Feb 4 2010

Oder: Warum Gentherapie auch Krebs auslösen kann/ Perspective Lecture an der Goethe-Universität

Krebs – eine Krankheit der Gene

FRANKFURT. Inder M. Verma gehört zu den weltweit führenden Wissenschaftlern, wenn es um die Entwicklung von speziellen Viren für Gentherapien geht. Als „Genfähren“ schleusen genetisch veränderte Viren intakte Gene in das Erbgut des Empfängers. Sie ersetzen die defekten oder fehlenden Gene in der Patientenzelle und bieten somit Menschen mit bisher unheilbaren Krankheiten gute Chancen auf Heilung. Im Rahmen der Aventis Perspective Lecture an der Goethe-Universität wird Inder M. Verma am Mittwoch, den 10. Februar 2010 über den Nutzen sowie die Gefahren beim Einsatz von vermehrungsfähigen lentiviralen Genfähren in Gentherapien referieren.

Bis vor 15 Jahren konnten Viren, die Gene transportieren, nur in Zellen eindringen, die sich teilen. Im menschlichen Körper betrifft das aber nur einen Bruchteil der Zellen. Vermas Labor gelang es, durch die Modifizierung des Humanen Immundefizienzvirus (HIV- ein Mitglied der retroviralen Familie), auch Zellen zu infizieren, die sich nicht teilen und somit einen sicheren und effizienten Gentransfer in die Mehrzahl menschlicher Zellen zu gewährleisten. Lentivirale Genfähren werden inzwischen, Dank Vermas Forschungen, unter anderem auch als Standardwerkzeug in der Stammzellforschung eingesetzt, wo sie adulte Zellen (beispielsweise Fibroblasten) in einen stammzellähnlichen Zustand umprogrammieren. Diese Stammzellen reifen im Körper dann zu normalen gesunden Zellen und ersetzen die krankhaften.

Inder Verma und seine Forschungsgruppe erhielten im vergangenen Jahr einen millionenschweren Zuschuss vom California Institue of Regenerative Medicine für ein Projekt mit dem Ziel, durch die Kombination von Gen- und Stammzelltherapie verbesserte Therapiemöglichkeiten für verschiedene unheilbare Krankheiten zu entwickeln.

Die Gentherapie ist dennoch nicht unumstritten und wird innerhalb der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Kritiker weisen darauf hin, dass nach wie vor kaum bekannt ist, was bei den verschiedenen Gentherapien in den Zellen der Patienten passiert. Patienten mit der angeborenen lebensbedrohlichen Immunschwächekrankheit ADA-SCID („Adenosin Desaminase“-„Severe Combined Immunodeficiency Disease“) konnten zunächst erfolgreich durch die Anwendung genetisch modifizierter Blutstammzellen gentherapiert werden und entwickelten ein weitgehend normal funktionierendes Immunsystem. Später jedoch erkrankten ein Fünftel der Patienten an Leukämie (Blutkrebs). Bis heute ist nicht zweifelsfrei geklärt ob das „Viro-Taxi“ oder dessen Fracht -das Ersatzgen- der Auslöser des Krebses bei der Gentherapie waren.

Inder M. Verma erhielt sein Diplom in Biochemie von der Lucknow University in Uttar Pradesh, Indien und ging nach Erhalt der Doktorwürde am Weizmann Institute of Science in Rehovoth, Israel als Postdoktorand ans Massachusetts Institute of Technology, USA. Dort arbeitete er im Labor des Nobelpreisträgers David Baltimore bevor er 1974 ans Salk Institute for Biological Studies, La Jolla, Kalifornien wechselte, das heute zu einem der renommiertesten Institute auf dem Gebiet der interdisziplinären Grundlagenforschung zählt.

Wann? 10. Februar 2010, 18:15 Uhr
Wo? Klinikum der Goethe-Universität, Theodor-Stern-Kai 7, Hörsaalgebäude 22

Informationen: Prof. Ivan Dikic, Institut für Biochemie II, Campus Niederrad, Tel.: (069) 6301-83647, ivan.dikic@biochem2.de.

WEITERE INFORMATIONEN

Prof. Ivan Dikic, Institut für Biochemie II,
Campus Niederrad, Tel.: (069) 6301-83647,
ivan.dikic@biochem2.de.