​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​ – 2020

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Pressestelle Goethe-Universität

Theodor-W.-Adorno Platz 1
60323 Frankfurt 
presse@uni-frankfurt.de

 

Apr 6 2020
14:29

​Institut für Psychologie an der Goethe-Universität sucht Teilnehmer für Online-Befragung

Studie zum Umgang mit Corona

FRANKFURT. Auf die Verbreitung der Corona-Infektion (COVID-19) und die Maßnahmen zu deren Eindämmung reagieren Menschen in Deutschland unterschiedlich. Manche Menschen gehen sehr gelassen mit der Situation um. Durch die Ausgangsbeschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen können aber auch Einsamkeitsgefühle und Grübeln auftreten. Welche Rollen hierbei das Wissen über die Infektion und Emotionen spielen, ist bislang noch nicht untersucht worden. Eine Studie des Instituts für Psychologie an der Goethe-Universität soll erste Erkenntnisse hierzu liefern.

Prof. Dr. Ulrich Stangier, Abteilungsleiter der Klinischen Psychologie und Psychotherapie an der Goethe-Universität und mit seinem Mitarbeiter Schahryar Kananian, MSc verantwortlich für die Untersuchung, erläutert die Befragung: „Diese dauert lediglich 10-15 Minuten. Sie bezieht sich auf Ihr Wissen über die Corona-Infektion, Ihre Angst vor einer Ansteckung und den Einfluss auf Ihr Verhalten und Ihre Befindlichkeit. Die Teilnahme ist freiwillig und anonym.“

Link zur Studie: https://ww3.unipark.de/uc/F_UniFrankfurt_Stangier_LS/02cf/

Fragen zur Untersuchung bitte an folgende Email-Adresse: kananian@psych.uni-frankfurt.de

Kontakt:
Prof. Dr. Ulrich Stangier, MSc Schahryar Kananian. Institut für Psychologie, Goethe-Universität Frankfurt. Email: kananian@psych.uni-frankfurt.de

 

Apr 6 2020
13:50

​Spendenbarometer von Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt steigt auf 1,35 Millionen Euro – Kleinste Einzelspende 2 Cent aus Payback-Punkten

Goethe-Corona-Fonds: Roboter für Sars-CoV2-Forschung gespendet

FRANKFURT. Zahlreiche größere und kleinere Einzelspenden haben das Spendenaufkommen im Goethe-Corona-Fonds innerhalb einer Woche um weitere 350.000 Euro wachsen lassen – von der Finanzierung eines Pipettier-Roboters für über 100.000 Euro durch die Dr. Hans Messer Stiftung bis zu einer Spende von 2 Cent in Form von Payback-Punkten. Die Mittel werden vor allem für die Corona-Forschung in der Frankfurter Virologie und Intensivmedizin genutzt. Darüber hinaus helfen sie bei der Durchführung von Schulungen und der Anschaffung von Schutzkleidung. (www.goethe-corona-fonds.betterplace.org)

Während sich das Universitätsklinikum Frankfurt auf die massiv steigenden COVID-19-Patientenzahlen vorbereitet, hält die Spendenbereitschaft für den Goethe-Corona-Fonds unvermindert an: Unternehmen und Unternehmer, Stiftungen und Privatleute beteiligen sich mit großen und kleinen Beträgen und werben ihrerseits für den Goethe-Corona-Fonds. Ehemalige der Goethe-Universität stellen Kontakte zwischen Uniklinikum und Maskenherstellern her, die Vereinigung von Freunden und Förderern unterstützt mit eigenen Mitteln und wirbt weitere externe Gelder ein.

Mehr als 600 Einzelspender und Institutionen haben in der vergangenen Woche gespendet, darunter:
Dr. Hans Messer Stiftung, Bad Soden
Familie Merz, Frankfurt
Dr. h.c. Josef Buchmann, Unternehmer, Frankfurt
Eisai GmbH, Frankfurt
Gewinn-Sparverein bei der Sparda-Bank Hessen e.V.
MainFirst Bank AG

Professorin Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität, ist begeistert: „Die Welle der Solidarität mit unseren Corona-Forschern ist einfach großartig. Wir stehen in dieser Krise vor gewaltigen Herausforderungen, und die Wissenschaft wird einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Doch dafür brauchen wir auch Ihre Unterstützung: Bitte lassen Sie in Ihrem Engagement nicht nach.“

Professor Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums, sagt: „Die Spenden sind für uns sowohl eine moralische, als auch eine materielle Unterstützung von unschätzbarem Wert! Alle Spender tragen aktiv dazu bei, die Möglichkeiten für die Bewältigung dieser für viele von uns einmaligen medizinischen Situation zu schaffen. Die Struktur der Universitätsmedizin in Deutschland mit der vollständigen Integration von Lehre, Forschung und Patientenversorgung und insbesondere das Universitätsklinikum Frankfurt liefern dafür exzellente Voraussetzungen. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung – aus Wissen wird Gesundheit!“

Professorin Sandra Ciesek, Leiterin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, erklärt: „Wir sind tief bewegt von der großen Spendenbereitschaft. Der Pipettier-Roboter erleichtert zum Beispiel die Hochdurchsatz-Testung von mehreren Tausend Substanzen mit möglicher antiviraler Wirkung. Mithilfe des Roboters können wir präzise mit geringen Volumina arbeiten, das ist bei solchen Arbeiten essenziell. Außerdem verringern wir beim automatisierten Pipettieren tausender Proben Pipettierfehler und können erheblich schneller arbeiten.“

Spendenmöglichkeiten

Betterplace:
www.goethe-corona-fonds.betterplace.org

Payback:
https://www.payback.de/spendenwelt/projekt/bp78009

Spendenkonto des Goethe-Corona-Fonds
IBAN DE95 5005 0000 0001 0064 10
Landesbank Hessen-Thüringen
Verwendungszweck: Goethe-Corona-Fonds

Grafik Spendenbutton zum Download: www.uni-frankfurt.de/87249210

Bisherige Meldungen zur Spendenkampagne:
20.3.2020 Dringender Spendenaufruf für Goethe-Corona-Fonds
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/dringender-spendenaufruf-fuer-goethe-corona-fonds/
27.3.2020 Bereits 1 Million Euro für den Goethe-Corona-Fonds
https://www.muk.uni-frankfurt.de/86907068/Eine_Woge_der_Hilfsbereitschaft

Weitere Informationen:
Goethe-Universität
Abteilung Private Hochschulförderung
Susanne Honnef
Telefon: 069 798-12433, E-Mail: honnef@pvw.uni-frankfurt.de;

Kontakt zu Prof. Dr. Sandra Ciesek über das Universitätsklinikum Frankfurt:
Christoph Lunkenheimer,
Pressesprecher Universitätsklinikum,
Telefon: 069 6301-86442, E-Mail: christoph.lunkenheimer@kgu.de

 

Apr 2 2020
16:12

Gemeinsame Studie von Wissenschaftlern aus Frankfurt, Berkeley und Berlin über die sozioökonomischen Folgen von „social distancing“

Wie die Kosten der Corona-Krise bewältigen?

FRANKFURT. Die Entscheidung der Politik darüber, wann das „social distancing“ zu lockern ist, sollte nicht allein von den tagesaktuellen Fallzahlen abhängen. Eine gemeinsame Studie von theoretischer Physik, Ökonomie und Medizin an Goethe-Universität, University of California, Berkeley, und dem Vivantes Klinikum Berlin zeigt, dass dringend auch andere Kriterien einbezogen werden sollten.

Die Politik sollte auf die Gesamtsituation achten, und nicht nur auf die täglich neu gemeldeten Fallzahlen. Bei vorzeitiger Lockerung der Maßnahmen würde die Epidemie sich stärker auswirken, und die Gesamtkosten würden substantiell steigen, so die Autoren der neuen Studie, die wegen der hohen Brisanz vorab online veröffentlicht wurde. Optimal wäre es demnach, das strenge ‚social distancing' mindestens so lange beizubehalten, bis die Fallzahlen im Verhältnis zu den Test-Kapazitäten so weit gesunken sind, dass eine flächendeckende Nachverfolgung der Einzelfälle möglich würde.

Für den weiteren Umgang mit der aktuellen COVID-19-Pandemie sind wissenschaftlich basierte Abschätzungen der Folgekosten für unterschiedliche Bewältigungsstrategien von fundamentaler Bedeutung. Dafür ist eine Kombination von numerischen Simulationen und volkswirtschaftlichen Kostenrechnungen notwendig, wie Prof. Dr. Claudius Gros und Prof. Dr. Roser Valenti vom Institut für Theoretische Physik der Goethe-Universität in einer Publikation zusammen mit Dr. Daniel Gros (Visiting Professor UC Berkeley/Direktor CEPS Brüssel) und Kilian Valenti (Vivantes Klinikum Berlin) ausarbeiten. Die Forscher fanden heraus, dass eine Politik, die auf den laufenden Zuwachs an Fallzahlen reagiert, zu höheren Gesamtkosten führt als eine Politik, die sich an der Gesamtzahl aller vergangenen Fälle orientiert und auch andere Faktoren einbezieht.

Die COVID-19 Epidemie wirkt sich in nie gekanntem Ausmaß auf Gesellschaft und Wirtschaft aus, die in weiten Teilen „heruntergefahren wurden“: Die Schulen sind geschlossen, nur noch in bestimmten Branchen dürfen Geschäfte geöffnet sein, und die Menschen sollen nach Möglichkeit zu Hause bleiben. Epidemiologische Modelle müssen die Rückkopplung dieses „social distancing“ und anderer Reaktionen auf die Ausbreitungsdynamik des Virus berücksichtigen. In der Arbeit, die heute als Vorabveröffentlichung vorgestellt wurde, führen die Autoren ein neues epidemiologisches Modell ein, welches das klassische SIR („susceptible“, „infected“, „recovered“)-Modell um einen Rückkopplungsparameter erweitert. Das neue Modell erlaubt es, zwei unterschiedliche Strategien zu untersuchen, je nachdem, ob die politischen Akteure ihr Augenmerk auf die tagtäglichen Fallzahlen richten („short-sighted“) oder ob den Entscheidungen die Gesamtentwicklung der Epidemie zugrunde gelegt wird („history-aware“). Die Autoren legen dar, dass nur die zweite Strategie das Potenzial hat, die Epidemie umfassend einzudämmen. Die geltenden Ausgangsbeschränkungen sollten nicht einfach aufgrund sinkender Fallzahlen allein gelockert werden, es sei denn, es wäre möglich, diese durch alternative Maßnahmen mit vergleichbarem Eindämmungspotenzial zu ersetzen.

Ein in der Öffentlichkeit weit verbreiteter Begriff ist der der Herdenimmunität („herd immunity“), d.h. der Punkt, an dem die Zahl der Neuinfektionen nicht weiter steigt. Dieser wird für COVID-19 nach vielen Schätzungen dann erreicht, wenn 66 Prozent der Bevölkerung infiziert worden sind. Häufig wird davon ausgegangen, dass die Epidemie an diesem Punkt im Wesentlichen besiegt sei. Die Autoren dieser Studie weisen jedoch darauf hin, dass nach der Herdenimmunität zwar die Zahl der täglich neu Infizierten sinke, aber die Gesamtzahl der Fälle weiter steige und sich weitere 28 Prozent der Bevölkerung infizierten. Lediglich sechs Prozent würden von einer Ansteckung verschont bleiben.

