​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​ – Februar 2015

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Pressestelle Goethe-Universität

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Forschung

Feb 4 2015
13:57

Lichtscheiben-Mikroskopie ist Methode des Jahres

Embryonen beim Wachsen zusehen

FRANKFURT. Die Fachzeitschrift „Nature Methods“ hat die von dem Frankfurter Physiker Ernst Stelzer entwickelte Lichtscheiben-Fluoreszenzmikroskopie zur Methode des Jahres 2014 gewählt. Damit kann man über viele Tage hinweg dreidimensionale Filme von Zellen in den Wurzeln lebender Pflanzen oder in den Eiern heranwachsender Insekten- oder Fisch-Embryonen aufnehmen, ohne sie zu schädigen.

Die Lichtscheiben- beziehungsweise Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskopie (LSFM) ist eine extreme Weiterentwicklung der konfokalen Fluoreszenzmikroskopie. In beiden Verfahren werden fluoreszierende Moleküle, die zum Teil von den Objekten selbst erzeugt werden, zum Leuchten angeregt. Das Problem aller Lichtmikroskope ist, dass Beleuchtung bereits einen Einfluss auf den Stoffwechsel hat. In vielen Zellen werden nämlich die an biochemischen Prozessen beteiligten Moleküle durch Licht geschädigt. Dies wird unter dem Begriff Fototoxizität zusammengefasst. Um die räumliche und zeitliche Verteilung von bestimmten Proteinen (Eiweißen) zu erkennen, verwendet man bei der  Fluoreszenzmikroskopie außerdem leuchtfähige Farbstoffe. Leider sind sie nicht lichtecht. Sie verbrauchen sich beziehungsweise bleichen aus, wenn sie angeregt werden.

Beide Probleme treten vor allem dann auf, wenn man dreidimensionale Bilder mit der herkömmlichen konfokalen Lichtmikroskopie aufnehmen will. „Dazu muss man den Fokus des Mikroskops von der Oberfläche bis in die tiefste Schicht des Objekts Ebene für Ebene führen. Dabei werden zwangsläufig jedes Mal alle Schichten beleuchtet, auch wenn sie gar nicht beobachtet werden“, erklärt Stelzer, der seit 2002 an der Entwicklung der LSFM arbeitet. Er ist Professor am Exzellenzcluster Makromolekulare Komplexe der Goethe-Universität.

Ernst Stelzer hatte die Idee, nur jeweils eine Ebene des Objekts, das Objekt also scheibenweise, von der Seite zu beleuchten. Die Kamera, mit der das von den Fluoreszenzfarbstoffen ausgesandte Licht aufgenommen wird, ist senkrecht zu dieser Ebene angeordnet. Der Vorteil: Es wird nur noch diese eine Schicht, die auch beobachtet wird, beleuchtet. Da die ober- und unterhalb liegenden Nachbarschichten nicht beleuchtet werden, werden hier weder die für die Vitalität des Tieres oder der Pflanze wichtigen organischen Moleküle noch die Fluoreszenzfarbstoffe belastet. „Bei einem Zebrafisch-Embryo lässt sich beispielsweise die benötigte Strahlung um zwei bis vier Größenordnungen verringern“, rechnet Stelzer vor. So lässt sich das Wachstum vieler Modell-Embryonen über 50 bis 150 Stunden verfolgen. Da man auch keine Signale von Schichten, die außerhalb des Fokus liegen, erhält, verbessert sich die Qualität der Bilder so erheblich, dass sich dreidimensionale Bildstapel aufzeichnen lassen. LSFM werden also verwendet, um dreidimensionale Prozesse als Funktion der Zeit, also 3D-Filme, zu erzeugen.

Anwendung findet LSFM bereits in den Neurowissenschaften, der Zellbiologie, der Pflanzenbiologie und der Entwicklungsbiologie. Die Methode erlaubt es erstmals auch, vergleichsweise große, aus vielen Zellen bestehende Organismen unter natürlichen (physiologischen) Bedingungen zu beobachten. Sie werden nicht nur unter Bedingungen gehalten, die denen ihres ursprünglichen Lebensraums entsprechen, sie überleben die Beobachtung auch ohne erkennbare Schäden und haben trotz der Beobachtung in einem Mikroskop Nachkommen, die selbst fruchtbar sind. „Das Lichtscheiben-Mikroskop hat bereits begonnen, die Zell-, Pflanzen- und Entwicklungsbiologie zu revolutionieren und wird mit der Zeit weitere Wissenschafts- und Anwendungsfelder beeinflussen“, urteilt Stelzer. Inzwischen werden mehr als 100 dieser Mikroskope in weltweit über 100 Forschergruppen verwendet.

