Jun 26 2010

Goethe-Universität mit drei Projekten bei der LOEWE-Initiative erfolgreich – Über 23 Millionen Euro für die Frankfurter Forschung

Große Chance für wissenschaftliche Profilbildung

FRANKFURT. Drei Projekte der Goethe-Universität wurden in der dritten Ausschreibung der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) zur Förderung bewilligt: Die LOEWE-Schwerpunkte „Neuronale Koordination“ und „Digital Humanities“ (Digitalisierung und Verfügbarmachung geisteswissenschaftlicher Forschungsinhalte) sowie die Gründung des LOEWE-Zentrums „Gen- und Zelltherapie“. Damit stehen den Wissenschaftlern der Goethe-Universität und ihren Kooperationspartnern in den kommenden drei Jahren 24,3 Millionen Euro für ihre Forschung zur Verfügung. „Die Goethe-Universität hat damit die Chance, ihren erfolgreichen Prozess der wissenschaftlichen Profilbildung weiter voranzutreiben“, sagte Universitäts-Präsident Prof. Werner Müller-Esterl. Als besonders erfreulich bezeichnet es Müller-Esterl, dass neben zwei Projekten der Lebenswissenschaften und Neurowissenschaften mit „Digital Humanities“ auch ein innovatives geisteswissenschaftliches Projekt erfolgreich ist: „Wie schon in der Exzellenzinitiative, so zeigt sich auch hier, dass die Geisteswissenschaften der Goethe-Universität eine hervorragende Figur in wissenschaftlichen Wettbewerben in der Breite machen.“

Zentrum „Zell- und Gentherapie“

Die Bewilligung des Zentrums „Zell- und Gentherapie“ möchte die Goethe-Universität nutzen, ein neues Leibniz-Institut für die Region zu gewinnen. „Bereits jetzt spielen wir in einigen Teilgebieten eine Vorreiterrolle und koordinieren internationale Studien, etwa in der Leukämieforschung oder der Stammzellbehandlung nach Herzinfarkt“, erläutert der Sprecher des Zentrums und Direktor der Kardiologie an der Universitätsklinik, Prof. Andreas Zeiher. Das Land Hessen wird das Zentrum zunächst mit 16,2 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren fördern. Zell- und Gentherapie sind zukunftsträchtige Ansätze zur Verbesserung der Therapie unterschiedlichster Erkrankungen. Dies reicht von der Behandlung einzelner Gendefekte über maligne Erkrankungen bis hin zur regenerativen Medizin. Auf beiden Gebieten hat die Goethe-Universität in Kooperation mit dem Georg-Speyer-Haus und dem Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung weltweit beachtete und innovative Therapie-Konzepte entwickelt, insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krankheiten des Blutes und der Blut bildenden Organe. Durch die Vernetzung bestehender Arbeitsgruppen und Abteilungen soll eine neue übergreifende Struktur zur Weiterentwicklung von Gen- und Zelltherapie gebildet werden.

Forschungsschwerpunkt „Digital Humanities“

Die „empirische Wende“ ist in den Geistes- und Kulturwissenschaften zwar nicht erst in diesem Jahr eingeläutet worden, doch fehlen nach wie vor zahlreiche Methoden und Werkzeuge, die nötig sind, um die großen Datenmengen, die inzwischen als digitale Texte, Bilder, Filme, Tonaufzeichnungen und Kataloge vorliegen, wissenschaftlich umfassend auszuwerten und zu vernetzen. Mit dem LOEWE-Schwerpunkt „Digital Humanities“ tun sich hier völlig neue Perspektiven auf. Dazu der Koordinator des erfolgreichen Antrags, der Frankfurter Sprachforscher Prof. Jost Gippert: „Die Literaturwissenschaftler haben etwa die umfassende Edition aller Werke eines Autors im Auge, die Historiker die Quelleneditionen vor allem nach politischen Epochen oder Institutionen, und die Corpuslinguistik kann hierzu die erforderlichen Corpora textsortenspezifisch bereitstellen; alles das bildet eine gemeinsame Grundlage für die empirische Forschung in diesen Gebieten. Im Sinne einer optimalen Synergie sollen die Materialien und Corpora gemeinschaftlich für die fachübergreifende wissenschaftliche Analyse aufbereitet werden.“ In dem neuen Schwerpunkt, der mit 3,8 Millionen Euro gefördert wird, arbeiten die Goethe-Universität und die Technische Hochschule Darmstadt ebenso mit wie das Freie Deutsche Hochstift und das Städel Museum; in den kommenden Jahren soll eine gemeinsame informationstechnologische Infrastruktur geschaffen werden, die weit über Hessen hinaus wahrnehm- und nutzbar sein soll.