Die gesamtwirtschaftlichen Kosten setzten sich aus vier Komponenten zusammen: Arbeitszeitausfall, medizinische Kosten, „value of life“ (hier fließt die nicht mehr stattfindende erwartete Restlebenszeit als Verlust mit ein) und „social-distancing“-Kosten (also die volkswirtschaftlichen Einbußen durch die eingeschränkte Wirtschaftstätigkeit). Lasse man der Epidemie freien Lauf, ergäben sich – ganz abgesehen von der ethischen Problematik – insgesamt Kosten von zirka 1,1 Billionen Euro, was 30 Prozent des deutschen Bruttoinlandproduktes (BIP) entspricht. Würde man den ökonomischen Wert des Lebens außen vorlassen, beliefen sich die Kosten einer ungebremsten Epidemie immer noch auf 14 Prozent des BIPS, also rund 480 Milliarden Euro. Strenge Maßnahmen drücken diesen Wert auf die Hälfte. Dafür müssen aber die sozialen Kosten der „social distancing“-Maßnahmen in Kauf genommen werden.

Falls nur reale Kosten berücksichtigt werden und der ökonomische Wert des menschlichen Lebens ausgeklammert bliebe, schneiden mittlere Strategien dieser Publikation zufolge am schlechtesten ab. Der Mittelweg ist im Fall einer globalen Pandemie deshalb nicht der goldene. Auf der Grundlage ihrer Berechnungen plädieren die Autoren dafür, die strengen Maßnahmen so lange aufrecht zu erhalten, bis die Anzahl der Neuerkrankungen so stark gesunken ist, dass jeweils das komplette Umfeld durchgetestet werden kann. Hierfür sind aber erhebliche Steigerungen bei den Testkapazitäten notwendig.

Publikation: Claudius Gros, Roser Valenti, Kilian Valenti, Daniel Gros, Strategies for controlling the medical and socio-economic costs of the Corona pandemic (2020); Link zur Vorabveröffentlichung: https://arxiv.org/abs/2004.00493

Eine Graphik zum Download finden Sie unter dem folgenden Link: www.uni-frankfurt.de/87170074

Zur Graphik: Die x-Achse zeigt die Gesamtanzahl der Fälle, die y-Achse die neuen Fälle pro Tag. Dargestellt ist der Verlauf.

Informationen: (zu Modellierung/Theorie) Prof. Dr. Claudius Gros, Institut für Theoretische Physik, Campus Riedberg, E-Mail gros07@itp.uni-frankfurt.de; Prof. Dr. Roser Valenti, ebd., valenti@itp.uni-frankfurt.de; (zu sozio-ökonomischen und politischen Aspekten) Dr. Daniel Gros, Center for European Politics Studies (CEPS), Brüssel, Belgien, E-Mail daniel@ceps.eu.

 

Apr 2 2020
14:09

​Frankfurter Forschungsinstitute rufen disziplinenübergreifende Dialogplattform ins Leben.

„Wir brauchen dringend interdisziplinären Austausch zur Coronakrise“

FRANKFURT. Vier Frankfurter Forschungsinstitute aus unterschiedlichen Disziplinen haben die Internetplattform „Frankfurter interdisziplinäre Debatte“ (www.frankfurter-debatte.de) eröffnet. Ziel des interdisziplinären Blogs ist es, Vertreter*innen verschiedener wissenschaftlicher Fachrichtungen zu gesellschaftspolitischen Themen – aktuell zur Corona-Krise – miteinander ins Gespräch zu bringen. Zu den Gründungsinstituten gehören das Cardio Pulmonary Institute, der Forschungsverbund Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt, das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK/PRIF) sowie das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE.

„Die Corona-Krise zeigt, dass große gesellschaftliche Herausforderungen den Austausch unterschiedlicher Expert*innen und akademischer Fächer verlangen“, erläutert Mitbegründer Prof. Dr. Uwe Walz, Volkswirt an der Goethe-Universität Frankfurt und stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts SAFE, die Motivation. Die Politik müsse derzeit sehr weitreichende Entscheidungen treffen und es sei absolut notwendig, diese Entscheidungen auf einer breiten Grundlage von Expertenwissen fundieren zu können. „In der aktuellen Krisensituation ist die Expertise aus Virologie und Epidemiologie von zentraler Bedeutung“, so Walz. „Ebenso wichtig ist es jedoch, ethische, rechtliche, ökonomische und weitere Prinzipien zu berücksichtigen, wie zum Beispiel Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit. Wir brauchen dringend einen interdisziplinären Austausch zur Coronakrise und zur Angemessenheit der derzeit geltenden Maßnahmen.“

Die neue Plattform lädt Expert*innen aus allen Disziplinen ein, sich an der Debatte mit Beiträgen zu beteiligen, um eine umfassende Betrachtung der aktuellen Lage über Disziplinen hinweg zu ermöglichen. Die „Frankfurter interdisziplinäre Debatte“ will sich auf einen wissenschaftsorientierten Austausch fokussieren, heißt jedoch auch sachliche und problemorientierte Beiträge von außerhalb der Wissenschaft willkommen.

Kontakt: kontakt@frankfurter-debatte.de

 

Apr 1 2020
14:48

​Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat entschieden, das neue Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) für zunächst vier Jahre zu fördern.

Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt nimmt im Juni die Arbeit auf

FRANKFURT. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat entschieden, das neue Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) für zunächst vier Jahre zu fördern. Das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ein Verbund aus elf Hochschul- und Forschungsinstituten, die in zehn verschiedenen Bundesländern angesiedelt sind und dadurch auch die regionale Vielfalt gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland in den Blick nehmen. Zusammen sollen die mehr als 100 Wissenschaftler*innen aus vielen verschiedenen Disziplinen mit empirischen Untersuchungen und großangelegten Vergleichen praxisrelevante Vorschläge erarbeiten, die dazu beitragen, gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Sie decken Aspekte wie Identitäten und regionale Erfahrungswelten, Ungleichheiten und Solidarität, Medien und Konfliktkultur, Polarisierung und Populismus, aber auch Antisemitismus und Hasskriminalität ab und erforschen diese im europäischen Vergleich und darüber hinaus.

In der anderthalbjährigen Vorphase des FGZ, in der das Gründungskonzept für das Institut erarbeitet wurde, wurde ein umfangreiches Forschungs- und Transferprogramm mit mehr als 70 Teilprojekten und institutsübergreifenden Arbeitsbereichen entwickelt, die ab dem 1. Juni 2020 realisiert werden.

Neben der Goethe-Universität Frankfurt am Main gehören die Technische Universität Berlin sowie die Universitäten Bielefeld, Bremen, Halle-Wittenberg, Hannover, Konstanz, Leipzig und das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen, das Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg und das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena zu dem Verbund.

Das interdisziplinär besetzte Frankfurter FGZ-Team, das im Forschungsverbund Normative Ordnungen der Goethe-Universität angesiedelt ist, geht unter der Leitung von Prof. Dr. Nicole Deitelhoff (Stellvertretende Sprecher*innen: Prof. Dr. Daniela Grunow und Prof. Dr. Rainer Forst) der Frage nach, wie die Pluralisierung moderner Gesellschaften auf Fragen des Zusammenhalts einwirkt und wie Konflikte so gestaltet werden können, dass sie demokratischen Zusammenhalt stabilisieren, nicht schwächen. Zugleich werden die Ambivalenzen des Begriffs des „Zusammenhalts“ reflektiert.

Bezogen auf die aktuelle Situation für den gesellschaftlichen Zusammenhalt angesichts der Covid-19-Krise sagt Nicole Deitelhoff, Professorin für Internationale Beziehungen und Theorien globaler Ordnungen, Leiterin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung sowie gemeinsam mit Prof. Rainer Forst Sprecherin des Forschungsverbundes Normative Ordnungen:

„Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Bewältigung haben Herausforderungen geschaffen, in der sich kulturelle, soziale, politische, ökonomische und rechtliche Fragen miteinander verknüpfen, die eine breite, Disziplinen übergreifende Analyse und Kommentierung erfordern – gerade auch für die Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Es gibt auch in der Krise alternative Wege und Entscheidungsmöglichkeiten, auch wenn der öffentliche Krisendiskurs häufig das Gegenteil vermittelt. Dafür braucht es offene Auseinandersetzungen und die Wahrnehmung der Verantwortung der Wissenschaft, die Entscheidungen der Politik in Krisenzeiten bestmöglich zu begleiten. Dazu wird unser Verbund mit seiner vielgestaltigen interdisziplinären Perspektive einen wichtigen Beitrag in der Forschung und im Wissenstransfer leisten.“

Weiter sagte Deitelhoff, die eine der drei Sprecher*innen des FGZ-Forschungsverbunds ist: „Wir freuen uns sehr darauf, im Juni diesen Jahres nun die Arbeit des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt hier im Frankfurter Teilinstitut gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen an den zehn regional verteilten Standorten aufzunehmen und darauf, den dezentralen Forschungsverbund mit der allgemeinen Geschäftsstelle an der Goethe-Universität und den Geschäftsstellen an den Standorten Bremen und Leipzig zu koordinieren.“

 
Kontakt:
Pia Siemer
Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Öffentlichkeitsarbeit, Tel: +49 341-9737882

Rebecca Caroline Schmidt
Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Allgemeine Geschäftsstelle und Teilinstitut Frankfurt am Main an der Goethe Universität
Administrative Koordination
Forschungsverbund Normative Ordnungen der Goethe-Universität
Geschäftsführerin
Rebecca.schmidt@normativeorders.net, Tel: +49 69-798-31400

 

Mär 31 2020
10:03

Mehrheit der Studierenden will sich gesellschaftlich einbringen

AIWG-Expertise: „Wer studiert Islamische Theologie?“

FRANKFURT. Eine Erhebung im Auftrag der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) an der Goethe-Universität bietet einen Einblick in das Fach Islamische Theologie und seine Studierenden: 80 Prozent der Studierenden sind weiblich. Fast drei Viertel der Studierenden stammen aus einem nichtakademischen Elternhaus. Viele geben an, sich aktiv in die Gesellschaft einbringen zu wollen. Klare Berufsperspektiven für die Absolventinnen und Absolventen fehlen indes.

Seit knapp zehn Jahren bilden Hochschulen in Deutschland – mittlerweile sind es elf an der Zahl – Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht und muslimische Theologen und Theologinnen aus. Derzeit gibt es knapp 2.500 Studierende. Doch wer studiert Islamische Theologie oder Religionspädagogik? Was sind die Beweggründe, dieses noch relativ junge Fach zu studieren? Antworten geben Lena Dreier und Constantin Wagner, die Autoren der Studie „Wer studiert Islamische Theologie? Ein Überblick über das Fach und seine Studierenden“. Die heute veröffentlichte Untersuchung wurde von der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG) in Auftrag gegeben.

Zum ersten Mal nimmt eine Expertise die Studierenden der Islamischen Theologie genauer in den Blick. Auffällig ist, dass die überwiegende Mehrheit von ihnen weiblich ist. Rund 70 Prozent der Studierenden sind zudem die ersten in ihrer Familie, die eine Universität besuchen. Knapp 80 Prozent haben Deutsch nicht als Muttersprache erlernt. Damit unterscheidet sich die Studierendenschaft laut Studie stark von anderen Fächern. „Da im Vergleich zu anderen Studiengängen überdurchschnittlich viele Studierende mit relativ wenig Bildungskapital in die Universität einsteigen, ist es nötig, die Didaktik des Fachs inhaltlich und finanziell zu stärken, so dass viele Studierende zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden können“, so Constantin Wagner.

