Feb 9 2007

Aus der Laudatio: „Große Gelehrsamkeit verbunden mit der Fähigkeit, ein breites Publikum zu gewinnen“

Hessischer Verdienstorden für Lothar Gall

FRANKFURT. Für seine herausragenden ehrenamtlichen Leistungen als Fachhistoriker, als Autor, Wissenschaftsmanager und Ausstellungsmacher wurde der Frankfurter Historiker Prof. Dr. Lothar Gall heute in der Staatskanzlei vom Hessischen Innenminister Volker Bouffier mit dem Hessischen Verdienstorden ausgezeichnet. „Er hat es vermocht, große Gelehrsamkeit und international anerkanntes wissenschaftliches Ansehen mit der Fähigkeit zu verbinden, ein breites Publikum zu gewinnen. Er wurde zu einem Mittler zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit und hat sich mit seinem großen Engagement in vielfältiger Weise um das Gemeinwesen verdient gemacht“, so der Innenminister bei der Feierstunde.

Lothar Gall ist Emeritus an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, wo er von 1972 bis 2005 als Professor tätig war. Sein hohes Ansehen als Fachgelehrter habe auf das Historische Seminar der Universität und auf die Universität insgesamt ausgestrahlt. Hierzu gehöre auch, dass er seit 1975 Herausgeber der Historischen Zeitschrift ist, des ältesten und angesehensten Publikationsorgans der deutschen Geschichtswissenschaften, deren Redaktion auch weiter an der Universität Frankfurt angesiedelt ist.

Beachtenswert sei seine 1980 erschienene Biographie des ersten deutschen Kanzlers „Bismarck“, mit der er eine breite Publikumsschicht erreicht habe. Das Werk ist mittlerweile in achter Auflage erschienen und in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. Weitere Forschungsschwerpunkte sind der Liberalismus und die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, zu denen er auch zahlreiche Publikationen veröffentlichte. Darunter beispielsweise sein Buch „Bürgertum in Deutschland“, das 1989 im Rahmen des aus Mitteln des Leibniz-Preises finanzierten Forschungsprojektes „Stadt und Bürgertum im 19. Jahrhundert“ erschien. Seine 1968 erschienene Habilitationsschrift „Der Liberalismus als regierende Partei. Das Großherzogtum Baden zwischen Restauration und Reichsgründung“ avancierte zum Standardwerk. Mit seinem Beitrag „Die Deutsche Bank von ihrer Gründung bis zum Ersten Weltkrieg 1870 - 1914“ sowie seinem 1999 gemeinsam mit Manfred Pohl herausgegebenen Werk „Die Eisenbahn in Deutschland von den Anfängen bis zur Gegenwart“ habe er sich - so heißt es in der Laudatio - verstärkt wirtschaftshistorischen Themen zugewandt, die er stets im Zusammenhang mit der allgemeinen Geschichte betrachte. Die Geschichte des Unternehmens Krupp gehört ebenso zu seinen viel beachteten Veröffentlichungen wie die Biographie des langjährigen Vorstandssprechers der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs.

Neben seiner äußerst produktiven Tätigkeit als Wissenschaftler war Professor Lothar Gall 1992 bis 1998 Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und von 1992 bis 1996 Vorsitzender des Verbandes der Historiker Deutschlands. Er ist Mitglied der Historischen Kommission für Hessen in Wiesbaden und Vorsitzender der Frankfurter Historischen Kommission, des Beirates der Gesellschaft für Frankfurter Geschichte und Mitherausgeber der „Frankfurter Historischen Abhandlungen“. Der Johann Wolfgang Goethe-Universität ist er unter anderem als Leiter mehrerer drittmittelfinanzierter Forschungsprojekte wie als Betreuer seiner immer noch zahlreichen Doktoranden verbunden. Gall habe eine Mittlerrolle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit eingenommen. Das gelte in besonderem Maße für die großen historischen Ausstellungen, die er selbst verantwortlich leitete: So die Ausstellung „Fragen an die deutsche Geschichte“, die von 1971 bis 1996 im Reichstagsgebäude zu sehen war und seitdem gänzlich neu gestaltet im Deutschen Dom in Berlin zu sehen ist, die Ausstellung „Bismarck, Preußen, Deutschland und Europa“ 1990 im Deutschen Historischen Museum, zur 1200 Jahrfeier Frankfurts die Ausstellungen „FFM 1200“ in Frankfurt sowie die Ausstellung „Aufbruch zur Freiheit“ , die 1998 zum 150. Jahrestag der Revolution von 1848 in der Frankfurter Schirn gezeigt wurde.

Die Verbindung von Kennerschaft in der Sache mit Erfahrung im Konzipieren von Ausstellungen mache Professor Lothar Gall seit langem zu einem gefragten Ratgeber von Museen und Ausstellungen. Er ist Mitglied des Beirats des Deutschen Historischen Museums, war als Gründungsvorsitzender des Beirates des Bonner „Haus der Geschichte“ maßgeblich an der Konzeption dieses Museum beteiligt und hat die Deutsche Bahn bei der Einrichtung eines Bahnmuseums beraten. Derzeit berate er die Stadt Wiesbaden bei der Errichtung und Konzeption eines Stadtmuseums.

Nähere Informationen: Hessische Landesregierung, Staatskanzlei, Büro Regierungssprecher, Telefon 0611-323918; E-Mail: presse@stk.hessen.de