Betroffene gesucht: Zentrum für Psychotherapie untersucht die Wirkung buddhistischer Meditationen bei Schuld- und Schamgefühlen
Ab sofort bietet das Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität Frankfurt eine spezifische Intervention für Patientinnen und Patienten an, die nach traumatischen Erlebnissen unter starken Scham- und Schuldgefühlen leiden. Die Intervention wird in Einzelsitzungen angeboten und kombiniert kognitive Therapie und Metta-Meditation. Metta heißt übersetzt „liebende Güte“.
FRANKFURT. Mehr
als jeder zweite Mensch erlebt im Laufe seines Lebens ein traumatisches
Ereignis wie einen schweren Verkehrsunfall, körperliche oder sexuelle Gewalt
(z.B. einen Überfall, eine Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauch). Als Folge
können sich unterschiedliche psychische Störungen wie eine posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS), Depressionen oder Angststörungen entwickeln.
Häufig
leiden die Betroffenen auch unter Schuld- und Schamgefühlen. Sie machen sich
beispielsweise Vorwürfe dafür, wie sie sich während des traumatischen
Ereignisses verhalten haben. „Hierzu gehören Gedanken wie: ‚Ich hätte mich
wehren müssen' oder ‚Ich bin selbst schuld daran,
dass ich vergewaltigt wurde, weil ich an dem Abend noch so spät unterwegs
war'“, erklärt die Leiterin des Projekts Dr. Meike Müller-Engelmann. Besonders
belastend sei für die Betroffenen das Gefühl, von anderen für das Erlebte abgelehnt
zu werden. „Manche glauben, dass niemand mehr mit ihnen befreundet sein wollte,
wenn bekannt wäre, was sie erlebt haben“, beschreibt Müller-Engelmann weiter.
Um Betroffenen zu helfen, diese belastenden Gefühle von Schuld und
Scham zu reduzieren, haben Dr. Meike Müller-Engelmann und Stella Kümmerle
(Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität
Frankfurt am Main) ein auf Metta-Meditation (deutsch: Liebende-Güte-Meditation)
basierendes Behandlungsprogramm entwickelt. Metta-Meditationen stammen aus dem
Buddhismus und zielen darauf ab, sich selbst und anderen Menschen
bedingungsloses Wohlwollen und Freundlichkeit entgegen zu bringen. Durch das
Üben von Metta-Meditationen kann Selbstkritik verringert und das Gefühl der
Verbundenheit mit anderen Menschen gefördert werden. Es gibt außerdem erste
vielversprechende Hinweise auf die Wirksamkeit von Metta-Meditationen und
vergleichbaren Verfahren zur Behandlung psychischer Erkrankungen wie der PTBS
oder Depressionen. So zeigte sich u.a. in einer Untersuchung von
Müller-Engelmann und anderen aus dem Jahre 2019, dass eine Kombination aus
Achtsamkeitsübungen und Metta-Meditationen PTBS-Symptome nach Gewalterfahrungen
verringern konnte.
In sechs wöchentlichen Einzelsitzungen mit einem Psychotherapeuten
oder einer Psychotherapeutin reflektieren die Betroffenen zunächst über den
Inhalt ihrer Schuld- und Schamgefühle. Danach lernen sie verschiedene
Metta-Meditationsübungen kennen, in deren Rahmen sie gute Wünsche an sich
selbst und an andere richten. Zwischen den Sitzungen sind tägliche Übungen für
zu Hause vorgesehen. „Momentan gibt es noch freie Behandlungsplätze. Teilnehmen
können Menschen, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben und in dessen
Folge unter Schuld- und Schamgefühlen leiden, zwischen 18 und 65 Jahren alt
sind und aktuell noch nicht psychotherapeutisch behandelt werden. Darüber
hinaus sollte keine Abhängigkeit von Drogen oder Medikamenten vorliegen“,
erklärt die Projektkoordinatorin Stella Kümmerle.
Das Behandlungsprogramm wird im Rahmen einer von der Eden-Stiftung
und den Freunden der Goethe-Universität geförderten Therapiestudie
wissenschaftlich begleitet.
Wer sich für die Behandlung interessiert, kann sich an Stella
Kümmerle (Projektkoordinatorin) und Luisa Bahnemann (Projektmitarbeiterin)
wenden. Telefon: 069-798 23994, E-Mail: schuld-scham-studie@uni-frankfurt.de.
Den
Flyer zum Projekt können Sie unter dem folgenden Link herunterladen: http://www.uni-frankfurt.de/97585527
Publikation: Müller-Engelmann, M., Schreiber, C., Kümmerle, S., Heidenreich,
T., Stangier, U., & Steil, R. (2019). A
trauma-adapted mindfulness and loving-kindness intervention for patients with
PTSD after interpersonal violence: A multiple-baseline study. Mindfulness, 10(6),
1105-1123.
Weitere Informationen
Abteilung Klinische
Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität
Dr.
Meike Müller-Engelmann
Projektleitung
Mueller-Engelmann@psych.uni-frankfurt.de
Stella
Kümmerle (M.Sc.)
Projektkoordination
Kuemmerle@psych.uni-frankfurt.de