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Jul 6 2015
14:10

Öffentlicher Vortrag des Berliner Kulturwissenschaftlers Joseph Vogl in der Mittwochskonferenz des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften

Zwischen Staat und Wirtschaft – schon in der Renaissance entwickelte sich neuer Machtypus

FRANKFURT. Der Berliner Kulturwissenschaftler Prof. Joseph Vogl nimmt in einem öffentlichen Vortrag in den Blick, wie sich Staat und Wirtschaft, Fiskus und Finanzen, in der Renaissance zu einem neuen Machttypus entwickelt haben und wie dies auf die heutige Situation zu übertragen ist. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Mittwochskonferenz des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften am Mittwoch (8. Juli) um 18 Uhr im IG-Farben-Haus, Raum 411, Campus Westend, statt.

In seinem soeben erschienenen, viel beachteten Buch „Der Souveränitätseffekt“ belegt Vogl, der an der Humboldt Universität forscht und lehrt, dass die gängige Gegenüberstellung von Wirtschaft und Politik so nicht haltbar ist. Es hat sich bereits in der Renaissance ein spezifischer Machttypus formiert, der weder durch politische Strukturen noch durch ökonomische Strategien hinreichend zu beschreiben ist. Diese Überlagerung bezeichnet er als „seignioralen Macht“. Der Vortrag ist verschiedenen Aspekten in der Genese seignioraler Machtformen seit der frühen Neuzeit gewidmet: dem Problem des Fiskus, dem Status der Münzpolitik, der Rolle des öffentlichen Kredits.

Die Neuzeit hat nach Vogls Auffassung eben nicht nur souveräne Staatsapparate, international operierende Handelskompagnien, einflussreiche Financiers und dezentrale Märkte hervorgebracht, sondern auch diesen neuen Machttypus. Mit Blick auf die Monetarisierung der europäischen Wirtschaft seit dieser Zeit und auf die Bereicherungseffekte fiskalischer Geldpolitik könnte man – so Vogl – von einer „seignioralen Macht“ sprechen. Sie unterscheidet sich von den Spielarten staatlicher Macht dadurch, dass sie weder mit der politisch-juridischen Institution souveräner Gewalt noch mit den Technologien der Regierung zusammenfällt und auf der Integration privater Akteure und unternehmerischer Praxis in die Ausübung von Politik basiert.

Vogl nennt zwei Beispiele: So erließ die Augsburger FuggerKarl V. im 16. Jahrhundert seine Schulden. Dieser hatte sich bei den Fuggern Geld geliehen, um seine Kriegsmaschine zu betreiben. Die niederländischen Provinzen wiederum wurden vom Habsburger angehalten, spanische Staatsanleihen zu kaufen, um „hohe Steuerlast mit dauerhafter Staatsverschuldung bei langfristig niedrigen Kreditzinsen zu garantieren“, so Vogl. Dieses Kreditsystem sorgte erst für den spanischen Machterhalt, später nutzten es die Niederländer für den wirtschafts- und machtpolitischen Aufstieg. In seinem Buch deckt Vogl zahlreiche Parallelen zur aktuellen Finanzsituation in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft auf. Seine These: „Im modernen Finanzwesen hat sich eine politische Entscheidungsmacht konzentriert, die abseits von Volkssouveränitäten und unter Umgehung demokratischer Prozeduren agiert.“

Informationen: Dr. Steffen Bruendel, Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften, Campus Westend, fzhg@em.uni-frankfurt.de, Tel.: 069/798-32344); Programm im Internet unter: www.fzhg.org