Mai 25 2006

In seiner außerordentlichen Sitzung zum Thema „Studienbeiträge“ hat der Senat am Mittwoch (24.05.) nach einer sachlichen und kontrovers geführten Diskussion dem von den Professoren eingebrachten Beschluss zu Studienbeiträgen zugestimmt.

Senat lehnt Gesetzentwurf zu Studienbeiträgen unter den gegebenen Bedingungen ab

FRANKFURT. In seiner außerordentlichen Sitzung zum Thema „Studienbeiträge“ hat der Senat am heutigen Mittwoch nach einer sachlichen und kontrovers geführten Diskussion mit etwa 800 Studierenden dem von Professoren eingebrachten Beschluss zu Studienbeiträgen zugestimmt: Elf Mitglieder votierten mit „ja“; vier – darunter die drei Vertreter der Studierenden im Senat – stimmten gegen diesen Vorschlag und stellten ihren eigenen zur Abstimmung, der allerdings keine Mehrheit fand. Einig waren sich alle Versammelten darin, dass dem Land nicht die Möglichkeit eröffnet werden solle, sich mit der Einführung der Studienbeiträge als einem ersten Schritt weiter aus der Finanzierung der Hochschulen zurückzuziehen.

Mit dem Beschluss stimmte der Senat der Universität Frankfurt gegen den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung und forderte eine verbesserte finanzielle Ausstattung sowie eine Abkehr von der Politik der Unterfinanzierung der Hochschulen. Der Resolutionsvorschlag der Studierenden sah dagegen ein generelles Votum gegen die Einführung von Studienbeiträgen vor. Universitätspräsident Prof. Dr. Rudolf Steinberg zeigte sich beeindruckt von der konstruktiven Debatte in dem vollen Hörsaal. Erhebliche Kritik wurde sowohl von den Studierendenvertretern als auch von den Senatoren an Ausgestaltung zahlreicher Passagen des Gesetzes geübt, insbesondere an der mangelnden Sozialverträglichkeit der geplanten Studienbeiträge.

Der Beschluss des Senats im Wortlaut (der zweite Absatz wurde während der Diskussion aufgenommen und findet sich auch in der Resolution der Studierenden wieder):

„Der Senat der Johann Wolfgang Goethe-Universität protestiert nachdrücklich gegen die unzureichende Finanzierung der Universität durch die Hessische Landesregierung. Die personelle und monetäre Ausstattung der hessischen Universitäten hat sich seit 1996 insgesamt verschlechtert. Im Vergleich zu anderen Flächenländern, insbesondere auch zu Baden-Württemberg und Bayern, ist die Ausstattung unterdurchschnittlich. Der Senat fordert die Landesregierung auf, hier entschieden umzusteuern. Ohne die notwendige Ausstattung können exzellente Leistungen in Forschung und Lehre nicht erzielt werden. Der Erfolg der beispiellosen baulichen Investitionen der Landesregierung an der Frankfurter Universität, die der Senat ausdrücklich anerkennt, wird so konterkariert. Das Land setzt damit seine Wettbewerbsfähigkeit auf Spiel. Der Senat fordert deshalb entschieden, über die im Hochschulpakt ab 2007 vorgesehene Steigerung von 1,5 % hinaus, der Universität zusätzliche öffentliche Mittel zur Verfügung zu stellen.

Gegenwärtig soll der Studienbeitrag das Land aus seiner finanziellen Verantwortung für die Universitäten ein ganzes Stück weit befreien. Lassen wir uns auf diesen Weg ein, ist die Fortsetzung absehbar: Zukünftig wird das Land auf jede berechtigte Forderung der Universitäten nach einer angemessenen Finanzausstattung mit dem Hinweis antworten, dass eine höhere Kostenbeteiligung der Studierenden erforderlich sei, wenn die Hochschulen mehr Geld benötigen. Wenn wir den ersten Schritt nicht ablehnen, werden wir gegen die weiteren Schritte, über die in den Finanzministerien vieler Länder schon offen gesprochen wird, keine überzeugenden Argumente mehr haben.