Ein Bild zum Download finden Sie unter: www.uni-frankfurt.de/53984498

Bildtext: In einem Lichtscheiben-Fluoreszenzmikroskop wird die biologische Probe in einer Ebene von der Seite beleuchtet und senkrecht dazu beobachtet. Die dreidimensionale Ausdehnung des biologischen Objekts bleibt beim Einbringen in das Mikroskop und während der Aufnahmen erhalten. Die drei Bilder zeigen eine Ebene in der Mitte eines etwa 0.5 Millimeter großen Zellklumpens in unterschiedlichen Vergrößerungen. Der sphärische Zellhaufen besteht aus etwa 25.000 Brustgewebezellen. Deutlich zu erkennen sind Zellkerne (rot) und Aktinstrukturen (grün). Der Differenzierungsgrad der Zellen ändert sich mit ihrem Abstand von der Grenzfläche.

Daten und Bilder von Christian Mattheyer, Daniel von Wangenheim und Francesco Pampaloni.

Informationen: Prof. Ernst Stelzer, Exzellenzcluster Makromolekulare Komplexe, Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-42547, ernst.stelzer@physikalischebiologie.de.

www.physikalischebiologie.de

Forschung

Feb 4 2015
13:50

Große Bauten für die ländliche Großfamilie, kleine Bauten für das städtische Pärchen

In der Stadt bauen Kaninchen dichter

FRANKFURT. Europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) erreichen nicht nur hohe Populationsdichten in der Stadt, sie bauen dort auch dichter und kleiner. Das haben Forscher der Arbeitsgruppe Ökologie und Evolution der Goethe-Universität in ihrer Studie zu Wildkaninchenpopulationen in und um Frankfurt am Main herausgefunden. Wie sie in der online Vorabversion des „Journal of Zoology“ berichten, überwiegen in der Frankfurter Innenstadt kleine Bauten mit wenigen Ein- und Ausgängen. Darin leben nur wenige Tiere – oft sogar nur Pärchen oder einzelne Wildkaninchen. Im ländlichen Umland Frankfurts sind die Bautensysteme dagegen deutlich größer und werden von großen sozialen Kaninchengruppen bewohnt.

„Der optimale Lebensraum für ein Wildkaninchen bietet sowohl Zugang zu ausreichend Nahrung als auch die Möglichkeit, in nächster Nähe Bauten anzulegen beziehungsweise schützende Vegetation aufzusuchen“, erklärt Doktorandin Madlen Ziege aus der Arbeitsgruppe von Prof. Bruno Streit. Diese Bedingungen finden sich in ländlichen, oft agrarwirtschaftlich genutzten Flächen mit ausgeräumten und offenen Landschaften zunehmend seltener. Urbane und suburbane Lebensräume entsprechen den Ansprüchen des Wildkaninchens offenbar weitaus besser.

Angesichts der Tatsache, dass in manchen Städten bereits von einer „Kaninchenplage“ gesprochen wird, während der Bestand in vielen ländlichen Teilen Deutschlands in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, wollen die Wissenschaftler aktuell herausfinden, ob urbane Bestände zukünftig als Quell–Populationen für den Erhalt dieser Wildtierart in Deutschland von Bedeutung sein könnten. Dazu untersuchen sie die Populationsgenetik beziehungsweise -dynamik, die Habitatnutzung und den Gesundheitszustand ländlicher, urbaner und suburbaner Wildkaninchenpopulationen.

Link zur Publikation: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jzo.12207/abstract;jsessionid=01D094D1A422D86D8061A439327D0C58.f01t02?deniedAccessCustomisedMessage=&userIsAuthenticated=false

Ein Bild zum Download finden Sie unter: www.uni-frankfurt.de/53984081

Bildtext: Europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) in der Frankfurter Innenstadt.

Informationen: Madlen Ziege, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, Campus Riedberg, Tel.: 015773883101, madlen.ziege@googlemail.com.

Hochschulpolitische Themen

Feb 4 2015
13:49

Universität, Stadt und Ortsbeirat präsentieren gemeinsam neue Ortsschilder

Feierstunde zur Umbenennung auf dem Campus Westend

FRANKFURT. Mit dem Norbert-Wollheim-Platz, dem Theodor-W.-Adorno-Platz und der Max-Horkheimer-Straße hat der Campus Westend drei neue Ortsbezeichnungen erhalten. Universitätspräsidentin Prof. Birgitta Wolff enthüllte im Rahmen einer Feierstunde gemeinsam mit Frankfurts Bürgermeister Olaf Cunitz, dem Ortsvorsteher des Ortsbeirates 2, Axel Kaufmann, und der AStA-Vorsitzenden Myrella Dorn die neuen Ortsschilder. Ebenfalls eine Ansprache hielt Trude Simonsohn, Überlebende des Konzentrationslagers Theresienstadt und des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.

