Okt 28 2009

Die Frankfurter Bürger-Universität in der ersten November-Hälfte

Träume im Viehwagen und eine Pionierin der Politik- Theorie

FRANKFURT. Die Goethe-Universität setzt im Wintersemester die erfolgreiche Frankfurter
Bürger-Universität mit insgesamt 83 Veranstaltungen fort. Dabei bilden zwei eigens konzipierte Ringvorlesungen das ‚Herz‘ der populärwissenschaftlich orientierten
Veranstaltungsreihe: zum einen die soziologische Serie ‚Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien‘, zum anderen die literatur- und kulturwissenschaftliche Reihe
‚Jahrestage - von der Varusschlacht bis zu Agenda 2010‘. Beide Reihen starteten im Oktober und werden in der ersten November-Hälfte mit folgenden Themen fortgesetzt:

Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien
2. November 2009
Prof. Micha Brumlik: Hannah Arendt (1906-1975)

19.30 Uhr, I. E. Lichtigfeld-Schule im Philanthropin, Hebelstr. 15-19, 60318 Frankfurt.
Eintritt frei

Bei ihrem Tod im Jahr 1975 hinterließ Hannah Arendt ein vielfältiges politik-theoretisches
Werk, in dessen Zentrum das Buch ‚Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft‘ steht. Es
zählt zum Kanon der wichtigsten politischen Werke des 20. Jahrhunderts und behandelt vor
allem die Hintergründe von Nationalsozialismus und Stalinismus. Doch auch mit Fragen der
Existenzphilosophie beschäftigte sich die 1941 in die USA emigrierte jüdische Publizistin und
Gelehrte, ebenso mit politischer Pluralität oder dem Frieden im Nahen Osten. Zu
Kontroversen führte in der 1960er Jahren ihre Reportage über den Prozess gegen Adolf
Eichmann, in der sie unter anderem die Rolle der Judenräte bei den Deportationen im
Dritten Reich kritisierte.
Das vielfältige Werk Hannah Arendts wird erst seit wenigen Jahren nachhaltig ernst
genommen. Heute zählt Arendt, die kurze Zeit auch an der Goethe-Universität studierte,
zu den wenigen eigenständigen humanistischen und freiheitlichen DenkerInnen des vorigen
Jahrhunderts und nimmt in den Debatten der Gegenwart eine bedeutende Rolle ein. Wie
und wo lebt das Denken Arendts heute fort? Wie wird ihr Schaffen speziell aus jüdischer
Sicht wahrgenommen? Wie prägte ihr Schicksal während des Nationalsozialismus ihr
Denken und Werk?

Micha Brumlik ist Inhaber der Professur für Erziehung und Bildung am Fachbereich
Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität. Bis 2005 leitete er zudem das Fritz Bauer Institut.

Jahrestage – von der Varusschlacht bis zur Agenda 2010
5. November 2009
Das Phänomen der Jahrestage aus kulturwissenschaftlicher Sicht
Prof. Aleida Assmann:
Wiedervorlage. Vom Sinn und Unsinn der Gedenktage
18.30 Uhr, Campus Westend, Hörsaal HZ 6, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

Erinnerung beruht auf Zurückholung (retrieval) und Wiederholung (repetition). Durch diese
Anforderungen des Gedächtnisses wird der lineare Verlauf der Geschichte umgebogen und
periodisch zyklisiert. Dabei entsteht nicht die ewige Wiederkehr des Gleichen, wohl aber die
ewige Wiederkehr des immer wieder Anderen. Durch Jahrestage und Jahresjahre wird die
Vergangenheit in jeweils anderen Ausschnitten recycelt und wieder in die Gegenwart
eingefädelt, wobei die herbeizitierte Vergangenheit als Wiederverkörperung, als
Wiederbelebung, als gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus, als Gegenimpuls oder als leere
Routine erfolgen kann. Es lohnt daher, aus der Perspektive der Dynamik des kulturellen
Gedächtnisses genauer über die Geschichte, Bedeutung und Funktion solcher Rückgriffe und
Wiederholungen nachzudenken und dabei auch auf die Frage nach Sinn oder Unsinn
gegenwärtiger Gedenkpraxis einzugehen.

Aleida Assmann, Professorin für Anglistik an der Universität Konstanz, ist Expertin für Fragen
des kulturellen Gedächtnisses, des kollektiven wie individuellen Erinnerns und
Vergessens und ihrer Medien.