Die geplante Einführung von Studienbeiträgen kann das strukturelle Problem der chronischen Unterfinanzierung der Universitäten aus öffentlichen Mitteln nicht lösen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich nach Einführung der Gebühren das Land in weiter zunehmendem Maße seiner Verantwortung der grundständigen Finanzierung entzieht. Die auch im vorliegenden Gesetzentwurf fortgeschriebene Praxis, die Studienbeiträge der Langzeitstudenten dem Landeshaushalt zuzuführen, nährt diese Befürchtungen.

Alle großen Bundesländer haben die Einführung von Studienbeiträgen bereits beschlossen. Um eine weitere Verschlechterung der Studienbedingungen zu vermeiden, wird deshalb auch in Hessen die Einführung von maßvollen Studienbeiträgen – sofern dies rechtlich zulässig ist - grundsätzlich in Erwägung zu ziehen sein. Dabei kommt es allerdings entscheidend auf die Ausgestaltung der konkreten Bedingungen und Modalitäten an. Der Senat hält vor allem die folgenden Voraussetzungen für unabdingbar:

·Die Sozialverträglichkeit von Studienbeiträgen muss über ein hinreichendes und einfaches System von Stipendien und Darlehen zur nachgelagerten Beitragsfinanzierung sichergestellt werden.
·Sämtliche Einnahmen aus allen Studienbeiträgen müssen bei den Hochschulen verbleiben und zur Verbesserung der Lehre verwendet werden.
·Verlässliche Zusagen des Landes müssen einen zumindest real unveränderten Landeszuschuss garantieren und einen in Zukunft steigenden Zuschuss in Aussicht stellen.
·Die Verfassungskonformität von Studienbeiträgen muss außer Zweifel stehen.

Da der Senat der Goethe-Universität diese Bedingungen im mehren Punkten als nicht erfüllt ansieht, lehnt er den vorliegenden Gesetzentwurf zur Einführung allgemeiner Studienbeiträge ab. Der Senat fordert die Landesregierung auf, in eine offene Diskussion über eine angemessene und zukunftsweisende Finanzierung der hessischen Universitäten einzutreten.“

Universitätspräsident Prof. Dr. Rudolf Steinberg beurteilte den Beschluss des Senats, in dem der Präsident kein Stimmrecht hat, als konsensfähig: „Dieser Beschluss ist von der Position der Studierenden nicht sehr weit entfernt.“ Steinberg machte deutlich, dass er die Bedenken der Studierenden sehr ernst nimmt: „Viele befürchten etwa, dass die Landesregierung nach der Einführung von Studiengebühren die Zuschüsse an die Hochschulen reduziert und das Geld der Studierenden deshalb nicht zu besseren Studienbedingungen führt. Das darf nicht sein.“

Steinberg forderte die Landesregierung auf, den mit den hessischen Hochschulen geschlossenen Hochschulpakt zu ergänzen und in einem gesonderten Passus zu erklären, dass der Zuschuss für die Hochschulen auf keinen Fall reduziert werde. Dazu der Präsident: „Es muss festgehalten werden, dass die Hochschulen jedes Jahr mindestens 1,5 Prozent mehr Geld vom Land bekommen. Wenn das im Hochschulpakt steht, dann haben alle Beteiligten ein Höchstmaß an Rechtssicherheit.“ Steinberg machte im Senat deutlich, dass es notwendig sei, den Gesetzentwurf im Hinblick auf seine Sozialverträglichkeit zu prüfen und in wesentlichen Punkten nachzubessern.

Kontakt: Prof. Rudolf Steinberg, Präsident der Universität Frankfurt. Tel.: 069 / 798 22232; E-Mail: praesident@uni-frankfurt.de