Mär 20 2008

Öffentliche Vortragsreihe im Rahmen der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur »Wissenschaft und Gesellschaft«

Ökonomische Ungleichheit und Gerechtigkeit

FRANKFURT. Ökonomische Ungleichheit kann überall beobachtet werden: beim Arbeitseinkommen, Vermögen und Konsum. Doch wie hat sie sich in den vergangenen Jahren entwickelt, in welchen Bereichen hat Ungleichheit zu- oder abgenommen? Was sind die Ursachen dieser Ungleichheit? Kann man sie beeinflussen? Kann beispielsweise Chancengleichheit durch Interventionen im Bildungssystem gefördert werden? Diese und ähnliche Fragen diskutieren international renommierte Wissenschaftler im Rahmen der Vortragsreihe »Economic Inequality and Justice« (»Ökonomische Ungleichheit und Gerechtigkeit«), die im Sommersemester im Rahmen der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur »Wissenschaft und Gesellschaft« von Prof. Michael Haliassos, Professur für Makroökonomik und Finanzmärkte, veranstaltet wird. Alle Vorträge werden in englischer Sprache gehalten und finden montags um 18.30 Uhr auf dem Campus Westend, Nebengebäude, Raum 1.741, statt.

Die Vortragsreihe bringt sechs international führende Denker und Forscher von beiden Seiten des Atlantiks nach Frankfurt, um ihre Ansichten zu dieser Thematik vorzustellen. Sie verbinden in ihren Vorträgen theoretische Überlegungen mit innovativen Analysen der aktuell verfügbaren Daten. Basierend auf dem neuesten Stand ökonomischer Forschung werden die Referenten das aktuelle Wissen für eine breite Öffentlichkeit verständlich aufbereiten und zu stimulierenden Debatten Anlass geben. Hierbei werden unterschiedliche Aspekte der ökonomischen Ungleichheit und deren Beziehung zur Gerechtigkeit in den Fokus gesetzt.

Anthony Atkinson, Oxford University, beginnt die Vortragsreihe am 31. März. Er gilt als internationale Größe in Fragen von Ungleichheit, Altersvorsorge und sozialer Gerechtigkeit. In seinem Vortrag geht er der Frage nach, ob und wo die Einkommensungleichheit in der jüngeren Vergangenheit zugenommen hat. Dabei geht er speziell darauf ein, wie verbreitet dieses Phänomen in den OECD-Ländern ist, ob es neu ist oder sich in der Geschichte wiederholt. Costas Meghir, University College London, beschäftigt sich in seinem Vortrag am 21. April damit, wie Chancen und wirtschaftliche Ergebnisse miteinander in Beziehung stehen. Der Referent gilt als führender Kenner empirischer Mikroökonomie und Mikroökonometrie mit einem Schwerpunkt in der Arbeitsökonomie. Er untersucht die Wirksamkeit von bildungspolitischen Maßnahmen für Arme sowohl in Entwicklungs- als auch Industrieländern und diskutiert ihre Wirksamkeit auf der Basis von Pilot- und experimentellen Studien. Christopher Carroll, Johns Hopkins University, ist Experte für Konsum- und Sparverhalten und setzt die Vorlesungsreihe am 26. Mai mit der Untersuchung am oberen Ende der Vermögensverteilung fort. Warum sparen reichere Haushalte im Verhältnis mehr von ihrem Einkommen als Ärmere und werden dabei umso reicher?

Peter Diamond, führender Ökonom in Fragen öffentlicher Finanzwirtschaft, soziale Sicherungssysteme und Verhaltensökonomie, wird in seinem Vortrag am 2. Juni den Beitrag der modernen Steuertheorie untersuchen: Um wirtschaftliche Ergebnisse zu korrigieren, können Regierungen mit Steuern auf Einkommens- und Vermögensungleichheit reagieren und somit eine Umverteilung erzielen. Allerdings brauchen sie auch Steuereinkommen, beispielsweise für Ausbau und Erhalt der benötigten öffentlichen Infrastruktur, so Diamond vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Einkommenssteuern sollten deshalb eine Ausgewogenheit zwischen Gerechtigkeit und Effizienz erzielen. Roland Benabou, Princeton University, wird am 16. Juni den theoretischen und empirischen Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Ungleichheit, redistributiven Institutionen und Wachstum diskutieren. Er gilt als der exzellenter Kenner, wenn es um den Zusammenhang zwischen Wachstum der Ungleichheit, sozialer Mobilität und Umverteilung, Bildung, sozialen Wechselbeziehungen und Verhaltensökonomie geht. Größere Ungleichheit und ein geringeres Maß an Umverteilung können sich gegenseitig verstärken und dazu führen, dass Gesellschaften, die sich ansonsten sehr ähnlich sind, zu unterschiedlichen »Gesellschaftsmodellen« neigen. Andererseits tendieren ungleichere Gesellschaften dazu, Technologien und Organisationsweisen zu entwickeln, die eine ungleiche Lohnentwicklung implizieren. Neueste Forschungen betonen die Rolle von gesellschaftlichen Werten oder Ideologien.

Zum Abschluss am 30. Juni wird Richard Blundell, University College London, basierend auf Daten mehrerer Industrieländer, die sich verändernde Natur der Einkommensungleichheit und deren Einfluss auf den Lebensstandard der Familien beleuchten. Der Referent gilt als anerkannter Experte für ökonometrische Untersuchungen mikroökonomischer Daten. Sein Vortrag behandelt die Rolle der Steuer- und Sozialreformen, der Kreditmärkte und des Arbeitsangebotes der Familien und untersucht Mechanismen, die den Familien und Regierungen zugänglich sind, um die negativen Effekte der Ungleichheit abzumildern.

Vorträge im Einzelnen:

31. März 08
Anthony Atkinson, Oxford University, UK
The Changing Distribution of Earnings

21. April 08
Costas Meghir, University College London, UK
Education Policy and Inequality

26. Mai 08
Christopher Carroll, Johns Hopkins University, USA
Why Do the Rich Save So Much?

2. Juni 08
Peter Diamond, MIT, USA
Taxing Income

16. Juni 08
Roland Benabou, Princeton University, USA
Inequality and the Social Contract: Fundamentals and Ideologies

30. Juni 08
Richard Blundell, University College London, UK
From Income to Consumption: Partial Insurance and the Transmission of Inequality

Nähere Informationen zu den Vorträgen und den Referenten: www.wiwi.uni-frankfurt.de/db-series/, Prof. Michael Haliassos, Ph.D., Professur für Makroökonomik und Finanzmärkte, Abteilung Geld und Währung, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Telefon 069/ 798-28274, E-Mail: koturic@wiwi.uni-frankfurt.de.