Die Gründe, ein Studium der Islamischen Theologie aufzunehmen, sind ebenso vielfältig wie der biografische, kulturelle oder religiöse Hintergrund der Studierenden selbst. Allerdings zeichnen sich zwei Hauptmotive ab: Religiöse und gesellschaftspolitische Beweggründe sind für die Mehrheit bei der Studienwahl entscheidend. Über 90 Prozent der Studierenden fühlen sich dem Islam sehr stark oder stark zugehörig. Religion spielt im Alltag der Studierenden eine große Rolle. Daneben fühlt sich mehr als jeder zweite einer muslimischen Gemeinde zugehörig. Mehr als 60 Prozent der Studierenden bringen ein starkes Interesse an religiösen Fragen mit.

Während dies bei einem religionsbezogenen Studiengang wenig überrascht, sticht der Wunsch der Studierenden, gesellschaftsverändernd zu wirken, besonders hervor, insbesondere im Vergleich zur Gesamtstudierendenschaft an deutschen Hochschulen. Die Studierenden wollen einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Jedoch nicht nur innerhalb der Berufsfelder, über die häufig diskutiert und die zumeist von außen an die Studierenden herangetragen werden: Imame und Lehrerkraft für den islamischen Religionsunterricht. Wie lässt sich dieser starke Wunsch nach Veränderung bei den Studierenden erklären? Laut Studie spielen hier biografische Erfahrungen während der Schulzeit eine Rolle. Häufig wurde angegeben, als Muslim oder Muslimin angesprochen, mitunter auch diskriminiert worden zu sein. Professionalisierungsstrategien anzubieten, etwa im Umgang mit Fremdzuschreibungen, komme bislang noch zu kurz im Curriculum. „Die Vorerfahrungen der muslimischen Studierenden sind für sie als Teil ihres Studiums der Islamischen Theologie zentral“, sagt Lena Dreier.

Die Interviews mit den Studierenden zeigen, wie wichtig es ist, Berufsperspektiven deutlicher aufzuzeigen und zu ermöglichen – auch schon im Studium. Aufgrund der unklaren Berufsperspektiven gebe es nur wenige konkrete Anschlussperspektiven. Aber auch für Lehramtsstudierende gebe es große Unsicherheiten über die Ausrichtung und weitere Etablierung des islamischen Religionsunterrichts, etwa in Bayern und Hessen. Vielen Absolventen fehle es zudem an Vorbildern und Mentoren in der Berufswelt.

Prof. Dr. Bekim Agai, Direktor der AIWG: „Die Studie zeigt, dass die Absolventinnen und Absolventen sehr motiviert sind, sich in der Gesellschaft und den Gemeinden einzubringen. Dabei ist vielen unklar, wie sie das im Rahmen von konkreten Berufen tun können. Hier kommt es jetzt auf die Verantwortlichen in denjenigen Handlungsfeldern an, in denen ihre Expertise gefragt ist. Sie müssen Berufsperspektiven für ein neues Qualifikationsprofil öffnen. Hierfür kann das Fach selbst einen Beitrag leisten, indem es die eigenen Qualifikationsleistungen stärker nach außen trägt.“

Dr. Jan Felix Engelhardt, Geschäftsführer der AIWG: „Fast drei Viertel der Studierenden der Islamischen Theologie stammen nicht aus akademischen Elternhäusern. Sie sind die ersten in ihrer Familie, die studieren. Damit ermöglichen die islamisch-theologischen Studien an deutschen Universitäten Geschichten von Bildungsaufstieg, von gesellschaftlicher Partizipation und von sozialer Anerkennung in unserer Wissensgesellschaft. Jetzt gilt es, diese Potenziale nutzbar zu machen.“

Die Autoren:
Lena Dreier ist Promotionsstipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung und forscht an der Universität Leipzig.
Constantin Wagner ist Juniorprofessor für Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Heterogenität an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

Für die Expertise wurden narrative Interviews mit insgesamt 71 Studierenden an vier Standorten geführt. Die Befragungen fanden zwischen 2016 und 2019 statt.
Die vollständige Publikation kann auf der Website der AIWG unter https://aiwg.de/wp-content/uploads/2020/03/Wer-studiert-islamische-Theologie_Expertise.pdf heruntergeladen werden.

Informationen: Stefanie Golla, Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, Telefon 069 798-22459, E-Mail golla@aiwg.de.

 

FRANKFURT. Forschern des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes in Frankfurt um Prof. Erhard Seifried und dem Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikums der Goethe-Universität Frankfurt um Prof. Sandra Ciesek ist es gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, das es ermöglicht, die Testkapazitäten zum Nachweis von SARS-CoV-2 ab sofort dramatisch weltweit zu erhöhen.

„Damit wird es möglich, die von allen Wissenschaftlern und auch Politikern geforderte Ausweitung der Testung in weitere Bevölkerungsgruppen auch bei den begrenzten Testkit-Ressourcen früher umzusetzen, als bisher angenommen wurde“, sagt Seifried. Hintergrund der Nachricht sind Laboruntersuchungen, denen Schleimhautabstrichproben des Rachens bzw. der Nase durch geeignete Verfahren in einer Pufferlösung zusammengeführt und anschließend mit Hilfe des sogenannten PCR Verfahrens (Polymerase Kettenreaktionsverfahren, direkter Genomnachweis von SARS CoV-2) getestet werden. Bei einem negativen Ergebnis haben sämtliche darin enthaltenen Proben ein zuverlässig negatives Ergebnis. Hierbei hat das Pooltesten keinen Einfluss auf die Nachweisgrenze. Bei einem positiven Minipool-Befund wird eine Einzeltestung in zuvor angefertigten Rückstellproben durchgeführt. Die positive Probe kann dann innerhalb von 4 Stunden identifiziert werden.

Die Abbildung 1 zeigt die neue Minipool Methode. Dabei wird der Abstrichtupfer zunächst in ein Archivröhrchen gegeben und anschließend in ein Poolgefäß. Da sich bei dieser Poolmethode das Volumen im Poolgefäß nicht vermehrt, wird auch keine Verdünnung und damit keine Abnahme der Empfindlichkeit (Sensitivität) beobachtet. An unabhängigen Ringversuchsproben (Vortestung des geplanten Ringversuches), die von einer von der Bundesärztekammer zugelassenen Ringversuchsorganisation (INSTAND) zur Verfügung gestellt wurde, konnte gezeigt werden, dass mit der neuen Minipool-Methode Laborergebnisse derselben Qualität wie bei der Einzeltestung erzielt werden können. Die neue Methode wurde zudem in einem kleinen Feldversuch an 50 unselektierten Patientenproben untersucht. Die Patientenproben wurden dazu in 10 Minipools à 5 Proben geclustert und parallel auch einzeln getestet. Von den 50 Patientenproben waren 5 Proben SARS CoV-2 positiv. Diese Proben waren auf 4 Pools verteilt. Alle 4 Minipools erzielten ein positives PCR Ergebnis. Minipools in denen nur Proben von Patienten ohne SARS CoV-2 waren erzielten jeweils ein negatives Ergebnis.

„Auf der Basis dieser Laborergebnisse können insbesondere große Kohorten und Untersuchungen bei asymptomatischen Menschen durchgeführt werden, wobei dadurch eine massive Einsparung insbesondere von Testkits möglich ist“, so Ciesek. Die Forschergruppe ist derzeitig aktuell dabei, die Möglichkeit zu analysieren, die Pools weiter zu vergrößern. „Die Ergebnisse stimmen optimistisch, dass das Verfahren bei globaler Etablierung sehr schnell eine bessere Auskunft über die Zahl tatsächlich infizierter Menschen ermöglichen wird“, erklärt Prof. Schmidt vom Blutspendedienst. Damit lässt sich umgehend in ganz Deutschland die aktuelle Anzahl von ca. 40.000 Untersuchungen pro Tag auf 200.000 bis 400.000 Untersuchungen steigern, ohne damit die hohe Qualität der Diagnostik zu reduzieren. Um weiter die Strategie der Früherkennung und Isolierung effizient umzusetzen, ist eine Erweiterung der Screeninguntersuchungen unabdingbar, gerade für systemrelevante Berufsgruppen wie Ärzte, Krankenschwestern, Polizei, Feuerwehr, Altenheime, Verwaltung, Nahrungsmittelindustrie. Die Rechte an der in den USA und in Europa zum Patent angemeldeten Erfindung werden gemeinschaftlich von der Goethe Universität und dem DRK Blutspendedienst gehalten. Über die Wissenstransfergesellschaft der Goethe-Universität, Innovectis, kann die Technologie umgehend anderen interessierten Einrichtungen zugänglich gemacht werden.

Die Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff, bezeichnete das neue Analyseverfahren als „Meilenstein“. „Je mehr Menschen zuverlässig auf SARS-CoV-2 getestet werden können, umso schneller lässt sich die Pandemie eindämmen.“

„Mit der neuen Methode kann Deutschland den globalen Kampf gegen SARS-CoV-2 auf ein neues Level anheben“ ist Seifried optimistisch. Der Ärztliche Direktor der Universitätsklinik Frankfurt, Prof. Graf und die Präsidentin der Goethe-Universität betonen beide die erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem DRK Blutspendedienst und der Universitätsklinik und der Universität.


Bilder zum Download finden Sie unter folgendem Link: www.uni-frankfurt.de/87014427


Bildtexte:
a) Grafik Sars-CoV-2: Die Mini-Pool-Methode, entwickelt von Frankfurter Wissenschaftlern von Uniklinikum, DRK Blutspendedienst und Goethe-Universität, erhöht die Testkapazität zum Nachweis des Virus bei unveränderter Empfindlichkeit des Tests. Grafik: Michael Schmidt, DRK Blutspendedienst Institut Frankfurt
b) Tabelle: Tabelle Externe Ringversuchsproben


Weitere Informationen:

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h. c. Erhard Seifried (Goethe-Universität)
Ärztlicher Direktor und Medizinischer Geschäftsführer
DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen
Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie
Sandhofstrasse 1
60528 Frankfurt
Tel.: 069 / 6782-201
E-Mail: e.seifried@blutspende.de
Homepage: https://www.blutspende.de/startseite/startseite.php

Prof. Dr. med. Sandra Ciesek
Institutsdirektorin
Institut für Medizinische Virologie
über
Pressestelle Uniklinikum Frankfurt, Tel. +49 69 6301 6444, E-Mail: kommunikation@kgu.de

Nachtrag vom 12.02.2021: Die Forschungsarbeit wurde im Juni 2020 veröffentlicht in: Michael Schmidt, Sebastian Hoehl, Annemarie Berger, Heinz Zeichhardt, Kai Hourfar, Sandra Ciesek, Erhard Seifried. Novel multiple swab method enables high efficiency in SARS-CoV-2 screenings without loss of sensitivity for screening of a complete population. Transfusion https://doi.org/10.1111/trf.15973

 

Mär 30 2020
14:05

​Soziologen der Goethe-Universität suchen Teilnehmer für empirische Studie

Wie fühlt sich die Krise an?

FRANKFURT. Wie geht es den Menschen im ungewohnten Homeoffice? Wie gestaltet sich das Privatleben, wenn alles Sozialleben zum Erliegen kommt? Auch Sozialforscher sind von der gegenwärtigen Krise herausgefordert. Eine Studie an der Goethe-Universität soll Erkenntnisse darüber bringen, wie die Situation auf die Menschen wirkt – dies würde auch bei künftigen Krisen helfen.
 
Auch in Deutschland hat die Corona-Pandemie das Leben der Menschen stark verändert: Homeoffice, Schulschließung, Kontaktverbot bestimmen jetzt den Alltag. Während die medizinische Forschung unter Hochdruck auf der Suche nach Medikamenten und Impfstoffen ist, richtet das Team am Institut für empirische Sozialforschung den Blick darauf, wie die Menschen die Corona-Krise erleben. Wie fühlen sie sich im Homeoffice? Wie erleben sie die plötzliche soziale Distanz? Wie beurteilen sie das Handeln der politischen Entscheidungsträger? Und wie schätzen sie die Gesamtlage ein?
 
