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Jul 17 2019
10:32

Neue Einblicke in das Ribosom-Recycling mit dem Enzym ABCE1

Wandel für die Wiederverwertung

FRANKFURT. Ribosomen sind molekulare Maschinen, die in der Zelle Proteine erzeugen. Nach getaner Arbeit müssen Ribosome wieder funktionstüchtig gemacht werden. Dieser Prozess ist entscheidend für die Qualitätskontrolle der erzeugten Proteine und somit für die gesamte Zell-Homöostase und entwicklungsbiologische Prozesse. Biochemiker der Goethe Universität und Biophysiker der LMU München haben nun einem der entscheidenden Enzyme für die Ribosmon-Wiederverwertung, ABCE1, bei der Arbeit zugeschaut und gezeigt, dass es strukturell unerwartet wandelbar ist.

An Ribosomen wird die genetische Information von der Boten-RNA abgelesen und in Proteine übersetzt. Wenn sie ein Protein erzeugt haben, aber auch, wenn fehlerhafte Proteine im Ribosom steckenbleiben, müssen die Ribosomen „recycelt“ werden, so dass sie für eine neue Syntheserunde funktionsfähig sind. In allen Organismen (außer in Bakterien) koordiniert das Enzym ABCE1 diesen Vorgang, bei dem die Ribosomen in ihre beiden Untereinheiten zerlegt werden. Der Biochemiker Robert Tampé und der LMU-Biophysiker Thorben Cordes haben in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Groningen (Niederlande) gezeigt, dass ABCE1 drei räumliche Konformationen einnimmt, um das Recycling voranzutreiben. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Cell Reports.

Das Enzym ABCE1 kann ATP, die Energiewährung der Zelle, spalten und die dabei gewonnene Energie zur Trennung der beiden Ribosomen-Untereinheiten nutzen. „Jüngste strukturelle und funktionelle Daten haben gezeigt, dass dabei ein Konformationswechsel des Enzyms, also eine Änderung seiner räumlichen Struktur, für die vielfältigen Funktionen von ABCE1 unerlässlich ist“, sagt Cordes. Sein Team hat nun mit einem integrierten Versuchsansatz – unter anderem mithilfe der sogenannten Einzelmolekül-FRET-Methode – die Formvariabilität von ABCE1 auf der Ebene einzelner Molekülebene direkt beobachtet.

Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die beiden ATP-Bindestellen von ABCE1 drei Konformationen einnehmen können, die sich in einem dynamischen Gleichgewicht befinden: offen, intermediär und geschlossen. Die Interaktion von ABCE1 mit dem Ribosom und das zur Verfügung stehende ATP beeinflussen die strukturelle Dynamik beider ATP-Stellen. So entsteht ein komplexes Netzwerk unterschiedlicher Zustände, wobei Ribosom und ATP das Gleichgewicht in Richtung der geschlossenen Formen verschieben.

„Wir gehen davon aus, dass die Konformationen funktionell unterschiedliche Rollen bei der Ribosomenspaltung, aber auch für die anderen vielfältigen Funktionen von ABCE1 haben“, sagt Cordes. „Das Ribosom-Recycling wird von einer außergewöhnlich komplexen und konservierten Maschinerie mit bisher ungeahnter medizinischer Bedeutung dirigiert“ ergänzt Robert Tampé.

Publikation: Giorgos Gouridis, Bianca Hetzert, Kristin Kiosze-Becker, Marijn de Boer, Holger Heinemann, Elina Nürenberg-Goloub, Thorben Cordes, Robert Tampé: ACBE1 controls ribosome recycling by an asymmetric dynamic conformational equilibrium, in: Cell Reports 2019 DOI: 10.1016/j.celrep.2019.06.052 https://doi.org/10.1016/j.celrep.2019.06.052

Ein Bild zum Download finden Sie unter: http://www.uni-frankfurt.de/80584137

Bildtext: Drei Zustände der Nukleotidbindedomänen sind im Histogramm zu erkennen: offen, intermediär und geschlossen. Bild: T. Cordes, LMU München

Informationen: Prof. Dr. Robert Tampé, Institut für Biochemie, Fachbereich Biochemie, Chemie und Pharmazie, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-29475 , Email: tampe@em.uni-frankfurt.de, www.biochem.uni-frankfurt.de