Jun 26 2009

Der Physiker Erwin Schopper feiert am 26. Juni seinen 100. Geburtstag

Ein Professor älter als die Goethe-Universität

FRANKFURT. Als die Goethe-Universität 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet wurde, war Erwin Schopper bereits fünf Jahre alt. Sein wissenschaftliches Wirken nach dem Zweiten Weltkrieg ist eng mit der Frankfurter Physik verbunden: 1956 gründete er auf dem Rebstockgelände das Institut für Kernphysik. Der Pionier der Schwerionenphysik zählte, zusammen mit Prof. Walter Greiner, zu den Mitbegründern der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt. Zu seinem 100. Geburtstag am 26. Juni 2009 ehrt ihn die Universität mit einer Akademischen Feier im Tagungshaus KTC Königstein.

Die Studienjahre Erwin Schoppers fielen in die goldenen Jahre der Atom- und Kernphysik. Geboren in Heilbronn nahm er sein Studium an der Universität Tübingen auf, wo er die Vorlesungen Walter Gerlachs hörte. Studienaufenthalte führten ihn zu Max Planck nach Berlin und Arnold Sommerfeld nach München. Als leidenschaftlicher Experimentalphysiker nahm er 1931 seine Dissertation bei Erich Regener an der Universität Stuttgart auf. Dort zeichnete er die Spuren ionisierender Teilchen mithilfe fotografischer Emulsionen auf. In Zusammenarbeit mit dem Zentrallabor der Agfa in Wolfen leistete er Pionierarbeit bei der Entwicklung dieser damals wenig bekannten Methode. Mit Ballons wurden die „Kernspur-Emulsionen“ zur Untersuchung der kosmischen Strahlung in die Stratosphäre transportiert. 1937 konnte er in diesen Kernspurdetektoren als erster eine durch Neutronen induzierte vollständige Fragmentierung eines Silberkerns nachweisen. Ende der vierziger Jahre führte diese Methode zur Entdeckung vieler neuer Elementarteilchen wie dem Pi-Meson.

Nach dem Krieg kehrte Schopper, der nach der Entlassung Regeners verschiedene Stationen in der Forschung durchlaufen hatte, nach Stuttgart zurück. 1948 schloss er seine bereits 1935 begonnene Habilitation ab. 1952 übernahm er die Leitung einer Außenstelle des Max-Planck-Instituts für Physik der Atmosphäre: das Hochspannungslaboratorium in süddeutschen Hechingen. Mit dem dortigen 1,5 Mega-Volt-Kaskadenbeschleuniger begann in Deutschland eine neue Ära kernphysikalischer Arbeiten, insbesondere der Beschuss schwerer Atomkerne mit beschleunigten Neutronen. Diesen Beschleuniger brachte Schopper 1956 bei seiner Berufung nach Frankfurt mit.

1957 begann der Bau des Frankfurter Instituts für Kernphysik. Eine Stiftung der Hoechst AG und der Stadt Frankfurt erlaubte die Anschaffung eines Forschungsreaktors, der aber nur wenige Jahre in Betrieb war. Schopper arbeitete nun verstärkt zur Strahlenbiologie, einem Forschungsgebiet, das Friedrich Dessauer in den 1920er Jahren in Frankfurt begründet hatte. An Pflanzensamen und Steinkrebsen untersuchte Schopper, welche Schäden hochenergetische Teilchen der kosmischen Höhenstrahlung in biologischem Gewebe verursachen. Diese Experimente waren unter anderem Teil des Apollo-Sojus-Flugs. 1977 erhielt Schoppers Frankfurter Arbeitsgruppe für ihre Arbeiten zur Strahlenbiologie den NASA Group Achievement Award der amerikanischen Raumfahrtbehörde. Schopper war Mitglied der Deutschen Atomkommission in Sicherheitsfragen kerntechnischer Anlagen, Berater der OECD in Haftungsfragen der Kernenergie und Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Space Biophysics“ im Joint Committee of Science and Technology des Europarates.

Von großer Bedeutung für die rasante Entwicklung der hochenergetischen Schwerionenphysik in den letzten Jahrzehnten sind seine Pionierexperimente am BEVALC in Berkeley zur Untersuchung relativistischer Schwerstionenstöße. Zusammen mit der Theoriegruppe von Walter Greiner und Horst Stöcker konnte er zeigen, dass kollektive Effekte (zum Beispiel Schockwellen) in diesen Prozessen eine Rolle spielen.

Informationen Institut für Kernphysik, Tel.: (069) 798-47002, schmidtb@atom.uni-frankfurt.de.