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Apr 17 2014
14:08

Eine Ausstellung des Instituts für Jugendbuchforschung im Rahmenprogramm von 100 Jahre Goethe Universität

Literatur für Kinder und Jugendliche im Ersten Weltkrieg: Zwischen patriotischer Propaganda und realistischer Darstellung des Grauens

FRANKFURT. Der Erste Weltkrieg hat ein gewaltiges literarisches Echo gefunden – auch und besonders in der Literatur für Kinder und Jugendliche. Dies dokumentiert eindrucksvoll eine Ausstellung des Instituts für Jugendbuchforschung der Goethe-Universität, die am Dienstag (22. April) um 19.30 Uhr im Erdgeschoss des IG-Farben-Hauses eröffnet wird und bis zum 14. November zu sehen ist. Die Ausstellung findet im Rahmen des Jubiläums zum 100. Geburtstag der Goethe-Universität statt. Aus den mehr als 150 Kinder- und -Jugendbücher, die zu diesem Thema in der Bibliothek des Instituts im Laufe von 50 Jahren gesammelt worden sind, können nur einige herausragende Exponate in den Vitrinen gezeigt werden.

Für den Literaturwissenschaftler und Direktor des Instituts, Prof. Hans-Heino Ewers, der mit seinem Team diese Ausstellung konzipiert hat, steht außer Frage, dass die gezeigten Bilderbücher wie die Kinder- und Jugendbücher und -zeitschriften aus den Jahren 1914 bis 1918 als Teil der Kriegspropaganda anzusehen sind: „Diese wendet sich recht schnell von der hurrapatriotischen Kriegsverherrlichung ab und nimmt Züge einer Durchhaltepropaganda an, die vor drastischen und realistischen Darstellungen nicht zurückschreckt. Damit vermitteln diese Bücher einen bewegenden Einblick in den Kriegsalltag besonders von Kindern und Jugendlichen und gewinnen so für uns einen beachtlichen kulturhistorischen Wert.“

Die zwischen1914 und 1918 erschienenen Bilder-, Kinder- und Jugendbücher versuchen ihren jungen Leser das Kriegsgeschehen zu erklären. Auch die Jüngeren und Jüngsten können, so heißt es immer wieder, etwas tun für die Unterstützung der Soldaten an der Front. „Dabei werden die Schrecklichkeit und das Grauen des modernen, industrialisierten Kriegs immer weniger verschwiegen; die durchaus schon realistischen Kriegsschilderungen sollen deutlich machen, wie nötig jede Hilfeleistung ist“, so Ewers. Ein Teil der Kinder und Jugendbücher hängt noch überholten Bildern vom Krieg nach, die aus dem 19. Jahrhundert stammen und eher auf den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 passen: Die aufwendigen Schlachtengemälde setzen die kämpfende Kavallerie im Stil der Historienmalerei des 19. Jahrhunderts in Szene. Die weitverbreiteten Jugendzeitschriften – wie „Guter Kamerad“ oder „Neues Universum“ – greifen dann auf Kriegsfotografien zurück und schildern die neue Kriegs- und Waffentechnik mit Hilfe von technischen Zeichnungen.

Die Flurausstellung im Erdgeschoss des Querbaus 2 im IG Farben-Haus präsentiert ausschließlich Exponate aus der historischen Sammlung des Instituts. Gezeigt werden ausgewählte Bilderbücher – und zwar sowohl humoristische Kriegsbildergeschichten wie ernst-pathetische Schlachtendarstellungen, darüber hinaus Mädchenkriegsromane in der Tradition der „Backfisch-Literatur“ und Mädchenzeitschriften mit Beiträgen zum Thema Mädchen und Krieg. Es folgt eine Präsentation von Jugendzeitschriften, speziell von Jungenzeitschriften, die auf die Technikbegeisterung der jungen Leser abzielen. Dazu Ewers: „Der Krieg wird damit zu einer eiskalten technischen Herausforderung für die künftigen Ingenieure verkehrt.“

Der zweite Teil der Flurausstellung findet in den Räumen der Bibliothek für Jugendbuchforschung (IG Farben-Gebäude, Querbau 1, Parterre) statt. Gezeigt werden dort in Auswahl Kriegsabenteuer-Erzählungen für Jungen. Der Frankfurter Literaturwissenschaftler ergänzt: „Teils in reißerischer Machart, die in ihrer hämischen Verunglimpfung der gegnerischen Mächte in erheblichem Maß zur Verrohung der jungen Generation beigetragen haben dürften.“ Im Gegensatz dazu stehen realistische Schilderungen des Kriegsalltags der Daheimgebliebenen, der Familien, der Kinder und der Jugendlichen. Zur Abrundung werden einzelne rückblickende Kriegsjugendromane aus der Zeit der Weimarer Republik sowie einzelne englische Erste-Weltkriegsromane präsentiert. „Erst bei diesen kann von pazifistischen Antikriegsromanen gesprochen werden“, so Ewers.

Die Eröffnung der Ausstellung findet am Dienstag (22. April) im Anschluss an die erste Vorlesung der im Sommersemester stattfindenden neuen Bürgervorlesungsreihe „Der Erste Weltkrieg – Kindheit, Jugend, literarische Erinnerungskultur“ des Instituts für Jugendbuchforschung statt. Zum Auftakt spricht Prof. Ewers über Wie Kinder den Weltkrieg erlebten. Kriegskindheit im Spiegel der (Kinder- und Jugend)-Literatur über den Ersten Weltkrieg“, Beginn 18 Uhr im IG-Farben-Haus, Raum 411, Campus Westend. Die Reihe wird von der Waldemar Bonsels-Stiftung gefördert und auch sie findet im Rahmen des Jubiläums zum 100. Geburtstag der Goethe-Universität statt. Die Ausstellung wird von Dezember 2014 bis Ende Januar 2015 in erweiterter Form im Klingsspor-Museum Offenbach gezeigt.

Informationen: Prof. Hans- Heino Ewers, Institut für Jugendbuchforschung, Fachbereich Neure Philologien, Tel: (069)798 32995, ewers@em.uni-frankfurt.de, Programm im Internet http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb10/jubufo/, Bildmaterial unter: http://user.uni-frankfurt.de/~weinkauf/Abhol/index.html