„Mit den nun vollzogenen Umbenennungen auf dem Campus Westend wird der bewegten Geschichte der Universität und des Campus gedacht. Damit wird nicht nur an herausragende wissenschaftliche Leistungen, sondern auch an jüdische Schicksale, die für Vertreibung und Verfolgung stehen, dauerhaft erinnert“, sagte Birgitta Wolff bei der Enthüllung der Namensschilder. Wolff freute sich über den zwischen Universität, Stadt, Ortsbeirat und der Öffentlichkeit hergestellten Konsens: „Schön, dass man letztlich einvernehmlich diese Lösung mit den Namen von Wollheim, Adorno und Horkheimer gefunden hat.“

Der Norbert-Wollheim-Platz, vormals Grüneburgplatz, trägt nun den Namen des jüdischen Zwangsarbeiters Norbert Wollheim, der nach dem Krieg in einem Musterprozess erfolgreich den IG-Farben-Konzern verklagte; der Theodor-W.-Adorno-Platz (bisher als „Campusplatz“ tituliert) und die Max-Horkheimer-Straße (vormals Lübecker Straße) erinnern an die beiden wohl wichtigsten Vertreter der Frankfurter Schule, die als jüdische Intellektuelle in der NS-Zeit in die USA emigrierten und nach dem Zweiten Weltkrieg nach Frankfurt an die Goethe-Universität zurückkehrten.

Weitere Namensänderungen sind auf dem Campus Westend geplant: In seiner Sitzung am 28. Januar hatte der Senat der Goethe-Universität Frankfurt vier Benennungen von Wegen, Straßen und Plätzen beschlossen. Diese wurden bereits dem Ortsbeirat 2 vorgelegt, der darüber noch entscheiden muss.

Veranstaltungen

Feb 4 2015
13:44

Am 9. Februar diskutiert die Frankfurter Bürger-Universität die Rolle des Qualitätsjournalismus in Zeiten der Informationsüberflutung

Ist unsere Demokratie in Gefahr?

FRANKFURT. Nachrichten sind schon längst kein Luxusgut mehr. Sie werden uns auf dem täglichen Jahrmarkt der Informationen als Massenware zum Schleuderpreis angepriesen. Und ähnlich dem Parcourlauf durch die Schnäppchenabteilung fällt es uns schwer, zu widerstehen oder überhaupt nur zu unterscheiden, was brauchen wir, was nicht? Welche Informationen sind wichtig, welche unwichtig?

Diesen und anderen Fragen geht am 9. Februar 2015 die Frankfurter Bürger-Universität in ihrer letzten Veranstaltung im Wintersemester 2014/15 nach.

„Das Internet gibt erstmals jedem die Chance, öffentlich das Wort zu ergreifen.“ Prof. Christoph Neuberger, Kommunikationswissenschaftler an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, nennt eine zentrale Ursache der Informationsflut. Die Tatsache, dass im Internet fast alles ungefiltert seinen Ausdruck findet, führt nicht nur zu einem Gefühl der Überforderung (Dieses Gefühl ist historisch gesehen nicht neu, wie Neuberger in der kommenden Ausgabe des UniReports, die am 6. Februar erscheint, erklärt). Das schiere Überangebot an Informationen führt zwangsläufig zum Verlust der Übersicht, der Kontrolle, letztendlich der Urteilsfähigkeit. Was bedeutet das für unsere Demokratie? Was passiert mit dem gesellschaftlichen Konsens, wenn der traditionelle Informationskanon – Tagesschau, Tageszeitung und Rundfunk – keine Geltung mehr hat?

Bezeichnend für eine Zeit, in der Informationen für jeden jederzeit und einfach zugänglich sind, ist auch der Schritt des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL. Dieser hat seit dem 8. Januar einen neuen Claim eingeführt: „Keine Angst vor der Wahrheit“ ersetzt nun „Spiegel-Leser wissen mehr“. Mehr zu wissen und zu erfahren, ist in der heutigen Zeit keine Herausforderung. Mehr denn je geht es um die Frage, wie wir mit der Masse an Informationen umgehen?

Welche Rolle fällt da dem Journalismus zu, wie wandelt sich dieser im Angesicht neuer Herausforderungen? Kann die eigentliche „vierte Gewalt“ im Staat digitale Informationsströme regulieren? Welche Konzepte und Formate des Online-Journalismus gibt es, die dem Qualitätsjournalismus das Überleben sichern?

Über die Zukunft der Informationsgesellschaft, über Fragen der Medienkompetenz und nicht zuletzt über die Zukunft des Qualitätsjournalismus werden am Montag, den 9. Februar 2015, 19.30 Uhr, Experten und eine interessierte Öffentlichkeit im Rahmen der Bürger-Universität diskutieren. Das Thema des Abends lautet: „Ist unsere Demokratie in Gefahr? Verlust der Urteilsfähigkeit als Folge von Informationsüberflutung“. Auf dem Podium diskutieren sowohl Vertreter des Print- als auch des Onlinejournalismus: Mathias Müller von Blumencron, Chefredakteur der digitalen Medien bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung; Helmut Heinen, Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger; Hendrik Zörner, Pressesprecher des Deutschen Journalisten Verbandes und Alexander von Streit, Chefredakteur und Mitbegründer des Onlinemagazins „Krautreporter“. Den Impulsvortrag wird der Kommunikationswissenschaftler Prof. Christoph Neuberger von der Ludwig-Maximilian-Universität München übernehmen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u.a. die Themen Medienqualität, Medienregulierung, Medienwandel und Medialisierung.

