Jun 22 2005

Fachbereich Physik mit großer Tradition / Zukunftsweisende Forschungsfelder

Dynamisch in die Zukunft

FRANKFURT. Im Juni 2004 blickte der Fachbereich Physik auf 90 Jahre Geschichte seit Gründung der Frankfurter Universität zurück, der traditionsreiche Physikalische Verein als Gründungsmitglied sogar auf 180 Jahre erfolgreichen Wirkens für die Physik und Astronomie. Jetzt gab es erneut einen Grund zu feiern: Heute wurde das neue und funktionale Physikgebäude nach nur zweijähriger Bauzeit auf dem naturwissenschaftlichen Campus Riedberg eingeweiht.

Zum ersten Mal in der Geschichte sind damit alle Physikinstitute unter einem Dach vereint und auch die neue Anschrift ‚Max-von-Laue-Str. 1’ ist ‚geschichtsträchtig und erinnert an den ersten weltberühmten Physiker der seinerzeitigen naturwissenschaftlichen Fakultät; er erhielt in seiner Frankfurter Zeit den Nobelpreis 1914. Zu den großen Namen Frankfurter Physiker gehören auch Max Born, Otto Stern, Walther Gerlach, A. Landé, C. Lanzcos, E. Madelung, F. Dessauer, die in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit bahnbrechenden Ideen zur Weiterentwicklung der Physik beitrugen. Zwei Nobelpreisträger der 90er Jahre stammen aus der ‚Talentschmiede’ des Fachbereichs: Gerd Binnig, Nobelpreis für die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops, hat im Physikali-schen Institut seine Prägung als Experimentalphysiker erhalten, gleiches gilt für Horst Störmer, der den Nobelpreis für die Entdeckung des fraktionierten Quantenhalleffekts erhielt. Das hohe internationale Ansehen der Frankfurter Physik spiegelt sich auch in der höchsten Zahl an Humboldt-Stipendiaten aller deutschen Physikfachbereiche. Rund 80 in Frankfurt ausgebil-dete Nachwuchswissenschaftler haben Rufe in den letzten vier Jahrzehnten auf akademischen Positionen national und inter-national angenommen.

Doch der Fachbereich ruht sich auf diesen Lorbeeren nicht aus. Drei große Forschungsfelder bestimmen heute die Forschungsschwerpunkte des Fachbereichs:

• Schwerionenphysik
• Festkörperphysik
• Biophysik.

Mit dieser Konzentration auf wenige, aber sehr attraktive und fest verankerte Gebiete hat der Fachbereich die Weichen für die Zukunft gestellt: Die Neuberufungen der letzten Jahre wurden bereits so ausgerichtet, dass sie zur Stärkung der Schwerpunkte beitragen.

Zahlreiche Drittmittelprojekte und die intensive Zusammenarbeit in der Universität, mit den Nachbaruniversitäten, in- und ausländischen Großforschungszentren und Laboratorien tragen zur guten Aufstellung des Fachbereichs entscheidend bei, sehr gut ist auch die Kooperation mit der Industrie:

  • Die Schwerionenforschung bildet einen landesweiten Schwerpunkt, der von BMBF und den Helmholtz-Instituten gefördert wird und von nuklearer Astrophysik & Astroteil-chenphysik über Beschleuniger- & Plasmaforschung bis zur Atom- ,Kern-, Hadronenphysik Experiment und Theorie eng verknüpft. Mit 11 Professuren, 3 Juniorprofessoren und 2 Nachwuchsgruppen verfügt er über ein erhebliches wis-senschaftliches Potenzial. Drei virtuelle Institute der Helm-holtz-Gesellschaft unter Frankfurter Federführung bzw. Be-teiligung, die vom BMBF finanzierte Verbundforschung, un-ter anderem mit CERN,GSI, RHIC, eine Reihe von For-schungsprojekten und die Mitgliedschaft im Graduierten-kolleg ‚Physik und Technik von Beschleunigern’ unterstrei-chen dies. Im Entstehen begriffen ist ein Exzellenzcluster-Antrag im Verbund mit Darmstadt, Mainz, Gießen und der GSI, ein Helmholtz-Graduiertenkolleg sowie die Einrichtung eines DFG-Schwerpunktprogramms und Graduiertenkollegs.
  • Die Festkörperphysik und Materialentwicklung wartet mit 10 Professuren, der gemeinsamen DFG-Forschergruppe 412 mit dem Fachbereich chemische und pharmazeutische Wissenschaften, einem DFG-Schwerpunktprogramm, einem DFG-Paketprojekt, der Koordination eines NATO-Science for Peace-Projekts und einem EU-Netzwerk of Excellence (Complex Metallic Alloys) auf. Die Forschergruppe soll in einen Sonderforschungsbereich münden.
  • Die Biophysik mit drei Professuren und einer Juniorprofessorin ist mit der Beteiligung an zwei Sonderforschungsbereichen der Universität, einer engen Kollaboration mit den Fachbereichen chemische und pharmazeutische Wissenschaften, Biologie und Medizin und den Frankfurter Max Planck-Instituten für Biophysik und Hirnforschung sowie als Mitglied in der IMPRS der Max Planck-Gesellschaft eng in interdisziplinäre Forschungsaktivitäten eingebunden.
Gestärkt werden diese Schwerpunkte durch das Stern-Gerlach-Zentrum (SGZ) für experimentelle physikalische Forschung, das im Neubau der Physik eingerichtete wird. In ihm werden vorhandene und neue, über die Baumaßnahme zu beschaffen-de Großgeräte wie Laser, Ionenquellen, Beschleuniger, Speicherringe und Anlagen zur Materialentwicklung und -untersuchung zusammengeführt, um die Expertise in den For-schungsfeldern zu sichern und auszubauen.

In der Lehre wurde das in einigen naturwissenschaftlichen Fächern für einige Jahre herrschende bittere Tief bei den Studienanfängerzahlen durchschritten. Dazu beigetragen hat sicher die gute und intensive Zusammenarbeit mit den Schulen der Region, Schülervorlesungen, die naturwissenschaftlichen Tage, Mentoren für Schulen, technische Hilfen, Juniorstudium und mehr. Diesen positiven Trend gilt es zu stabilisieren: Der Fachbereich wird zum kommenden Wintersemester zwei neue Bachelor-Studiengänge in ‚Physik’ und ‚Physik der Informationstechnologie’ anbieten mit den daran anschließenden Mas-terstudiengängen. Ein weiterer gemeinsamer Bachelor-Masterstudiengang ‚Biophysik’ der Fachbereiche Physik, Chemische und Pharmazeutische Wissenschaften und Biologie wird zur Zeit von einer gemeinsamen Kommission ausgearbeitet und soll in 2006 anlaufen. Zusätzlich wird es ab 2006 einen Masterstudiengang ‚Computational Sciences’ geben, den das Center for Scientific Computing koordiniert

Sehr wichtig ist es, ein international anerkanntes Graduiertenstudium anzubieten: Hier leistet das ‚Frankfurt Institute for Advanced Studies’ (FIAS) hervorragende Vorarbeit, das im Rahmen der ihm angeschlossenen ‚Frankfurt International Graduate School’ (FIGSS) ein derartiges Programm aufgelegt hat - zum Nutzen der theoretischen Naturwissenschaften. Der Fachbereich ist daher froh, das FIAS übergangsweise räumlich beherbergen zu dürfen und freut sich auf die Zusammenarbeit und die gegenseitigen sich daraus ergebenden wissenschaftli-chen Impulse.

Zur Tradition des Fachbereichs wie der Universität gehören die vielen Frankfurter Bürger als Stifter. Diese Verbundenheit ma-nifestiert sich heute unter anderem im Rahmen des Frankfur-ter Fördervereins für physikalische Grundlagenforschung und seinen inzwischen fünf gestifteten Laureatus-Professuren, aber auch Preisen, die etwa von der Willkomm-Stiftung und dem Physikalischen Verein vergeben werden; letzterer verleiht als einer der Vorläufer und Gründungsmitglieder der Universität Förderpreise für den physikalischen Nachwuchs.

Der Fachbereich Physik sieht der Zukunft optimistisch entge-gen: Moderne Forschungsfelder, die Breite des (For-schungs)Spektrums und nun das neue Haus bieten hervorragende Voraussetzungen für eine erfreuliche Entwicklung in der Zukunft.

Kontakt: Prof. Wolf Aßmus, Dekan des Fachbereichs Physik; Universi-tät Frankfurt; Max-von-Laue-Strasse 1; 60438 Frankfurt; Tel.: 069-798-47204; Sekretariat: 069-798-47205; E-Mail: assmus@physik.uni-frankfurt.de