Jan 13 2010

Dem Erhalt der Biodiversität einen höheren Stellenwert einräumen

Artenvielfalt schützen, aber wie?

FRANKFURT/BERLIN. „Politische Willenserklärungen zum Erhalt der Biodiversität haben es zurzeit noch schwerer als Maßnahmen zum Klimaschutz, weil das öffentliche Bewusstsein dafür noch nicht geschaffen ist. Das liegt nicht zuletzt an der Komplexität der Zusammenhänge.“ Zu diesem Fazit kommt der Frankfurter Biodiversitäts-Experte Prof. Bruno Streit nach dem gestrigen Festakt der Bundesregierung, der zum Auftakt des von den Vereinten Nationen ausgerufenen Internationalen Jahres der Biodiversität im Berliner Museum für Naturkunde stattfand. Streit vertritt an der Goethe-Universität die Bereiche Ökologie, Evolutionsbiologie und Biodiversitätsforschung und ist Sprecher des Netzwerkes für Biodiversitätsforschung „BioFrankfurt“.

„Ähnlich wie beim Klimaschutz hat es aber auch bei der Biodiversität nicht an rechtzeitigen Warnungen und Erklärungen gefehlt. 2002 formulierte die Internationale Gemeinschaft das Ziel, bis 2010 den Verlust regionaler und globaler Biodiversität zu stoppen“, sagte Streit. Dieses Ziel sei nicht erreicht worden, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe dies in ihrer gestrigen Festrede zugeben müssen. Dennoch soll auch dieses Jahr wiederum genutzt werden, die Anstrengungen zum Erhalt der Artenvielfalt zu verstärken. Im Jahr 2012, zwanzig Jahre nach der in Rio vereinbarten Biodiversitätskonvention, soll eine Bilanz der Anstrengungen weltweit vorgenommen werden.

Den Großteil der biologischen Vielfalt beherbergen die ärmeren und tropischen Länder. Sie fordern ihren Anteil am Gewinn, der durch die Nutzung biologischer Ressourcen und genetischer Vielfalt möglich ist. Im Rahmen einer groß angelegten Studie wird derzeit versucht, den globalen ökonomischen Wert der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt abzuschätzen. „Es ist zu hoffen, dass hiervon eine ähnlich breite Bewusstseinsbewegung ausgehen wird, wie von den Einsichten in die ökonomische Bedeutung des von Menschen beeinflussten Klimawandels“, kommentiert Streit.

Was Streit, ebenso wie die meisten Teilnehmer des gestrigen Festakts beschäftigt, ist die Frage, wie der komplexe Sachverhalt der Biodiversität vermittelt werden kann. Als Sprecher von „BioFrankfurt“‚ und Autor eines Buchs über Biodiversität setzt sich Streit seit Jahren intensiv mit dieser Frage auseinander. Inhaltlich stimmt er mit der vom früheren Bundesforschungsminister Volker Hauff (SPD) geäußerten Meinung überein, dass eine noch so plastische Katastrophenszenarien-Schilderung die mit Informationen überschwemmten Menschen heute nicht mehr anspricht. Als Wissenschaftler engagiert sich Streit dafür, messbare und überprüfbare Kriterien zu formulieren, die angepeilt werden müssen. Für mehr Verständnis in der Öffentlichkeit setzen sich seit zwei Jahren erfolgreich die Kampangen von ‚BioFrankfurt‘ ein, die Biodiversität auch in einem urbanen Raum wie der Rhein-Main-Region gewissermaßen vor der Haustür erfahrbar machen.

Informationen: Prof. Bruno Streit, Institut für Ökologie, Evolutionsbiologie und Diversität, Tel.: (069) 798-24711, streit@bio.uni-frankfurt.de.