Forschungsschwerpunkt „Neuronale Koordination“

In dem LOEWE-Projekt „Neuronale Koordination Forschungsschwerpunkt Frankfurt“ unter Federführung von Prof. Ulf Ziemann geht es darum, die Kommunikation der Milliarden von Nervenzellen im menschlichen Gehirn besser zu verstehen. Erst durch die Koordination von Signalen, die lokal, interregional und zwischen den Hirnhälften ausgetauscht werden, entstehen höhere Hirnleistungen wie Wahrnehmung, Gedächtnis, Sprache, Emotion und Bewusstsein. Gestörte neuronale Koordination ist dagegen Ursache oder Ausdruck häufiger Hirnerkrankungen wie Autismus, Schizophrenie, Alzheimer-Demenz, Epilepsien oder Multiple Sklerose. Trotz der mittlerweile akzeptierten herausragenden Bedeutung neuronaler Koordination für Kognition und ihre krankhaften Störungen existiert bislang kein auf dieses Thema fokussierender fächerübergreifender Forschungsverbund. Dieses Manko will der Forschungsverbund angehen, ihm stehen dafür in den kommenden drei Jahren 4,3 Millionen Euro zur Verfügung. Der Antrag wurde gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Hirnforschung, dem Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und dem Ernst Strüngmann Institut gestellt.

Mitwirkung bei weiteren Projekten

Partner in einem weiteren LOEWE-Schwerpunkt ist Prof. Helge Bode (Institut für Molekulare Biowissenschaften, Fachbereich Biowissenschaften) im Projekt „Insektenbiotechnologie“ (Antragsteller Justus-Liebig-Universität Gießen). Im Projekt „Dynamo PLV-Dynamische und nahtlose Integration von Produktion, Logistik und Verkehr (Antragsteller Technische Universität Darmstadt) ist die Goethe-Universität assoziierter Partner.

Bereits in den ersten beiden LOEWE-Staffeln war die Goethe-Universität mit drei Zentren und zwei Schwerpunkten in Kooperation mit verschiedenen Partnern erfolgreich: mit den Zentren „Biodiversität und Klima“, „HIC for FAIR“ im Bereich der Schwerionenphysik und „Centre for Research on Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk (IDeA)“ und den beiden Schwerpunkten „Lipid Signalling“ und „Onkogene Signale: Voraussetzung und Folgen heterotypischer Kommunikation im Tumorgewebe“.

Vollanträge für die vierte LOEWE-Staffel

Darüber hinaus wurden Wissenschaftler der Goethe-Universität aufgefordert, Vollanträge für die vierte Staffel der LOEWE-Ausschreibungen abzugeben, die Entscheidung fällt im Sommer 2011. Eine Runde weiter im Wettbewerb um die Gelder aus dem hessischen Forschungsfördertopf sind die Anträge zu „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“ und „Anwendungsorientierte Arzneimittelforschung“. Beteiligt sind Frankfurter Wissenschaftler noch an drei weiteren Anträgen: „Non-neuronale cholinerge Systeme“ (Antragsteller Justus-Liebig-Universität Gießen) und „ADAMED Adaptive statistische Methoden für die individualisierte Medizin“ (Philipps-Universität Marburg), „Emotionale Robotik und sensorgestützte Technologien (eRobotics)“ (Fachhochschule Frankfurt).

Zum Thema des rechtshistorischen Antrags, bei dem Prof. AlbrechtCordes (Fachbereich Rechtswissenschaft) die Federführung übernommen hat: Die Erfahrungen mit der Lösung von Konflikten in einer zunehmend globalisierten Welt lässt erkennen, dass der abendländisch geprägte Nationalstaat mit seiner organisierten Rechtspflege nicht das Modell sein wird, mit dem den Herausforderungen der Zukunft effektiv begegnet werden kann. Der Blick auf die Geschichte und über Europa hinaus zeigt, dass die hoheitliche staatliche Gerichtsbarkeit weder alternativlos war noch ist. Der beantragte LOEWE-Schwerpunkt knüpft an die international profilierte rechtshistorische Kompetenz in Frankfurt an: Hier ist das größte rechtshistorische Institut aller deutschen Universitäten und das weltweit renommierte Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte. Zum Thema Arzneimittelforschung, Koordinator ist Prof Gerd Geisslinger (Fachbereich Medizin): Künftige Fortschritte in der Arzneimittelforschung werden zunehmend von einem umfassenden Verständnis der komplexen Ursachen von Erkrankungen und der Übertragung dieser Erkenntnisse in klinische Studien abhängig sein. Das Projekt soll die auf den Gebieten Wirkstoffforschung, präklinische und klinische Modellentwicklung sowie klinische Forschung etablierten Arbeitsgruppen an der Goethe-Universität und am Max-Planck-Institut für Herz-und Lungenforschung (Bad Nauheim) zusammenführen.

Informationen: Dr. Carola Zimmermann, Forschungsreferentin, Campus Bockenheim, Tel.: (069) 798-22130; zimmermann@pvw.uni-frankfurt.de.