​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​ – April 2022

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Pressestelle Goethe-Universität

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Apr 6 2022
14:29

Online-Programm fördert Bewegung und erhält Wohlbefinden während Pandemie 

Digitales Heimtraining gegen Lockdown-Frust

Interaktive Trainingsprogramme für Zuhause können die Einschränkungen während eines Lockdowns erträglicher machen. Mit Livestreaming-Sportangeboten lässt sich die körperliche Aktivität deutlich steigern, zeigte ein Forschungsteam aus zehn Ländern unter Leitung des Instituts für Sportwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. Gleichzeitig verbesserte sich das Wohlbefinden im Vergleich zu einer inaktiven Kontrollgruppe. Das Team hatte vor einem Jahr die negativen Auswirkungen der Corona-Einschränkungen auf Bewegung und Wohlbefinden beschrieben.

FRANKFURT. Gut 40 Prozent weniger aktiv waren die Menschen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020. Dies hatte eine internationale Studie unter Leitung der Goethe-Universität Frankfurt gezeigt. Auch das psychische Wohlbefinden sank; der Anteil an Menschen mit einem Risiko für Depressionen verdreifachte sich. Um diese nachteilige Entwicklung abzumildern, entwarf das Forschungsteam ein Online-Trainingsprogramm für Zuhause und untersuchte, ob sich die gesundheitlich so wichtige körperliche Aktivität auch während eines Lockdowns aufrechterhalten lässt. Die Ergebnisse der Studie erschienen kürzlich im British Journal of Sports Medicine.

Von 763 gesunden Probanden aus neun Ländern von vier Kontinenten trainierte die eine Hälfte vier Wochen mit einem Livestream-Programm, die andere bildete die Kontrollgruppe. Die Trainierenden konnten aus täglichen Workouts - etwa mit dem Fokus Kraft, Ausdauer, Balance oder Entspannung - wählen. Professionelle Trainer:innen begleiteten sie dabei aktiv mit Kamera und Mikrofon. Wöchentlich füllten beide Gruppen standardisierte Fragebögen zu körperlicher Aktivität, Angstgefühlen, mentalem Wohlbefinden, Schlafqualität, Schmerz und Sportmotivation aus.

Besonders wirksam war das Trainingsprogramms für das Bewegungsverhalten der Teilnehmenden: Die körperliche Aktivität war anfangs in der Online-Gruppe durchschnittlich bis zu 65 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe, und auch nach vier Wochen noch um 20 bis 25 Prozent erhöht. Damit überschritten die Kurs-Teilnehmer:innen die WHO-Empfehlungen von mindestens 150 Minuten mäßiger oder 75 Minuten intensiver Bewegung pro Woche jeweils deutlich, während die Kontrollgruppe diese nur knapp erreichte. Gleichzeitig verbesserten sich die Motivation Sport zu treiben, das psychologische Wohlbefinden und der Schlaf; Angstgefühle nahmen ab. „Diese Verbesserungen sind zwar gering, aber dennoch potenziell relevant“, betont Studienleiter Dr. Jan Wilke vom Institut für Sportwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. „Unsere Testpersonen waren ja alle gesund - die Effekte bei Patienten könnten deutlich größer ausfallen, insbesondere bei Menschen mit chronischen Erkrankungen“. Zudem seien für solche Wirkungsstudien vier Wochen sehr knapp. Teilnehmer:innen, die mehr Kurse als die geforderten zwei pro Woche belegten, gaben eine noch bessere Fitness und ein größeres Wohlgefühl an, notierten aber keine weiteren Verbesserungen bei Schlaf und Ängsten.

Leider beendete nur knapp die Hälfte der Teilnehmenden die Studie. Die Forschergruppe macht dafür insbesondere den hohen wöchentlichen Aufwand beim Ausfüllen der Fragebögen verantwortlich. Diese häufige Abfrage sollte sicherstellen, dass die Studie auch bei möglicherweise endenden Lockdown-Vorschriften Aussagen erlaubt. Die im Zeitraum sich ändernden lokalen Bedingungen könnten auch die Motivation mancher Teilnehmenden verringert haben, etwa wenn Fitnessstudios vor Ort wieder öffneten. Zudem waren die Vorgaben sehr streng: Wer nicht an den Fragebogen-Erhebungen teilnahm, wurde aus der Studie gestrichen.

„Train at home, but not alone“ - am besten zusammen zu Hause trainieren, so fasst die Arbeitsgruppe ihre Erkenntnisse zu Bewegungsangeboten im Pandemie-bedingten Lockdown zusammen. Denn: Nachdem beide Gruppen im Anschluss an den Livestreaming-Hauptteil der Studie Zugriff auf aufgezeichnete Inhalte erhielten, reduzierten sich die beobachteten Unterschiede teils. Dies ist laut Wilke sowohl auf die Aktivierung der Kontrollgruppe als auch auf die Veränderung der Angebotsform zurückzuführen.