„Wir wollen untersuchen, wie die sozialen Folgen einer solchen Krise aussehen und wo die besonderen Herausforderungen liegen. So können wir auch für die Zukunft lernen und künftigen Entscheidungen eine bessere Grundlage geben“, erklärt Alexander Langenkamp, der die Studie initiiert hat. Der 28-jährige Doktorand schreibt seine Dissertation über das Thema Einsamkeit und darüber, welche Folgen das Alleinsein für die Betroffenen hat und wie es bewältigt wird.
 
Um eine möglichst aussagekräftige Studie erstellen zu können, hoffen die beteiligten Wissenschaftler auf möglichst zahlreiche Teilnahme aus der gesamten Bevölkerung. Die Untersuchung wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Goethe-Universität geführt, sie ist anonym und dient ausschließlich wissenschaftlichen, nicht-kommerziellen Zwecken. Die Befragung, die sich unter dem Link https://www.soscisurvey.de/corona-survey/ öffnen lässt, nimmt circa 15 Minuten in Anspruch. Nach einem kurzen Fragebogen gibt es auch Gelegenheit, in einem zweiten Abschnitt frei über Erfahrungen und Erlebnisse zu berichten.
 
Informationen: Alexander Langenkamp, Institut für empirische Sozialforschung, Campus Westend, Telefon 0151 27131529, E-Mail langenkamp@soz.uni-frankfurt.de, Fragebogen: https://www.soscisurvey.de/corona-survey/

 

Mär 30 2020
09:54

​Forscher der Goethe-Universität finden Wasserstoff-Kreislauf im Bakterium Acetobacterium woodii

Neuer Stoffwechsel-Typ in Bakterien entdeckt

FRANKFURT. Wie das Bakterium Acetobacterium woodii Wasserstoff in einer Art Kreislauf zur Energiegewinnung nutzt, haben jetzt Mikrobiologen der Goethe-Universität Frankfurt herausgefunden. Das Bakterium lebt in einer Umgebung ohne Sauerstoff und kann dank des Wasserstoff-Kreislaufs unabhängig von anderen Bakterienarten existieren.

Sie machen das Sauerkraut sauer, lassen Milch zu Joghurt und Käse gerinnen und geben Roggenbrot seinen kräftigen Geschmack: Bakterien, die ihre Nährstoffe vergären anstatt ihnen die Energie mithilfe von Sauerstoff zu entziehen. Acetobacterium woodii (kurz: A. woodii) ist so eine anaerob lebende Mikrobe. Käse und Brot sind nicht ihr Metier - sie lebt fern vom Sauerstoff im Schlamm am Meeresgrund und ist auch in Kläranlagen oder Termitendärmen anzutreffen.

In diesen Lebensräumen wimmelt es von Mikroben, die auf verschiedene Weise die organischen Substanzen für sich nutzen. Zucker, Fettsäuren und Alkohole werden zum Beispiel durch eine Reihe von Bakterienarten zu Essigsäure vergoren, wobei auch Wasserstoff (H2) entsteht. Der jedoch stört in höheren Konzentrationen die Gärung – ein Zuviel an Wasserstoff würde nämlich die Gärungsreaktion stoppen.Deshalb leben die gärenden Bakterien in Gesellschaft mit Mikroben, die auf just diesen Wasserstoff angewiesen sind, Methanbildner etwa, die aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan herstellen und auf diese Weise Energie gewinnen. Von dieser Gesellschaft profitieren beide Partner – und sind gleichzeitig so aufeinander angewiesen, dass der eine nicht ohne den anderen überleben kann.

A. woodii beherrscht beide Disziplinen der anaeroben „Wasserstoff-Gesellschaft“: Es kann organische Stoffe zu Essigsäure vergären und die Essigsäure auch anorganisch aus Kohlendioxid und Wasserstoff herstellen. Dass A. woodii dabei den wichtigen Wasserstoff in der eigenen Zelle recycelt, haben jetzt die Mikrobiologen um Professor Volker Müller vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt herausgefunden.

Dazu schalteten die Frankfurter Wissenschaftler im Labor das Gen für das Enzym aus, das in A.woodii den Wasserstoff bildet, die so genannte Hydrogenase. Das Ergebnis: Die Bakterien konnten zum Beispiel in einem Medium mit Fruchtzucker nur wachsen, wenn außerdem noch Wasserstoff zugesetzt wurde. Verschiedene weitere Tests bestätigten, dass beide Stoffwechselwege zur Essigsäureherstellung über Wasserstoff verbunden sind, der die Zelle nicht verlässt.

„Durch das von uns entdeckte ‚Wasserstoff-Recycling' besitzt Acetobacterium woodii ein Höchstmaß an metabolischer Flexibilität,“ sagt die Frankfurter Experimentatorin Dr. Anja Wiechmann. „Es kann in einem Kreislauf Wasserstoff sowohl selbst herstellen und nutzen oder Wasserstoff aus externen Quellen verwerten. Damit ist es in der Lage, sowohl von organischen Substanzen wie auch allein von anorganischen Substanzen zu leben.“

Professor Volker Müller erklärt: „Die Ergebnisse strahlen weit über die Untersuchung von Acetobacterium woodii hinaus. Es gab bereits Vermutungen, dass viele ursprüngliche Lebensformen einen solchen Stoffwechsel besitzen, wie wir ihn bei Acetobacterium woodii beschrieben haben. Dies wird zum Beispiel für die Asgard-Archaeen angenommen, die erst vor wenigen Jahren im Meeresgrund vor Kalifornien entdeckt wurden. Unsere Untersuchungen liefern den ersten Beweis, dass solche Stoffwechselwege tatsächlich existieren.“

Publikation: Anja Wiechmann, Sarah Ciurus, Florian Oswald, Vinca Seiler, Volker Müller (2020). It does not always take two to Tango: „Syntrophy“ via hydrogen cycling in one bacterial cell. ISME Journal, (https://doi.org/10.1038/s41396-020-0627-1)

Ein Bild zum Download finden Sie unter: http://www.uni-frankfurt.de/86948227

Bildtext: Während in anaeroben Lebensräumen die Essigsäure bildenden Bakterien und Methan-Bildner auf die Weitergabe von Wasserstoff angewiesen sind, recycelt Acetobacterium woodii den Wasserstoff innerhalb seiner Zelle. (Illustration: Sarah Ciurus, Goethe-Universität Frankfurt)

Weitere Informationen:
Prof. Volker Müller
Abteilung Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik
Institut für Molekulare Biowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: (069) 798-29507
VMueller@bio.uni-frankfurt.de

 

Mär 27 2020
15:09

​ Ranking des manager magazin basiert auf Befragung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Mandanten

Goethe-Universität „Top Hochschule“ für das Fach Wirtschaftsprüfung

FRANKFURT. Die Goethe-Universität ist beim Ranking der besten Hochschulen für Wirtschaftsprüfer in den Kreis der „Top Hochschulen“ gewählt worden. Im Gesamtranking belegt die Goethe-Universität Platz 5. In der Hochschul-Studie des manager magazin und der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung mbh (WGMB) werden die besten Lehrstühle für das Fach Wirtschaftsprüfung an deutschen Universitäten und (Fach-)Hochschulen gekürt, ausgewählt und beurteilt von 51 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und 894 Mandanten.
 
Prof. Raimond Maurer, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität, freut sich: “Diese Auszeichnung verdeutlicht die Bedeutung des Bereichs Wirtschaftsprüfung der Abteilung Rechnungswesen für die Goethe-Universität und unseren Fachbereich Wirtschaftswissenschaften.“

Mandanten und Wirtschaftsprüfern wurde im Rahmen der Studie „Deutschlands beste Hochschulen für das Fach Wirtschaftsprüfung“ die Frage gestellt: „Bitte nennen Sie uns die drei deutschen Universitäten bzw. (Fach-)Hochschulen, die Studierende Ihrer Meinung nach am besten für einen Berufsweg als Wirtschaftsprüfer qualifizieren.“ Von den Befragten musste dann eine Rangfolge der aus ihrer Sicht besten, der zweitbesten und der drittbesten Hochschule gebildet werden. Mit 225 Punkten und einem Rating „sehr gut“ gehört die Goethe-Universität zu den „Top 10“ der besten Hochschulen.

Link zur Studie: www.beste-wirtschaftspruefer.de

Kontakt:
Prof. Dr. Raimond Maurer, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt. Tel. (Dekanatssekretariat): (069) 798-34601. dekanat02@wiwi.uni-frankfurt.dehttps://www.wiwi.uni-frankfurt.de

 

Mär 27 2020
09:09

​Bereits 1 Mio. Euro für den Goethe-Corona-Fonds von Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt

Eine Woge der Hilfsbereitschaft

FRANKFURT. 5 Mio. Euro sollen es insgesamt werden, 1 Mio. ist bereits fest zugesagt: Der vor wenigen Tagen verbreitete Spendenaufruf von Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt zugunsten eines Goethe-Corona-Fonds hat eine Woge der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Der Fonds soll dabei helfen, die finanziellen Herausforderungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, besser meistern zu können.

Gespendet werden kann über die Spendenplattform „Betterplace“ (https://www.betterplace.org/p78009) oder per Überweisung direkt an das Spendenkonto des Goethe-Corona-Fonds (Landesbank Hessen-Thüringen, IBAN: DE95 5005 0000 0001 0064 10, Verwendungszweck: Goethe-Corona-Fonds). Den Anfang machten die 250.000 Euro, die bereits in der vergangenen Woche aus dem Johanna-Quandt-Jubiläumsfonds für die COVID-19-Forschung bereitgestellt worden waren, sie bilden den Grundstock des Fonds. Die bisher größte Zuwendung mit insgesamt 600.000 Euro kommt von dem Bad Homburger Unternehmer Stefan Quandt. „Wir müssen möglichst rasch möglichst viel über das Coronavirus und seine Funktionsweise herausfinden. Deshalb will ich dazu beitragen, die pragmatisch ausgerichtete Virusforschung an der Goethe-Universität zu stärken“, begründet Quandt seine großzügige Spende. Sein Wunsch ist es, dass der Betrag als Anschubfinanzierung für die umgehende Einrichtung einer Qualifikationsprofessur für COVID-19-Forschung im Team der Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek verwendet wird, so dass die Suche nach Wirk- und Impfstoffen kurzfristig intensiviert und strategisch weiter gestärkt werden kann.

Weitere Unternehmen beteiligen sich mit beträchtlichen Summen, so hat Santander eine Spende von 30.000 Euro zugesagt und wird darüber hinaus den Spendenaufruf über ihre Netzwerke weltweit verteilen. Auch aus der Universität selbst treffen demnächst erste Großspenden ein:  Zwei fünfstellige Zuwendungen aus frei verwendbaren Drittmitteln verzeichnet der Fonds aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und aus dem Institut für Biochemie. Aber auch Privatpersonen z.B. aus dem Kreis der Ehemaligen und der Freunde und Förderer, engagieren sich großzügig.

Besonders erfreulich ist auch die breite Unterstützung aus der Bevölkerung. Ob eine enge Verbindung zur Universität besteht oder nicht – offenbar ist es vielen Menschen ein Bedürfnis, sich mit einem Beitrag an der Finanzierung dieser besonderen Kraftanstrengung zu beteiligen. Die Online-Spendenplattform https://www.betterplace.org/p78009 verzeichnet bereits wenige Tage nach dem Start rund 350 Einzelspenden mit einem Gesamtvolumen von fast 35.000 Euro.

Universitätspräsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff: „Ich danke allen, die etwas zum Goethe-Corona-Fonds beitragen. Ihre Spende ist auch ein Zeichen der Zuversicht, dass wir dieses Virus mit Hilfe der Forschung besiegen können. Und sie ist ein Zeichen von Solidarität der großen Goethe-Uni-Gemeinschaft, die in dieser Krise gemeinsam kämpft. Bitte lassen Sie in Ihrem Engagement nicht nach – ob durch finanziellen oder auch ganz persönlichen Einsatz. Ihre Hilfe wird gebraucht!“.

Die sich ausbreitende Pandemie bringt einen steigenden finanziellen Bedarf in vielen Bereichen mit sich – es wird mehr Geld benötigt für Schutzausrüstung für das medizinische Personal, für die Patientenversorgung, für Trainings- und Simulationskurse für Studierende, Pflegende und Ärzte, vor allem aber für Forschung und Entwicklung im Bereich der Virologie und Intensivmedizin. „Wenn an vielen Orten auf der ganzen Welt mit Hochdruck geforscht wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir bald ein Medikament oder einen Impfstoff gegen das Virus entwickeln können“, sagt Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek. „Zugleich ist es für die aktuell und in naher Zukunft Erkrankten elementar, dass das medizinische Personal bestmöglich geschult und ausgestattet wird, betont Prof. Dr. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums.


Spenden Sie bitte über unser Spendenprojekt auf www.betterplace.org:
https://www.betterplace.org/p78009
(Gern über Ihre Plattformen und Netzwerke teilen!)

Oder als Überweisung auf das Spendenkonto:
Landesbank Hessen-Thüringen
IBAN: DE95 5005 0000 0001 0064 10
Verwendungszweck: Goethe-Corona-Fonds

 
Wir danken im Namen der Universität – insbesondere des Fachbereichs Medizin – des Universitätsklinikums und all derer, die auf eine gute medizinische Versorgung in Zeiten von Corona angewiesen sind.


Information: Susanne Honnef, Abteilung Private Hochschulförderung, Telefon 069 798-12433, E-Mail honnef@pvw.uni-frankfurt.de; Kontakt zu Prof. Dr. Sandra Ciesek über das Universitätsklinikum Frankfurt: Christoph Lunkenheimer, Pressesprecher Universitätsklinikum, Telefon: 069 6301-86442, E-Mail christoph.lunkenheimer@kgu.de.

 

Mär 25 2020
16:29

​Zentrum für Psychotherapie an der Goethe-Universität bietet ab dem 30. März telefonische Beratung für Betroffene an.

Corona-Krisentelefon

FRANKFURT. Damit das Corona-Virus eingedämmt werden kann, soll man sich nach Möglichkeit zuhause aufhalten und physischen Kontakt mit anderen Menschen vermeiden. Diese Isolation kann aber für viele Menschen sehr belastend sein: Grübeln, Ansteckungsängste, Einsamkeit, Sorgen um die Zukunft und Depressionen können die Folge sein. Am Zentrum für Psychotherapie des Instituts für Psychologie wird daher eine Krisenberatung für Personen eingerichtet, die unter den psychischen Folgen der Corona-Pandemie leiden.

Auch Familien sind in der aktuellen Zeit mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Die Fortsetzung der schulischen Bildung zuhause, der Wegfall von außerfamiliärer Betreuung und Freizeitaktivitäten, die Notwendigkeit, elterliche Berufstätigkeit und Kinderbetreuung zu vereinbaren, können zu einer psychischen Beeinträchtigung führen.

Prof. Dr. Ulrich Stangier, Abteilungsleiter der Klinischen Psychologie und Psychotherapie an der Goethe-Universität, betont: „Mit diesem kostenlosen Angebot möchten wir Menschen helfen, die Rat suchen, um mit der belastenden Situation besser umgehen zu können.“

Betroffene können ab dem 30.03.2020 unter der Telefonnummer 069-798 46666 mit Therapeutinnen und Therapeuten über ihre Ängste und Möglichkeiten zur Überwindung von Belastungen reden.
Montag bis Freitag jeweils 15-21 Uhr; Samstag und Sonntag jeweils 16-20 Uhr.

Speziell für Kinder, Jugendliche und Eltern wird eine Beratung unter der gleichen Telefonnummer 069-798 46666 zu folgenden Uhrzeiten angeboten: Montag-Freitag, 9-14 Uhr.

Weitere Informationen: https://www.psychologie.uni-frankfurt.de/Corona_Krisentelefon
Prof. Dr. Ulrich Stangier, Klinische Psychologie und Psychotherapie.
Institut für Psychologie, Goethe-Universität Frankfurt. Sekretariat:
nerad@psych.uni-frankfurt.de, Tel. 069 - 798-23842.

 

Mär 23 2020
10:18

​Studie der Goethe-Universität zeigt: Viele Sportstudierende stoßen an ihre körperlichen Grenzen, sprechen aber lieber nicht darüber

Schmerzen im durchtrainierten Körper

FRANKFURT. Sie sind jung und gut trainiert – dennoch leidet ein Viertel der Studierenden der Sportwissenschaften unter Schmerzen in Verbindung mit psychosozialen Belastungen, zum Beispiel Stress. Dies zeigte eine Studie, die an der Goethe-Universität entstanden ist.
 
Wenn der aktive Sport im Mittelpunkt des Berufslebens oder der Ausbildung steht, sind Schmerzen häufig ein ständiger Begleiter – wobei Schmerzen hier als Verbindung von körperlichen und psychischen Beschwerden definiert ist. „Jeder dritte Spitzensportler leidet unter erheblichen Schmerzen“, erklärt Dr. Johannes Fleckenstein, Privatdozent an der Goethe-Universität. Gemeinhin werde das Thema eher stiefmütterlich behandelt, er habe es jedoch ins Zentrum seiner Lehrveranstaltungen gestellt.
 
In diesem Zusammenhang ist jetzt eine Masterarbeit entstanden, die Verfasserin Anke Bumann widmet sich darin vor allem der Situation von Sportstudentinnen und -studenten. Bumann hat ihre Fragebögen an die Studierenden von 89 sportwissenschaftlichen Instituten im deutschsprachigen Raum gesendet, der Rücklauf war beachtlich: 865 haben teilgenommen, 664 den vollständigen Bogen ausgefüllt, zum Teil sogar mit sehr ausführlichen frei formulierten Antworten.
 
Grundlage der Befragung war der „deutsche Schmerzfragebogen“ der deutschen Schmerzgesellschaft, er wurde um spezifische Aspekte wie Sportlichkeit, Trainingslast, Selbstwirksamkeit und Resilienz ergänzt. Gefragt wurde danach, in welchen und wie vielen Körperregionen Schmerzen auftreten, welche Verletzungen und sonstige Diagnosen vorliegen, außerdem ging es um psychische Faktoren, Alkoholgenuss und Schlafqualität.
 
Die Studie zeigt deutlich: Jeder vierte der vermeintlich gesunden jungen Menschen leidet unter Schmerzen und zeigt das Auftreten sogenannter bio-psycho-sozialer Faktoren, die Schmerzen begünstigen können, vor allem Stress infolge hohen Leistungsdrucks. Mehr als die Hälfte der Befragten empfindet Schmerzen in zwei und mehr Körperregionen – obwohl die meisten eine relativ große Schmerztoleranz angeben. Verglichen mit Altersgenossen haben Sportstudenten häufiger Depressionen, Angstzustände und Stress, während Rücksichtnahme auf sich selbst deutlich reduziert ist. Die Studierenden trainieren im Durchschnitt fünf bis sieben Stunden wöchentlich und konsumieren mehr Schmerzmittel (Analgetika) und Alkohol. Mehr als 60 Prozent geben an, unter Schlafstörungen zu leiden. Der Befund ist für alle Sportarten gleich, lediglich die Lokalisierung der Schmerzen ist eine andere. Die fehlende Rücksichtnahme gegenüber dem eigenen Körper und seinen Beschränkungen führe jedoch zu einer Chronifizierung dieses Zustands, der immer schwieriger zu verändern sei.
 
Dass die Not groß ist, zeige sich bei den qualitativen Antworten: Häufig wurde Freude darüber geäußert, dass nun ein Augenmerk auf die Thematik falle und man Gelegenheit habe, seine Probleme zu kommunizieren. Fleckenstein hofft darauf, dass die frühzeitige Auseinandersetzung der Studierenden mit dem Thema helfe, offener damit umzugehen – ohne Angst davor, als „Weichei“ abgestempelt zu werden. Dazu könnten seiner Meinung nach auch die Lehrenden beitragen, die bei praktischen Prüfungen mehr Rücksicht auf den gesundheitlichen Zustand der Kandidaten nehmen sollten. Und wenn die „fertigen“ Sportwissenschaftler in entsprechende berufliche Positionen kommen, könnten sie allmählich zu einem Umdenken beitragen.
 
„Wir müssen endlich aufhören, das Thema Schmerzen im Sport zu bagatellisieren“, fordert Johannes Fleckenstein. Es sei bedenklich, dass Schmerzerkrankungen bereits bei jungen und körperlich aktiven Studierenden in dieser Anzahl auftreten. Mit wachsender Professionalisierung, so die These der Autoren, steige die Zahl der Betroffenen noch weiter an: „Es wird enorm viel Leistung verlangt, und es geht um viel Geld“, so der Sportmediziner. Deshalb werde die Studie nun mit professionellen Athleten fortgesetzt.“
 
Publikation: Journal of Sports Science and Medicine, Volume:(19), Pages:323-336 Prevalence of Biopsychosocial Factors of Pain in 865 Sports Students of the Dach (Germany, Austria, Switzerland) Region – A Cross-Sectional Survey Anke Bumann, Winfried Banzer, Johannes Fleckenstein please click the link for reading the article:
  
Informationen: Priv.-Doz. Dr. Johannes Fleckenstein, Institut für Sportwissenschaften, Campus Ginnheim, Telefon +49 (69) 798 24484, Mail johannes.fleckenstein@sport.uni-frankfurt.de.

 

Mär 23 2020
10:06

​Die „International Conference on Learning Analytics & Knowledge 2020“ (LAK20) widmet sich dem Messen und Auswerten von Daten aus technikgestützten Lernprozessen - Registrierung noch möglich.

Komplett online: wichtigste internationale Konferenz zu Learning Analytics findet statt

FRANKFURT. Die „International Conference on Learning Analytics & Knowledge 2020“ (LAK20), das weltweit maßgebliche Fachforum für diesen Teilbereich der digitalen Bildung, wird ab Mittwoch, 25. März, von Frankfurt am Main aus als reines Online-Format ausgerichtet. Das Organisationsteam hat die Konferenz mit Teilnehmenden aus der ganzen Welt als Reaktion auf die Ausbreitung des Coronavirus in kürzester Zeit auf ein komplett virtuell verfügbares Programm umgestellt. Das Thema Learning Analytics steht für das Messen und Auswerten von Daten aus technikgestützten Lernprozessen, etwa im Rahmen von Online-Kursen oder Software-Tutorials. Ziel ist es, das Lernen zu unterstützen und zu optimieren.

