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Pressestelle Goethe-Universität

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Forschung

Dez 5 2016
13:21

Erstes mathematisches Modell simuliert wie die Zelle bakterielle Erreger verdaut

Wie sich Zellen gegen Salmonellen verteidigen

FRANKFURT. Bioinformatiker der Goethe-Universität haben das erste mathematische Modell für einen zentralen Verteidigungsmechanismus der Zelle gegen das Bakterium Salmonella entwickelt. Sie können ihren experimentell arbeitenden Kollegen damit wertvolle Anregungen zur Aufklärung der beteiligten Signalwege geben.

Jedes Jahr sind Salmonellen weltweit für Millionen von Infektionen und tausende Todesfälle verantwortlich. Die Körperzellen können sich aber gegen die Eindringlinge verteidigen, indem sie die Bakterien in speziellen Zellorganellen, den Autophagosomen, einschließen und durch die Verschmelzung mit andern Zellorganellen, den Lysosomen, verdauen. Um neue Therapien gegen Salmonellen zu finden, ist es wichtig, diesen als Xenophagie bekannten Prozess besser zu verstehen.

Wie die Bioinformatik-Gruppe von Prof. Ina Koch in der aktuellen Ausgabe von „PLOS Computational Biology“ berichtet, hat sie in Zusammenarbeit mit dem Molekularbiologen Prof. Ivan Dikic vom Institut für Biochemie II ein mathematisches Modell der Xenophagie erstellt. In der Studie kombinieren die Forscherinnen und Forscher bereits bekanntes Wissen über die molekularen Interaktionen mit einer Methode aus der Informatik, den Petri-Netzen. Diese finden in der theoretischen Biologie zunehmend Anwendung.

Um das Modell zu überprüfen, simulierten die Bioinformatiker, was passieren würde, wenn Proteine des Xenophagie-Signalweges ausgeschaltet werden – diese Technik nennt man „in silico-Knockout“. Die in silico-Vorhersagen stimmten mit  den Ergebnissen von Studien überein, in denen Proteine experimentell ausgeschaltet wurden. Diese Übereinstimmung bestätigt, dass das Modell die bekannten Teile des Xenophagie-Prozesses gut reproduziert. 

Zusätzlich schlugen die Bioinformatiker einen neuen Mechanismus für ein Protein vor, das am Xenophagie-Prozess beteiligt ist. Diese und andere durch in silico-Knockout vorgeschlagenen Hypothesen geben den Forschern im Labor wertvolle Hinweise für zukünftige Experimente. 

“Die in silico-Knockout-Experimente stellen Hypothesen für zukünftige experimentelle Studien auf, die zu einem besseren Verständnis der zellulären, antibakteriellen Verteidigung beitragen können”, erläutert Erst-Autorin Jennifer Scheidel.

Publikation: Scheidel J, Amstein L, Ackermann J, Dikic I, Koch I (2016) In Silico Knockout Studies of Xenophagic Capturing of Salmonella. PLoS Comput Biol 12(12): e1005200. doi:10.1371/ journal.pcbi.1005200

Ein Bild zum Download finden Sie unter: www.uni-frankfurt.de/64275802

Bildtext: Mathematisches Modell des Verteidigungsmechanismus gegen Salmonellen, die Xenophagie

Informationen: Prof. Dr. Ina Koch, Molekulare Bioinformatik, Institut für Informatik, (069) 798 24651, ina.koch@bioinformatik.uni-frankfurt.de

Personalia/Preise

Dez 1 2016
14:52

Konzept für UBAUT-Netzwerke gewinnt beim Ideenwettbewerb „Internationales Forschungsmarketing“ Preisgeld von 100.000 Euro

Goethe-Universität im DFG-Ideenwettbewerb erfolgreich

FRANKFURT.Die Goethe-Universität ist eine der Preisträgerinnen im diesjährigen Ideenwettbewerb „Internationales Forschungsmarketing“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Das erfolgreiche Konzept „Let’s talk about UBAUT/Hingeschaut mit UBAUT“, das vom Institut für Biochemie II unter der Leitung von Prof. Ivan Dikic in Zusammenarbeit mit den zentralen Abteilungen der Goethe-Universität für Internationalisierung, Presse und Kommunikation und weiteren Forschungsinstitutionen aus der Region initiiert wurde, erhält ein Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro. UBAUT steht für Ubiquitin- und Autophagieforschung: Dieser noch junge Schwerpunkt soll mit gezielten internationalen Marketing-Maßnahmen den Forschungsstandort Rhein-Main international noch sichtbarer machen. Die DFG fördert mit dem Ideenwettbewerb die Umsetzung besonders erfolgversprechender Konzepte für internationales Forschungsmarketing, die Auswahl erfolgt jeweils durch eine Jury.

