w.muller@em.uni-frankfurt.de
http://www.uni-frankfurt.de/49540288/Homepage-Mueller
Jülide Kubat
Faculté de Chirurgie Dentaire
Université Paris Cité
julide.kubat@parisdescartes.fr
Twitter: @julide_kubat_
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Theatergruppe des Instituts für England- und Amerikastudien der Goethe-Universität zeigt The Dumb Waiter von Harold Pinter und Arthur Kopits Chamber Music. 26./27. Januar sowie 2./3./4. Februar 2023
FRANKFURT. Was geschieht, wenn man Jeanne D'Arc, Amelia Earhart und Gertrude Stein mit vier weiteren berühmten Frauen in einen Raum bringt? Die Frage mag absurd klingen – die Antwort wirkt es zunächst auch. Denn in Arthur Kopits Stück Chamber Music befindet sich besagter Raum in einer Nervenheilanstalt– und ob die Frau in der Rüstung („das Kreuz war mit dabei!“) dann wirklich Jeanne D'Arc ist, darf wohl bezweifelt werden. Zweifelhaft ist aber auch die Institution, die die Frauen zusammenbringt, und zulässt, vielleicht sogar forciert, dass sie sich immer tiefer in eine gewähnte tödliche Gefahr hineinsteigern – bis zur fatalen Eskalation. Die Absurdität der Situation verleiht dem Stück dabei sowohl Witz als auch Tragik; wer hier am Ende verrückt ist, bleibt offen.
Auch
Nobelpreisträger Harold Pinter deckt in The Dumb Waiter schonungslos die
Absurdität menschlicher Kommunikation auf – ob zwischen den Protagonisten oder
seitens des Unbekannten, der ihnen von abseits der Bühne scheinbar sinnlose
Nachrichten sendet. Die Handlung des Stücks, das seine Uraufführung in
Frankfurt hatte, ist einfach erklärt: Zwei Auftragskiller warten auf ihr
nächstes Opfer. Doch das Warten zieht sich hin und die Spannung im Raum wird
beinahe greifbar. Der Auftraggeber ist der ungesehene Dritte – der Einzige, der
die Macht hat, die Spannung aufzulösen und es dann auf gänzlich unerwartete
Weise tut.
Mit
den beiden Einaktern meldet sich die Chaincourt Theatre Company auf ihrer Heimatbühne
an der Goethe-Universität zurück. Die seit den fünfziger Jahren bestehende
Theatergruppe des Instituts für England- und Amerikastudien musste zuletzt
aufgrund der Covid-19-Pandemie pausieren. Inszeniert werden die Stücke vom
langjährigen künstlerischen Direktors James Fisk, Dozent in der Amerikanistik.
Die Hauptrollen auf und hinter der Bühne übernehmen Studierende des
Fachbereichs. Beide Werke werden in der Originalsprache Englisch aufgeführt.
Chaincourt Theatre
Company:
The Dumb Waiter u. Chamber Music
26./27. Januar sowie 2./3./4. Februar 2023,
Einlass: 18:30 Uhr, Beginn der Vorstellung: 19:30 Uhr
Nebengebäude des
IG-Farben-Hauses, Raum NG 1.741
Campus Westend,
Goethe-Universität Frankfurt,
10 Euro bzw. 5 Euro
(ermäßigt)
Karten sind
eine Stunde vor Vorstellungsbeginn an der Abendkasse erhältlich.
Kontakt:
James Fisk,
Institut für England- und Amerikastudien, Goethe-Universität Frankfurt, fisk@em.uni-frankfurt.de
Partikelanalysen und Laborexperimente zeigen Entstehung von Ultrafeinstaub – Studie der Goethe-Universität Frankfurt in Kooperation mit Hessischem Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
Messungen des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass der Frankfurter Flughafen eine bedeutende Quelle ultrafeiner Partikel ist und sich diese weit über das Stadtgebiet verbreiten können. Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität Frankfurt haben jetzt in Zusammenarbeit mit Expert:innen des HLNUG herausgefunden, dass die ultrafeinen Partikel zu einem Teil aus synthetischen Turbinenschmierölen bestehen. Die Wissenschaftler:innen folgern, dass bei der Verbesserung der Luftqualität neben den Emissionen durch Kerosin auch die durch Schmieröl reduziert werden müssen, damit die Ultrafeinstaubkonzentration abnimmt.
FRANKFURT.
Ultrafeinstaub entsteht bei Verbrennungsprozessen, zum Beispiel bei der
Verfeuerung von Holz oder Biomasse, durch Kraftwerke und durch
Industrieanlagen. Neben dem Straßenverkehr sind große Flughäfen eine bedeutende
Quelle für die ultrafeinen Partikel mit einer Größe von weniger als 100
Millionstel Millimeter (100 Nanometer). Weil sie so klein sind, können sie tief
in die unteren Atemwege eindringen, die Blut-Luft-Schranke überwinden und, je
nach ihrer Zusammensetzung, im Gewebe beispielsweise Entzündungen hervorrufen.
