Okt 31 2007

Peter Güntert ist erster Lichtenberg-Professor an der Goethe-Universität

Von Yokohama nach Frankfurt berufen

FRANKFURT. Wenn es darum geht, aus der Fülle von Mess-Signalen, die bei der Untersuchung komplizierter Proteine entstehen, eine räumliche Struktur abzuleiten, dann ist Prof. Peter Güntert einer der wenigen Spezialisten weltweit. „Mit der Software, die Peter während seiner Doktorarbeit entwickelt und im Laufe der Jahre immer weiter verfeinert hat, rechnet heute die halbe NMR-Community“, sagt der Frankfurter NMR-Spezialist Prof. Volker Dötsch. Die Magnetische Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) ist eines von zwei grundlegenden Verfahren zur Untersuchung von Proteinstrukturen auf atomarer Ebene. Die Universität Frankfurt hat mit bisher drei Professuren und dem Zentrum für Biomolekulare Magnetische Resonanz (BMRZ) eine international herausragende Expertise auf diesem Gebiet. „Die Berufung von Peter Güntert ist eine große Bereicherung für uns, insbesondere für die theoretische Analyse der NMR-Daten. Seine Kenntnisse verbessern und beschleunigen die Erarbeitung von immer größeren Proteinstrukturen. Mit Peter Güntert kommt eine wesentliche komplementäre Bereicherung nach Frankfurt“, freut sich Dekan Prof. Harald Schwalbe. Güntert kam zum 15. Oktober vom japanischen RIKEN Yokohama Institute auf eine Lichtenberg-Professur an der Goethe-Universität. Es handelt sich um eine von jährlich zwei Professuren, die von der Volkswagen-Stiftung an exzellente Forscher auf W3 Niveau, die nach Deutschland geholt werden sollen, vergeben werden.

Peter Güntert, geboren 1964 in Schaffhausen an Rhein, promovierte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH) in der Arbeitsgruppe des späteren Nobelpreisträgers Kurt Wüthrich. Im Physik-Studium war er nach eigener Aussage eher durchschnittlich. Als er aber begann, die Gesetze der Physik auf komplexe lebende Materie anzuwenden, fing er Feuer und erbrachte herausragende Leistungen. Sowohl für seine Diplom- als auch seine Doktorarbeit wurde er von der ETH mit Preisen ausgezeichnet. Seine heute weltweit genutzte Software schrieb er ursprünglich „nur zu Übungszwecken, damit ich es einmal selbst gemacht und verstanden habe“. Das Programm war dann wesentlich besser als die bereits existierenden, so dass sich in der Folge auch die pharmazeutische Industrie dafür interessierte. „Wenn man nach wirksamen Medikamenten sucht, ist es wichtig, die Oberflächenstruktur der Proteine zu kennen“, erklärt Güntert, „denn die Wirkstoffe sollen an bestimmten Stellen - Taschen oder Poren auf der Oberfläche - angreifen“.

In Frankfurt wird Güntert gemeinsam mit seinen Kollegen am BMRZ eine besondere Gruppe von Proteinen, die Membranproteine, mit Hilfe der NMR-Spektroskopie untersuchen. Die Erforschung der Membranproteine wird derzeit im Rahmen des Exzellenzclusters Makromolekulare Komplexe stark ausgebaut - nicht zuletzt, weil sie der Angriffspunkt von 80 Prozent aller heute verfügbaren Medikamente sind. Sie sind für zahlreiche lebenswichtige Prozesse wie Zellatmung, Signalübermittlung und Stoffwechsel verantwortlich. Bisher werden Membranproteine mit Röntgenkristallographie oder Elektronemikroskopie untersucht. Dötsch und Güntert entwickeln nun Methoden, mit denen man die Proteine in gelöster Form auch der NMR-Spektroskopie zugänglich machen kann. Das ist schwierig, denn die komplexen Gebilde sind „wasserscheu“ und ändern in Lösung ihre Struktur. Die NMR-Spektroskopie ist nun in der Lage, Membranproteinstrukturen zu lösen. Bisher sind nur sehr wenige solcher Strukturen bekannt.

In seiner Freizeit geht Peter Güntert gern Bergwandern. Er freut sich, dass er von Frankfurt aus schnell im Grünen ist. Seine japanische Frau, die Teile ihrer Jugend in Belgien verbracht hat, ist mit dem Umzug nach Frankfurt ebenfalls einverstanden - auch wegen der Nähe zu Frankreich.

Nähere Informationen:
Prof. Dr. Peter Güntert, Institut für Biophysikalische Chemie, Max-von-Laue-Str. 9, 60438 Frankfurt; Tel.: 069-798-29621; E-Mail:guentert@em.uni-frankfurt.de