Nov 20 2009

Deutsch-französischer Dialog: Zwei Historiker debattieren bei der Gründungsfeier des Institut français d’histoire en Allemagne

Wozu Geschichte?

FRANKFURT. Aus Anlass seiner Gründungsfeier in Frankfurt lädt das ‚Institut Français d’Histoire en Allemagne’ am Montag (23. November) zu einer öffentlichen Diskussion mit zwei renommierten Historikern zum Thema ‚Wozu Geschichte?’ ein: Prof. Étienne François, Freie Universität Berlin und Paris-1-Sorbonne, und Prof. Johannes Fried, Goethe-Universität, debattieren, moderiert von Jürg Altwegg, Frankfurter Allgemeine Zeitung, ob die Auseinandersetzung mit geschichtlichen Themen immer noch „provozierend, konstruktiv, engagiert, magisch“ sein kann. Die Veranstaltung findet um 18 Uhr im Casino (Raum 1.802) auf dem Campus Westend statt. Das Institut sieht sich als einen geisteswissenschaftlichen Knotenpunkt für den deutsch-französischen Forschungsaustausch – nicht nur für die Geschichtswissenschaft, sondern auch für die Kunstgeschichte, Philosophie, Ethnologie und Philologien..

Im Leben der Europäer ist die Geschichte allgegenwärtig: Jedes Land, jede Stadt, jede Familie, jeder Verein, jede intellektuelle Strömung wird nicht müde, seine Vergangenheit zu erkunden, um die eigenen Wurzeln zu kennen. Dabei gilt es, auch jene Bereiche zu ergründen, in denen sich historische Brüche und dunkle Seiten zeigen. Auch die politischen Akteure messen der Geschichte einen großen Wert bei: Dies gilt für die deutsch-französischen Beziehungen wie auch im größeren Rahmen für den Bau Europas. .

Dr. Thomas Lienhard, Direktor des seit September in Frankfurt ansässigen Instituts, hat sich bewusst für eine provokante Debatte zum Frankfurter Auftakt entschieden. So schreibt er in der Vorankündigung: „Es gibt nämlich einige Gründe und aktuelle Entwicklungen, die einen Schatten auf diese Vorliebe für die Geschichte werfen. Man weiß heute, dass die Kenntnis der Vergangenheit nicht vor Fehlern oder Barbarei bewahrt. Man ist sich bewusst, dass die alte Geschichte eines Volkes nicht notwendigerweise für seine gegenwärtige Identität konstitutiv ist. Der wissenschaftliche Charakter dieses Bereichs sieht sich ebenfalls herausgefordert, nämlich durch diejenigen, die die historische Disziplin als zu subjektiv erachten. Die zahlreichen Gedenkfeiern, die zurzeit eine große Blüte erleben, verärgern zuweilen, weil sie eine selektive Wahrnehmung der Vergangenheit befördern.“ Ist das Studienfeld Geschichte nur eine Spielerei im Kämmerlein, die einige Intellektuelle betreiben, die den Bezug zur Realität verloren haben? Ist etwas Richtiges an jener Lebensweisheit, nach der „glückliche Völker keinen Geschichte haben“? Diesen Fragen stellen sich die beiden Historiker, die – jeder auf seiner Weise – die Ausübung ihrer Profession stets mit einem unablässigen Engagement für die Welt von heute und mit dem Anspruch darum verbunden haben, ein großes Publikum zu erreichen..

Das vom französischen Außenministerium finanzierte Forschungsinstitut ist im alten Hauptgebäude der Universität auf dem Campus Bockenheim angesiedelt. Etwa 50 französische Gastwissenschaftler werden pro Jahr in Frankfurt erwartet, die hier für einige Wochen in enger Kooperation mit ihren Kollegen forschen und sich auch an Seminaren und Vorlesungsreihen der verschiedenen Fachbereiche der Goethe-Universität beteiligen werden..

Informationen Dr. Thomas Lienhard, Institut Français d’Histoire en Allemagne; Tel. (069) 798- 31900, thomas.lienhard@institut-francais.fr