Frankfurter Bürger-Universität: „Ist unsere Demokratie in Gefahr? Verlust der Urteilsfähigkeit als Folge von Informationsüberflutung“, Dominikanerkloster, Kurt-Schumacher-Str. 23, 60311 Frankfurt am Main, Beginn: 19:30 Uhr, Eintritt frei

Vorschau

Das Sommersemester 2015 steht wieder im Zeichen deutscher Biografien. Prof. Tilman Allert kuratiert im fünften Jahr in Folge die Vortragsreihe „Wie wir wurden, wer wir sind – Deutsche Biografien“.

Auch im Sommer wird die Frankfurter Bürger-Universität von einer umfangreichen Broschüre begleitet. Diese beinhaltet neben der eigens konzipierten Vortragsreihe zahlreiche Veranstaltungen aus den Fachbereichen der Goethe-Universität. Alle stehen den Bürgerinnen und Bürgern Frankfurts und des Rhein-Main-Gebiets größtenteils kostenfrei offen.

Die Broschüre können Sie über die Homepage www.buerger.uni-frankfurt.de schon jetzt vorbestellen.

Forschung

Feb 2 2015
12:48

VolkswagenStiftung ermöglicht Freiräume: Der Frankfurter Soziologe Thomas Lemke schreibt an seinem „Opus magnum“

„Die Regierung der Dinge. Grundlagen und Perspektiven des neuen Materialismus“

FRANKFURT. Der Frankfurter Soziologie-Professor Thomas Lemke hat die „Opus magnum“-Förderung der VolkswagenStiftung erhalten. Das bedeutet für den 51-jährigen Wissenschaftler, der sich seit Jahren intensiv mit dem Thema „Biotechnologien, Natur und Gesellschaft“ beschäftigt: eineinhalb Jahre Freiraum, um sich ausschließlich mit einem größeren wissenschaftlichen Werk zu befassen. Der Arbeitstitel für das „Opus magnum“ steht schon fest: „Die Regierung der Dinge. Grundlagen und Perspektiven des Neuen Materialismus“. Lemke will in seinem Buch die Erklärungsangebote und Innovationspotenziale des Neuen Materialismus kritisch prüfen und das neue Forschungsgebiet zum ersten Mal systematisch vorstellen.

Die Stiftung finanziert im Rahmen dieses Förderprogramms Lemkes Vertretung in der Lehre. So profitiert nicht nur der Professor, sondern auch die Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Eva Sänger, die gerade ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Forschungsprojekt zur Bedeutung von Ultraschall-Bildern in der pränatalen Diagnostik am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften abgeschlossen hat. Ab dem kommenden Sommersemester vermittelt sie Studierenden Themen der Wissenschafts- und Technikforschung, der Medizinsoziologie und der feministischen Theorie.

In seinem großen Werk will Lemke eine bemerkenswerte Neuorientierung und Akzentverschiebung aufgreifen, die er seit einigen Jahren in den Geistes- und Sozialwissenschaften beobachtet und die mit dem Begriff „Neuer Materialismus“ umschrieben wird. „Kennzeichnend für diesen Materialismus ist, dass Konzepte von Handlungsfähigkeit, Selbstorganisation und Wirkungsmacht, die traditionell für Menschen reserviert waren, auf nicht-menschliche Entitäten ausgedehnt werden“, so Lemke. Mit Entitäten bezeichnen Philosophen und Soziologen etwas, das existiert, ein Seiendes, das kann ein konkreter oder abstrakter Gegenstand sein. „Zu beobachten ist, dass Dinge, Artefakte und Objekte zunehmend thematisiert und neu konzeptualisiert werden.“ Ob Stammzelle, Computer oder Internet: ihnen allen kommt etwas Hybrides zwischen toter Materie und lebendigem Sein, zwischen Faktischem und Normativen zu.

Der Soziologe zu seinem umfassenden Projekt: „Mir geht es dabei zum einen darum, Differenzen zu älteren Versionen des Materialismus herauszuarbeiten, ich will aber auch ungelöste theoretische Spannungen und konzeptionelle Unklarheiten dieser Forschungsperspektive in den Blick zu nehmen.“ Sein Ziel ist jedoch letztlich mehr als eine kritische Bestandsaufnahme vorliegender Positionen innerhalb des Neuen Materialismus. „Meine These ist, dass sich in der Idee einer ‚Regierung der Dinge‘, die sich in den Arbeiten des französischen Philosophen und Historikers Michel Foucault findet, Elemente eines posthumanistischen und relationalen Konzepts von Materialität finden und fruchtbar weiterentwickeln lassen.“ In diesem Sinne gibt es kein „Ding an sich“, sondern Dinge und ihre Grenzen werden erst in Interaktionsbeziehungen hervorgebracht und menschliches Handeln hängt ganz entscheidend von bestimmten Ermöglichungsbedingungen, von Apparaten und materiellen Arrangements ab.

