FRANKFURT. Drei Vorträge stehen im Rahmen der Frankfurter Goethe-Vorlesungen im Dezember auf dem Programm; sie finden nicht wie die ersten drei sehr gut besuchten November-Vorträge im Casino sondern im Hörsaal 8 des neuen Hörsaal-Gebäudes auf dem Campus Westend jeweils donnerstags um 18.30 Uhr statt. Mit Goethe-Porträts von Angelica Kauffmann bis Andy Warhol beschäftigt sich Dr. Gabriele Rohowski, Akademische Rätin für Neuere deutsche Literatur der Universität Frankfurt, am 4. Dezember (Donnerstag) unter dem viel versprechenden Titel »Es ist immer ein hübscher Bursche, aber keine Spur von mir«. Als Germanistin und studierte Kunsthistorikerin zeigt sie in ihrem Vortrag, wie sehr das zwischen Dichtung und Wahrheit schillernde Bild, das wir uns heute von Goethe machen, nicht nur von seinen literarischen Werken, sondern auch von unzähligen Zeichnungen, Gemälden, Büsten, Denkmälern, Grafiken und Comics geprägt ist. Anhand einer Auswahl von Bildern lotet der Vortrag die Spielräume zwischen Idealbildnis und Individualporträt aus.
Goethes »Erlkönig« in der Hauptschule - diesem Thema widmete sich am 11. Dezember Cornelia Rosebrock, Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft mit den Schwerpunkten Lesesozialisationsforschung, Literaturdidaktik und literarisches Lernen. Sie arbeitet in den letzten Jahren insbesondere zu Fragen der Überprüfung und Förderung des Textverstehens und literarästhetischen Lesens in Unterrichtszusammenhängen. In ihrem Vortrag stellt sie einen empirischen Zugang zu den Verstehensstufen und Verarbeitungsleistungen des »Erlkönigs« von 15-jährigen schwachen Lesern vor.
Wie wird der Klassiker Goethe im »Riesenschatten der geschichtlichen Autorität seines Werkes« (Adorno) einerseits und in der unheimlichen Nachbarschaft von Weimar und Buchenwald andererseits vereinnahmt, verabschiedet und ›gegen den Strich‹ gelesen? Am 18. Dezember wird Susanne Komfort-Hein, Professorin für Neuere deutsche Literatur, dieser Frage nachgehen. Ihre gegenwärtigen Arbeiten beschäftigen sich mit Aspekten einer Poetik des Exils und der Interkulturalität sowie mit geschichtsphilosophischen und erinnerungspolitischen Kontexten der Literatur. Ihr Vortrag fragt nach dem umkämpften und verworfenen Erbe Goethes auf den Schauplätzen der deutschen Geschichte seit Beginn des 20. Jahrhunderts.
Das Institut für Deutsche Sprache und Literatur II veranstaltet in diesem Wintersemester zum ersten Mal die Frankfurter Goethe-Vorlesungen; die Reihe soll in Zukunft eine feste Einrichtung der Goethe-Universität werden. Das Programm ist umfangreich und abwechslungsreich: zwölf Vorträge in wöchentlichem Rhythmus bis 12. Februar 2009. Frankfurter Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftler geben Einblick in ihre Werkstatt und stellen aus ihrer fachlichen Perspektive vor, was die Goethe-Forschung im 21. Jahrhundert zu bieten hat. Was erscheint neu an Goethe, wenn man neue Fragen an ihn stellt? Sind die traditionellen Deutungen des Dichterfürsten noch zeitgemäß? Welche Rolle spielt Goethe in der aktuellen Literatur und Kultur? Wo, wie und von wem wird Goethe heutzutage gelesen?
»Als Institut, das für das literarische Werk des Namenspatrons unserer Stiftungsuniversität zuständig ist, möchten wir eine Brücke von der Universität zur Frankfurter Bürgerschaft schlagen«, so der Initiator und geschäftsführender Direktor des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur II, Prof. Andreas Kraß. Veranstaltet wird die Reihe, die aus Anlass der Umwandlung der Goethe-Universität in eine Stiftungsuniversität konzipiert wurde, in Verbindung mit dem Alumni Verein, der germanistischen Literaturdidaktik, dem Institut für Jugendbuchforschung, dem Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung und dem Freien Deutschen Hochstift/Goethe-Museum.
Informationen: Prof. Robert Seidel, Prof. Andreas Kraß, Institut für Deutsche Sprache und Literatur II, Campus Westend, Tel. (0 69) 798 32694 oder -32680, robertcseidel@lingua.uni-frankfurt.de, A.Krass@lingua.uni-frankfurt.de, Programm im Internet: www.uni-frankfurt.de/fb/fb10/inst_ii/index.html
