Mär 9 2010

Soziologen beschäftigen sich mit Ungleichheit bei der Mediennutzung

Bildung entscheidet, wer im Internet mitmischt

FRANKFURT. Fahrkarten im Internet buchen, Briefmarken per Mouse-Klick kaufen, sich über eine Krankheit und mögliche Behandlungsmethoden informieren oder sich nur mit Freunden in Facebook verabreden – ohne das Web lässt sich für viele das alltägliche Leben kaum noch vorstellen. Allerdings ist die Nutzung des Internets innerhalb der gesellschaftlichen Gruppen sehr ungleich verteilt: Je höher die Bildung, umso häufiger und intensiver wird das Internet genutzt. Die Wissenskluft zwischen den sozialen Schichten wächst damit weiter. Was Studien bereits in den 1980er Jahren für den Fernsehkonsum belegten, lässt sich auch auf das Internet übertragen: Die bildungsfernen Schichten nutzen das Fernsehen zur Entspannung und Unterhaltung, die tendenziell Gebildeteren eher zur Information. Aktuelle Untersuchungen weisen dies auch für die Nutzung des Web nach.

Auf einer Tagung der Medien- und Kommunikationssoziologie an der Goethe-Universität Frankfurt, die am 18. und 19. März auf dem Campus Westend, Casino (Raum 1.811) stattfindet, beschäftigen sich 60 Wissenschaftler aus Deutschland und den angrenzenden Ländern unter anderem mit der Frage, wie Ungleichheiten in der Gesellschaft durch den Mediengebrauch entstehen und welche Konsequenzen dies langfristig für die Entwicklung unserer Gesellschaft haben wird. Dazu der Organisator der Tagung, der Frankfurter Soziologe PD Dr. Christian Stegbauer: „Medien durchdringen unseren Alltag immer mehr. Damit werden wir von ihnen aber auch immer abhängiger. Das bedeutet aber auch, dass der Zugang und die Fähigkeit damit umzugehen von zunehmender Bedeutung sind. Wie sich Unterschiede in der Nutzung von Medien herstellen, das soll auf der Tagung untersucht werden.“

Die Tagung behandelt die vielfältigen Dimensionen der Ungleichheiten, die sich aus Medien sowie deren Produktions- und Nutzungskontexten ergeben. Der Zugang zu Informationen aus Medien und der Umgang mit ihnen sind bedeutend für die Verteilung von Chancen in der Gesellschaft. Es ist bekannt, dass die Art und Weise, wie die Menschen die Medien nutzen, von verschiedenen Merkmalen wie Bildung, Einkommen, Schichtung, Geschlecht, Generation, aber auch Milieu und Lebensstil abhängen. Andererseits hat der Umgang damit wiederum Konsequenzen für die Bildung.

„Ungleichheit aus kommunikations- und mediensoziologischer Perspektive“ ist auch der Titel der Tagung, die von der Sektion Medien- und Kommunikationssoziologie (Deutsche Gesellschaft für Soziologie) und der Fachgruppe Soziologie der Medienkommunikation (Deutsche Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft) veranstaltet wird. „Ungleichheitsdimensionen finden sich auf jeder Ebene des Medienkontakts, so beispielsweise bei der Rezeption und Aneignung der Massenmedien. Daneben bilden sich Ungleichheiten auch bei der aktiven Teilnahme in ‚social media‘, wie Facebook und StudiVZ, aus“, erläutert Stegbauer. Viele Informationen sind außerhalb des Internets nur sehr schwer zugänglich, und von Kunden wird in immer mehr Bereichen eine Mitarbeit verlangt, um überhaupt an bestimmte Dienstleistungen zu kommen – wie der Fahrkartenkauf bei der Deutschen Bahn. „Hierzu sind aber nicht nur der Internetzugang notwendig, sondern auch die Fertigkeiten damit umzugehen. Je mehr sich solcherlei Mitarbeit ins Internet verlagert, umso weniger wird es möglich sein, ohne dieses Medium auszukommen“, sagt Stegbauer.

Informationen: PD Dr. Christian Stegbauer, Fachbereich Gesellschafts-wissenschaften, Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse, Campus Bockenheim, Telefon (069) 798 23543, stegbauer@soz.uni-frankfurt.de