Das Buch soll diese historisch informierte und empirisch orientierte Perspektive auf das, was Foucault die „Verflechtung von Menschen und Dingen“ nennt, aufgreifen und weiter ausarbeiten. Und Lemke ergänzt: „Dabei will ich Foucaults Analytik der Regierung systematisch mit Einsichten der Wissenschafts- und Technikforschung verbinden.“ Der konzeptionelle Vorschlag einer „Regierung der Dinge“, so Lemke, vermeidet die Engführung eines auf Menschen fokussierten Regierungsbegriffs und vermag darüber hinaus einen substanziellen Beitrag zu einer materialistischen Analyse politischer Prozesse und Strukturen zu leisten.

Seit seiner Berufung 2008 hat Lemke eine Reihe von Drittmittelprojekten geleitet, darunter auch ein internationales Verbundprojekt zu den sozialen und politischen Implikationen der Nutzung von DNA-Analysen in Einwanderungsverfahren in verschiedenen europäischen Staaten. Hinzu kamen viele Aufgaben in der universitären Selbstverwaltung. Lemke war u.a. geschäftsführender Direktor des Instituts für Grundlagen der Gesellschaftswissenschaften und Prodekan des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften. In das „Opus magnum“-Programm der Volkswagen-Stiftung passte das Profil von Lemke bestens: Denn Ziel der Initiative ist es, Professorinnen und Professoren aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, die sich durch herausragende Arbeiten ausgewiesen haben, einen Freiraum für die intensive Arbeit an einem anspruchsvollen wissenschaftlichen Werk zu eröffnen. Bereits 2008 zeichnete die VolkswagenStiftung die Arbeit des Frankfurter Soziologen aus. Lemkes Buch „Die Polizei der Gene. Formen und Felder genetischer Diskriminierung“ erhielt die Übersetzungsförderung der Stiftung und liegt nunmehr auch in einer erweiterten englischsprachigen Ausgabe vor.

Zur Person

Thomas Lemke studierte Politikwissenschaften, Soziologie und Rechtswissenschaft in Frankfurt, Southampton und Paris und promovierte 1996 an der Goethe-Universität zum Machtbegriff Michel Foucaults. Nach der Promotion arbeitete Lemke als Wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Bergischen Universität Wuppertal, wo er sich 2006 habilitierte. Er war langjähriger Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt und als Gastwissenschaftler am Goldsmiths College in London und der New York University tätig. Lemke hatte Gastprofessuren an der Copenhagen Business School und der University of New South Wales in Sydney inne. 2007 erhielt er ein Heisenberg-Stipendium der DFG, das ein Jahr später in eine Heisenberg-Professur umgewandelt wurde. Seit September 2008 ist Thomas Lemke Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt „Biotechnologien, Natur und Gesellschaft“ am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und seit dem vergangenen Jahr auch Honorarprofessur der University of New South Wales in Sydney.

Lemke hat sich in Forschung und Lehre vor allem mit den Voraussetzungen, Kontextbedingungen und Folgen biowissenschaftlichen Wissens und biotechnologischer Innovationen beschäftigt. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit lag auf der Analyse genetischer Diskurse und Praktiken. In mehreren Buchveröffentlichungen ist er den Auswirkungen genetischen Wissens auf Selbstbilder, Gesundheitskonzepte und Sicherheitspolitiken nachgegangen und hat zusammen mit seiner Kollegin Katharina Liebsch die erste systematische Untersuchung zu Praktiken genetischer Diskriminierung in Deutschland vorgelegt.

Informationen: Prof. Dr. Thomas Lemke, Institut für Soziologie, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Campus Westend, Tel. (069) 798 36664, lemke@em.uni-frankfurt.de, www.fb03.uni-frankfurt.de/45646661/tlemke?legacy_request=1

Foto zum Download unter: www.uni-frankfurt.de/53929509

Veranstaltungen

Feb 2 2015
11:49

Wie unterscheiden sich die heutigen Auslegungsmethoden des Korans aus sunnitischer und schiitischer Sicht?

Podiumsdiskussion zum Abschluss der Vorlesungsreihe zum Koran

FRANKFURT. Zum Abschluss der Vortragsreihe „Der Koran – Ein Text im Dialog zwischen Osten und Westen“ diskutieren drei Islamwissenschaftler, Prof. Rotraud Wielandt (Universität Bamberg), Prof. Katajun Amirpur (Universität Hamburg) und Prof. Bekim Agai (Goethe-Universität), über den zeitgenössischen Zugang zum Koran aus sunnitischer und schiitischer Sicht. Die Veranstaltung beginnt am Montag, 9. Februar um 18 Uhr im Casino (Renate von Metzler-Saal) auf dem Campus Westend. Die Ringvorlesung wird im Rahmen der Stiftungsgastprofessur „Wissenschaft und Gesellschaft“ der Deutsche Bank AG im Wintersemester vom Zentrum für Islamische Studien der Goethe-Universität veranstaltet und wendet sich insbesondere an die Bürger im Rhein-Main-Gebiet.

