Jun 9 2009

Vortrag zur Entwicklungszusammenarbeit am 16. Juni: David Ellerman, ehemaliger Berater der Weltbank, setzt die Reihe am Forschungskolleg fort

Hilfe zur Selbsthilfe will gelernt sein

BAD HOMBURG. „Es ist besser, den Menschen das Fischen beizubringen, als ihnen Fische zu geben.“ Das alte chinesische Sprichwort enthielt den Grundgedanken einer Hilfe zur Selbsthilfe schon, bevor der Begriff in der Entwicklungszusammenarbeit Karriere machte. Doch was als Konzept plausibel scheint, stößt in der Praxis auf Hindernisse. Die Frage, warum so viele Entwicklungsprojekte an dem Anspruch scheitern, auch wirklich die wünschenswerte Hilfe zur Selbsthilfe zu sein, steht im Mittelpunkt eines Vortrags an der Goethe-Universität,

am: Dienstag, dem 16. Juni 2009, um 18.30 Uhr
Ort: Forschungskolleg Humanwissenschaften,
Am Wingerstberg 4, 61348 Bad Homburg.

Dr. David Ellerman widmet sich dem Thema „Towards a Theory of Unhelpful Help – Why so much development assistance does not help people to help themselves“. Der langjährige Berater der Weltbank und aktuelle Gastwissenschaftler an der University of California in Riverside wird in englischer Sprache referieren. Am Mittwoch, dem 17. Juni, bietet Ellerman um 10 Uhr ein Seminar zur Vertiefung seiner Thesen an. Zu beiden Terminen ist die interessierte Öffentlichkeit herzlich eingeladen; um Anmeldung wird gebeten. David Ellerman setzt die „Kritischen Analysen der internationalen Entwicklungsarbeit“ fort. Mit dieser Veranstaltungsreihe startet das Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität in sein erstes Semester. Bisherige Referenten waren Prof. Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesumweltminister und UNO-Exekutivdirektor, sowie der weltweit renommierte Gerechtigkeitsphilosoph Prof. Thomas Pogge von der Yale-University. David Ellerman ist Philosoph, Ökonom und promovierter Mathematiker. Zu seinen Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehört die Analyse verschiedener Methoden der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Ellerman sieht die, wie er es nennt, ‚Industrie’ der Entwicklungszusammenarbeit in einer Krise. Am Aufschwung in Ostasien hätten Hilfsorganisationen kaum Anteil gehabt. Und Afrika wiederum, wo sie besonders präsent seien, sei von der weltweiten Entwicklung fast abgekoppelt. Einerseits gebe es zwar ein breites Einverständnis mit dem Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe. Andererseits, so Ellerman weiter, würde häufig übersehen, dass diese Idee nicht widerspruchsfrei sei.

Sich selbst zu helfen oder jemand anderem zu helfen, sei ein Akt der Autonomie, wohingegen Hilfe von anderen, schon um effektiv zu sein, eine Form der externen Kontrolle enthalte, die der Autonomie des Hilfeempfängers entgegenwirke. Zugespitzt formuliert: Wie kann Unterstützung von außen den Menschen helfen, von äußerer Unterstützung unabhängiger zu werden? Die meisten Projekte, auch die der Weltbank, sind in den Augen Ellermans nicht hilfreich, weil sie die Fähigkeit und Bereitschaft der Menschen, sich selbst zu helfen, entweder überfordern und damit die Menschen zu etwas drängen, das ihnen nicht gemäß ist, oder aber missachten, mit dem Effekt, dass Abhängigkeitsverhältnisse entstehen. Ellerman war von 1992 bis 2003 Berater der Chefökonomen der Weltbank. Er wird seine Thesen anhand von Beispielen aus eigener Erfahrung erläutern. Wo es sich anbietet, will Ellerman Analogien zu Praktiken in anderen Bereichen ziehen, die seiner Ansicht nach ähnlich unproduktiv sind – beispielsweise in der Kindererziehung, Unternehmensführung oder psychologischen Beratung.

Mit dem vielschichtigen Thema der Hilfe zur Selbsthilfe endet die Vortrags- und Seminarserie der Veranstaltungsreihe am Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg. Voraussichtlich im September oder Oktober wird es eine international besetzte Podiumsdiskussion zur Entwicklungszusammenarbeit geben. Die Vorlesungen und Seminare von Dr. David Ellerman und Prof. Thomas Pogge, der im Mai im Kolleg zu Gast war, sind ermöglicht worden von der Herbert Quandt-Stiftung und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft im Rahmen der ‚Schweickart-Fellowships’. Das zu Ehren von Prof. Nikolaus Schweickart ins Leben gerufene Gastdozentenprogramm soll den transatlantischen Austausch zwischen den USA und Deutschland ausbauen und intensivieren. Schweickart hat sich sowohl in der Herbert Quandt-Stiftung als auch im Stifterverband an führender Stelle engagiert. Zu den Förderern der Veranstaltungsreihe gehört auch die KfW-Entwicklungsbank.

Informationen Bernd Frye, Pressereferent Forschungskolleg Humanwissenschaften, Tel: (06172) 13977-14, frye@forschungskolleg-humanwissenschaften.de, Anmeldung: Tel: (06172) 13977-15, info@forschungskolleg-humanwissenschaften.de