Dez 11 2009

Jugendliche mit sozialen Phobien für wissenschaftliche Studie gesucht – Methode hat sich in der Praxis bereits bewährt

Wenn Ängste vor anderen Menschen krank machen

FRANKFURT. „60 Augenpaare starren mich an, wenn ich an der Tafel was erklären muss. Das halte ich nicht aus, am liebsten würde ich abhauen.“ Was dieser Fünfzehnjährige beschreibt, erleben viele Heranwachsende: Circa fünf bis zehn Prozent aller Jugendlichen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer sozialen Phobie. Sie haben dauerhafte und übertriebene Angst vor Begegnungen mit anderen, insbesondere ihnen nicht bekannten Menschen, aber auch vor Situationen, in denen Leistungen von ihnen erwartet werden. Sie vermeiden deshalb zunehmend Situationen, die soziale Aktivitäten und Leistungen von ihnen verlangen. „Diese psychische Störung ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter, wobei der durchschnittliche Störungsbeginn in der Regel in der frühen Jugend liegt und ein früher Beginn der Störung einen chronischen Verlauf im Erwachsenenalter wahrscheinlich macht“, erläutert die Wissenschaftliche Geschäftsführerin der Verhaltenstherapieambulanz, Dr. Regina Steil. Seit 12 Jahren wird an der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität erforscht, wie Jugendlichen und Erwachsenen mit gezielter psychotherapeutischer Intervention geholfen werden kann. Menschen mit einer sozialen Phobie fürchten besonders, dass sie ein demütigendes oder peinliches Verhalten zeigen könnten. Bei einer Konfrontation mit der gefürchteten Situation erleben sie häufig starke Angstreaktionen. Entweder versuchen sie solche Situation zu meiden oder durchleben sie nur unter erheblicher Belastung. „Die Störung wirkt sich im jugendlichen Alter deutlich auf die Entwicklung sozialer und emotionaler Fähigkeiten aus. Sozialphobische Jugendliche leiden in Folge häufig unter einer eingeschränkten Lebensqualität und den Folgeproblemen dieser Erkrankung, wie beispielsweise Einsamkeit, Isolation sowie einer beeinträchtigten schulischen und beruflichen Ausbildung“, sagt die Diplom-Psychologin Franziska Schreiber, die zurzeit an vergleichenden Therapiestudie arbeitet. Untersuchungen haben gezeigt, dass Jugendliche mit diesen extremen Ängsten ein höheres Risiko dafür zeigen, die Schule früher abzubrechen. Außerdem haben diese Jugendlichen Schwierigkeiten, Freundschaften aufzubauen oder später beruflichen Erfolg zu haben.

„Die gute Nachricht ist, dass soziale Phobien erfolgreich behandelt werden können“, so Steil. Dennoch gab es bislang nur sehr wenige Behandlungsstudien bei Jugendlichen mit sozialer Phobie in Deutschland, welche die Wirksamkeit psychotherapeutischer Therapien untersuchen. Aus diesem Grund wird nun im Rahmen einer großangelegten multizentrischen Therapieforschungsstudie unter anderem an der Goethe-Universität ein Wirksamkeitsvergleich von zwei in der Praxis häufig eingesetzten Therapieverfahren durchgeführt: der kognitiven Verhaltenstherapie und der psychodynamische Kurzzeittherapie. Das Ziel dieser Vergleichsstudie ist es, herauszufinden, ob für bestimmte Personen bzw. Symptom-Zusammensetzungen das eine Verfahren besser geeignet ist als das andere. Das kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungskonzept wurde dabei auf der Basis eines kognitiven Behandlungsansatzes bei Erwachsenen mit sozialer Phobie nach Clark und Wells (1995) entwickelt, das sich in verschiedenen Studien bereits als sehr wirksam erwiesen hat.

Um nun diesen neuen Ansatz bei Jugendlichen zu testen, sucht das Wissenschaftlerteam in der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität jugendliche Studienteilnehmer im Alter zwischen 14 und 20 Jahren mit Sozialer Phobie. Die Behandlung ist als Einzeltherapie angelegt und umfasst, nach einer Phase der Eingangsdiagnostik, 25 Therapiesitzungen mit dem neuen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungskonzept. Nach Beendigung der Therapie erfolgen jeweils nach sechs und zwölf Monaten Nachfolge-Untersuchungen.

Informationen: Dipl.-Psych. Franziska Schreiber, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Campus Bockenheim, Tel: (069) 798-23973, Schreiber@psych.uni-frankfurt.de

WEITERE INFORMATIONEN

Dipl.-Psych. Franziska Schreiber,
Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Campus Bockenheim,
Tel: (069) 798-23973,
Schreiber@psych.uni-frankfurt.de