Unter dem Titel „Den Text verstehen. Zeitgenössische Koranhermeneutik in der islamischen Welt“ sollen Meilensteine sunnitischer und schiitischer zeitgenössischer Koranhermeneutik vorgestellt und über Möglichkeiten und Grenzen der Beschäftigung mit dem fundamentalen Glaubensdokument der Muslime diskutiert werden. Der Koran ist für die Muslime der zentrale Text ihres Glaubens, seine Rezitation und Lektüre sind immer wieder Ausgangs- und Endpunkt persönlicher und kollektiver religiöser Erfahrungen. „Dabei wird ein bestehender Text immer wieder neu zum Sprechen gebracht, der jeweilige Verstehenshorizont geht mit dem Text immer wieder neue Verbindungen ein“, so Bekim Agai. „In der islamischen Geistesgeschichte haben sich unterschiedliche Wege etabliert, den Koran für den jeweiligen zeitgenössischen Leser zu erschließen.“ Das Bewusstsein, dass man auf vielfältige methodische Weise an einen Text herangehen kann, hat auch in der Moderne die Beschäftigung mit dem Koran und seiner Auslegung stark beeinflusst. Daran knüpft die Diskussion an, die Bekim Agai, Direktor des Zentrums für Islamische Studien der Goethe-Universität, moderiert.

Die sunnitischen Zugänge erläutert Prof. Rotraud Wielandt. Sie studierte Islamkunde/Arabistik, Turkologie, Vergleichende Religionswissenschaft und Philosophie an den Universitäten München, Tübingen und Istanbul. Von 1985 bis 2009 war sie Professorin für Islamkunde und Arabistik an der Universität Bamberg und Gründungsmitglied des Zentrums für Interreligiöse Studien der Universität Bamberg. Seit April 2009 hat sie Lehraufträge an den Universitäten Frankfurt a.M. und Fribourg/Schweiz sowie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt a.M. und an der Hochschule für Philosophie in München angenommen. Prof. Wielandt hat zahlreiche Publikationen zu Fragen der islamischen Theologie (Schwerpunkte: zeitgenössische koranexegetische Hermeneutik, theologische Anthropologie, Menschenrechtsfragen), zu Denkströmungen und ideologischen Tendenzen im zeitgenössischen Islam und zur modernen arabischen Literatur veröffentlicht.

Die Islamwissenschaftlerin Prof. Katajun Amirpur legt in der Podiumsdiskussion besonders die schiitischen Zugänge zum Koran dar. Die 1971 in Köln geborene Hochschullehrerin studierte Islamwissenschaft an der Universität Bonn und schiitische Theologie an der Universität Teheran. In ihrer Promotion und Habilitation beschäftige sie sich mit neuen Ansätzen der koranischen Exegese und Hermeneutik. Seit 2012 ist Amirpur Professorin für Islamische Studien und stellvertretende Direktorin der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg. Außerdem ist sie Mitherausgeberin der Zeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Gender, Dialog und Pluralismus und wie sich diese Themen aus der islamischen Tradition heraus neu denken lassen.

Der Mitveranstalter dieser Reihe und Moderator Bekim Agai (geb. 1974 in Essen) studierte Islamwissenschaften, Geschichte und Psychologie in Bonn und Kairo. Er wurde an der Universität Bochum mit einer Arbeit zum türkischen Prediger Fethullah Gülen promoviert, arbeitete danach als wissenschaftlicher Assistent und Post-Doc an den Universitäten Bonn und Halle. Er war Leiter der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Nachwuchsforschergruppe „Europa von außen gesehen – Formationen nahöstlicher Ansichten aus Europa auf Europa“. Seit dem Wintersemester 2013/2014 ist er Professor für Kultur und Gesellschaft des Islam in Geschichte und Gegenwart am Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam der Goethe-Universität und dessen geschäftsführender Direktor.

Informationen: Prof. Dr. Bekim Agai, Zentrum für Islamische Studien, Campus Bockenheim, Tel. (069) 798 32751, agai@em.uni-frankfurt.de, www.islamischestudien.uni-frankfurt.de

Personalia/Preise

Feb 2 2015
11:47

Erfinder der Pille, Ehrendoktor der Goethe-Universität, mit 91 Jahren gestorben.

Trauer um Carl Djerassi

FRANKFURT. Mit 91 Jahren ist der berühmte Naturstoffchemiker und Schriftsteller Carl Djerassi gestorben. Mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten hat der Professor der Stanford University  maßgeblich zur Entwicklung der Antibabypille beigetragen. 2013 wurde Djerassi für sein Lebenswerk die Ehrendoktorwürde des Fachbereiches Biochemie, Chemie und Pharmazie der Goethe-Universität verliehen. „Mit Djerassi verliert die Wissenschaft einen großen Forscher, der zugleich auch in den Geisteswissenschaften und den Künsten zuhause war. Sein Ideal einer umfassenden humanistischen Bildung ist auch ein Leitbild der Goethe-Universität“, betont Universitätsvizepräsident und Pharmazie-Professor Manfred Schubert-Zsilavecz.

