Dez 28 2007

Unbehandelte Psychische Störungen belasten das Gesundheitswesen – defizitäre Versorgungslage

Angststörungen erfolgreich behandeln

FRANKFURT. Jährlich erkranken 27 Prozent der EU-Bevölkerung an mindestens einer psychischen Störung. Direkt oder indirekt ist darauf die Mehrzahl der Arbeitsunfähigkeits-tage in der EU zurückzuführen. Die dadurch verursachten Kosten belaufen sich europaweit auf etwa 300 Milliarden Euro. An der Universität Frankfurt erforschen Psychologen in der 1999 gegründeten Verhaltenstherapie-Ambulanz neue Wege zur Behandlung der häufigsten psychischen Störungen – und zwar praxisnah in der Arbeit mit Betroffenen, wie sie in der neuen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten.

„Nur 26 Prozent der Menschen mit einer psychischen Störung erhalten zumindest eine minimale Intervention, etwa in Form eines kurzen Gesprächs mit dem Hausarzt“, zitiert Ambulanz-leiter Dr. Alexander Noyon aus einer aktuellen Studie von Hans-Ulrich Wittchen und Frank Jacobi zur defizitären Versorgungslage bei psychischen Erkrankungen, „im Durch-schnitt vergehen sieben Jahre, bevor eine erste fachgerechte Diagnose erstellt wird.“ Dabei verhält es sich mit psychischen Störungen ähnlich wie mit physischen Leiden: 40 Prozent der Fälle verlaufen chronisch und bringen zunehmend Komplika-tionen mit sich, wie körperliche Folgeschäden, massive Leistungseinbußen und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, weitere psychischen Störungen zu entwickeln.

Wie kann den Betroffenen am besten geholfen werden? Wie lässt sich der Erfolg einer Therapie wissenschaftlich überprüfen? Die Stärken der verhaltenstherapeutischen Methode sind unlängst in einem Projekt zu Sozialen Phobien, einer Untergruppe der Angststörungen, evaluiert worden. Die kürzlich abgeschlossene Studie verglich die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie und Interpersoneller Psychothe-rapie bei Personen, die unter Sozialen Phobien litten. „Nach Einschätzung von unabhängigen Beurteilern, die keine Information über die Behandlung hatten, in dieser Hinsicht also ‚blind’ waren, zeigten in der Kognitiven Verhaltensthe-rapie 70 Prozent sowohl unmittelbar nach der Therapie als auch ein Jahr später eine deutliche Verbesserung, während es in der Interpersonellen Psychotherapie 41 Prozent beziehungsweise 37 Prozent waren.“, so Professor Ulrich Stangier, Leiter der Studie. Danach würden die Ergebnisse nahe legen, kognitive Verhaltenstherapie als Methode der Wahl bei Sozialen Phobien zu empfehlen.

Eines der wichtigsten Kriterien für den Erfolg einer Therapie ist nämlich die durch die Behandlung eingetretene Verbesserung. Wie in dem Artikel in „Forschung Frankfurt“ beschrieben, zeigen sich dazu in der Verhaltenstherapie-Ambulanz auch in Bezug auf andere Angststörungen erfreuliche Ergebnisse: 32 Prozent der behandelten Patienten berichten, ihre Symptomatik habe sich stark gebessert, bei 47 Prozent hat sie sich gebessert. Neben diesem Prä-Post-Vergleich ist natürlich auch die Dauerhaftigkeit der eingetretenen Besserung von großer Bedeutung. Ein aktuelles Forschungsprojekt der Frankfurter Verhaltenstherapie-Ambulanz widmet sich dieser Fragestellung im Rahmen einer sogenannten Katamneseuntersuchung, deren erste aussagekräftige Ergebnisse im Jahr 2008 erwartet werden.

Kontakt: Dr. Alexander Noyon, Institut für Psychologie, Campus Bockenheim Verhaltenstherapie-Ambulanz, Postfach 11 19 32, Fach 120 Tel.: 069/798-23534, E-Mail: noyon@psych.uni-frankfurt.de

Soeben erschienen: Wissenschaftsmagazin Forschung Frankfurt 3/2007 Schwerpunktthema »Mensch und Arbeit«

Kostenlos anfordern: steier@pvw.uni-frankfurt.de

Im Internet: www.muk.uni-frankfurt.de Publikationen/FFFM/2007/index.html