Dez 2 2009

Prof. Werner Müller-Esterl, Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, fordert angesichts deutlich steigender Studierendenzahlen eine deutlich bessere Grundfinanzierung

Kapazitätsgrenze der Goethe-Universität ist erreicht

FRANKFURT. An der Goethe-Universität sind im Wintersemester 2009/2010 knapp 37.000 Studierende eingeschrieben. Nach Abschluss der Rückmelde- und Nachrückverfahren nannte das Studienservice-Center am Dienstag die aktuellen Zahlen: Mit 36.915 Studierenden, davon über 5.200 im Lehramt, zählen die Experten im aktuellen Wintersemester rund 2.750 Studierende mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dies entspricht einer deutlichen Steigerung von mehr als acht Prozent. Damit steht die Goethe-Universität unter den größten deutschen Universitäten und Hochschulen nunmehr auf Platz 5.

Universitätspräsident Prof. Werner Müller-Esterl kommentierte die Zahlen „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“: Der Anstieg sei aus seiner Sicht einerseits Ergebnis der in Hessen 2008 wieder abgeschafften Studienbeiträge. Andererseits spiegele sich darin auch die gestiegene Attraktivität der Goethe-Universität und Frankfurts als Studienort wider: „Jeder Studierende, der sich im Wettbewerb mit anderen Hochschulen für die Goethe-Universität entschieden hat, ist uns herzlich willkommen“, so Müller-Esterl.

Der Präsident machte jedoch auch deutlich, dass mit einer Zahl von rund 37.000 Studierenden die „Kapazitätsgrenze der Goethe-Universität erreicht“ sei. Wenn wir unseren Studierenden auf dieser Basis weiterhin ein zunehmend qualitätsvolles Studium anbieten wollen, wenn unsere großen Anstrengungen der letzten Jahre, die Lehre und das Betreuungsverhältnis zu verbessern, am Ende wirklich fruchten sollen, dann brauchen wir eine deutlich bessere Grundfinanzierung.“ Der Präsident forderte zudem „einen spürbare Steigerung und Verstetigung jener Mittel“, die das Land Hessen seinen Hochschulen nach Wegfall der Studienbeiträge als Kompensation zukommen lasse.

Müller-Esterl bezeichnete es als „fahrlässig“, dass die Politik offenbar stillschweigend davon ausgehe, die Universitäten würden diese Steigerung „schon irgendwie managen können.“ Mit den derzeit gewährten Mitteln sei „den hohen Erwartungen an eine Qualitätssteigerung in Forschung und Lehre zugleich kaum zu entsprechen.“ Auch die Kapazitätsverordnung (KapV), die unter ganz anderen bildungspolitischen Rahmenbedingungen eingeführt worden war, gehört laut Müller-Esterl auf den Prüfstand. Er bezeichnete die Verordnung als „bildungspolitischen Dinosaurier.“ Diese führe alle universitären Anstrengungen, etwa durch neue Professuren das Betreuungsverhältnis zu verbessern, ad absurdum.

Der Präsident betonte, er erwarte, dass die Länder und der Bund bei der Frage, wie deutsche Universitäten auch jenseits von Exzellenzinitiativen angemessen auszustatten seien, künftig besser kooperierten. Die deutsche Kleinstaaterei in der Hochschulpolitik sei jedenfalls kein Modell, mit dem man auch im internationalen Vergleich erfolgreiche Universitäten etablieren könne. Hier müsse im Interesse Deutschlands und der Zukunft von Millionen Studierender rasch ein Umdenken einsetzen und eine bessere Kooperation angestrebt werden. Ansonsten würden die deutschen Universitäten, auch gegenüber aufstrebenden Nationen wie Indien, China und Brasilien ins Hintertreffen geraten.