Ferner steht Ultrafeinstaub im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen
zu können.
Seit mehreren Jahren misst das Hessische Landesamt für
Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) die Anzahl und Größe ultrafeiner
Partikel an verschiedenen Luftmessstationen im Umfeld des Frankfurter
Flughafens, beispielsweise im Frankfurter Stadtteil Schwanheim und in Raunheim.
Im vergangenen Jahr analysierten Wissenschaftler:innen um Prof. Alexander Vogel
von der Goethe-Universität die chemische Zusammensetzung der
Ultrafeinstaubpartikel und stießen auf eine Gruppe organischer Verbindungen,
die ihren chemischen Fingerabdrücken zufolge aus Turbinen-Schmierölen stammten.
Jetzt hat das Wissenschaftsteam diesen Befund durch weitere
chemische Messungen der Ultrafeinstaubpartikel bestätigt: Die Partikel stammen
zu einem bedeutenden Teil aus synthetischen Turbinenschmierölen und waren
besonders stark in den kleinsten Partikelklassen vertreten, die 10 bis 18 Nanometer
große Partikel umfassen. Solche Schmieröle können zum Beispiel über
Entlüftungsöffnungen, in denen nanometergroße Schmieröltröpfchen und Öldämpfe
nicht vollständig abgeschieden werden, in den Abgasstrom der Turbine gelangen.
In Laborexperimenten gelang es zudem, die Bildung ultrafeiner
Partikel aus Schmierölen nachzustellen. Dazu wurde ein gängiges
Turbinenschmieröl in einem heißen Gasstrom, der die Turbinenabgase simulierte,
zunächst bei rund 300 Grad Celsius verdampft, dann abgekühlt und anschließend
die Anzahl-Größenverteilung der gebildeten Partikel gemessen.
Der Atmosphärenchemiker Prof. Alexander Vogel vom Institut für
Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität erklärt: „Wenn das verdampfte
Schmieröl abkühlt, sind die gasförmigen synthetischen Ester übersättigt und
bilden die Kerne für neue Partikel, die rasch zu Partikeln von rund 10
Nanometern Größe anwachsen können. Diese Partikel, so legen es unsere
Untersuchungen nahe, machen einen großen Teil des Ultrafeinstaubs aus, der an
Flugzeugturbinen entsteht. Die bisherige Annahme, Ultrafeinstaub entstehe
vorwiegend aus Schwefel- und aromatischen Verbindungen aus dem Kerosin, trifft
offenbar nicht zu. Eine Reduzierung der Schmierölemissionen birgt nach unserer
Erkenntnis ein wichtiges Potenzial zur Minderung der ultrafeinen Partikel.“
Die Untersuchungen zeigen, dass die Bildung ultrafeiner Partikel
an Turbinen nicht auf die Verbrennung von Kerosin allein beschränkt ist. Dies
sollte bei möglichen Minderungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Die Verwendung
schwefelarmer Kerosine oder die Umstellung auf nachhaltig hergestellte
Kraftstoffe können somit nur einen Teil der Ultrafeinstaubbelastung reduzieren.
Die Belastung durch ultrafeine Partikel und deren gesundheitliche
Auswirkung wird ab 2023 im Rahmen einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie
des Landes Hessen untersucht werden. Hierbei können die Ergebnisse der
aktuellen Studie helfen, flughafenspezifische Partikel zu identifizieren und
mögliche Minderungsmaßnahmen abzuleiten.
