Nov 25 2005

Ein halbes Jahrhundert Mikrobiologie an der Universität Frankfurt / Symposium am 2. und 3. Dezember

Das Leben im Kleinen

FRANKFURT. Die Mikrobiologie an der Universität Frankfurt hat Tradition: Immerhin ist das 1955 mit der Berufung von Prof. Reinhard W. Kaplan gegründete Institut für Mikrobiologie nach dem der Universität Göttingen das zweitälteste mikrobiologische Institut Deutschlands.

Grund genug zum Feiern: Zum 50. Geburtstag der Mikrobiologie werden zu einem internationalen Symposium im Biozentrum ehemalige Angehörige des Instituts, Vertreter von Fachverbänden sowie international ausgewiesene Forscher aus dem In- und Ausland erwartet. Die Vorträge befassen sich mit Themen aus den verschiedensten Teildisziplinen der Mikrobiologie wie Physiologie, Genetik, Biochemie und Biotechnologie und spiegeln die gesamte Breite der mikrobiologischen Forschung in Frankfurt wider. Kurzvorträge von Doktoranden und eine Posterausstellung runden das Symposium ab.

Frankfurt ist heute bundesweit eines der größten Zentren der mikrobiologischen Forschung. Gegenwärtig wird in den Arbeitsgruppen der vier Professuren Eckhard Boles, Karl-Dieter Entian, Volker Müller und Jörg Soppa sowie vier unabhängigen Arbeitsgruppen von Beate Averhoff, Thorsten Stein, Jörg Simon, Michael Rother in international sichtbarer Weise an der Biologie von Archaeen, Bakterien und Hefen gearbeitet.

Der Mensch wird auf Schritt und Tritt von Mikroben oder deren Aktivitäten begleitet. Viele Mikroben werden in der Lebensmittelindustrie (Probiotika), der Biotechnologie, der Umweltmikrobiologie und der Grundlagenforschung eingesetzt, nur einige wenige sind „Krankmacher“ für Mensch, Tier und Pflanze. Mikroben werden überall in der Biosphäre gefunden: in der Arktis und an heißen Quellen, bei sauren oder alkalischen pH-Werten in Süßwasser oder konzentrierten Salzlaken. Diese extreme Anpassungsfähigkeit ist eine herausragende Eigenschaft der Mikroben, die natürlich in den Genen begründet ist. Den wohl beeindruckendsten Fortschritt, den die (Mikro)-Biologie in den letzten Jahren gemacht hat, ist die Entschlüsselung ganzer Genome und die funktionelle Genomanalyse. Dadurch wurden neue Stoffwechseltypen gefunden, die auch als Modellsysteme für mögliches Leben auf fernen Planeten dienen. Metabolische Diversität, wie sie nur in Mikroben vorkommt, liefert die Grundvoraussetzung für eine neue Technologie, die weiße Biotechnologie, in der Mikroben als Zellfabriken zur Produktion unterschiedlichster Substanzen eingesetzt werden.

An der Universität Frankfurt wird ein enorm breites Spektrum aktueller mikrobiologischer Themen von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung vertreten. Sie umspannen Fragen der Physiologie und Bioenergetik über Genom- und funktionelle Genomanalysen bis hin zur biotechnologischen Anwendung. Diese Themen werden mit modernsten Methoden aus der Molekularbiologie, Genetik, Biochemie, Strukturbiologie, Bioinformatik, Zellbiologie und Immunologie bearbeitet. Die Arbeiten sind interdisziplinär, die Frankfurter Mikrobiologen sind an den Sonderforschungsbereichen 472 und 579 und am Center of Membrane Proteomics beteiligt.

Die Bearbeitung der Ökologie, die Analyse neuer Stoffwechselwege, die Genom- und Postgenomforschung an Mikroben und die daraus resultierenden biotechnologischen Anwendungen stehen an der Schwelle zu einer neuen Zeit. Die Frankfurter Mikrobiologie ist auch mit 50 Jahren hervorragend aufgestellt, um den Übergang in diese neue Zeit aktiv mitzugestalten.

Symposium’ 50 Jahre Mikrobiologie in Frankfurt’

Wann?
2. und 3. Dezember

Wo?
Biozentrum, Campus Riedberg, 60439 Frankfurt



Kontakt: Prof. Volker Müller, Institut für Molekulare Biowissenschaften; Marie-Curie-Str. 9, 60439 Frankfurt am Main; Tel.: 069/798-29507; Fax: 069/798-29306 E-Mail: VMueller@em.uni-frankfurt.de

Vom Gen zum Fermenter Mikrobiologische Forschung an der Universität Frankfurt

  • Physiologie und Bioenergetik anaerober Prokaryonten
  • Molekulare Basis der Salzadaptation in halotoleranten und halophilen Prokaryonten
  • Physiologie, Biochemie und molekulare Grundlagen natürlicher DNA
  • Transfersysteme in mesophilen und extrem thermophilen Bakterien
  • Genetische Analyse halophiler und methanogener Archaeen
  • Biologie des Stickstoffkreislaufs
  • Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels der Hefe
  • Biosynthese peptidkodierter Antibiotika
  • Eukaryotische Ribosomenbiogenese
  • Hefebasierte Screening-Systeme zur Wirkstoffidentifizierung
  • Struktur und Funktion von membranständigen Proteinen
  • Intrazellulärer Transport von Membranproteinen
  • Biotechnologie: natürliche Aromastoffe, Bioethanol und kompatible Solute
  • Funktionelle Genomanalyse in halophilen und methanogenen Archaeen
  • Posttranslationale Kontrolle der Genexpression
  • Zellzyklus und seine Kontrolle in halophilen Archaeen

WEITERE INFORMATIONEN

Symposium’ 50 Jahre Mikrobiologie in Frankfurt

Wann?
2. und 3. Dezember

Wo?
Biozentrum, Campus Riedberg, 60439 Frankfurt

Die Technik machts
Seit es sie als Forschungsrichtung gibt, nimmt die Mikrobiologie an Bedeutung zu

Mikrobiologie ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft, die, aufgrund der Tatsache der geringen Abmessungen ihrer Untersuchungs objekte, auf die Entwicklung spezieller Techniken angewiesen war. Eine erste große Blüte erlebte sie mit der Entwicklung der Mikroskopie und fester Nährböden, die im vorletzten Jahrhundert die Grundlagen zur Identifizierung von Mikroorganismen als Ursache vieler Krankheiten lieferte. Folglich war und ist die medizinische Mikrobiologie noch immer eine der beiden großen Säulen der Mikrobiologie, allerdings meist institutionell von der naturwissenschaftlichen Mikrobiologie getrennt.

Die naturwissenschaftliche Mikrobiologie war dagegen früher als kleiner Forschungszweig oft in Botanischen oder Landwirtschaftlichen Instituten untergebracht. Ihre Bedeutung nahm in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts mit den zunehmenden Erkenntnissen der Stoffwechselphysiologie, der mikrobiellen Genetik und den Prozessen zur Entstehung des Lebens auf der Erde stetig zu. Durch die Möglichkeiten der Molekularbiologie haben Mikroorganismen kontinuierlich an Bedeutung gewonnen und nehmen inzwischen in vielen Bereichen eine richtungsweisende Schlüsselstellung ein.