„Vor allem international hat sich bereits gezeigt, dass Learning Analytics das Bildungswesen maßgeblich prägen kann“, sagt Professor Dr. Hendrik Drachsler vom DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und von der Goethe-Universität Frankfurt, der federführend für die Organisation der Konferenz verantwortlich ist. DIPF und Goethe-Universität sind gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Darmstadt Ausrichter der diesjährigen LAK, die damit erstmals von einem deutschen Team betreut wird. Als Beispiele für den Einsatz von Learning Analytics nennt Hendrik Drachsler das gezielte Fördern von Schülerinnen, Schülern und Studierenden im laufenden Lernprozess oder das Zusammenstellen von Lerngruppen nach bestimmten Kommunikationsmustern, die Aufschluss über die Bedürfnisse bei der Zusammenarbeit geben. Zugleich betont der Informatiker und Professor für Educational Technologies den hohen Stellenwert des Datenschutzes in diesem Bereich: „Die Technik soll allein dem Lernenden dienen.“ Um den Austausch zu diesem Thema voranzubringen, hat das Team um Professor Drachsler alles dafür getan, dass die Konferenz trotz der aktuellen Lage stattfinden kann.


Konferenz nun im virtuellen Raum

Die Organisatorinnen und Organisatoren haben umgehend reagiert und dafür gesorgt, dass die Konferenz, die eigentlich vor Ort in Frankfurt am Main ausgerichtet werden sollte, nun als zukunftweisendes reines Online-Format angeboten werden kann. Die registrierten Teilnehmenden können sich etwa in Video-Konferenzräume einwählen, wo die Vorträge live und von der ganzen Welt aus gehalten werden. Moderierte Chats bieten im Anschluss die Möglichkeit für Fragen und Antworten. Die Beiträge werden, wenn die Vortragenden einverstanden sind, aufgezeichnet. So können Interessierte sie auch zeitlich flexibel anschauen. Poster und Anwendungen werden ebenfalls rein virtuell präsentiert und das Programm ist insgesamt über lange Zeiträume am Tag gestreckt, um den Teilnehmenden aus sieben Zeitzonen bestmöglich gerecht zu werden. Das Team ist sich sicher, dass das Format mit seiner räumlichen Unabhängigkeit und zeitlichen Flexibilität auch Impulse für künftige andere Tagungen bietet.

Bis Dienstag, 24. März, um 17 Uhr mitteleuropäischer Zeit kann man sich noch für die Konferenz LAK20 registrieren, um online teilzunehmen. Hier finden Sie den Registrierungslink: https://lak20.solaresearch.org/registration


Thema der zehnten Ausgabe der Konferenz, die unter dem Dach der international vernetzten „Society for Learning Analytics Research“ (SoLAR) jedes Jahr von wechselnden internationalen Teams ausgerichtet wird, ist „Shaping the future of the field“. „Im Fokus stehen mögliche Entwicklungslinien der nächsten zehn Jahre und darüber hinaus. Im Kern geht es darum, wie sich das Lernen und Lehren messen lässt, welche Erkenntnisse sich damit gewinnen lassen, wie man sie möglichst nutzbringend einsetzt und was bei verschiedenen Einsatzgebieten und Größenordnungen von Learning Analytics zu beachten ist“, so Dr. Christoph Rensing von der TU Darmstadt, Mitorganisator der diesjährigen LAK.

Neben den allgemeinen Präsentationen umfasst das Programm zwei Keynotes von internationalen Fachleuten:

• „Learning Analytics - A field on the verge of relevance?"
Prof. Dr. Shane Dawson, Director of the Teaching Innovation Unit, Co-Director of the Centre for Change and Complexity in Learning und Professor of Learning Analytics at the University of South Australia

• „Group Learning Analytics"
Prof. Dr. Milena Tsvetkova, Assistant Professor at the Department of Methodology at the London School of Economics and Political Science

Das LAK-Organisationsteam agiert in einem regionalen Umfeld, in dem die Vorteile und Formen der Umsetzung von Learning Analytics für den Hochschulbereich bereits intensiv diskutiert werden. Professor Drachsler und Dr. Rensing haben zu dieser Thematik ein eigenes Innovationsforum initiiert. Es ist Teil des vom Land geförderten Projektes „Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen“, in dessen Rahmen elf hessische Hochschulen innovative Konzepte für die Lehrenden und die Studierenden erarbeiten.


Weitere Informationen zu der Konferenz: https://lak20.solaresearch.org/ 

Kontakt:
Learning Analytics: Prof. Dr. Hendrik Drachsler, +49 (0)69-24708-870, drachsler@dipf.de
Presse: Philip Stirm, DIPF, +49 (0)69 24708-123, stirm@dipf.de, www.dipf.de

 

Mär 20 2020
11:46

​Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt bitten um Unterstützung für Forschung, Ausstattung und Versorgung

Dringender Spendenaufruf für Goethe-Corona-Fonds

FRANKFURT. Mindestens fünf Millionen Euro – diese Summe wollen Goethe-Universität und Universitätsklinikum sammeln, um die Herausforderungen der Corona-Pandemie besser meistern zu können. Jeder kann dabei mithelfen: Das Geld soll über die Spendenplattform betterplace.org eingeworben werden und vor allem in die Erforschung des Corona-Virus, die akute Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die Patientenversorgung am Universitätsklinikum fließen. Auch direkte Spenden sind möglich. (Weblink und Spendenkonto finden Sie am Ende der Pressemitteilung.)

Den Auftakt hat Anfang der Woche die Johanna Quandt-Universitäts-Stiftung gemacht: Sie stellte auf unbürokratische Weise innerhalb von 24 Stunden eine Viertelmillion Euro für Corona-Forscherin Prof. Dr. Sandra Ciesek und ihr Team zur Verfügung. Mit dem Geld wollen die Virologen von Goethe-Universität und Universitätsklinikum die Suche nach wirksamen Medikamenten vorantreiben. Doch das soll nur der Anfang gewesen sein. Denn die Corona-Krise erfordert ein erhebliches Ausmaß an zusätzlichen Kraftanstrengungen – und damit erhebliche zusätzliche Mittel.

„Unsere Bitte geht an alle, die die enormen Herausforderungen nicht nur bestaunen, sondern konkret helfen wollen: Spenden Sie für den Goethe-Corona-Fonds. Jeder Beitrag ist wichtig und willkommen“, appelliert Universitätspräsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff an die Hilfsbereitschaft der Menschen. „Wenn wir diese Krise alle gut überstehen und eventuell sogar gestärkt daraus hervorgehen wollen, müssen wir jetzt entschlossen die Weichen dafür stellen. Wenn Stadtgesellschaft und Uni-Community eng zusammenrücken – selbstverständlich nicht physisch – können wir auch große Herausforderungen meistern. Genau dafür ist vor mehr als 100 Jahren die Uni gegründet worden“, so Wolff weiter. Als Stiftungsuniversität habe die Goethe-Uni den notwendigen Spielraum, auch auf unorthodoxen Wegen Finanzierungen zu ermöglichen, so Wolff. Schon jetzt danke sie im Namen der Universität, des Universitätsklinikums und der betroffenen Patienten allen, die mit ihrer Spende zu einer Verbesserung der Lage beitrügen.

Um die Krise wissenschaftlich, klinisch und organisatorisch zu meistern, benötigen Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt kurzfristig zusätzliches Personal und finanzielle Mittel. Deshalb wurde der Goethe-Corona-Fonds aufgelegt, der möglichst bald auf mindestens fünf Millionen Euro anwachsen soll – mit Hilfe von Spenden aus der Bevölkerung, von Stiftungen und anderen privaten Förderern. Dazu wurde eine Spendenseite auf der Plattform Betterplace eingerichtet, auch Direktüberweisungen sind möglich – beides gegen Spendenquittung. Erste Zusagen gibt es bereits aus dem Kreis der Forschenden: Ein Professor hat bereits eine Spende von 40.000 Euro angekündigt.

„Die sich ausbreitende Pandemie bringt einen steigenden finanziellen Bedarf in vielen Bereichen mit sich: Wir brauchen viel Geld zum Beispiel für spezifische Geräte und Fachpersonal, Schulungen für weitere Helfer in der Krise, aber auch die Ausstattung unseres medizinischen Personals mit Schutzkleidung, Schutzbrillen und Mund-Nasen-Masken“, sagt Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums. In der Forschung liegt ein besonderer Fokus auf der patientennahen Forschung, die Prof. Dr. Sandra Ciesek und ihr Team vorantreiben: Ziel ist es, einen Impfstoff und Medikamente gegen das aggressive Virus zu finden und die Diagnoseverfahren zu verbessern. „Mit Hilfe der zusätzlichen Mittel können wir die Forschung mit Nachdruck vorantreiben. Unser Ziel ist es, möglichst zeitnah mit klinischen Studien beginnen zu können“, erklärt Virologin Ciesek. Hierfür müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit biostatistischer sowie biomedizinischer Ausbildung eingestellt werden, um die generierten klinischen Daten aufarbeiten und analysieren zu können. Außerdem werden in der virologischen und intensivmedizinischen Forschung und Entwicklung dringend weitere Geräte benötigt, um Experimente und Studien schneller und effizienter durchführen zu können.

Aber auch die Lehre braucht dringend finanzielle Unterstützung: Die Studierenden sollen die Möglichkeit haben, an Trainings und Simulationskursen teilzunehmen, die sie auf die schwierige Situation im klinischen Alltag vorbereiten. Hierfür werden auch weitere Übungspuppen benötigt. „Wir stoßen in diesem Bereich leider an unsere Kapazitätsgrenzen, dabei ist das Interesse und das Engagement auf Seiten der Studierenden ungeheuer groß“, sagt Prof. Dr. Josef Pfeilschifter, Dekan des Fachbereichs Medizin an der Goethe-Universität. Die Lehre, Aus- und Weiterbildung lebe auch von wirklichkeitsgetreuen Simulationen.

Spenden über unser Spendenprojekt auf www.betterplace.org:
https://www.betterplace.org/p78009
(Gern über Ihre Plattformen und Netzwerke teilen!)

Oder als Überweisung auf das Spendenkonto:
Landesbank Hessen-Thüringen
IBAN: DE95 5005 0000 0001 0064 10
Verwendungszweck: Goethe-Corona-Fonds

Informationen: Kontakt zu Prof. Dr. Sandra Ciesek über das Universitätsklinikum Frankfurt: Christoph Lunkenheimer, Pressesprecher Universitätsklinikum, Telefon: 069 6301-86442, christoph.lunkenheimer@kgu.de.

 

Mär 20 2020
10:10

Rhythmische Nervensignale bestimmen Laute von Fledermäusen

​Wie das Gehirn die Stimme kontrolliert

FRANKFURT. Ein bestimmter neuronaler Schaltkreis im Gehirn kontrolliert bei Fledermäusen die Lautäußerungen der Tiere. Dies haben jetzt Biologen der Goethe-Universität Frankfurt herausgefunden. Die Frankfurter Forscher konnten anhand des Rhythmus, in dem der Schaltkreis schwang, vorhersagen, welche Art von Lauten die Fledermäuse unmittelbar danach ausstoßen würden. Die Forschungsergebnisse könnten dazu beitragen, Krankheiten des Menschen wie Parkinson oder Tourette-Syndrom besser zu verstehen, bei denen die Sprache gestört ist.

Fledermäuse sind berühmt für ihre Ultraschall-Navigation: Sie orientieren sich über ihr äußerst empfindliches Gehör, indem sie Ultraschall-Laute ausstoßen und anhand der Schall-Reflexionen ein Bild ihrer Umwelt erhalten. So findet beispielsweise die Brillenblattnasen-Fledermaus (Carollia perspicillata) die von ihr als Nahrung bevorzugten Früchte über dieses Echo-Ortungssystem. Gleichzeitig nutzen die Fledermäuse ihre Stimme auch zur Kommunikation mit den Artgenossen, wobei sie einen etwas tieferen Frequenzbereich wählen. Die Brillenblattnase verfügt dabei über eine stimmliche Bandbreite, die sich sonst nur noch bei Singvögeln und Menschen findet. Wie der Mensch erzeugt sie ihre Laute durch den Kehlkopf.

