Marketing-Gag des Weinguts „Domaine du Météore“ entpuppt sich wirklich als Einschlagkrater – Forscher:innen der Goethe-Universität Frankfurt um Frank Brenker und Andreas Junge widerlegen Jahrzehnte alten wissenschaftlichen Irrtum
Um eine attraktive Weinmarke zu schaffen, verweist das Weingut „Domaine du Météore“ nahe der südfranzösischen Stadt Béziers mit seinem Namen auf eine lokale Besonderheit: Eines der Weinfelder befindet sich in einer runden Senke von 200 Metern Durchmesser, die einem Einschlagkrater ähnelt. Wissenschaftler:innen um den Kosmochemiker Prof. Frank Brenker von der Goethe-Universität Frankfurt stellten jetzt durch Gesteins- und Bodenanalysen fest, dass der Krater einst tatsächlich durch den Einschlag eines Eisen-Nickel-Meteoriten entstanden ist. Damit widerlegten sie eine knapp 60 Jahre alte wissenschaftliche Einschätzung, derentwegen der Krater nie näher geologisch untersucht wurde.
FRANKFURT.
Zahllose Meteoriten haben die Erde in der Vergangenheit getroffen und die
Geschichte unseres Planeten geprägt. So nimmt man beispielsweise an, dass ein
Großteil des Wassers einst mit Meteoriten auf die Erde gelangt ist. Auch das
Aussterben der Dinosaurier ist möglicherweise durch den Einschlag eines sehr
großen Meteoriten ausgelöst worden.
Heute noch sichtbare Einschlagkrater von Meteoriten sind selten:
Die meisten Spuren der Himmelskörper sind durch Erosion und Verschiebeprozesse
der Erdkruste, die Plattentektonik, längst wieder verschwunden. Gerade einmal
190 Meteoritenkrater weltweit listet die „Earth Impact Database“ auf. In ganz
Westeuropa waren bislang nur drei bekannt: Rochechouart im französischen
Aquitanien, das Nördlinger Ries zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb sowie
Steinheimer Becken im baden-württembergischen Landkreis Heidenheim. Allerdings
sind die drei Einschlagkrater infolge der Millionen von Jahren wirkenden Erosion
für Laien kaum noch als solche zu erkennen.
Nun wird ein neuer Meteoritenkrater die Liste der „Earth Impact
Database“ verlängern, ist der Geologe und Kosmochemiker Prof. Frank Brenker von
der Goethe-Universität überzeugt. Während eines Urlaubs wurde er auf das
Weingut „Domaine du Météore“ aufmerksam. Eines deren Weinfelder liegt in einer
runden Senke von etwa 220 Metern Durchmesser und 30 Metern Tiefe, und die
Besitzer nutzen die scheinbar längst widerlegte wissenschaftliche These, es
handele sich um den Einschlagskrater eines Meteoriten, als Marketing-Gag für
ihren Wein. Diese These war zwar in den 1950er Jahren von einigen Geologen
aufgestellt, einige Jahre darauf jedoch von renommierten Kollegen verworfen
worden.
Frank Brenker erklärt: „Krater können auf viele Weisen entstanden
sein, und Meteoritenkrater sind in der Tat sehr selten. Allerdings haben mich
die verschiedenen anderen Deutungen, wie diese Senke entstanden sein könnte,
aus geologischer Sicht nicht überzeugt.“ Also sammelten seine Frau und er
Gesteinsproben für die Analyse in den Laboren der Frankfurter
Goethe-Universität ein – und fanden tatsächlich die ersten Hinweise auf einen
Impaktkrater. Brenker: „Dunkle Lagen in einem der Schiefer, die meist einfach
aus einen höheren Glimmeranteil bestehen, erwiesen sich durch die Mikroanalyse
als mögliche Schockadern, die durch Zerreiben und Zerbrechen des Gesteins
entstehen und von einem Einschlag herrühren könnten.“ Dazu kamen so genannte
Brekzien, eckige Gesteinstrümmer, die durch eine Art Kitt zusammengehalten
werden, die ebenfalls durch Meteoriteneinschläge auftreten können.
Im Folgejahr nahm Brenker seinen Kollegen Andreas Junge, Professor
für Angewandte Geophysik an der Goethe-Universität, und eine Gruppe Studierende
mit nach Südfrankreich, um den Krater gemeinsam systematisch zu untersuchen.
Das Ergebnis: Das Erdmagnetfeld ist im Krater etwas schwächer als in der
Umgebung. Das ist typisch für Einschlagkrater, denn durch den Einschlag wird
das Gestein zertrümmert und sogar aufgeschmolzen und kann so weniger stark zum
Erdmagnetfeld beitragen.
Außerdem fanden die Forscher:innen mithilfe starker Magneten, die
an einer Platte befestigt waren, winzige Eisenoxidkügelchen von bis zu einem
Millimeter Durchmesser. Solche Kügelchen wurden bereits an anderen
Einschlagkratern gefunden. Die spätere Laboranalyse zeigte, dass diese auch
nickelhaltiges Eisen enthielten und einen Kern aus Mineralien umschlossen, die
typisch für die Kraterumgebung sind. Zudem konnten zahlreiche Mikrodiamanten
entdeckt werden, die durch den hohen Druck während des Meteoriteneinschlags
entstanden waren.
Frank Brenker erläutert: „Solche Mikrosphären bilden sich entweder
durch Abrieb des Meteoriten in der Atmosphäre oder erst beim Aufschlag, wenn
ein Großteil des Eisen- Meteoriten schmilzt und dann mit dem Sauerstoff der
Luft reagiert. Beim Aufschlag kann dann auch zertrümmertes Material vom
Aufschlagsgebiet eingeschlossen werden. Zusammen mit dem verringerten
Magnetfeld und den weiteren geologischen und mineralogischen Funden lässt dies
kaum einen anderen Schluss zu: Hier ist tatsächlich ein Meteorit
eingeschlagen.“ Dadurch werde der Ort auch für geologische Laien sehr spannend,
findet Brenker, denn „hier kann jede Besucherin und jeder Besucher erfahren,
welche immensen Energien bei einem solchen Einschlag freigesetzt werden.“
Publikation/Abstract: Frank E. Brenker, Andreas Junge. Impact
origin of the “Domaine du Meteore"-crater, France. Compelling mineralogical and
geophysical evidence for an unrecognized destructive event in the heart of
Europe. LPSC Houston, #1910 (2023) https://www.hou.usra.edu/meetings/lpsc2023/pdf/1910.pdf
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/132616835
Bildtext:
1. Das „Trou du Météore“: Der Krater auf dem Weingut „Domaine du
Météore“ stammt wirklich von einem Meteoriteneinschlag. Foto: Frank
Brenker, Goethe-Universität Frankfurt
2. Mikrosphäre vom Meteoriten: Das am Krater der „Domaine du Météore“
gefundene Eisenoxidkügelchen enthielt einen Kern aus Mineralien, die typisch
für die Kraterumgebung sind, sowie viele Mikrodiamanten. Foto: Frank Brenker,
Goethe-Universität Frankfurt
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Frank E. Brenker
NanoGeoscience / Cosmochemistry
Institut für Geowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 151 68109472
f.brenker@em.uni-frankfurt.de
Twitter: @goetheuni
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation,
Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de