Jun 16 2009

Ausstellung zum 80. Geburtstag des Frankfurter Philosophen

"... die Lava des Gedankens im Fluss". Jürgen Habermas. Eine Werkschau

Frankfurt. Zum 80. Geburtstag von Prof. Jürgen Habermas am 18. Juni 2009 laden die Goethe-Universität und die Deutsche Nationalbibliothek zu einer Annäherung an das Werk des bedeutendsten Philosophen und Intellektuellen der Gegenwart ein: Die Ausstellung, die bis zum 8. Juli in der Deutschen Nationalbibliothek an der Adickesallee zu sehen ist, zeichnet die schriftstellerische Produktion von Habermas nach, sie wirft Schlaglichter auf sein intellektuelles Engagement als Repräsentant der „vierten Gewalt“, sie greift Schwerpunkte seiner Arbeit auf, sie zeigt seine Präsenz im akademischen Leben der Goethe-Universität und deutet die weltweite Rezeption seiner Schriften an. Damit steht das Lebenswerk des Hochschullehrers Jürgen Habermas genauso im Zentrum der Ausstellung wie das des Weltautors, dessen Schriften in 33 Sprachen übersetzt erscheinen.

Die Ausstellung veranstalten das Archiv der Peter Suhrkamp Stiftung an der Goethe-Universität und die Deutsche Nationalbibliothek, sie zeigt zudem Quellen aus dem Suhrkamp Verlag, dem Universitätsarchiv, der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, dem Archiv des Instituts für Sozialforschung, dem Theodor W. Adorno Archiv und dem Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main sowie aus den Archiven der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Frankfurter Rundschau. Unterstützt wird diese Werkschau vom Suhrkamp Verlag, vom Kulturamt der Stadt Frankfurt, von den Freunden der Goethe-Universität.

Habermas veröffentliche mit Blick auf Heinrich Heine einen Aufsatz über „die Rolle des Intellektuellen in Deutschland“. Anlässlich seines 80. Geburtstags nähert sich die Ausstellung „’... die Lava des Gedankens im Fluss’ Jürgen Habermas. Eine Werkschau“ dem eigenen Beitrag von Habermas zum intellektuellen Diskurs seiner Zeit an. Der Titel der Ausstellung ist übrigens Habermas’ Beitrag in der „Zeit“ vom 4. September 2003 zu Adornos 100. Geburtstag entnommen; darin erinnert er sich, wie er 1956 aus Bonn an das Frankfurter Institut für Sozialforschung kam: „,Intellektuell bin ich 1956 in ein neues Universum eingetreten. Trotz vertrauter Themen und Fragestellungen war es zugleich fremd und faszinierend. Verglichen mit dem Bonner Universitätsmilieu, war hier die Lava des Gedankens im Fluss.“

Zur Konzeption der Ausstellung sagt der Kurator und Leiter des Archivs der Peter Suhrkamp Stiftung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Wolfgang Schopf: „Diese Werkgeschichte reicht von 1954, dem Jahr der Dissertation, bis in die lebendige Gegenwart wissenschaftlichen Schaffens und publizistischen Wirkens hinein. Die Entstehung und Aufnahme der Bücher von Jürgen Habermas illustrieren Arbeitskorrespondenzen, Manuskriptteile oder Rezensionen. Entlang einzelner Stichworte wie ‚Reform’, ‚Theorie’, ‚Notstand’ weist die Ausstellung auf exemplarische Schwerpunkte in der Arbeit des Philosophen und Soziologen hin, etwa auf die Bildung und Vermittlung kritischer Gesellschaftstheorie, auf deren Wirkung unter den Studierenden, auf das Verhalten des Intellektuellen in Umbruchsituationen wie 1968.“ Habermas agiert als „öffentlicher Sprecher“, als Theoretiker und Praktiker „kommunikativen Handelns“, weshalb seiner Publizistik eine eigene Ausstellungsstation gewidmet ist. Sie fordert mit Faksimiles der meisten seiner in sechs Jahrzehnten erschienenen Aufsätze und Essays zum Wichtigsten auf: zum Lesen. Studierende mehrer Generationen gehören zu seinen engagierten Lesern..

Im räumlichen Zentrum der Ausstellung steht die Verbreitung von Habermas’ universitärer Lehre und der seiner Schriften. Seine Präsenz im akademischen Leben der Goethe-Universität wird versinnbildlicht durch Dokumente seiner Berufung 1964 auf die Professur von Max Horkheimer bis zu den 134 Seminaren und Vorlesungen, mit denen er der Frankfurter Philosophie und Soziologie seine geistige Signatur gab. Dazu Schopf: „Dieser lokalen Konzentration stellt die Ausstellung den buchstäblichen Zug um die Welt, auf dem sich seine Bücher befinden, gegenüber; die globale Rezeption eines Werks.“ Weitere Stationen seines Wirkens, etwa seine Tätigkeit als Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, werden gestreift, ohne dass die Ausstellung einen biografischen Ansatz verfolgt.

Die Ausstellung wird im Anschluss auch in der Landesbibliothek Oldenburg zu sehen sein. Dies geht zurück auf die Initiative von Prof. Stefan Müller-Doohm, dessen Habermas’ Biographie in der Reihe „BasisBiographie“ 2008 bei Suhrkamp erschienen ist. Der Soziologe ist Leiter der „Forschungsstelle Intellektuellensoziologie“ an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg. Diese Forschungsstelle umfasst zwei Forschungsfelder: ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt zur intellektuellen Biographie von Jürgen Habermas und die allgemeine Soziologie des Intellektuellen.

Zum 80. Geburtstag von Habermas erscheint auch das Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ (Ausgabe 2/2009) mit einem ausführlichen Artikel zu seiner Person (Autor Müller-Doohm) und verschiedenen Beiträgen, in denen Frankfurter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, wie präsent Habermas’ Philosophie in der aktuellen Forschung der Goethe-Universität ist.

Informationen Wolfgang Schopf, Leiter des Archivs der Peter Suhrkamp Stiftung an der Goethe-Universität, Campus Westend, Telefon 069-798 32443, mobil 0163 7380841, E-Mail schopf@archiv-suhrkamp-stiftung.de