Feb 10 2009

Abschiedsvorlesung von Prof. Fritz Siemsen

Goethe und der Elektromagnetismus

FRANKFURT. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Goethe seine naturwissenschaftlichen Arbeiten für weitaus bedeutender hielt, als seine literarischen. Am bekanntesten ist seine Farbenlehre, auf die er besonders stolz war, die aber von zeitgenössischen Physikern abgelehnt wurde. Weniger bekannt sind Goethes Überlegungen zum Elektromagnetismus. Es ist daher mit einigen Überraschungen zu rechnen, wenn Fritz Siemsen, Prof. für Didaktik an der Frankfurter Goethe-Universität, in seiner Abschiedsvorlesung die Experimente des Geheimrats und seine Überlegungen dazu vorführt. „Aus didaktischer Sicht ist der Zugang Goethes zum Elektromagnetismus anschaulicher als manche heute im Schulunterricht verwendete Modelle“, urteilt Siemsen. Beispielsweise hielt Goethe eine Vorlesung über den Elektromagnetismus, übrigens nur für Damen, die die Phänomene gänzlich ohne die damals noch nicht bekannten Elektronen plausibel erklärte. Siemsen zeigt PhysiklehrerInnen, wie sie ihre SchülerInnen mit den Augen Goethes an Magnetismus und Elektrizität heranführen können. Seine Vorlesung richtet sich aber auch an SchülerInnen und interessierte BürgerInnen.

„Goethes Theorie war nicht mathematisch, sondern sie entwickelte sich aus dem Anschauen der Urphänomene. Überall sah er das Strömen und die Taten der Natur“, erklärt Siemsen, „So ergeben sich einige Bilder zum Kraftfeldbegriff, die für eine anschauliche Physikvermittlung wertvoll sind.“ Große Schwierigkeiten bereitet vielen SchülerInnen der Gedanke, dass Strom in einem elektrischen Stromkreis nicht verbraucht wird, sondern elektrische Energie in andere Energieformen wie Licht umgewandelt wird. Einen alternativen Zugang bietet Goethes zentraler Gedanke der Polarität: Er stellte sich vor, dass von der einen Seite des Stromkreises negative Elektrizität und vor der anderen Seite positive Elektrizität fließt. Bei der Vereinigung der beiden in der Lampe wird Energie frei.

Offenbar regte Goethe durch seine Überlegungen auch befreundete Naturforscher zu Entdeckungen an: So vermutete er, nachdem das Infrarot entdeckt worden war, dass es am kurzwelligen Ende des Lichtspektrums ebenfalls unsichtbare elektromagnetische Wellen geben müsse. Diese fand sein Freund Johann Ritter kurz darauf: das Ultraviolett. In wochenlangen Trinkgelagen mit Christian Oersted gab Goethe dem dänischen Forscher wichtige Hinweise, wie Elektrizität und Magnetismus zusammen hängen. Entscheidend war wohl Goethes eigenwillige Übersetzung der ersten Worte des Johannes-Evangeliums als: „Im Anfang war die Tat“. Damit meinte er: Tätige Elektrizität schafft magnetische Kraft; oder: um einen von Strom durchflossenen Leiter entsteht ein magnetisches Feld.

Geplante Experimente:

- Elektrische Anziehung und Abstoßung
- Influenz
- Entladung (Minigewitter)
- Von Frankensteins Sarg zur Batterie
- Von Goethe zum Elektromagnet und zur Induktion
- Paradox - zwei verschiedene Spannungen an den selben Punkten abgegriffen
- Tesla-Motor
- Riesenblitze mit Tesla-Trafo
- Fön-Motor als Generator
- Lichtmaschine mit und ohne Licht
- Rundfunk mit Ventilator und Radio

Informationen Prof. Fritz Siemsen, Institut für Didaktik der Physik, Tel. (069) 798-46458, siemsen@ em.uni-frankfurt.de

WEITERE INFORMATIONEN

Wann?
11. Februar 2009, 17.15-18.00 Uhr

Wo?
Campus Riedberg, Physik-Hörsaal _0.111, Max-von-Laue-St 1, 60438 Frankfurt