Jul 7 2006

Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Evangelische Theologie für Gerlind Schwöbel

Allein dem Gewissen verpflichtet

FRANKFURT. Der Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Frankfurt verleiht am 13. Juli 2006, 17 Uhr, im Raum 823, Casino, Campus Westend, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt, die Ehrendoktorwürde an Gerlind Schwöbel, Pfarrerin i. R. der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Geehrt wird damit Schwöbels Werk im Schnittpunkt von Frauengeschichte, jüdischer Geschichte und Frankfurter Regionalgeschichte.

Die 79-jährige Gerlind Schwöbel ist eine der ersten Theologinnen, die in den frühen 50er Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts Pfarrvikarin wurden in der EKHN. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit lag in der kirchlichen Frauenarbeit, der Gerlind Schwöbel über ihre berufliche Laufbahn hinweg aufs engste verbunden geblieben ist und einen zentralen Hintergrund darstellt für ihr späteres wissenschaftliches Werk.

Gerlind Schwöbels Veröffentlichungen seit 1990 kommt der Verdienst zu, Frauen und ihre Biographien bekannt gemacht zu haben, die gegen das NS-Regime Widerstand geleistet haben. Sie hat damit einen wichtigen Beitrag geliefert zur Erforschung des christlichen Widerstandes im Dritten Reich. Ihr Werk dient einer Facette der Erinnerungsarbeit gegen das Vergessen von Menschen, die von Seiten des Nationalsozialismus bekämpft, unterdrückt oder ermordet wurden.

In ihren Publikationen verdeutlicht Gerlind Schwöbel kenntnisreich und voller Empathie Leben und Werk einzelner Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. So arbeitet sie beispielsweise über die Frankfurter Vikarin Katharina Staritz und deren Zeit im Konzentrationslager Ravensbrück sowie über Hildegard Schaeder; Oberkirchenrätin im Kirchlichen Außenamt der EKD, die maßgeblich in der Ökumene aktiv war.

In ihrer Arbeit über das Philanthropin in Frankfurt erinnert Gerlind Schwöbel an die Tradition der größten deutsch-jüdischen Schule und ihre pädagogische Fortschrittlichkeit. Die Autorin erweist sich darin als Meisterin des literarischen Erzählens und Darstellens. Insgesamt leistet Gerlind Schwöbels Werk einen Beitrag zur Erinnerungskultur, der durch die Art der Aufarbeitung eine breite Leserschaft erreicht. Für ihre Arbeit wurde Gerlind Schwöbel 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

In einem akademischen Festakt wird Gerlind Schwöbel am 13. Juli 2006 um 17 Uhr c.t. im Raum 823, Casino, Campus Westend, die theologische Ehrendoktorwürde verliehen. Die Laudatio hält Prof. Almut Sh. Bruckstein, PhD, Inhaberin der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie am Fachbereich Evangelische Theologie. Prof. Bruckstein wird aus jüdischer Perspektive das Werk Gerlind Schwöbels kommentieren und würdigen.

Publikationen

  • Ich aber vertraue. Katharina Staritz - eine Theologin im Wider-­ stand. Frankfurt am Main, 1990
  • Leben gegen den Tod. Hildegard Schaeder: Ostern im KZ, Frankfurt am Main, 1995.
  • Christliche Frauen im Widerste- hen gegen den Nationalsozialis­- mus. Häftlinge im Frauenkon­- zentrationslager Ravensbrück von 1939 bis 1945, Berlin, 1999.
  • Allein dem Gewissen verpflichtet. Auf den Spuren von Frankfurter Frauen, Frankfurt am Main, 2001.
  • Nur die Hoffnung hielt mich. Frauen berichten aus dem KZ Ravensbrück, Frankfurt am Main, 2002.
  • Der Mandelzweig soll wieder Blü­- ten tragen. Erinnerungen an das Philanthropin in Frankfurt zum 200-jährigen Jubiläum, Frankfurt am Main, 2004.


Kontakt: Jonas Bauer; Fachbereich Ev. Theologie; Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie; Grüneburgplatz 1; 60323 Frankfurt; Tel.: 069/798-33314; Fax: 069/798-33356; E-Mail: J.Bauer@em.uni-frankfurt.de