Jan 23 2010

Prüfungsangst, Depression und Anpassungsstörungen sind die häufigsten Gründe, die psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende aufzusuchen

Schnelle Hilfe bei Überlastung im Studium

FRANKFURT. Wie finde ich mich in einer neuen Umgebung zurecht? Habe ich das richtige Studienfach gewählt? Was hilft bei Prüfungsangst? Wie kann ich studieren und gleichzeitig den Lebensunterhalt meiner Familie sichern? Dies sind typische Fragen, mit denen sich Studierende an die Psychotherapeutische Beratungsstelle der Goethe-Universität wenden. Das Team aus mehreren Ärzten und Psychologen reagiert zügig: in durchschnittlich fünf Sitzungen, bestehend aus Gesprächen und Tests, stellt es eine Diagnose und vermittelt die Hilfesuchenden innerhalb von zwei bis vier Wochen an einen niedergelassenen Therapeuten. Ohne diese Vermittlung sind Wartezeiten von sechs Monaten keine Seltenheit – Zeit, die man angesichts bevorstehender Prüfungen nicht hat.

„Wenn die Studierenden früh genug kommen, kann schon eine Kurztherapie von fünf bis zehn Stunden ausreichen“, erläutert Privatdozentin Aglaja Stirn, Leiterin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, bei der die Beratungsstelle angesiedelt ist. Anlaufstelle für Studierende ist die Psychotherapeutische Beratungsstelle auf dem Campus Bockenheim. Zum Leistungsspektrum zählen individuelle Beratungsangebote zu Studienbeginn oder vor einem drohenden Abbruch, Persönlichkeits- und Ressourcentraining, Berufsfindung und Karriereplanung, aber auch Hilfe bei Beziehungsproblemen und Prüfungsangst sowie psychologische Unterstützung bei Diplom- und Doktorarbeiten. In Workshops möchte die Beratungsstelle zunehmend Entspannungsverfahren, Zeitmanagement, Lern- und Prüfungstraining bei Lernblockaden anbieten.

Veränderungen durch die Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge machen sich nach der Beobachtung von Aglaja Stirn und ihren Mitarbeitern vor allem durch mehr Druck im Studium bemerkbar. Dagegen gibt es weniger Schwierigkeiten beim Übergang vom geregelten Schulalltag in die größere Freiheit des Studiums. Sind die Prüfungen in bestimmten Studiengängen zu dicht aufeinander, so dass sich Fälle von Überlastung häufen, stellt die Psychotherapeutische Beratungsstelle auch Härtefallanträge bei den Fachbereichen.

„Generell lässt sich sagen, dass die Studienzeit auch oft eine Krisenzeit ist, da sie mit Wohnortwechsel, Auszug von zuhause, Trennung von Bezugspersonen und Neuorientierung zu tun hat. Es handelt sich immer auch um einen Individuationsprozess“, so Stirn.

71 Prozent der Rat suchenden sind weiblich, wobei Frauen mit einem Anteil von 58 Prozent die Mehrheit der Studierenden an der Goethe-Universität ausmachen. Etwa 300 Patienten werden jährlich beraten. Für Frankfurt spezifisch ist der vergleichsweise hohe Anteil an Patienten mit Migrationshintergrund: 21 Prozent haben eine ausländische Staatsangehörigkeit, wobei die meisten aus dem ehemaligen Ostblock stammen. Sie haben zusätzlich zur Ablösung vom Elternhaus auch die Integration in eine neue Kultur und Sprachprobleme zu bewältigen. Insbesondere bei muslimischen Frauen stellt sich die Frage der Akzeptanz des Kopftuchs, aber auch Zwangsehen und der Bildungsanspruch von Frauen sind Themen, die zur Sprache kommen.

„Für die Goethe-Universität ist die Psychologische Beratungsstelle für Studierende eine wichtige Einrichtung“, urteilt Vizepräsident Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, „denn Dank ihres Einsatzes können wir Studienabbrüche verhindern, die reguläre Studiendauer besser einhalten und letztlich psychisch stabile und sozial kompetente Absolventen hervorbringen.“

Informationen: Privatdozentin Aglaja Stirn, Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende, Campus Niederrad, Tel: (069) 6301-5041; stirn@em.uni-frankfurt.de.