12. November 2009
60 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Prof. Jörg Döring: Mit Günter Eich im „Viehwagen“. Die Träume der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft

18.30 Uhr, Campus Westend, Hörsaal HZ 6, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt.
Eintritt frei

Die erste Episode von Günter Eichs Hörspiel Träume von 1951 gilt nicht nur als eine der
ersten literarischen Darstellungen der Shoah in der Nachkriegszeit; sie richtet sich zudem via
Massenmedium Hörfunk an ein breites Publikum. Darüber hinaus ist Traum 1 als ein für die
Geschichte der jungen Bundesrepublik bedeutendes Dokument dafür zu verstehen, wie ein
nicht-jüdischer Autor sich mit der Shoah auseinandersetzt. Diese Ausgangskonstellation hat
die Rezeption der Träume bis 1989 stets in zeitspezifischer Weise beeinflusst. Die
wechselhafte Lesart von Traum 1 steht somit symptomatisch für bestimmte Konjunkturen in
der Erinnerungskultur der alten Bundesrepublik. In jeder Phase seiner Rezeption wird Eichs
Traum von der Großfamilie im Eisenbahnwaggon einer kreativen Fehllektüre unterzogen.
Jörg Döring, Professor für Neuere Deutsche Literatur und Mediengeschichte an der
Universität Siegen, beschäftigt sich insbesondere mit der Literatur- und Mediengeschichte
des Dritten Reichs sowie der jungen Bundesrepublik.

Weitere Veranstaltungen
4. November 2009

Prof. Martin Trömel
Die Uranspaltung
Umbruch in der Wissenschaft, Umbruch in der Kriegstechnik
Im Rahmen der Ringvorlesung der Universität des 3. Lebensalters
14 Uhr, Campus Bockenheim, Hörsaal H V, Hörsaalgebäude, Mertonstr. 17-21, 60325 Frankfurt.
Eintritt frei


Prof. Luis Gutheinz SJ (Taipeh)
Die Scholastische Phase in der Theologie Chinas
Im Rahmen der Gastprofessur ‚Theologie interkulturell‘
16.15 Uhr, Campus Westend, Raum 1.741b, Nebengebäude, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt.
Eintritt frei

Dr. Hannah Baader (Florenz)
Das Mittelmeer
Kulturen der Dinge, Topologien der Kunstgeschichte
Im Rahmen der Ringvorlesung ‚Das Mittelmeer als Kulturraum‘
18.15 Uhr, Campus Westend, Raum 411, IG-Hochhaus,
Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

Prof. Chantal Mouffe (London)
Which Democracy in a Multi-Polar World?
Im Rahmen der Ringvorlesung des Cornelia Goethe Centrums
18.15 Uhr, Campus Westend, Raum 1.801, Casino, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

9. November 2009
Prof Günter Rager (Freiburg/CH) und
Prof. Michael von Brück (München)
Bewusstsein, Ich und Selbst Im Rahmen der Templeton Research Lectures 2009/2010
18.15 Uhr, Campus Westend, Raum HZ 1, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main. Eintritt frei

10. November 2009 Dr. Behzad Mofidi Nasrabadi (Mainz)
Haft Tepe und die Könige von Susa und Anschan
Im Rahmen von ‚Neue Archäologische Funde und Forschungen‘
18.15 Uhr, Campus Westend, Raum 311, IG-Hochhaus, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

Prof Günter Rager (Freiburg/CH) und
Prof. Michael von Brück (München)
Wissen und Wahrheit
Im Rahmen der Templeton Research Lectures 2009/2010
18.15 Uhr, Campus Westend, Raum HZ 1, Hörsaalzentrum, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main. Eintritt frei

11. November 2009
Dr. Rolf Wiggershaus
Die ausgebliebene Revolution und die nicht aufgegebene Utopie
Die Frankfurter Schule, der westliche Marxismus und die Protestbewegung der 1960er Jahre
Im Rahmen der Ringvorlesung der Universität des 3. Lebensalters 14 Uhr, Campus Bockenheim, Hörsaal H V, Hörsaalgebäude, Mertonstr. 17-21, 60325 Frankfurt. Eintritt frei


Prof. Luis Gutheinz SJ (Taipeh)
Katholische Versuche einer kontextuellen Theologie
Im Rahmen der Gastprofessur ‚Theologie interkulturell‘
16.15 Uhr, Campus Westend, Raum 1.741b, Nebengebäude, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt. Eintritt frei

Informationen: Stephan M. Hübner, Pressereferent, Tel: (069) 798-23753, huebner@pvw.uni-frankfurt.de

Das gesamte Programm: www.goethe-universitaet.de/buergeruni
Die Programmbroschüre zur ‚2. Frankfurter Bürger-Universität‘ kann kostenlos über die Abteilung Marketing und Kommunikation angefordert werden: Tel. 798-22472 oder k.wagner@vdv.uni-frankfurt.de

„Wir wir wuden, wer wir sind“ in Zusammenarbeit mit I.E. Lichtigfeld Schule

„Jahrestage“ gefördert von Freunde der Universität

WEITERE INFORMATIONEN

Stephan M. Hübner, Pressereferent,
el: (069) 798-23753,
huebner@pvw.uni-frankfurt.de

Das gesamte Programm: www.goethe-universitaet.de/buergeruni
Die Programmbroschüre zur ‚2. Frankfurter Bürger-Universität‘ kann kostenlos über die Abteilung Marketing und Kommunikation angefordert werden:
Tel. 798-22472 oder k.wagner@vdv.uni-frankfurt.de