Publikation: Florian
Ungeheuer, Lucía Caudillo, Florian Ditas, Mario Simon, Dominik van Pinxteren,
Dogushan Kilic, Diana Rose, Stefan Jacobi, Andreas Kürten, Joachim Curtius,
Alexander L. Vogel: Nucleation of jet engine oil vapours is a large source
of aviation-related ultrafine particles. Communications Earth &
Environment (2022) https://doi.org/10.1038/s43247-022-00653-w
Bilder zum
Download: https://www.uni-frankfurt.de/130014225
Bildtext: Schmieröl in den heißen Abgasen von Flugzeugturbinen kann
Ultrafeinstaubpartikel bilden, sobald sich die Abgase abkühlen. Dies zeigte
jetzt eine Studie der Goethe-Universität Frankfurt und des Hessischen
Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Foto: Alexander Vogel,
Goethe-Universität Frankfurt
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Alexander L. Vogel
Institut für Atmosphäre und Umwelt
Goethe Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 798-40225
vogel@iau.uni-frankfurt.de
www.iau.uni-frankfurt.de
Twitter:
@al_vogel, @HLNUG_Hessen
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
STUDIENGALERIE 1.357 zeigt Ausstellung zu Schwarzen und queeren Perspektiven auf deutsche Geschichte, Politik und Kultur
FRANKFURT. Nach James Gregory Atkinsons international rezipierter Ausstellung 6 Friedberg-Chicago im Dortmunder Kunstverein (2022) kann nun der Film 6 Friedberg-Chicago in der Studiengalerie 1.357 im IG Farben-Haus der Goethe-Universität präsentiert werden - an dem Ort, von dem aus die US-amerikanische Militärbesatzung die Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik maßgeblich geprägt hat:
Einladung zur
Ausstellung in der STUDIENGALERIE 1.357:
James Gregory Atkinson – 6 Friedberg-Chicago (2021)
11.01.-10.02.2023,
IG Farben-Haus,
Campus Westend, Raum 1.357
Eröffnung:
Mittwoch, 11. Januar 2023, 20.00 Uhr
In 6 Friedberg-Chicago (2021) werden die Bewegungen und
Gruppenformationen der jungen Schwarzen Protagonisten in den Ray Barracks –
einer ehemaligen Kaserne der US-Armee in Friedberg – von Harfenklängen
begleitet. Ahya Simones interpretiert das Toxi-Lied aus Toxi (BRD, 1952,
Robert A. Stemmle), einem Film, der die Frage nach der familiären und
nationalen Zugehörigkeit afrodeutscher Kinder in der frühen Bundesrepublik
stellt. Die Väter der jungen Männer in 6 Friedberg-Chicago waren, ebenso wie
Atkinsons eigener Vater, als afroamerikanische US-Soldaten in Hessen
stationiert. Atkinsons emotionaler Film findet ästhetische Bilder dafür, wie
Schwarze Deutsche durch die sie umgebende Kultur geformt und ihnen bestimmte
Rollen zugedacht werden. Die stillstehenden, sich bewegenden und tanzenden
Körper inkorporieren Zuschreibungen und entziehen sich ihnen zugleich. Er ist
Antwort auf die Unsichtbarkeit Schwarzer Lebenswege und Identitäten in der
weißen Dominanzgesellschaft.
6
Friedberg-Chicago
ist Teil eines ständig wachsenden nichtlinearen Archivs aus Texten, Bildern,
Objekten und Zeitzeugenberichten, das sich mit der Rezeption Schwarzer Soldaten
in Deutschland sowie deren in Deutschland geborenen Kindern befasst. James
Gregory Atkinson verbindet in seinen recherchebasierten Projekten Autobiografisches
mit politischer Geschichte und reagiert auf die extreme Unvollständigkeit
offizieller Archive Schwarzer Menschen in Deutschland. Dabei greift Atkinson
auf transnationale queere und Schwarze Narrative zurück, modifiziert diese und
bringt sie in einen Dialog mit der Gegenwart.
James
Gregory Atkinson
(*1981 in Bad Nauheim) studierte bei Douglas Gordon an der Städelschule,
Frankfurt und erhielt Stipendien und Künstlerresidenzen in der Villa Aurora,
Los Angeles (2016), der Jan Van Eyck Akademie, Maastricht (2017) sowie ein
Atelierstipendium der Hessischen Kulturstiftung in New York (2018).
Die
Ausstellung wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung des
US-Generalkonsulats in Frankfurt am Main.
Die Studiengalerie 1.357 ist eine Kooperation des Städel Museums, des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt, des Forschungszentrums Historische Geisteswissenschaften und der Goethe-Universität Frankfurt. Sie realisiert pro Jahr vier Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst, die in Lehrveranstaltungen von Studierenden verschiedener Disziplinen erarbeitet werden. https://www.studiengalerie.uni-frankfurt.deFollow us on instagram: https://www.instagram.com/studiengalerie1.357/
Kontakt:
Prof. Dr.
Antje Krause-Wahl, Kunstgeschichtliches Institut, Goethe-Universität Frankfurt
am Main, Krause-Wahl@em.uni-frankfurt.de
Franka
Schlupp, franka.schlupp@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR
& Kommunikation, Telefon 069 798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de
Zellkulturstudien von Goethe-Universität und University of Kent belegen Wirksamkeit von Tecovirimat, Cidofovir und Brincidofovir – Frankfurter Arbeitsgruppe wird von der Frankfurter Stiftung für krebskranke Kinder gefördert
Die drei gängigen antiviralen Medikamente zur Behandlung von Mpox-Viren (Affenpockenviren) wirken auch gegen die Mpox-Viren des derzeitigen Mpox-Ausbruchs. Dies legen Zellkulturstudien von Wissenschaftlern der Goethe-Universität Frankfurt/Universitätsklinikum Frankfurt und der University of Kent im britischen Canterbury nahe.
