Apr 22 2008

Universitätsbibliothek übernimmt kulinarische Literatur-Bestände der TafelKulturStiftung

Tafelfreuden

FRANKFURT. Die Frankfurter Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg hat als Dauerleihgabe über 50.000 Bücher, Menükarten und Archivalien der TafelKulturStiftung erhalten. Die Dokumente sollen fortan durch die Universitätsbibliothek der Öffentlichkeit sowie Forschung und Lehre zugänglich gemacht werden und bilden einen Archiv-Grundstock des von der Stiftung im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen geplanten Kochkunstmuseums. Eine derartige, weltweit einzigartige Einrichtung hatte in Frankfurt bereits von 1909 bis zum Zweiten Weltkrieg existiert, war dann aber der Zerstörung anheim gefallen.

Die übergebene Sammlung, so Museumsleiter Walter Schwarz, lässt sich in 16 Teilbereiche gliedern und umfasst unter anderen rund 12.000 Bücher zum Thema Tafelkultur aus allen historischen Epochen, etwa 75 handgeschriebene Rezeptbücher aus drei Jahrhunderten und zirka 16.000 Menü- und Speisekarten von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Hinzu kommt eine umfangreiche Sammlung von internationalen Zeitschriften, Werbemitteilungen, Gastronomie-Kalendern, Rezept-Handschriften oder Kochbuchkatalogen. »Besondere Beachtung verdienen dabei das Dokumente-Archiv des ehemaligen Präsidenten des US-Köcheverbands, Robert Audelan, das Tafelkultur-Archiv von Prof. Franz Lerner und ein Briefwechsel mit Harry Schraemli, einem der bedeutendsten Tafelkultursammler der Welt, der sich bis zu seinem Tod 1995 stark für die Wiedererrichtung des Kochkunstmuseums einsetzte,« so Schwarz. Ebenso hob er die jüngst übernommene Bibliothek und Sammlung zur gastronomischen Literaturgeschichte Holger Hofmanns hervor, der neben Clemens Wilmenrod als einer der ersten Fernsehköche populär wurde.

Der Vorsitzende der TafelKulturStiftung, Knuth Günther, hob bei der Übergabe hervor, dass die Leihgabe der Bücher, Menükarten und Archivalien nur ein erster Schritt in der Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität sein solle: »Wir möchten uns künftig ebenso für die Einrichtung einer bis dato einzigartigen Professur für Tafelkultur in einem der geisteswissenschaftlichen Fachbereiche der Universität engagieren.« Frankfurt als historisches Zentrum Europas, als einstige Kaiserkrönungsstadt und heutigem Sitz der Europäischen Zentralbank sei ein idealer Standort für eine derartige Einrichtung, um zukünftige Protokollchefs, Veranstaltungsgestalter und an diesem großen kulturellen Thema Interessierte akademisch zu versorgen.

Universitätspräsident Prof. Rudolf Steinberg und Bibliotheksdirektor Berndt Dugall dankten der Stiftung im Namen der Universität. »Gerade in einer Zeit schnell wechselnder Werte kommt es darauf an, Tradition gleichermaßen zu wahren, zu dokumentieren und weiter zu entwickeln,« so Dugall, insbesondere Tischkultur und Kochkunst böten sich aufgrund ihres herausragenden kulturellen Wertes für ein solches Ansinnen an. Präsident Steinberg wertete die Dauerleihgabe als einen weiteren Schritt der Öffnung hin zur Bürgergesellschaft. »Die Übernahme der konservatorischen Verpflichtungen für die Sammlungen des in Gründung befindlichen Kochkunstmuseums beweist außerdem, dass uns auch die Förderung ungewöhnlicher Forschungsbereiche am Herzen liegt,« so Steinberg. »Tafelkultur und Kochkunst sind zudem eng mit den Anfängen unserer Zivilisation verknüpft und bieten dadurch eine zwar ungewöhnliche aber dennoch logische Plattform zur weiteren Erforschung gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse.«

Informationen:
Berndt Dugall, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg. Tel: (069) 798-22461/-39230, b.dugall@ub.uni-frankfurt.de

Knuth Günther, TafelKulturStiftung und Verein zur Förderung der Tafelkultur. Tel: (069) 5532920, VereinTafelkultur@web.de