Dez 9 2006

Dr. Heiko Motschenbacher ist Cornelia Goethe-Preisträger 2006

Geschlechter-Klischees in der Werbesprache

FRANKFURT. Der mit 2.000 Euro dotierte Cornelia Goethe-Preis für eine herausragende wissenschaftliche Qualifikationsarbeit in der Geschlechterforschung an der Universität Frankfurt geht in diesem Jahr an Dr. Heiko Motschenbacher. Er wird damit für seine Dissertation ›Women and Men like different things? Doing Gender als Strategie der Werbesprache‹ (Anglistik/Sprachwissenschaft) geehrt.

Motschenbacher untersucht in seiner Arbeit, die dem Forschungsfeld ›Critical Applied Linguistics‹ zuzuordnen ist, die Fortschreibung von Geschlechterklischees in der Werbesprache. Dazu wertete er die Zeitschriften ›Cosmopolitan‹ und ›Men’s Health‹ aus: In welcher Sprache, mit welchen Begriffen und Zuschreibungen wird darin über Männlichkeit und Weiblichkeit, über Männer und Frauen gesprochen, in welchen Bildern und mit welchen Attributen werden sie präsentiert und zu Werbeträgern gemacht? Der Autor geht in seiner Untersuchung davon aus, dass Geschlecht im postmodernen Sinne als sprachlich produzierte, mediengestützte Konstruktion zu verstehen ist. Mit Hilfe empirisch qualitativer und quantitativer Methoden versucht er zu entschlüsseln, was in den beiden Zeitschriften als ›werbesprachliches Doing Gender‹ beobachtet werden kann. Motschenbachers Erkenntnis: Bei dem, was wir eine Frau, einen Mann nennen, handelt es sich in der Werbesprache um eine hochgradig stereotype, stark normative Konstruktion, die weitgehend unabhängig von den biologischen Charakteristika eines sprechenden Subjekts ist. Die Werbesprache produziert demnach eindeutig identifizierbare Geschlechter und wirkt mit ihrer Botschaft normierend auf die realen Geschlechter ein. Wirklichkeit und Klischees (re-)produzieren sich wechselseitig.

Angesichts dieses Ergebnisses ist das Fazit des Autors von starker Skepsis geprägt, »ob es der Menschheit überhaupt jemals gelingen wird, eine so stark ritualisierte Kategorie wie die des Geschlechts in ihren Normatismen so weit zu lockern, dass von einer weitgehend uneingeschränkten geschlechtlichen Praxis ausgegangen werden kann«.

Der Cornelia Goethe-Preis wurde Motschenbacher im Rahmen des gestrigen 6. ›Cornelia Goethe Salons‹ vom Cornelia Goethe Centrum und seinem Förderkreis verliehen. Die geschäftsführende Direktorin des Centrums, Prof. Brita Rang, hob dabei hervor: »Die theoretisch breit angelegte, methodisch klug durchdachte und durchweg von einem kritischen Bewusstsein geprägte Arbeit reflektiert die Bedeutungen der Geschlechterverhältnisse in einem für die heutige Gesellschaft so prägenden Feld wie der Werbesprache und analysiert die Gewalt der sprachlichen Konstruktionen von Weiblichkeit und Männlichkeit. Der Verfasser eröffnet damit eine innovative erkenntnistheoretische, wenn auch pessimistische Perspektive für die Frauen- und Geschlechterforschung in der (Sprach-)Wissenschaft und gibt auch interdisziplinär neue Denkanstöße. Die Anforderungen an den wissenschaftlichen Cornelia Goethe-Preis, als dessen Sponsor sich beim diesjährigen Salon der PME-Familienservice vorstellt, sind durch Herrn Motschenbachers Arbeit in herausragender Weise erfüllt«.

Informationen: Prof. Brita Rang, Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Campus Bockenheim, Robert-Mayer-Str. 1, Tel.: (069) 798-23930, Fax: (069) 798-28842, E-Mail: rang@em.uni-frankfurt.de