Der Neurowissenschaftler Julio C. Hechavarria vom Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft der Goethe-Universität hat zusammen mit seinem Team Gehirnaktivitäten der Brillenblattnase untersucht, die den Lautäußerungen vorangehen. Dabei konnten die Wissenschaftler eine Gruppe von Nervenzellen identifizieren, die eine Verschaltung vom Stirnlappen in das Innere des Gehirns zum „Streifenkörper“ (Corpus striatum) herstellen. Wenn dieser Nerven-Schaltkreis rhythmisch Signale feuert, stößt die Fledermaus etwa eine halbe Sekunde später Laute aus. Dabei schien die Art des Rhythmus zu bestimmen, ob es sich um Echo-Ortung oder Kommunikationslaute handelte.

Da sich innerhalb einer halben Sekunde jedoch kaum eine Voraussage treffen lässt, schrieben die Frankfurter Forscher ein Computerprogramm, das ihre Hypothese testete: Der Computer analysierte die aufgezeichneten Laute getrennt vom neuronalen Rhythmus und stellte dann anhand der verschiedenen Rhythmen Prognosen. Das Ergebnis: Zu rund 80 Prozent lag der Rechner mit seinen Vorhersagen Ortungsruf versus Kommunikationslaut richtig. Die Vorhersagen waren besonders genau, wenn Signale vom Stirnlappen berücksichtigt wurden. Beim Menschen wird diese Hirnregion unter anderem mit der Planung von Handlungen in Verbindung gebracht.

Dieser neuronale Rhythmus der Fledermaus gleicht einem Rhythmus, der häufig am menschlichen Kopf gemessen werden kann, stellten die Forscher fest. Sie folgern daraus, dass dieser Typ des neuronalen Rhythmus generell mit der Lautbildung von Säugetieren zusammenhängen könnte.
Julio Hechavarria: „Fledermäuse dienen seit mehr als 50 Jahren als Tiermodel zur Untersuchung, wie das menschliche Gehirn Hörreize verarbeitet und wie sich die menschliche Sprache entwickelt. Wir konnten jetzt erstmals zeigen, wie voneinander entfernte Hirnregionen bei der Fledermaus während der Lautbildung miteinander kommunizieren. Gleichzeitig wissen wir, dass die entsprechenden Gehirnnetzwerke bei Menschen gestört sind, die beispielsweise als Folge einer Parkinson-Krankheit stottern oder bei einem Tourette-Syndrom unwillkürliche Laute ausstoßen. Daher hoffen wir, dass wir mit der weiteren Untersuchung der Fledermaus-Lautbildung zu einem besseren Verständnis dieser menschlichen Krankheitsbilder beitragen können.“

Publikation: Fronto-striatal oscillations predict vocal output in bats.
Kristin Weineck, Francisco García-Rosales, Julio C. Hechavarria; PLOS Biology, DOI 10.1371/journal.pbio.3000658
https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.3000658

Bilder zum Download finden Sie unter folgendem Link: http://www.uni-frankfurt.de/86729013

Bildtext: Das Bild zeigt verschiedene Nervensignale im Stirnlappen (links), die den beiden Arten von Lautäußerungen der Brillennasenfledermäuse (Carollia perspicillata) vorangehen (rechts). Dauer und Frequenz der Lautäußerungen sind farbig dargestellt: oben ein Beispiel für einen Kommunikationslaut, unten ein Beispiel für einen Laut zur Echo-Ortung. Copyright: Julio C. Hechavarria, Goethe University Frankfurt

Weitere Informationen: Julio C. Hechavarria, Ph.D., Auditory Computations Group (Gruppenleiter), Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Campus Riedberg, Telefon +49 (0)69 798-42050, E-Mail: Hechavarria@bio.uni-frankfurt.de, https://www.julio-hechavarria.com/

 

Mär 18 2020
09:52

Goethe-Universität schließt Exklusivlizenzvertrag mit ihrem neuem Spin-off. 3Cs-Verfahren ermöglicht es erstmals, kombinatorische Reagenzien der Genschere CRISPR/Cas-herzustellen.

Start frei für Vivlion®!

FRANKFURT. Die Goethe-Universität Frankfurt schließt einen Exklusivlizenzvertrag mit ihrem Spin-off-Unternehmen Vivlion® GmbH zur Nutzung der „3Cs“-Technologie, einem innovativen Produktionsverfahren für CRISPR/Cas-Reagenzien. Vivlion® wurde von den Frankfurter Forschern Ivan Dikić, Manuel Kaulich und Kerstin Koch gegründet, um mit der an der Goethe-Universität entwickelten 3Cs-Technologie die Suche nach neuen Medikamenten entscheidend zu verbessern und funktionelles Screening in neuen Dimensionen zu ermöglichen. Mit der „CRISPR/Cas“-Methode können Gene gezielt ausgeschaltet werden. Dazu versieht man das Cas-Enzym mit einer Art genetischer Postleitzahl. Das von den Wissenschaftlern um Manuel Kaulich entwickelte, neue 3Cs-Verfahren ermöglicht es erstmals, kombinatorische CRISPR/Cas-Reagenzien herzustellen, die einen neuen Horizont eröffnen.

Einer der Erfinder, Dr. Manuel Kaulich, kommentiert: „Die 3Cs-Technologie ist ein gutes Beispiel dafür, wie aus der Kombination von etabliertem und innovativem Wissen neue Forschungs- und Anwendungshorizonte generiert werden können. Besonders beeindruckt sind wir von der Versatilität der 3Cs-Technologie, die fachübergreifend relevant ist.“ So können in einem einzigen Experiment viele Bereiche der Erbsubstanz parallel geprüft werden, um beispielsweise festzustellen, welche Gene für das Versagen bestimmter Krebsmedikamente verantwortlich sind.

Prof. Ivan Dikić, CEO von Vivlion®, erklärt: “Der Erfolg von Vivlion® gründet sich aus einer Kultur der akademischen Innovation, der wissenschaftlichen Kreativität und – am wichtigsten – der Teamarbeit. Hauptziel von Vivlion® ist es, die wissenschaftliche Community mit überragenden CRISPR/Cas-Reagenzien zu versorgen und den technologischen Fortschritt in diesem Bereich voranzutreiben.“ Der mit Hilfe von der Innovectis GmbH, dem Technologietransfer-Unternehmen der Goethe-Universität, abgeschlossene Lizenzvertrag verleiht Vivlion® das alleinige und weltweit gültige Recht, basierend auf der zum Patent angemeldeten 3Cs-Technologie Produkte zu entwickeln und zu vermarkten. Die Goethe-Universität erhält von Vivlion® im Gegenzug Meilensteinzahlungen sowie eine Umsatzbeteiligung.

„Gründer und deren Unternehmen sind ein wesentlicher Bestandteil im Third Mission-Konzept der Goethe-Universität. Unsere Gründer sind diejenigen, die akademisches Wissen in Werte für unsere Gesellschaft wandeln“, sagt Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident Third Mission der Goethe-Universität. „Unser Spin-off Vivlion® ist ein gutes Beispiel, wie die Gesellschaft von akademischer Gesundheitsforschung profitiert“, ergänzt Dr. Martin Raditsch, Geschäftsführer der Innovectis GmbH.

Weitere Informationen:
Dr. Kirstin Schilling, Stv. Geschäftsführerin INNOVECTIS GmbH. Altenhöferallee 3, 60438 Frankfurt am Main. info@innovectis.de; Tel. (069) 2561632 0; Fax (069) 256163229. www.innovectis.de

 

Mär 16 2020
13:21

​Frankfurter Virologin Sandra Ciesek wird über Johanna Quandt Jubiläums-Fonds gefördert

Ad-hoc-Unterstützung: 250.000 Euro für Corona-Forschung an der Goethe-Universität

FRANKFURT. Die Johanna Quandt-Universitäts-Stiftung stellt der Corona-Forscherin Prof. Sandra Ciesek eine Viertelmillion Euro zur Verfügung. Innerhalb von nur 24 Stunden wurde der Antrag bewilligt. Die Virologen des Universitätsklinikums Frankfurt wollen mit dem Geld die Suche nach wirksamen Medikamenten vorantreiben. Die Mittel stammen aus dem Johanna Quandt Jubiläums-Fonds, den die Bad Homburger Unternehmerin Johanna Quandt 2014 für die Goethe-Universität eingerichtet hatte.
 
Die Entwicklung virenhemmender Medikamente gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 steht derzeit im Fokus des Teams um Prof. Sandra Ciesek, Leiterin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt. An der Frankfurter Virologie gelang Mitarbeitern des Instituts kürzlich die Anzucht des Corona-Virus aus Proben der deutschen Reisenden, die am 1. Februar aus Wuhan zurückgeholt worden waren. Mit den Mitteln des Fonds planen die Frankfurter Wissenschaftler nun, in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie pharmakologische Substanzdatenbanken nach potenziellen antiviralen Wirkstoffen zu durchsuchen. Weiterhin sind Experimente an Zellkulturen vorgesehen, bei denen einzelne Gene gezielt ausgeschaltet werden (CRISPR-Cas9-Screening). Damit versuchen die Wissenschaftler Strukturen menschlicher Zellen zu identifizieren, die das Virus zur Infektion benötigt. So wollen sie besser verstehen, wie das SARS-CoV-2-Virus in menschliche Zellen eindringt, um sich dort zu vermehren.
 
Der Johanna Quandt Jubiläums-Fonds wurde zum 100-jährigen Bestehen der Goethe-Universität ins Leben gerufen und von Johanna Quandt mit 20 Millionen Euro ausgestattet. Seit 2015 werden mit diesen Mitteln Projekte der Goethe-Universität gefördert, deren Finanzierung nicht durch den allgemeinen Hochschulentwicklungsplan gedeckt ist. Dazu zählen die Förderung herausragender Wissenschaftler, die Unterstützung internationaler Partnerschaften sowie außeruniversitärer Forschungsinstitute und damit verbundener Kooperationen.
 
Prof. Sandra Ciesek sagte: „Mit den Mitteln aus dem Johanna Quandt Jubiläums-Fonds können wir kurzfristig qualifizierte Nachwuchswissenschaftler für diese Arbeiten einstellen. So können wir die Screenings sowie anschließende präklinische Untersuchungen schnell durchführen. Unser Ziel ist es, möglichst zeitnah mit klinischen Studien an Probanden und Patienten zu beginnen.“
 
„Die Corona-Krise zwingt die auch die Goethe-Universität zu energischem und entschlossenem Handeln“, erklärte Prof. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität. „Als Stiftungsuniversität sind wir in der glücklichen Lage, seit vielen Jahren eng und vertrauensvoll mit Stiftungen wie der Johanna Quandt-Universitäts-Stiftung zusammenzuarbeiten. Nur dadurch war es möglich, unbürokratisch innerhalb kürzester Zeit diese Summe für unsere Virologie bereitzustellen. Wir sind froh, in dieser schwierigen Phase Beiträge zur Bewältigung der Krise leisten zu können.“
 
 
Kontakt zu Prof. Sandra Ciesek über das Universitätsklinikum Frankfurt: Christoph Lunkenheimer, Pressesprecher Universitätsklinikum, Telefon: 069 6301-86442, christoph.lunkenheimer@kgu.de

 

Mär 13 2020
14:52

Zellkultur-Studie: Protonenpumpen-Inhibitor verbessert Wirksamkeit von Virostatikum

Neue Wirkstoff-Kombination für bessere Herpes-Behandlung

FRANKFURT. Eine neue Wirkstoff-Kombination könnte womöglich die Behandlung von Herpes-simplex-Krankheiten wie Lippenbläschen, Genitalherpes und Hornhautentzündung (Keratitis) verbessern. Das haben Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und der University of Kent, Großbritannien, herausgefunden. Die Forscher testeten verschiedene Wirkstoffe in Zellkulturen und entdeckten, dass Omeprazol und andere Protonenpumpen-Inhibitoren die Wirksamkeit des Virostatikums Acyclovir verbessern konnten. Acyclovir wird am häufigsten zur Behandlung Krankheiten verwendet, die mit Herpes-simplex-Infektionen einhergehen.  