FRANKFURT/CANTERBURY. Das Affenpockenvirus ist mit dem
Pockenvirus (Variola Virus) eng
verwandt, das bis zu seiner Ausrottung durch Impfung Ende der 1970er-Jahre große
Ausbrüche mit hohen Todesraten verursacht hat. Während die heute ausgerotteten
Pocken einen sehr schweren Krankheitsverlauf mit einer Sterberate von etwa 30
Prozent verursachten, sind Affenpocken eine mildere Erkrankung. Trotzdem
beträgt die Todesrate noch etwa drei Prozent. Als besonders gefährdet durch
einen schweren Verlauf gelten Menschen mit einem geschwächten Immunsystem,
Alte, Schwangere, Neugeborene und kleine Kinder. Bis vor kurzem kamen
Affenpocken nur in bestimmten Teilen Afrikas vor, wenn sich Menschen durch
Kontakt mit Wildtieren infizierten, vor allem mit Nagetieren wie der
Gambia-Riesenhamsterratte oder dem Rotschenkelhörnchen.
Im Mai 2022 wurde jedoch zum ersten Mal ein großer
Affenpockenausbruch außerhalb von Afrika entdeckt; die Viren verbreiteten sich
ausschließlich durch die Übertragung von Mensch zu Mensch. Dieser andauernde
Ausbruch hat bisher mehr als 100 Länder erreicht und wurde von der Weltgesundheitsorganisation
WHO als „Gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite“ eingestuft.
Ungefähr zehn Prozent der Patienten mit Affenpocken müssen im
Krankenhaus behandelt werden. Darüber hinaus unterscheidet sich der derzeitige
Affenpockenausbruch nicht nur in seinem Übertragungsweg, sondern auch in der
Krankheitssymptomatik von bisherigen Ausbrüchen. Diese Unterschiede im
Verhalten des Virus gaben Anlass zu Befürchtungen, dass sich die derzeit
zirkulierenden Affenpockenviren soweit verändert hätten, dass sie auf die
verfügbaren Medikamente nicht mehr ansprechen würden.
In diesem Zusammenhang gelang es einem internationalen Forschungsteam
unter der Leitung von Prof. Jindrich Cinatl vom Institut für Medizinische
Virologie, Goethe-Universität Frankfurt/Universitätsklinikum Frankfurt, und
Prof. Martin Michaelis von der School of Biosciences der University of Kent,
Affenpockenviren von 12 Patienten des aktuellen Ausbruchs zu isolieren und in
Zellkultur zu vermehren. Dies ermöglichte es, diese Affenpockenvirusisolate in Kulturen
von Hautzellen, die natürlicherweise von Affenpockenviren infiziert werden, auf
ihre Empfindlichkeit gegenüber drei verfügbaren Medikamenten zur Behandlung von
Affenpocken zu untersuchen: Tecovirimat, Cidofovir und Brincidofovir.
Die Ergebnisse zeigten, dass alle 12 Isolate weiter auf die
Behandlung mit klinisch erreichbaren Konzentrationen der üblicherweise verwendeten
Medikamente ansprachen.
Prof. Jindrich Cinatl sagte: “Wir waren wirklich besorgt, dass
sich das Virus so verändert haben könnte, dass es resistent gegenüber den
gängigen Therapien geworden wäre. Glücklicherweise ist dies nicht der Fall."
Prof. Martin Michaelis ergänzte: “Diese Ergebnisse sind sehr
beruhigend und geben berechtigten Grund zu der Annahme, dass die verfügbaren
antiviralen Therapien auch im derzeitigen Ausbruch weiter gegen die Affenpocken
wirksam sein werden."
Die Frankfurter Forschungsgruppe „Interdisziplinäres Labor für
pädiatrische Tumor- und Virusforschung“ unter der Leitung von Prof. Jindrich
Cinatl wird von der Frankfurter Stiftung für Krebskranke Kinder gefördert und
ist im Dr. Petra Joh-Forschungshaus der Stiftung angesiedelt.
Publikation: Denisa Bojkova, Marco
Bechtel, Tamara Rothenburger, Katja Steinhorst, Nadja Zöller, Stefan
Kippenberger, Julia Schneider, Victor M. Corman, Hannah Uri, Mark N. Wass, Gaby
Knecht, Pavel Khaykin, Timo Wolf, Sandra Ciesek, Holger F. Rabenau, Martin
Michaelis, Jindrich Cinatl jr. Drug
sensitivity of currently circulating monkeypox viruses. New England Journal of Medicine (2022) https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2212136
Weitere Informationen
Prof.
Dr. rer. nat. Jindrich Cinatl
Institut für Medizinische Virologie
Universitätsklinikum Frankfurt / Goethe-Universität Frankfurt
Dr. Petra Joh-Forschungshaus
Tel.: +49 (0) 69 6301-6409
cinatl@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de