1923 als Sohn jüdischer Eltern in Wien geboren, emigrierte Djerassi 1939 in die USA. Er studierte Chemie an der University of Wisconsin, wo er 1945 auch promovierte. Danach arbeitete er zunächst als forschender Chemiker in der Industrie. Im Alter von 27 Jahren gelang ihm die Synthese des Sexualhormons Noretisteron. Damit war die Grundlage geschaffen für die Entwicklung der Antibabypille, die 1961 auf den Markt kam. Ab 1959 lehrte und lebte Djerassi an der Standford University.

Djerassi Verbindung zur Goethe-Universität reicht in die 1990er Jahre zurück, als der ebenfalls  aus Wien stammende Chemiker Prof. Christian Noe Direktor des Instituts für Pharmazeutische Chemie war. Im Zentrum von Djerassis Forschung standen die Strukturaufklärung und Totalsynthese einer Vielfalt von Naturstoffen. Diese Disziplin hat auch im Fachbereich Biochemie, Chemie und Pharmazie an der Goethe-Universität eine große Rolle.

Frankfurt ist auch der Handlungsort seines Romans „Vier Juden auf dem Parnass“, in dem Djerassi sich mit der nicht-religiösen jüdischen Identität auseinandersetzt. Djerassi nutzte seine Aufenthalte bei Konferenzen in Frankfurt zur Recherche der historischen Rahmenhandlung.

Weitere Informationen: Universitätsvizepräsident Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Institut für Pharmazeutische Chemie, Tel.: (069) 798-29339, Schubert-Zsilavecz@pharmchem.uni-frankfurt.de.

Forschung

Feb 2 2015
11:45

Neue DFG-Forschergruppe befasst sich mit dem Verhalten des Minerals bei hohen Drücken und Temperaturen

Wie es den Karbonaten im Erdinneren ergeht

FRANKFURT. Karbonate sind die wichtigsten Kohlenstoffspeicher der Erde. Doch welche Rolle spielen sie im Erdinneren? Wie reagieren sie auf die Bedingungen im Erdmantel? Mit diesen Fragen befasst sich jetzt eine Forschergruppe von Wissenschaftlern aus Frankfurt, Bayreuth, Berlin/Potsdam, Freiberg und Hamburg, die von der DFG gefördert wird. Die Forschergruppe bringt Experten verschiedener geowissenschaftlicher Disziplinen sowie hochmoderne Technik zusammen.

Die Erde hat einen Radius von durchschnittlich rund 6400 Kilometern. Die tiefste Bohrung, zu der der Mensch bisher in der Lage war, ging jedoch nur bis in zwölf Kilometer Tiefe. Und selbst bei enormem technischem Fortschritt sei es undenkbar, die tiefen Schichten jemals empirisch erforschen zu können, sagt Björn Winkler, Professor für Kristallographie an der Goethe Universität Frankfurt und Koordinator der neuen Forschergruppe. „Wie es da drinnen aussieht, das können wir nur durch die Kombination von Experimenten und Modellrechnungen herausfinden“, erklärt er. Während es über Silikate, die ein wesentlicher Bestandteil des Erdmantels sind, schon genauere Erkenntnisse gibt, sind Karbonate bislang noch wenig erforscht. „Der Erdaufbau ist ohne Karbonate erklärbar – die Frage ist allerdings: wie gut?“, sagt Winkler.

„Strukturen, Eigenschaften und Reaktionen von Karbonaten bei hohen Temperaturen und Drücken“ („Structures, Properties and Reactions of Carbonates at High Temperatures and Pressures“) lautet der Titel des Projekts, das die DFG von Mitte Februar an fördert. „Wir wollen verstehen, wie die Erde funktioniert“, umschreibt Winkler das übergeordnete Forschungsinteresse der rund 30 Wissenschaftler und ihrer Teams. Welche Möglichkeiten unser Planet hat, Kohlenstoff zu lagern, wie viel Kohlenstoff es überhaupt auf der Erde gibt – der gesamte Kohlenstoffkreislauf sei nach wie vor ein Geheimnis.

Im Fokus der Forschergruppe, die sieben Einzelprojekte verbindet, steht der Erdmantel, die 2850 Kilometer mächtige mittlere Schale im inneren Aufbau der Erde. Ziel ist das bessere Verständnis von Phasenbeziehung, Kristallchemie und physikalischen Eigenschaften der Karbonate. Dazu sollen die Bedingungen der Mantelübergangszone sowie des darunterliegenden unteren Erdmantels – also sehr hohe Temperaturen und ein sehr hoher Druck – simuliert werden. Jedes der sieben Projekte nimmt einen anderen Aspekt unter die Lupe, zum Beispiel das Karbonat Calcit oder die Kombination von Karbonaten mit Eisen, mit Silikaten oder unter Schock.