Ausdrücklich unterstreichen die Studienautor:innen die Bedeutung von Bewegung im Alltag: Körperliche Inaktivität verursacht nach aktuellen Daten acht bis neun Prozent aller vorzeitigen Todesfälle, erhöht das Risiko von Herz- und Stoffwechselerkrankungen, Krebs und auch die Anfälligkeit gegenüber Coronaviren. Vermutlich sei es daher umso wichtiger, im Lockdown Online-Training auch für Menschen mit chronischen Krankheiten – etwa Diabetiker:innen – anzubieten, deren Gesundheit möglicherweise unter den Pandemie-Einschränkungen besonders leidet.

Publikation: Jan Wilke, Lisa Mohr, Gustavo Yuki, Adelle Kemlall Bhundoo, David Jiménez-Pavón, Fernando Laiño, Niamh Murphy, Bernhard Novak, Stefano Nuccio, Sonia Ortega-Gómez, Julian David Pillay, Falk Richter, Lorenzo Rum, Celso Sanchez-Ramírez, David Url, Lutz Vogt, Luiz Hespanhol. Train at home, but not alone: a randomised controlled multicentre trial assessing the effects of live-streamed tele-exercise during COVID-19-related lockdowns. Br. J. Sports Med. (2022) https://doi.org/10.1136/bjsports-2021-104994

Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/117155105

Bildzeile: Sportangebot per Lifestreaming fördert Aktivität und Wohlbefinden während der Pandemie-Lockdowns. Foto: Jan Wilke, Goethe-Universität

Weitere Informationen
PD Dr. Jan Wilke
Institut für Sportwissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (69) 798-24588,
wilke@sport.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Apr 4 2022
14:01

Struktur eines Schlüsselenzyms aufgeklärt – möglicher Ansatzpunkt für antibakterielle Wirkstoffe

Forschungsteam der Goethe-Universität entdeckt Achillesferse von gefährlichem Krankenhauskeim

Die Struktur eines wichtigen Enzyms im Stoffwechsel des Krankenhauskeims Acinetobacter baumannii hat ein Wissenschaftsteam der DFG-Forschergruppe 2251 unter Federführung der Goethe-Universität aufgeklärt. Das Enzym „MtlD“ ist für das Bakterium wichtig für die Herstellung des Zuckeralkohols Mannitol, mit dem es sich in trockenen oder salzhaltigen Umgebungen wie Blut oder Urin vor Wasserverlust und Austrocknen schützt. Die Strukturanalyse hat Schwachstellen offenbart, an denen sich das Enzym hemmen lässt, um den Krankenhauskeim zu schädigen. (PNAS, DOI: 10.1073/pnas.2107994119)

FRANKFURT. Jährlich erkranken in Europa mehr als 670 000 Menschen an Erregern, die resistent gegen Antibiotika sind, und 33 000 sterben an den von ihnen verursachten Krankheiten. 2017 nennt die WHO Antibiotikaresistenzen eine der größten Bedrohungen für die Weltgesundheit. Besonders gefürchtet werden Keime, die gleich gegen mehrere Antibiotika resistent sind. Unter ihnen sticht Acinetobacter baumannii hervor, ein Bakterium, dass eine außergewöhnlich hohe Fähigkeit besitzt, Multiresistenzen zu entwickeln und als „Krankenhauskeim“ besonders Patienten mit einem geschwächten Immunsystem bedroht. Acinetobacter baumannii ist sehr widerstandsfähig, da es auch in trockener Umgebung lange infektiös bleiben und so auf den Tastaturen medizinischer Geräte, Stationstelefonen oder Lampen überdauern kann. Diese Eigenschaft hilft der Mikrobe auch dabei, auf der trockenen menschlichen Haut zu überleben oder in Körperflüssigkeiten wie Blut und Urin, die verhältnismäßig hohe Konzentrationen an Salzen und anderen gelösten Stoffen enthalten.

Einen zentralen Mechanismus, mit dem sich Acinetobacter baumannii in solch widriger Umgebung einrichtet, hat jetzt das Wissenschaftsteam der DFG-Forschergruppe 2251 unter Federführung der Goethe-Universität aufgeklärt: Wie viele Bakterien und auch Pflanzen oder Pilze ist Acinetobacter baumannii in der Lage, den Zuckeralkohol Mannitol herzustellen, einen Stoff, der sehr stark Wasser bindet. Dadurch verhindert Acinetobacter baumannii ein Austrocknen.

Fast einzigartig ist jedoch die Art, wie Acinetobacter baumannii Mannitol herstellt: Die beiden letzten Schritte der Mannitol-Herstellung werden durch einen statt wie bei den weitaus meisten Organismen zwei Enzymkomplexe katalysiert. Dieses Enzym „MtlD“ mit zwei katalytischen Aktivitäten entdeckten bereits 2018 Wissenschaftler:innen um Prof. Beate Averhoff und Prof. Volker Müller. Jetzt ist dem Team von Prof. Klaas Martinus Pos, der ebenfalls Mitglied in der DFG-Forschergruppe ist, gelungen, die räumliche Struktur des Enzyms aufzuklären.