Zum Hintergrund: In den vergangenen Jahren ist in der Rhein-Main-Region ein stark positioniertes Netzwerk in der Ubiquitin- und Autophagieforschung (UBAUT) entstanden. Im Zentrum dieser Entwicklung stehen der LOEWE-Schwerpunkt „Ubiquitin-Netzwerke“ und der Sonderforschungsbereich (SFB) 1177 zur selektiven Autophagie (beide unter Sprecherschaft von Ivan Dikic). Strategische Berufungen von Wissenschaftlern und erhebliche Investitionen in neue Forschungsgebäude und technologische Plattformen durch die Goethe-Universität Frankfurt haben maßgeblich zu dieser Schwerpunktbildung beigetragen.

Im Gegensatz zu konventionellen Marketingstrategien sieht das Konzept für „Let’s talk about UBAUT/Hingeschaut mit UBAUT“ eine Sichtbarmachung von Forschung vor, die von der Wissenschaft und den Wissenschaftlern ausgeht, also „bottom up“ erfolgt. Künftige Maßnahmen des UBAUT-Netzwerks sind beispielsweise ein „Ambassador Program“: So sollen Wissenschaftler der beteiligten Institutionen als Botschafter das Netzwerk an Spitzenuniversitäten der San Francisco Bay Area und der Region Boston vorstellen. Umgekehrt soll über ein Stipendien-Programm jungen Wissenschaftlern aus den USA die Möglichkeit geboten werden, im Rahmen eines Besuchsprogramms den Forschungsstandort Rhein-Main kennenzulernen. Ebenfalls geplant ist eine Klausurtagung der deutschen UBAUT-Projektleiter an der US-Westküste, um mit dortigen Meinungsbildnern über den wissenschaftlichen Ertrag des UBAUT-Netzwerks und die künftige Strategie zu diskutieren.

„Wir freuen uns außerordentlich über diesen Erfolg. Das Marketingkonzept von UBAUT leistet einen hervorragenden Beitrag zum Internationalisierungs-Mainstreaming der Goethe-Universität, da es die Akzeptanz internationaler Denkweisen und die Offenheit und Gleichbehandlung der beteiligten internationalen Gruppen als integralen Bestandteil in seinem Konzept beinhaltet,“ unterstreicht die Vizepräsidentin der Goethe-Universität für Internationalisierung, Prof. Brigitte Haar.

Weitere Informationen: Dr. Kerstin Koch, Scientific Manager, Institut für Biochemie 2, Fachbereich Medizin, Universitätsklinikum Frankfurt. Tel. (069) 6301 84250,  k.koch@em.uni-frankfurt.de

 

Nov 29 2016
14:23

Ein neu entdeckter Ubiquitinierungs-Mechanismus erklärt pathogene Effekte von Bakterien. Er könnte auch an vielen anderen biologischen Prozessen beteiligt sein.

Lernen von Legionellen

FRANKFURT.Die Markierung mit dem kleinen Molekül Ubiquitin galt lange als „Todeskuss“, durch den nicht mehr benötigte Proteine in der Zelle entsorgt werden. Doch inzwischen weiß man, dass Ubiquitin noch viele weitere Aufgaben in der zellulären Signalverarbeitung erfüllt. Ein Forscherteam unter Leitung von Prof. Ivan Dikic, Direktor des Instituts für Biochemie II an der Goethe-Universität Frankfurt, hat nun einen neuartigen Mechanismus zur Ubiquitinierung aufgeklärt, mit dem Legionellen die Steuerung ihrer Wirtszellen übernehmen können.

