Okt 31 2008

Universität stellt Gedenkort im Park des IG-Hochhauses auf dem Campus Westend vor

Norbert Wollheim Memorial

FRANKFURT. Im Rahmen einer Pressekonferenz ist am 31. Oktober das Norbert Wollheim Memorial vorgestellt worden. Es wird am kommenden Sonntag im Park des IG-Hochhauses, Sitz des früheren IG Farben-Konzerns, auf dem Campus Westend der Frankfurter Goethe-Universität eröffnet. Das von dem Künstler Heiner Blum gestaltete Memorial verbindet das Gedenken mit Informationen über die persönlichen Lebenswege der Opfer des IG Farben-eigenen Konzentrationslagers Buna/Monowitz, über den IG Farben-Konzern und über die Geschichte der Entschädigung seit 1945. Benannt ist es nach Norbert Wollheim, Überlebender des KZ Buna/Monowitz, der den Chemiekonzern 1951 in einem Musterprozess erfolgreich auf Entschädigung verklagte.

»Als die Goethe-Universität im Jahre 2001 offiziell den Campus Westend eröffnete, war uns bewusst, dass wir mit dem Einzug in den ehemaligen Verwaltungssitz der IG Farben nicht nur ein bedeutendes Architekturdenkmal in Besitz nehmen, sondern ebenfalls einen Ort mit vielfältigen, auch schwierigen historischen Bezügen«, sagte Universitätspräsident Prof. Rudolf Steinberg im Rahmen der Pressekonferenz. »Die Universität sieht es deshalb als ihre selbstverständliche Aufgabe an, sich mit der Geschichte des Gebäudes in offener und kritischer Weise auseinander zu setzen. Wir tun dies bereits seit unserem Einzug: mit einer Gedenktafel am Eingang des IG Hochhauses, einer Dauerausstellung auf allen seinen Stockwerken, Publikationen, wissenschaftlichen Veranstaltungen, und Gebäudeführungen. Mit dem Norbert Wollheim Memorial kommt nun ein neuer, zentraler Bestandteil hinzu.«

»Das Memorial umfasst einerseits einen Informationspavillon zur Geschichte der IG Auschwitz, andererseits 13 aufwändig gearbeitete Bildtafeln im umgebenden Park, die Opfer der IG Auschwitz vor der Deportation abbilden«, erläuterte der Offenbacher Künstler Heiner Blum. Er hatte das Memorial, das von den Überlebenden der IG Auschwitz sowie den Holocaust-Überlebenden Dr. Karl Brozik sel. A., Trude Simonsohn und Prof. Arno Lustiger angeregt worden war, entworfen. Ergänzt werden Pavillon und Bildtafeln durch ein internationales Forschungsprojekt zur Geschichte der IG Farben, der IG Auschwitz und der Entschädigung der Opfer, ein Dokumentationsprojekt mit Überlebenden-Interviews sowie ein pädagogisches Begleitprogramm. »Das IG Farben-Haus ist ein Ort, an dem Verwaltungsangestellte eines Chemiekonzerns gearbeitet haben. Die Frage nach der Verantwortung dieser Personen für die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands führt in die Nachgeschichte des Holocaust. Die Website des Memorial bietet als Einstieg für Interessierte und als Materialsammlung für wissenschaftliches Arbeiten eine Grundlage für die Beschäftigung mit den Themen, die sich mit dem Stichwort IG Farben verbinden: Die Prozesse gegen NS-Verbrecher, die langjährige Auseinandersetzung um Entschädigung, aber auch die persönlichen Erinnerungen der Überlebenden«, so der Direktor des Fritz Bauer Instituts, Prof. Raphael Gross, unter dessen Federführung das wissenschaftliche und pädagogische Begleitprogramm erarbeitet wurde.

»Der Wollheim-Prozess, der von der Claims Conference unterstützt wurde, hatte eine Schlüsselfunktion für die Entschädigung von NS-Sklaven- und Zwangsarbeit. Er Wollheim ermöglichte nicht nur zeitnahe Entschädigungsverhandlungen der Claims Conference mit deutschen Großunternehmen, sondern führte langfristig zur Errichtung der Bundesstiftung zur Entschädigung von Zwangsarbeit«, erläuterte Konrad Matschke vom Frankfurter Büro der Claims Conference.

Albert Kimmelstiel, ein Überlebender von Buna/Monowitz und naher Freund Norbert Wollheims, sagte: »Norbert Wollheim war ein Kämpfer für Gerechtigkeit. Sein erfolgreicher Kampf vor den deutschen Gerichten bedeutete einen ungeheuer wichtigen Schritt für die Anerkennung des Leids, das wir als Arbeitssklaven der IG Farben in Buna/Monowitz erdulden mussten.«

Zur offiziellen Eröffnung des Memorial am 2. November werden mehrere Hundert Gäste auf dem Campus Westend erwartet, darunter eine Delegation von mehr als 50 Überlebenden aus aller Welt sowie die Tochter und der Sohn Norbert Wollheims. Die Entstehung des Memorial wurde von der Norbert Wollheim Kommission begleitet, bei der Finanzierung des Projektes arbeiteten Land und Universität, sowie Claims Conference, zahlreiche Stiftungen, gesellschaftliche Organisationen, kommunale Institutionen, Unternehmen und Privatpersonen zusammen.

Eröffnung
Norbert Wollheim Memorial

Wann?
2. November 2008, 11 Uhr

Wo?
Campus Westend
Festsaal (Raum 823)
Grüneburgplatz 1
60323 Frankfurt

Es sprechen:

Silke Lautenschläger
(Staatsministerin)

Prof. Rudolf Steinberg
(Präsident der Universität)

Harry Schnabel
(Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt)

Trude Simonsohn
(Vorsitzende des Rates der Überlebenden des Fritz Bauer Instituts)

Saul Kagan
(Executive Vice President emerit. Claims Conference)

Dr. Martin Salm
(Vorstandsvorsitzender der Stiftung ›Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‹)

Albert Kimmelstiel
(Überlebender)


Prof. Peter Wollheim
(Sohn Norbert Wollheims)

Über die Realisierung des Memorials informieren Matthias Naumann und Stefanie Plappert.

Musik: Emil Mangelsdorff

Im Anschluss präsentieren der Künstler, Heiner Blum, und Prof. Jean-Christophe Ammann das Memorial.

Die Norbert Wollheim-Kommission wurde auf einstimmigen Beschluss des Senats der Goethe-Universität vom 21. Dezember 2005 einberufen. Ihr gehören Vertreter folgender Organisationen, Gruppen und Einrichtungen an:

  • Goethe-Universität
  • Fritz Bauer Institut
  • Überlebende von Auschwitz-Birkenau und Buna-Monowitz
  • Initiative Studierender im IG-Farben-Gebäude
  • Conference on Jewish Material Claims Against Germany
  • Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst


sowie der frühere Direktor des Frankfurter Museums für Moderne Kunst, Prof. Jean-Christophe Ammann, als künstlerischer Berater.

Informationen: Gottfried Kößler, Fritz Bauer Institut, Campus Westend, Tel: (069) 798-32232, g.koessler@fritz-bauer-institut.de

WEITERE INFORMATIONEN

Eröffnung
Norbert Wollheim Memorial

Wann?
2. November 2008, 11 Uhr

Wo?
Campus Westend
Festsaal (Raum 823)
Grüneburgplatz 1
60323 Frankfurt