Prof. Pos erklärt: „Wir haben herausgefunden, dass das Enzym gewöhnlicherweise in Form von freien Monomeren vorliegt. Die besitzen zwar die beiden nötigen katalytischen Aktivitäten, sind aber inaktiv. Erst eine trockene oder salzhaltige Umgebung löst den sogenannten osmotischen Stress im Bakterium aus, in dessen Folge sich die Monomere zu Dimeren zusammenlagern. Dann erst wird das Enzym aktiv und produziert Mannitol.“ Außerdem fanden die Wissenschaftler:innen heraus, welche Stellen in der Struktur besonders wichtig für die katalytischen Funktionen des Enzyms und die Dimer-Bildung sind.

Prof. Volker Müller, Sprecher der DFG-Forschergruppe 2251, ist überzeugt: „Diese Arbeit zeigt einen wichtigen neuen Ansatzpunkt zur Bekämpfung dieses Krankenhauskeims. Denn wir haben eine biochemisch empfindliche Stelle im Stoffwechsel des Krankenhauskeims identifiziert. Hier könnten in der Zukunft maßgeschneiderte Substanzen zur Hemmung des Enzyms ansetzen.“


Publikation: Heng-Keat Tam, Patricia König, Stephanie Himpich, Ngoc Dinh Ngu, Rupert Abele,Volker Müller, Klaas M. Pos: Unidirectional mannitol synthesis of Acinetobacter baumannii MtlD is facilitated by the helix-loop-helix-mediated dimer formation. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. (2022) https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2107994119

Bilder zum Download:

1) Mannitol-produzierendes Enzym
https://www.uni-frankfurt.de/116943466Erinnert an einen Schmetterling: Das Mannitol-produzierenden Enzyms des Krankenhauskeims Acinetobacter baumannii schützt das Bakterium nur in seiner Dimer-Form vor Wasserverlust und Austrocknen. Bild: Klaas Martinus Pos, Goethe-Universität Frankfurt

2)  Acinetobacter baumannii
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Acinetobacter_baumannii.JPG
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Clusters von gramnegativen, unbeweglichen Bakterien der Art Acinetobacter baumannii. Photo: Janice Carr


Weitere Informationen
Prof. Dr. Volker Müller
Sprecher der Forschergruppe 2251
Abteilung Molekulare Mikrobiologie & Bioenergetik
Institut für Molekulare Biowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 (0)69 798-29507
vmueller@bio.uni-frankfurt.de

Prof. Dr. Klaas Martinus Pos
Professur für Membrantransport-Maschinen
Institut für Biochemie
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: +49 (0)69 798-29251
pos@em.uni-frankfurt.de


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Apr 1 2022
15:21

Interdisziplinäres Seminar an der Goethe-Uni im Sommersemester 2022 – Gäste sind willkommen

Seminar: Naturwissenschaften, Theologie und Klimawandel

FRANKFURT. Welche Form die christliche Theologie im Kontext des Klimawandels annehmen sollte, wird in einem Seminar an der Goethe-Universität Frankfurt untersucht. Die im nordatlantischen Kontext entwickelte Theologie hat es bisher nicht geschafft, die Spiritualität, das Denken und die Praxis von Gläubigen und Gemeinschaften wirksam zu beeinflussen. Die nordatlantische Theologie wurde im Kontext des Kapitalismus entwickelt und hat diesen Kontext nicht ausreichend infrage gestellt. Als solche hat sie zu dem Problem der Umweltverschmutzung beigetragen, für das die westlichen Länder historisch und auch heute noch die größte Verantwortung tragen.

In diesem Seminar tritt die nordatlantische Theologie ins Gespräch mit kreativen Stimmen aus anderen Disziplinen, anderen Glaubensrichtungen und theologischen Traditionen des Südens.

Das Seminar bietet die Möglichkeit, sich intensiv und interaktiv mit der neuesten internationalen englischsprachigen Literatur auf diesem Gebiet vertraut zu machen.

donnerstags 14 bis 16 Uhr
14. April bis 14. Juli 2022
Saal der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Frankfurt
Campus Westend
Siolistraße 7, 60323 Frankfurt

An den Feiertagen findet das Seminar nicht statt.

Anmeldung für Gasthörer bis 7. April 2022 über info@cfd-frankfurt.de

Verantwortlich:
Dr. Dominiek Lootens
Centre for Dialogue at Campus Riedberg
info@cfd-frankfurt.de
Dr. Daniel Saudek
Prof. Dr. Thomas M. Schmidt

Veranstalter:
Centre for Dialogue at Campus Riedberg https://cfd-frankfurt.de/
Goethe-Universität Frankfurt www.uni-frankfurt.de
Katholische Hochschulgemeinde https://khg-frankfurt.de/

Literatur
Conradie, Ernst M., Koster, Hilda P. (Eds.) (2020). T&T Clark Handbook of Christian Theology and Climate Change. London / NewYork: T&T Clark.
Kim, Grace Ji-Sun, Koster, Hilda P. (Eds.) (2017). Planetary Solidarity. Global Women´s Voices on Christian Doctrine and Climate Justice. Minneapolis: Fortress.
Kim, Grace Ji-Sun (Ed.) (2016). Making Peace with the Earth. Action and Advocacy for Climate Justice. Geneva: WCC.


Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro PR & und Kommunikation, Telefon 069 798-12498, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de