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Mai 17 2017
10:42

Bekannter Philosoph ist am Montag im Alter von 95 Jahren gestorben

Goethe-Universität trauert um Karl-Otto Apel

FRANKFURT. Die Goethe-Universität würdigt den Philosophen Prof. Karl-Otto Apel, der am Montag im Alter von 95 Jahren gestorben ist. Universitätspräsidentin Prof. Birgitta Wolff sagte: „Wir trauern um Karl-Otto Apel. Mit ihm verliert die Goethe-Universität einen philosophischen Vordenker und weltweit anerkannten Intellektuellen, dessen Stimme auch in der Öffentlichkeit oft zu hören war. Wir werden ihn sehr vermissen und denken in diesen Stunden auch an seine Familie.“

Der Philosoph Prof. Rainer Forst, Co-Sprecher des Exzellenzclusters Herausbildung Normativer Ordnungen und selbst Apel-Schüler würdigte seinen früheren akademischen Lehrer in einem Nachruf mit folgenden Worten:

„Professor Dr. Karl-Otto Apel, Emeritus für Philosophie an der Goethe Universität, ist gestern im Alter von 95 Jahren an seinem Wohnort in Niedernhausen gestorben. Er gilt als einer der wichtigsten Philosophen seiner Zeit und hat die Philosophie in Deutschland nachhaltig geprägt.

Am 15.03.1922 in Düsseldorf geboren, studierte Apel Geschichte, Germanistik und Philosophie (bei Erich Rothacker) in Bonn, wo er auch die Bekanntschaft mit dem sieben Jahre jüngeren Jürgen Habermas machte, seinem wichtigsten philosophischen Weggefährten, mit dem ihn auch eine lebenslange Freundschaft verband. 1950 wurde er mit einer Arbeit über Dasein und Erkennen. Eine erkenntnistheoretische Interpretation der Philosophie Martin Heideggers promoviert, 1961 folgte die Habilitation in Mainz mit einer Arbeit über Die Idee der Sprache in der Tradition des Humanismus von Dante bis Vico. Nach Professuren in Kiel (1962-69) und Saarbrücken (1969-72) lehrte Apel von 1972 bis zu seiner Emeritierung 1990 an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen Transformation der Philosophie (1973), Diskurs und Verantwortung (1988) und Auseinandersetzungen (1998).

Berühmt wurde Karl-Otto Apel durch die Entwicklung der sogenannten Transzendentalpragmatik, die im Kern besagt, dass der menschliche Sprachgebrauch an unhintergehbare Normen der kommunikativen Rationalität und des gegenseitigen Respekts geknüpft ist. Dabei griff er Peirces Idee einer prinzipiell unbegrenzten wissenschaftlichen Interpretationsgemeinschaft auf und konfrontierte die an Heidegger anknüpfende hermeneutische Philosophie mit der sprachanalytischen Sinnkritik; auf dieser breit gefächerten Grundlage entfaltete er eine neue Transzendentalphilosophie, die er „im Apriori der Kommunikationsgemeinschaft“ begründet sah. Damit verband sich für ihn einerseits der Anspruch, das bis zum 20. Jahrhundert vorherrschende Paradigma der Subjektphilosophie durch das Paradigma einer Philosophie intersubjektiver Verständigung zu überwinden, und zum anderen eine Letztbegründung nicht nur der theoretischen, sondern auch der praktischen Philosophie zu leisten. An deren Notwendigkeit und Möglichkeit hielt er auch in seinen zuletzt erschienenen Aufsatzsammlungen Paradigmen der ersten Philosophie (2011) und Transzendentale Reflexion und Geschichte (2017) fest. Denn fundamental geprägt durch die historische Erfahrung mit dem Nationalsozialismus, wollte Apel gerade in der praktischen Philosophie jede Form von Relativismus vermeiden. Er insistierte darauf, dass es etwas gibt, das wir immer schon voraussetzen, wenn wir eine Frage ernsthaft stellen, nämlich eine ideale Kommunikationsgemeinschaft, innerhalb der sich der wissenschaftliche wie der moralische und politische Diskurs vollzieht.

Die Bereitschaft zum ernsthaften Argumentieren impliziere dabei immer schon die Anerkennung der ethischen Grundnorm, nach der „alle Sinn- und Wahrheitsansprüche von Menschen im Prinzip in einer unbegrenzten Kommunikationsgemeinschaft durch Argumente – und nur durch Argumente – einlösbar sein müssen“. (Apel, Diskurs und Verantwortung, 46) Nur, wenn jeder am Diskurs Beteiligte sich bemühe, so weit wie möglich die Diskursregeln einzuhalten, bzw. sich verpflichte, für deren Etablierung und Realisierung zu sorgen, lasse sich die argumentative Praxis aufrechterhalten und dann auch zur Konfliktlösung einsetzen. Auf dieser Grundnorm aufbauend hat Apel dann seine Diskursethik – im Dialog mit Jürgen Habermas - vor allem in seinem zweiten Hauptwerk Diskurs und Verantwortung entwickelt.

Insgesamt haben Apels Untersuchungen zur Sprach- und Erkenntnisphilosophie wie auch vor allem zur praktischen Philosophie die philosophischen Debatten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht nur in Deutschland entscheidend mit bestimmt und neben Jürgen Habermas auch Philosophen wie Wolfgang Kuhlmann, Marcel Niquet, Matthias Kettner und Rainer Forst sowie Vertreter der südamerikanischen Befreiungsethik maßgeblich beeinflusst.“

Foto zum Download unter:www.uni-frankfurt.de/66607324