Sep 2 2010

Am Anfang stand die „Soziologie der Geselligkeit“: Kongress vom 11. bis 15. Oktober 2010 an der Goethe-Universität mit öffentlichem Begleitprogramm

Frankfurter Soziologiegeschichte zur Jubiläumstagung

FRANKFURT. Wie nah die Soziologie am alltäglichen Leben sein kann, bewies sie bereits vor 100 Jahren in Frankfurt. Der erste Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1910 begann mit einem Vortrag von Georg Simmel zur „Soziologie der Geselligkeit“, daran anschließend folgte laut Tagesordnung ein „geselliges Beisammensein“. Die Geselligkeit, so Simmel, schaffe geradezu eine „ideale soziologische Welt“, in der die Freude des Einzelnen daran gebunden sei, „dass auch die andern froh sind“. Weitere Themen der Auftakttagung waren „Technik und Kultur“, „Rechtswissenschaft und Soziologie“ sowie „Wirtschaft und Recht“. Eine Rückschau auf den Premierenkongress steht im Mittelpunkt der öffentlichen Festveranstaltung „Der erste Deutsche Soziologentag in Frankfurt am Main in stadt- und universitätsgeschichtlicher Perspektive“ am 12. Oktober. Sie gehört zum öffentlichen Begleitprogramm des Jubiläumskongresses „Transnationale Vergesellschaftungen“ vom 11. bis 15. Oktober 2010 an der Goethe-Universität.

Als Georg Simmel, Max Weber, Ferdinand Tönnies und andere wegweisende Wissenschaftler zum ersten offiziellen Treffen der damals gerade ein Jahr bestehenden Deutschen Gesellschaft für Soziologie nach Frankfurt kamen, gab es die Goethe-Universität noch nicht. Sie wurde 1914 gegründet. „Gleichwohl existierte hier bereits eine ausgeprägte sozialwissenschaftliche Infrastruktur“, sagt der Frankfurter Soziologie-Professor Klaus Lichtblau vom Organisationsteam des Jubiläumskongresses. Im Jahr 1890 war das Institut für Gemeinwohl ins Leben gerufen worden. 1901 hatte die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften ihren Lehrbetrieb aufgenommen, in deren Aula, dem späteren Auditorium Maximum der Universität, dann der Kongress stattfand. Auch während der Weimarer Republik machte Frankfurt als Soziologie-Standort von sich reden. An der Goethe-Universität wurde 1919 der erste Lehrstuhl für Soziologie eingerichtet, 1924 folgte die Eröffnung des Instituts für Sozialforschung.

Einem heute fast vergessenen Frankfurter Soziologen ist die zweite öffentliche Festveranstaltung im Begleitproramm gewidmet. Um „Gottfried Salomon-Delatour und die Gründung der deutsch-französischen Gesellschaft in Frankfurt am Main“ geht es am 13. Oktober. „Salomon-Delatour stellt in idealer Weise eine Brücke zwischen dem Rahmenthema dieses Jubiläumskongresses und dessen beiden Gastländern Frankreich und USA dar“, so Klaus Lichtblau. Salomon-Delatour, Sohn einer französischen Mutter und Promovend bei Georg Simmel in Straßburg, hatte sich schon in den 1920er Jahren leidenschaftlich für die deutsch-französische Verständigung eingesetzt. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung ging Salomon zunächst nach Frankreich und anschließend in die USA, wo er unter anderem an der New School for Social Research in New York lehrte. Als emeritierter Professor wirkte er bis zu seinem Tod im Jahr 1964 wieder in Frankfurt.

Im Zusammenhang mit dem Kongress will die Ausstellung „Soziologie in Frankfurt: 1910 – 2010“ der interessierteren Öffentlichkeit einen Überblick über die Geschichte des Faches in der Mainmetropole vermitteln. Zur Vorbereitung wurden in einem zweisemestrigen Lehrforschungsprojekt prominente Akteure und Zeitzeugen befragt, darunter Walter Rüegg, Ludwig von Friedeburg, Jürgen Habermas, Thomas Luckmann und Tilman Allert. Die Ausstellung bedient sich digitaler Präsentationstechniken, die auch einen virtuellen Rundgang zu zentralen Orten der Frankfurter Soziologie-Geschichte ermöglichen. Eine weitere Ausstellung zeigt „Das Bild der Gesellschaft“ mit sozialdokumentarischen Fotografien aus 100 Jahren. Auf dem künstlerischen Begleitprogramm steht unter anderem die Theateraufführung „Die Überflüssigen“ von Philipp Löhne mit Mitgliedern des Maxim Gorki Theaters Berlin. Abgerundet wird das Begleitprogramm auch durch „Abende der offenen Tür“ des Frankfurter Sigmund-Freud-Instituts, des Cornelia Goethe Centrums und des Instituts für Sozialforschung.

Kongressorganisation: Büro des Soziologiekongresses 2010, Tel: (069) 798-25341, Fax: (069) 798-25340, info@dgs2010.de

Pressekontakt: Bernd Frye und Stefanie Mielast, Tel: (069) 798-25342, Fax: (069) 798-25340, mielast@soz.uni-frankfurt.de;

Pressekonferenz: Die Eröffnungspressekonferenz findet am Montag, 11.10.2010, von 14.00 bis 15.00 Uhr statt. Ort: Campus Westend der Goethe-Universität, Raum IG 1.314 (Eisenhower-Raum), Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main. Eine gesonderte Einladung folgt.