Nach der bisher gängigen Lehrmeinung erfordert die Anheftung von Ubiquitin an andere Proteine die konzertierte Aktion von drei Enzymen. Im April dieses Jahres beschrieben amerikanische Forscher erstmals eine Form der Ubiquitinierung, an der nur ein einziges Enzym aus Legionellen beteiligt ist. Das Team von Ivan Dikic hat nun gemeinsam mit der Gruppe von Ivan Matic (Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, Köln) den zugrundeliegenden molekularen Mechanismus aufgeklärt.

Verblüffend ist die bisher unbekannte Art der chemischen Verknüpfung von Ubiquitin mit Proteinen, die das Enzym aus den Legionellen herstellt. Für die Fachwelt ist das eine bahnbrechende Entdeckung. Dr. Sagar Bhogaraju, Wissenschaftler im Labor von Dikic, kommentiert: „Spannend ist nun vor allem die Frage, ob diese neuartige Ubiquitinierung auch unabhängig von bakteriellen Infektionen in menschlichen Zellen vorkommt und ob es ähnliche, bislang unentdeckte Enzyme beim Menschen gibt, die womöglich weitreichenden Einfluss auf zelluläre Prozesse haben.“

Bei der detaillierten Untersuchung des neuen Mechanismus wurden die Forscher erneut überrascht: Das Legionellen-Enzym katalysiert nicht nur die Ubiquitinierung zellulärer Proteine, es verändert außerdem alle weiteren vorhandenen Ubiquitin-Moleküle. Bei Infektionen mit Legionellen spielt diese modifizierte Form von Ubiquitin vermutlich eine wichtige Rolle, da sie das klassische Ubiquitin-System weitgehend hemmt.

Neben der „Abfallwirtschaft“ funktionieren dann auch weitere wichtige Prozesse in der Zelle nicht mehr, was für das Bakterium von entscheidendem Vorteil sein kann. So konnte das Team von Ivan Dikic zeigen, dass das modifizierte Ubiquitin die Entsorgung von Mitochondrien (Mitophagie) ebenso lahmlegt wie die Weiterleitung von Entzündungssignalen und den Abbau von Proteinen. Auf diese Weise könnten Legionellen fundamental in zelluläre Prozesse ihres Wirts eingreifen.

„Wir gehen davon aus, dass Legionellen nicht die einzigen Bakterien sind, die sich diesen Mechanismus zunutze machen. Hier könnten sich neue Strategien für die Entwicklung antibakterieller Agenzien ergeben, die komplementär zu konventionellen Antibiotika wirken und die zellulären Schäden durch bakterielle Enzyme begrenzen“, erklärt Dikic die medizinische Bedeutung der Entdeckung.

Ivan Dikic hat mit seiner Forschung am Institut für Biochemie II und am Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften an der Goethe-Universität bereits in der Vergangenheit maßgeblich zu einem Paradigmenwechsel in der Ubiquitinforschung beigetragen. Er verfolgte schon früh die Hypothese, dass Ubiquitin-Signale von spezialisierten Bereichen in anderen Proteinen erkannt und übersetzt werden. Er konnte Ubiquitin-bindende Bereiche in über 200 Proteinen identifizieren und deren Rolle in normalen physiologischen Prozessen und bei der Entstehung von Erkrankungen wie Krebs, ALS und Parkinson belegen.

Publikation: Bhogaraju S, Kalayil S, Liu Y, Bonn F, Colby T, Matic I, Dikic I. Phosphoribosylation of ubiquitin promotes serine ubiquitination and impairs conventional ubiquitination. Cell. 2016 Dec;167(6). DOI10.1016/j.cell.2016.11.019

Bilder zum Download finden Sie unter:www.uni-frankfurt.de/64206818

Bildtext zur Grafik:Klein, aber entscheidend: Kristallstruktur von Ubiquitin (grün) und modifiziertem Ubiquitin (gelb). Modifiziertes Ubiquitin enthält eine zusätzliche Phosphoribosyl-Gruppe an der Aminosäure in Position 42. Die Überlagerung beider Bilder (Mitte) verdeutlicht den kleinen, aber entscheidenden Unterschied in der dreidimensionalen Struktur des Proteins. Grafik: Cell.

Informationen: Dr. Kerstin Koch, Institut für Biochemie II, Universitätsklinikum, Tel.: (069) 6301 84250, koch@biochem2.de