Lippenbläschen und Genitalherpes können erhebliche Beschwerden verursachen. Hornhautentzündungen, die durch Herpes simplex verursacht werden, gehören zu den häufigsten Ursachen für eine Erblindung in den Industrieländern. Bei Menschen mit einem unterdrückten Immunsystem wie zum Beispiel Organempfänger können Herpes-simplex-Viren lebensbedrohlich sein. Daher besteht ein hoher Bedarf an verbesserten Therapien.

Ein internationales Team unter der Leitung von Professor Jindrich Cinatl, Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikums Frankfurt, und Professor Martin Michaelis, School of Biosciences, University of Kent, hat verschiedene Protonenpumpen-Inhibitoren in Kombination mit zwei Virostatika getestet, Acyclovir und Ribavirin.

Protonenpumpen-Inhibitoren sind die am häufigsten angewandten Wirkstoffe gegen

Sodbrennen, weil sie die Magensäureproduktion stark verringern. Darüber hinaus können Protonenpumpen-Inhibitoren auch die Wirkung bestimmter Krebsmedikamente verstärken, der so genannten Nukleosid-Analoga. Die Virostatika Acyclovir und Ribavirin sind ebenfalls Nukleosid-Analoga, und daher untersuchte das deutsch-britische Forschungsteam, ob Protonenpumpen-Inhibitoren auch die Wirksamkeit der beiden Virostatika erhöhen könnten.

Während Protonenpumpen-Inhibitoren zusammen mit Ribavirin nur einen geringen Einfluss auf die Vermehrung des Herpes-simplex-Virus zeigten, minderten sie in Kombination mit Acyclovir die Freisetzung von Viren deutlich. Dabei zeigte Omeprazol unter den untersuchten Protonenpumpen-Inhibitoren den größten Effekt.

Professor Jindrich Cinatl, Letztautor der Studie, sagte: “Was unsere Forschung so interessant macht, ist, dass Protonenpumpen-Inhibitoren eingehend charakterisierte und gut verträgliche Wirkstoffe sind. Daher können wir sie jetzt direkt zusammen mit Virostatika in Patienten testen, die an schweren, durch das Herpes-simplex-Virus verursachten Krankheiten leiden. Wenn wir im Menschen denselben Effekt sehen wie in der Zellkultur, werden wir vielen Patienten helfen können, für die wir derzeit nur eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten haben.“

Publication: Omeprazole increases the efficacy of acyclovir against herpes simplex virus type 1 and 2. Malte Kleinschmidt, Denisa Bojkova, Holger Rabenau, Jindrich Cinatl – Goethe-University Frankfurt; Martin Michaelis, Mark Wass - University of Kent, in: Frontiers in Microbiology https://doi.org/10.3389/fmicb.2019.02790

Information:
Professor Dr. rer. nat. Jindrich Cinatl,
Head of Research Group Cinatl,
Institute of Medical Virology,
University Hospital Frankfurt am Main, Germany,
Phone +49 69 / 6301-6409,
E-Mail: cinatl@em.uni-frankfurt.de,

Homepage: https://www.kgu.de/einrichtungen/institute/zentrum-der-hygiene/medizinische-virologie/forschung/research-group-cinatl/.

Informationen für Social Media

Twitter-Accounts: @goetheuni, @UniKent


Tweet-Vorschläge:

Eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Professor Jindrich Cinatl von der @goetheuni hat eine verbesserte Wirkstoff-Kombination zur Behandlung von Herpes gefunden

Wissenschaftler der @goetheuni & der @UniKent testen eine neue Wirkstoff-Kombination, um Herpes besser zu behandeln.

Wissenschaftler der @goetheuni & der @UniKent haben herausgefunden, dass bestimmte Protonenpumpen-Inhibitoren die Wirksamkeit von Virostatika verbessern können.

 

Mär 13 2020
13:14

Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2020 

Judith Reichmann für Erkenntnisse zur korrekten Weitergabe der Chromosomen geehrt

Die Bildung der Geschlechtszellen und die erste Zellteilung der befruchteten Eizelle sind fehleranfällige Prozesse. Manchmal stimmt am Ende die Zahl der Chromosomen nicht oder der Zwei-Zell-Embryo hat zwei Zellkerne pro Zelle statt einem Zellkern. Meistens münden diese Fehler in einer Fehlgeburt. Judith Reichmann hat bei Mäusen Fehlerquellen entdeckt, die dafür verantwortlich sind. 

FRANKFURT. Dr. Judith Reichmann vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg erhält morgen den mit 60.000 Euro dotierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2020. Der Festakt in der Paulskirche ist wegen der aktuellen Entwicklungen in der Coronavirus-Pandemie allerdings abgesagt worden. Die Biologin wird für ihre Forschung zu den Ursachen von Chromosomenstörungen und Fehlgeburten geehrt. Erarbeitet hat sie diese Ergebnisse bei Mäusen. Diese Säugetiere besitzen ein Protein mit dem Namen Tex19.1, das die Chromosomen während der Bildung der Eizellen zusammenhält und Samenzellen vor genetischen Schäden bewahrt. Ohne dieses Protein haben viele Maus-Embryonen eine falsche Chromosomenzahl und sterben schon nach wenigen Zellteilungen. Fehler entstehen auch bei der ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle. Reichmann konnte zeigen, dass der väterliche und mütterliche Chromosomensatz bei dieser ersten Zellteilung nicht über eine gemeinsame Spindel auf die beiden Tochterzellen verteilt werden, sondern über zwei getrennte Spindeln. Das kann dazu führen, dass die beiden Chromosomensätze so weit auseinanderdriften, dass der Zwei-Zell-Embryo am Ende nicht einen Zellkern mit zwei Chromosomensätzen hat, sondern zwei Zellkerne mit je einem Chromosomensatz.

Die beiden Spindeln hat Reichmann mit der sogenannten Lichtblattmikroskopie entdeckt, die sie zu diesem Zweck weiterentwickelt hat. Die Embryonen der Maus vertragen kein Dauerlicht und können deshalb nicht mit einem herkömmlichen Mikroskop untersucht werden. Bei einem Lichtblattmikroskop wird nur die Ebene beleuchtet, die gerade beobachtet wird. Der Rest des Embryos bleibt im Dunkeln.

„Judith Reichmann hat gezeigt, wie Mäuse dafür sorgen, dass ihre Nachkommen die korrekte Zahl an Chromosomen und nur einen Zellkern haben. Beides ist für eine erfolgreiche Fortpflanzung ungeheuer wichtig“, schreibt der Stiftungsrat in seiner Begründung zur Preisvergabe. „Reichmanns Forschung trägt vielleicht eines Tages dazu bei, dass die Rate an Fehlgeburten bei Frauen reduziert werden kann – vorausgesetzt die bei Mäusen identifizierten Fehlerquellen gelten auch für die menschliche Fortpflanzung“.

Reichmann hat mit Tex19.1 ein Protein entdeckt, das die Chromosomen während der Halbierung des doppelten Chromosomensatzes indirekt stabilisiert. Dieser als Meiose bezeichnete Prozess sorgt dafür, dass die Geschlechtszellen mit einem einfachen Chromosomensatz in die Befruchtung gehen, sonst würde sich der Chromosomensatz mit jeder Generation verdoppeln. Dass die Chromosomen während der Meiose stabilisiert werden müssen, liegt daran, dass dieser Prozess in den Eizellen für längere Zeit unterbrochen und erst vor dem Eisprung beendet wird. Fehlt Tex19.1, driften die Chromosomen während der Meiose auseinander. Das führt dazu, dass viele Embryonen unter den Nachkommen nicht die korrekte Zahl an Chromosomen haben.

Mit der Entdeckung der zwei Spindeln während der ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle hat Reichmann dafür gesorgt, dass Lehrbücher umgeschrieben werden müssen. Bisher ist man davon ausgegangen, dass der väterliche und mütterliche Chromosomensatz in der Eizelle verschmilzt und dann über einen Spindelapparat auf die beiden Tochterzellen verteilt wird. Reichmann konnte mit der Lichtblattmikroskopie zeigen, dass die väterlichen und mütterlichen Chromosomen getrennt voneinander und über zwei Spindeln in der Mitte der befruchteten Eizelle angeordnet und dann auf die Pole verteilt werden. Auch im Zellkern des Zwei-Zell-Embryos bleiben die beiden Chromosomensätze zunächst noch in unterschiedlichen Hemisphären, bevor sie sich dann mit jeder weiteren Teilung mehr und mehr durchmischen.

Falls der väterliche und mütterliche Chromosomensatz auch beim Menschen erst im Zwei-Zell-Embryo verschmilzt, müsste auch noch einmal über das Embryonenschutzgesetz diskutiert werden, denn für dieses Gesetz beginnt menschliches Leben mit der Verschmelzung von mütterlichem und väterlichem Erbgut. Das ist aber bisher in der befruchteten Eizelle verortet worden, nicht im Zwei-Zell-Embryo. Reichmanns Forschung hat damit auch in dieser Hinsicht Fragen aufgeworfen.

Kurzbiographie Dr. Judith Reichmann
Judith Reichmann (35) studierte Angewandte Biologie an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg. Zum Ende ihres Studiums wechselte sie an die Universität Aberdeen in Schottland, wo sie noch einen Bachelor in Genetik machte. An der Universität Edinburgh promovierte sie über Prozesse zur Entstehung von Ei- und Spermienzellen. Reichmann kam 2012 als Postdoktorandin an das EMBL, um die Zellteilungen am Beginn des Lebens mit neuesten Mikroskopie-Techniken zu untersuchen.  Seit 2017 ist sie als Wissenschaftlerin am EMBL tätig. Reichmann ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
Der 2006 erstmals vergebene Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis wird von der Paul Ehrlich-Stiftung einmal jährlich an einen in Deutschland tätigen Nachwuchswissenschaftler oder eine in Deutschland tätige Nachwuchswissenschaftlerin verliehen, und zwar für herausragende Leistungen in der biomedizinischen Forschung. Das Preisgeld von 60.000 € muss forschungsbezogen verwendet werden. Vorschlagsberechtigt sind Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen sowie leitende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an deutschen Forschungseinrichtungen. Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch den Stiftungsrat auf Vorschlag einer achtköpfigen Auswahlkommission.

Die Paul Ehrlich-Stiftung
Die Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsidentin der 1929 von Hedwig Ehrlich eingerichteten Stiftung ist Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die gewählten Mitglieder des Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung. Die Präsidentin der Goethe-Universität ist in dieser Funktion zugleich Mitglied des Kuratoriums.

Weitere Informationen
Alle Unterlagen der Pressemappe sowie ein Foto von Frau Dr. Reichmann sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Den ausführlichen Lebenslauf, ausgewählte Veröffentlichungen und die Publikationsliste erhalten Sie von Dr. Hildegard Kaulen, Telefon: +49 (0) 6122/52718, E-Mail: h.k@kaulen-wissenschaft.de