Winkler und sein Team befassen sich schon seit sechs Jahren mit der Thematik. Sein Mitarbeiter  Dr. Lkhamsuren Bayarjargal wurde für die Arbeit mit Hochleistungslasern bereits mit dem Max-von-Laue-Preis der Deutschen Gesellschaft für Kristallographie ausgezeichnet sowie vom Fokus-Programm der Goethe-Universität gefördert. Und auch die überregionale Zusammenarbeit der Forscher ist nicht ganz neu. Mit Hilfe der DFG-Mittel können jetzt jedoch spezielle Apparaturen konstruiert werden, um die Bedingungen im Erdmantel zu simulieren. So genannte Diamantstempelzellen erlauben Drücke, die eine Million mal so stark sind wie der Atmosphärendruck; Hochleistungslaser sind in der Lage, Temperaturen von bis zu 5000 Grad Celsius zu erzeugen. Dass dies die Bedingungen sind, die im Erdmantel herrschen, wurde durch entsprechende Berechnungen belegt.

Winzigste Mengen eines Karbonats genügen schon für ein Experiment. Die Substanz wird im Experiment den entsprechenden Bedingungen ausgesetzt und gleichzeitig  von den Wissenschaftlern auf Veränderungen hin untersucht. Hierbei wird mit unterschiedlichen Techniken gearbeitet – in Frankfurt z.B. mit Raman-Spektroskopie, in Potsdam mit Infrarot-Spektroskopie. „Wenn wir auf unterschiedlichen Wegen zum selben Ergebnis kommen, wissen wir, dass wir richtig liegen“, so Prof. Winkler.

Information: Prof. Dr. Björn Winkler, Facheinheit Mineralogie, Institut für Geowissenschaften, Campus Riedberg, Tel: (069) 798-40107, b.winkler@ kristall.uni-frankfurt.de. 

Forschung

Feb 2 2015
10:21

Nils Bertschinger erhält Helmut O. Maucher-Stiftungsprofessur

Systemische Risiken – ein neuer Forschungsbereich des FIAS

FRANKFURT. Das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) an der Goethe-Universität Frankfurt erhält einen neuen Forschungsbereich:Systemische Risiken. Damit will das Institut, das sich auf die theoretische Erforschung komplexer Systeme spezialisiert hat, neben Hirnforschung, Physik, Lebenswissenschaften&Chemie sowie Computerwissenschaften erstmals auch theoretische Grundlagen für die Aufklärung von Phänomenen in Wirtschaft und Gesellschaft erarbeiten. Zum ersten Inhaber der dafür neu eingerichteten Helmut O. Maucher-Stiftungsprofessur für Systemische Risiken wurde vom ehemaligen Präsidenten der Goethe-Universität der Computerwissenschaftler Prof. Nils Bertschinger vom Max-Planck-Institut (MPI) für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig berufen. Er trat sein Amt am 1. Februar an.

Komplexe, selbstorganisierte Systeme, wie sie die Wissenschaftler am FIAS erforschen, gibt es viele in der Natur, etwa in der Chemie, in den Atomkernen oder im Gehirn, aber auch in gesellschaftlichen Systemen, etwa im Wirtschafts- und Finanzsystem. Wie wenig diese Systeme bisher verstanden sind, hat zum Beispiel die weltweite Finanzkrise des Jahres 2008 gezeigt. Dabei gibt es Parallelen zwischen den komplexen Systemen in der Natur und in der Gesellschaft: Es handelt sich jeweils um einzelne, miteinander interagierende Elemente, die in der Vernetzung neue, unerwartete Wirkungen entfalten.

Forscher am FIAS haben sehr viel Erfahrung mit derartigen Systemen, mit großen Datenmengen und mit der Modellierung von komplexen Zusammenhängen in theoretischen mathematischen Modellen. In enger Zusammenarbeit von Computerwissenschaftlern, Mathematikern, Wirtschaftswissenschaftlern und Finanzwissenschaftlern sollen in dem neuen Arbeitsbereich von Prof. Bertschinger die Möglichkeiten erforscht werden, derartige Risiken im Wirtschafts- und Finanzsystem vorherzusagen oder zu beeinflussen.

Prof. Bertschinger hat an der RWTH Aaachen Computerwissenschaften studiert. Er promovierte an der Technische Universität Graz und am MPI für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig, wo er seit 2009 wissenschaftlich arbeitet. Seine Forschungsinteressen gelten vor allem komplexen dynamischen Systemen, etwa dem Verständnis von adaptiven und sozialen Systemen, sowie der Risikoanalyse von Finanzderivaten.

Weitere Informationen:

Dr. Joachim Reinhardt
Frankfurt Institut for Advanced Studies (FIAS)
Ruth-Moufang-Str. 1
60438 Frankfurt am Main
Telefon: 069-798-47866
Fax: 069-798-47611
E-Mail:fias@uni-frankfurt.de 
Web:fias.uni-frankfurt.de

oder

Jana Gregor
Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften
Inselstraße 22
04103 Leipzig
Tel. 0341 9959 650
Email. Jgregor@mis.mpg.de